Gebäudebewirtschaftung

GEFMA-Richtlinie 160: der Nachhaltigkeit verpflichtet

Abbildung 1: Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Gebäudebewirtschaftung?

Imagegewinn durch Nachhaltigkeit in der Nutzungsphase eines Gebäudes? Immerhin geht es für Anteilseigner oder Aktionäre auch um Kostensenkungspotenziale, die mittelfristig aus der nachhaltigen Bewirtschaftung erfolgen. Also eine Möglichkeit für Unternehmen, sich von ihren Wettbewerbern abzugrenzen. Schließlich handelt es sich bei der Nutzungsphase um die längste Lebenszyklusphase - und ohne nachhaltige Gebäudebewirtschaftung ist auch die bescheinigte Nachhaltigkeit des baulichen Standards nur die halbe Miete. Ein Bewertungssystem dieser nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung, bei der es ausschließlich um die Facility-Management-Prozesse geht, ist die Gefma-Richtlinie 160. Auf deren Grundlage können Betriebskonzepte und die Nutzung einer Immobilie im Sinne von Transparenz und einem schonenden Umgang mit Ressourcen untersucht, verglichen und optimiert werden - und zwar auch unter Beachtung von Gebäuden gleichen Typs, die sich im Alter ihrer Bausubstanz unterscheiden. Red.

Nachhaltigkeit ist seit Jahren nicht nur in aller Munde, sondern auch in den Medien präsent. Das Thema nur als temporären Trend zu betrachten, greift allerdings zu kurz. Denn gelebte Nachhaltigkeit besteht in der wichtigen Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen zum schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.

Dabei ist es egal, ob es sich um ein sparsames Fahrzeug, ein Bekleidungsstück aus nachhaltiger Produktion oder um die nachhaltige Bewirtschaftung von Gebäuden handelt. Immer geht es um die Verantwortung, nur so viel zu konsumieren, das auch den nächsten Generationen noch ausreichende Ressourcen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Für die Bewirtschaftung von Immobilien hat der Nachhaltigkeitsanspruch eine besondere Bedeutung und ist inzwischen weit mehr als nur ein Gedanke. Vielmehr fordern aktuelle Richtlinien Immobilienbetreiber unmissverständlich auf, Nachhaltigkeit weit oben auf der Agenda anzusiedeln.

Das Thema Nachhaltigkeit wird dabei neben dem Kostensenkungspotenzial auch immer mehr für das Marketing von Unternehmen interessant. Eine Firma, die mit nachhaltigen Prozessen oder Produkten für sich wirbt, grenzt sich dadurch positiv von den Mitbewerbern ab und kann so einen Imagegewinn erzielen. Schließlich kann eine nachhaltige Gebäudebewirtschaftung auch für Anteilseigner, Mitglieder oder Aktionäre spannend sein, wenn damit mittelfristig monetäre Vorteile erzielt werden können.

Nachhaltigkeit per Richtlinie

Mit der GEFMA-Richtlinie 160 ist in Deutschland erstmals eine konkrete Arbeitshilfe für die Einschätzung und Bewertung der Qualität einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung erschienen. Sie geht davon aus, dass nur ein Unternehmen, das bereits übergeordnete Nachhaltigkeitsziele verfolgt, auch eine dahingehende Gebäudebewirtschaftung zu den unternehmensspezifischen Zielen zählt. Mit anderen Worten: In einem Unternehmen ohne eine vorhandene Nachhaltigkeitskultur wird es eine entsprechende Gebäudebewirtschaftung schwer haben, sich in der Praxis durchzusetzen. Aus diesem Grund sind Immobilienbetreiber in der Pflicht, sich mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Bisher gab es lediglich eine Reihe von Vorschriften und Normen, deren Einhaltung auf Freiwilligkeit beruhte.

Das "Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G)" setzt nun aber erstmals eine EU-Richtlinie in nationales Recht um. Es legt verpflichtend fest, dass ein Unternehmen oberhalb einer definierten Grenze bis zum 5. Dezember 2015 ein erstes Energieaudit durchführen muss. In diesem Zusammenhang ist eine proaktive Auseinandersetzung mit einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung äußerst hilfreich. Dafür lassen sich in der GEFMA-Richtlinie 160 zahlreiche Leitgedanken zum transparenten, ressourcenschonenden Umgang mit Energie finden. Folglich kann ein Energieaudit durch die Nutzung von Synergien zu einer Schonung der meist knapp bemessenen Ressourcen in der Gebäudebewirtschaftung beitragen. Eine objektive Einschätzung der Gebäudebewirtschaftungsprozesse garantiert dabei der sogenannte Auditor, der als neutraler Auftragnehmer das Audit durchführt.

