Rosiger Ausblick für den Immobilienmarkt

Das Jahr 2016 neigt sich langsam aber sicher dem Ende. Unabhängig was noch an Überraschungen kommen mag, lässt sich bereits jetzt konstatieren: es war (mal wieder) ein äußerst turbulentes Jahr, reich an unvorhergesehen Ereignissen und Wendungen politischer und wirtschaftlicher Natur. Dabei werden der Brexit-Beschluss im Juni sowie jüngst die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten wohl am längsten im Gedächtnis haften bleiben. Umso erstaunlicher, dass derartige Unsicherheitsfaktoren scheinbar spurlos am deutschen Immobilienmarkt vorüberziehen. Anzeichen für Ermüdung oder Panik waren im Jahresverlauf nicht auszumachen, im Gegenteil: die Stimmung war und ist unverändert gut. Eine wichtige Zutat für den mittlerweile rund sechs Jahre währenden Boom ist dabei natürlich das anhaltend niedrige Zinsniveau, das den Anlagenotstand für Investoren hoch hält und die Nachfrage nach deutschen Immobilien beflügelt.

Wird dieses prägende Element dem hiesigen Immobilienmarkt auch im Jahr 2017 erhalten bleiben? Die Analysten der Bayern-LB gehen in einer Studie jedenfalls davon aus: Frühestens im Jahr 2021 rechnen sie mit einer Anhebung des Leitzinses im Euroraum. Beste Voraussetzung also, um weiter auf der "Niedrigzinswelle zu surfen". Dazu gesellen sich weitere begünstigende Faktoren, wie etwa ein moderater, aber immerhin robuster Aufschwung, der nicht zuletzt durch einen starken Konsum getragen wird. Konkrete Gewitterwolken am deutschen Konjunkturhimmel können die Analysten dabei nicht ausmachen. Mit dem Brexit habe sich zwar ein großer politischer Risikofaktor materialisiert, von einer Rezession im Euroraum sei deshalb aber nicht auszugehen.

Neben den makroökonomischen Rahmenbedingungen blickt die Bayern-LB im Rahmen ihres Ausblicks auch auf die drei prominentesten Immobilien-Assetklassen im Detail: Wohnen, Büro und Einzelhandel. Wichtigste Erkenntnis hinsichtlich der Top-7-Wohnimmobilienstandorte: Das Basisszenario der Bayern-LB prognostiziert für 2017 "mehrheitlich eine leichte Verbesserung bei den immobilienspezifischen Warnsignalen gegenüber dem Vorjahr". Verantwortlich dafür zeichne das weiter rückläufige Zinsniveau.

Grundsätzlich müssten die Befürchtungen vor Übertreibungen jedoch durchaus ernst genommen werden. Die Studienmacher betonen, dass "mit steigender Dauer der Niedrigzinsphase auch die Gefahr möglicher Fehlinvestitionen und Preisblasen am Immobilienmarkt" steige. Grundsätzlich sieht die Bayern-LB die Preisanstiege von Wohnimmobilien bislang allerdings weitgehend fundamental durch die hohe Nachfrage in Verbindung mit einer zu geringen Angebotsausweitung gerechtfertigt. Für die kommenden zwei Jahre erwartet man "stabile Verhältnisse für die Assetklasse Wohnen". Für Investoren sind die großen deutschen Wohnungsstandorte dabei immer seltener ein einträgliches Pflaster: Der ungebrochene Zuzug in die Ballungsgebiete, gepaart mit der geringen Neubautätigkeit, lassen die Kaufpreise steigen und simultan die Renditen sinken.

Wie ist es um den deutschen Büroimmobilienmarkt bestellt? Von "weiterhin sehr attraktiven Fundamentaldaten" spricht die Bayern-LB: Demnach konnte der Flächenumsatz in den deutschen A-Städten im ersten Halbjahr 2016 noch einmal um 13 Prozent gegenüber dem bereits guten Ergebnis des Vorjahreszeitraums gesteigert werden. Zur Mitte des Jahres 2016 lag der Leerstand in Bürosegment - nicht zuletzt aufgrund eines moderaten Neuflächenwachstums - bei nur noch 5,4 Prozent. Diese Entwicklung hatte direkte Konsequenzen auf die zu zahlenden Mieten: mit 27 Euro pro Quadratmeter lagen die durchschnittlichen Spitzenmieten Mitte 2016 deutlich über dem bisherigen Höchststand von 25 Euro pro Quadratmeter aus dem Jahr 2008.

Auch auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt werden sich Investoren dabei wohl an weiter sinkende Renditen gewöhnen müssen. In den zentralen Lagen der deutschen A-Städte liegen die Netto-Anfangsrenditen für Büroimmobilien nach Angaben der Bayern-LB bei inzwischen deutlich unter vier Prozent.

Bleibt noch der Blick auf die deutschen Einzelhandelsimmobilien: Nachdem 2015 mit einem Investitionsvolumen von rund 19 Milliarden Euro ein Rekordjahr darstellte, dürfte sich das 2016 wieder im Normalbereich von rund zehn Milliarden Euro einpendeln. Dabei sieht die Bayern-LB erste Anzeichen für nachlassende Zahlungsbereitschaft beziehungsweise Zahlungsfähigkeit der Einzelhändler. Konkret wird auf Konzepte in den 1a-Lagen verwiesen, die es nicht mehr schafften, ihre Miete zu erwirtschaften.

Auch das einstige Nischensegment der Einzelhandelsimmobilie hat mittlerweile natürlich längst große Begehrlichkeiten unter Investoren geweckt, Renditen von unter fünf Prozent sind vielerorts keine Seltenheit mehr. Die Bayern-LB merkt an dieser Stelle an, dass in jüngster Vergangenheit vermehrt ausländische Anleger (insbesondere aus Nordamerika) um deutsche Einzelhandelsimmobilien buhlen. Inzwischen sei das Angebot an Core-Objekten derart knapp bemessen, dass Investoren vermehrt auf Value-Add-Objekte auswichen, auch B-Standorte seien längst kein Tabu mehr. Die Bedeutung einer sorgfältigen Auswahl der einzelnen Objekte ist da dringlicher denn je. Wie weitreichend der "Sinkflug" der Renditen sein wird, hänge nicht zuletzt von den Family Offices und institutionellen Anlegern ab, die laut Bayern-LB noch bereit sind, Preissteigerungen mitzugehen.

Zumindest für Investoren scheint die Marschroute für 2017 somit klar vorgegeben: In den etablierten deutschen Immobiliensegmenten wird es immer schwieriger, auskömmliche Renditen zu erreichen. Das Ausweichen auf B- oder C-Standorte sowie opportunistische Investments dürften weiter an Bedeutung gewinnen. Grundsätzlich muss man alles natürlich perspektivisch sehen: Im Verhältnis zu "risikolosen" Papieren wie etwa der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe, die im Jahresverlauf mehrmals sogar negativ rentierte, stehen deutsche Immobilieninvestments als risikoarme Anlage noch immer hervorragend da. Wer dennoch nach Alternativen sucht, der könnte in anderen Euroländern fündig werden. Die Bayern-LB identifiziert attraktive Chancen unter anderem in den Niederlanden und Frankreich. ph

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