Publikumsfonds: Vom Sorgenkind zum Stabilitätsanker

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Gerade einmal achteinhalb Jahre ist es her, da schien die stolze Produktkategorie der offenen Immobilien-Publikumsfonds in Deutschland vor dem Aus zu stehen. Damals im Sommer 2012 erreichte das abzuwickelnde Vermögen infolge zahlreicher Fondsauflösungen einen beängstigenden Höchststand von 20 Milliarden Euro, was in etwa einem Viertel des gesamten Branchenvolumens entsprach. Letztlich sah der Gesetzgeber dann aber doch von einem solch radikalen Schritt ab und entschied sich stattdessen dafür, das Produkt mithilfe tiefgreifender Reformen sattelfester zu machen. Im Fokus stand dabei vor allem die Abschaffung der bis dato geltenden börsentäglichen Verfügbarkeit der Gelder, die durch Mindesthalte- und Kündigungsfristen (24 und 12 Monate) ersetzt wurde. Wie klug dieser Regimewechsel war, zeigt sich nun in der Corona-Krise: Der offene Immobilien-Publikumsfonds ist vom einstigen Sorgenkind zu einem Stabilitätsanker geworden. "Corona-bedingte Rückgaben gab es so gut wie keine", erklärte dazu Michael Schneider, Geschäftsführer der Service-KVG Intreal, kürzlich im Rahmen eines Online-Pressegesprächs zu den Aussichten des Produkts für 2021.

Stattdessen war auch das Krisenjahr 2020 von hohen Mittelzuflüssen geprägt: Zwischen Januar und November konnten die offenen Immobilien-Publikumsfonds netto 8,3 (2019: 9,6) Milliarden Euro an frischen Geldern einwerben. Ein Extralob gebührt in Augen von Dr. Christine Bernhofer, CEO der Swiss Life KVG mbH und COO von Swiss Life Asset Managers, dabei den (Bank-)Vertriebsabteilungen: "Die haben großartig geliefert. Die Umstellung auf Online- und Telefonberatung erfolgte extrem schnell, das gilt im Übrigen auch für die Kunden." Und die Zeichen stehen gut, dass der Absatz 2021 hoch bleibt. Nicht zuletzt aufgrund fehlender Anlagealternativen erwartet Schneider Mittezuflüsse in einer ähnlichen Größenordnung wie 2020 sowie neue Fondsauflagen im Laufe der zweiten Jahreshälfte. "Business as Usual" könnte man also fast meinen. Allerdings wird man gerade bei den neu aufgelegten Produkten den Einfluss der Pandemie doch deutlich erkennen können. So waren sich letztlich alle Teilnehmer des Pressegesprächs einig, dass mit stärker diversifizierten Fondsportfolios zu rechnen sei. Insbesondere dürfte dabei mit einer Schwerpunktverlagerung weg von den derzeit noch dominierenden Büro- und Einzelhandelsimmobilien hin zu den Nutzungsarten Wohnen, Logistik und Healthcare gerechnet werden.

Klaus Niewöhner-Pape, Geschäftsführer von Industria Wohnen spürt bei den Ankäufen bereits einen intensiveren Wettbewerb. Deshalb, aber auch um dem Megatrend ESG Rechnung zu tragen, nimmt der Fonds verstärkt gefördertes Wohnen als Beimischung ins Visier: "Wir wollen zirka 15 bis 25 Prozent des Fondsvermögens in gefördertes Wohnen investieren. Die Renditen sind nur gering fügig niedriger, dafür ist die Einnahmesicherheit sehr hoch." Doch auch hier muss sich Niewöhner-Pape zeitnah auf steigenden Konkurrenzdruck einstellen. So hat unter anderem die Commerz Real angekündigt, ihr Fonds-Flaggschiff "Hausinvest" durch Unterstützung von Wertgrund verstärkt mit Objekten aus dem geförderten Wohnsegment bestücken zu wollen. Die Akquisiteure der Immobilien-Publikumsfonds sind somit also weiterhin nicht zu beneiden. ph

Noch keine Bewertungen vorhanden


X