Vergleichbarkeit schaffen - Prozesse optimieren

Mit der Richtlinie GEFMA 160 stehen folgende Leitgedanken im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsbetrachtung:

1. Ökologische Aspekte

- Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen

- Einschränkung des Verbrauchs endlicher Ressourcen (Öl, Kohle, Gas et cetera)

- Einsatz umweltfreundlicher Technologien

- Umsetzung eines effizienten Ressourcenmanagements

- Schutz der Umwelt

2. Ökonomische Aspekte

- Fokussierung auf kosteneffizientes Bauen und Betreiben

- Optimierung der Lebenszykluskosten eines Gebäudes

- Ausbau von Wartungsfreundlichkeit und Austauschbarkeit von Bauteilen

- Erhöhung der Langlebigkeit von Bauteilen an und in Gebäuden

- Entwicklung innovativer Produkte

3. Soziokulturelle Aspekte

- Aufenthalt von Menschen in Gebäuden/Bauwerken

- Gewährleisten von Behaglichkeit und Komfort

- Verpflichtung zu gesundem Bauen, Wohnen und Arbeiten

- Umsetzung naturnaher Gebäudestrukturen

- Schonung der umgebenden Umwelt

Die Bewertung der Umsetzung dieser Leitgedanken nimmt die Richtlinie mit Blick auf den Zyklus des Betriebes und der Nutzung eines Gebäudes vor. Sowohl vorherige als auch nachfolgende Zyklen wie Planung und Errichtung beziehungsweise Verwertung des Gebäudes finden keine Berücksichtigung. Da die Richtlinie die Prozesse des Facility Managements (FM) zu einem bestimmten Stichtag bewertet, trägt sie deren Veränderungen Rechnung. Weiterhin betrachtet sie die Prozesse der Gebäudebewirtschaftung losgelöst von der vorhandenen Gebäudesubstanz.

Dieser Ansatz ist insofern neu, als dass er eine Bewertung der ablaufenden Prozesse in der Gebäudebewirtschaftung unter verschiedenen Gebäuden gleichen Typs (zum Beispiel Verwaltungsgebäude), die sich beispielsweise im Alter ihrer Bausubstanz unterscheiden, überhaupt erst ermöglicht. Betrachtet man nur die Bausubstanz, könnte eine neuere Immobilie wegen der besseren Einhaltung von gesetzlichen Anforderungen beispielsweise des Wärmeschutzes oder des Energieverbauchs zunächst besser abschneiden.

Altes Objekt - bessere Bilanz

Wird aber der Gebäudebetrieb der beiden Immobilien verglichen, kann unter Umständen auch ein älteres Objekt eine bessere Bilanz vorweisen. Beispielsweise benötigt ein neues Gebäude mit großzügigen Glasfassaden aufgrund der größeren Sonneneinstrahlung wahrscheinlich weniger Energieaufwand für seine Beheizung. Andererseits macht genau diese Glasfront vielleicht im Sommer eine Klimatisierung im Gebäude notwendig, was zu einer Erhöhung des gesamten Energieverbrauchs führen würde. Da die Richtlinie durch die Prozessbetrachtung den gesamten Energieverbrauch der beiden Immobilien bewertet, könnte jetzt das ältere Objekt mit seiner konservativen Bauweise vorne liegen.

Diese Vergleichbarkeit erleichtert es, Abweichungen in den Prozessen zu erkennen und zu analysieren. Auch ein Benchmarking von mehreren Immobilien in einem Portfolio wäre nun denkbar. Hier ließe sich zum Beispiel das gesamte Objektportfolio aufwerten, wenn mit Verbesserungen bei den Objekten begonnen wird, die die schlechtesten Werte im Portfolio aufweisen.

Transparente Kriterien - konkrete Ergebnisse

In den Nachhaltigkeitskriterien der Richtlinie GEFMA 160 - ökologische, ökonomische und soziokulturell-funktionale Qualität - finden sich konkrete Maßstäbe, die eine Beurteilung und Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität der Gebäudebewirtschaftungsprozesse (Facility Services) ermöglichen. Doch zwischen diesen Kriterien bestehen Beziehungen und Abhängigkeiten. So besitzt das Energiemanagement zum Beispiel Verbindungen zum Bewertungskriterium Nutzungskostenmanagement, welches die Prozesse zur Erhebung und Steuerung der Nutzungskosten für ein Gebäude betrachtet. Dabei liegt der Schwerpunkt auf möglichst niedrigen Kosten für die Gebäudenutzung. Das Nutzungskostenmanagement muss deshalb also bestimmte Teile des Energiemanagements enthalten, um wirksam werden zu können. Gemeinsam ist all diesen Kriterien, dass sie den Ansatz einer kontinuierlichen Verbesserung enthalten - denn eine einmalige, statische Bewertung der Prozesse ist erfahrungsgemäß nicht zielführend.

Die normative Methode des "Plan-Do-Check-Act (PDCA)" ermöglicht transparente Bewertungsergebnisse und zeigt künftige Handlungsfelder für Prozessverbesserungen auf. Dadurch kann eine Bewertung der FM-Qualität zum Beispiel im Zuge einer zyklischen Rezertifizierung erfolgen. Die Richtlinie sieht dabei einen Zeitraum von 2 Jahren für eine solche Rezertifizierung als angemessen an und geht damit auf die dynamischen Veränderungen in den Prozessen adäquat ein.

Die Bewertung der einzelnen Kriterien erfolgt mit objektiven Fragestellungen auf der Grundlage eines normierten Bewertungssystems (Fragenkatalog). Dies ermöglicht eine objektive Einschätzung des vorgefundenen Ist-Standes.

Qualität versus Quantität

Die GEFMA-Richtlinie kennt dabei quantitative und qualitative Bewertungen. Die qualitative Sicht ist auf den Ablauf selbst ausgerichtet und betrachtet nicht das quantitative Ergebnis. Die quantitative Bewertung dagegen misst den Inbeziehungsweise Output der Prozesse. Der Einsatz vorab definierter Benchmarks macht dabei die Ergebnisse vergleichbar.

Abschließend wird das Bewertungsergebnis aus dem Prozessaudit in einer Gewichtungsmatrix zusammengefasst. Dafür legt der Auditor gemeinsam mit dem Auftraggeber die Gewichtung der einzelnen Bewertungskriterien fest. So kann der Fokussierung auf bestimmte Qualitäten Rechnung getragen werden. Die Gewichtungsmatrix drückt folgerichtig aus, in welchen Bereichen die Prozesse des auditierten Gebäudes dem Nachhaltigkeitsansatz der GEFMA-Richtlinie 160 bereits entsprechen. Und sie zeigt auf, in welchen Bereichen noch Verbesserungs- oder Optimierungspotenziale bestehen.

Immobilienbetrieb als übergeordnete Einheit

Die GEFMA-Richtlinie 160 unterstützt Immobilienbetreiber bei einer nachhaltigen Gebäudewirtschaft, da sie konkrete Anhaltspunkte zu deren Umsetzung vorgibt. Dabei hat sie auch einen Blick auf den Immobilienbetrieb als übergeordnete Einheit, in dem eine Nachhaltigkeitskultur zu verankern ist. Dafür formuliert sie umfassende Leitgedanken, die eine ganzheitliche Sicht abbilden. Neu ist die Vergleichbarkeit zwischen Gebäuden, die andere, bereits am Markt befindliche Bewertungsmethoden, nicht umsetzen können, da dort immer auf das konkrete Objekt abgestellt wird. Gleichzeitig zeigt die Richtlinie konkrete Maßstäbe auf, mit denen die bestehenden Prozesse bewertet werden können. Das Zusammenführen der Ergebnisse in einer Gewichtungsmatrix lässt Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Richtlinie schon umgesetzt wurde und wo noch Nachholbedarf besteht.

Für Immobilienbetreiber lohnt sich dieser Aufwand allemal: Immerhin sind sie nicht nur vom Gesetzgeber aufgerufen, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit intensiv auseinanderzusetzen. Die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen den nachfolgenden Generationen gegenüber, ist für viele Immobilienbetreiber Anlass genug, künftig messbar zukunftsfreundlicher zu handeln.

Der Autor

Frank Hummel Geschäftsführung, P3N BERATUNGs GMBH, Zwickau

Frank Hummel , Mitglied des Vorstands, P3N AG , Werdau

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