Logistikimmobilien

Hyperloops als Rohrpost der Zukunft

Abbildung 1: Hyperloop im Vergleich Quelle: Hyperloop Transportation Technology

Der E-Commerce wächst weiter deutlich - und damit geht auch eine höhere Beanspruchung der Logistik einher. Doch wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus? Mehr Transporter auf der Straße bedeuten auch eine steigende Umweltbelastung. Der Autor stellt ein neues Konzept vor, wie diese Emissionen deutlich eingeschränkt werden könnten. Es handelt sich dabei um Hyperloops. Das ist im Prinzip ein Rohrpostsystem, in dem mit sehr hoher Geschwindigkeit Kapseln sowohl für den Personen- als auch für den Gütertransport befördert werden. Dieser Transport soll mit sehr hohen Geschwindigkeiten von bis zu 1 200 km/h erfolgen. Schneller also als ein Transportflugzeug. Ersatzteile könnten in einem 3-D-Druckverfahren erstellt werden. Wichtig dabei ist, dass eine Schnittstelle der Logistiker zu diesem Verkehrssystem gegeben sein müsste. Red.

Die Digitalisierung verändert die Welt, neue Geschäftsmodelle lösen alte ab und der Konsument gelangt in den absoluten Fokus. Immobilien im Allgemeinen, aber Logistikimmobilien im Speziellen sind diesem Wandel ebenfalls ausgesetzt und es stellt sich die Frage, welche Anpassungen notwendig sind und welche Veränderungen sich am Horizont abzeichnen.

Das Zeitalter der Paneuropäisierung hat dazu geführt, dass nicht mehr an nationalen Grenzen, sondern an paneuropäischen Versorgungsnotwendigkeiten ausgelegte Immobilien entstanden sind. Diese waren vielfach flächenmäßig weit größer als die nationalen Ausführungen und durch den Ausbau der Paketdienstleister in der Lage, nahezu jeden Punkt Europas in der Regel innerhalb von 24 Stunden erreichbar zu machen. Dies führte durch die Zentralisierung von Warenbeständen zu geringeren Warenvorräten bei gleichzeitiger Verbesserung der Servicequalität.

Das anschließende Zeitalter des E-Commerce führte zu weiter anwachsenden Flächen mit Größen weit über 100 000 Quadratmeter und ging mit dem weiteren Ausbau der Paketverteilzentren der Paketdienstleister einher. Nun könnte man geneigt sein, die Erfüllung der genannten Aspekte als State of the Art anzusehen und damit die Zukunftsfähigkeit der Logistikimmobilien als gegeben anzunehmen. Es gibt aber Entwicklungen, die die Zukunftsfähigkeit der Logistikimmobilien beeinflussen.

Eine nicht unwesentliche Entwicklung spielt dabei das weltweite Bedürfnis, den CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren und die im Rahmen des Klimaschutzgipfels im Dezember letzten Jahres getroffenen Vereinbarungen für das Jahr 2050 lassen erhebliche Anstrengungen erwarten. Bis zu diesem Zeitpunkt wird eine völlige Dekarbonisierung angestrebt, sodass sämtliche energetischen Aspekte jedenfalls nicht mehr mit Erdöl, Gas oder Kohle umgesetzt werden können, das heißt, die Energieversorgung von Logistikimmobilien muss auf gänzlich neue Beine gestellt werden - und zwar auch für den Bestand.

Modernes Highspeed-System

Eine weitere Entwicklung zeichnet sich im Transportbereich ab: Die Idee des Hyperloop wurde von Elon Musk entwickelt, der schon mit Tesla (Elektroautos) und SpaceX (wiederverwendbare Raketen) scheinbare Utopien in die Verwirklichung gebracht hat. Vereinfacht dargestellt ist Hyperloop ein Rohrpostsystem, in dem mit sehr hoher Geschwindigkeit Hyperloop-Kapseln sowohl für den Personen- als auch für den Gütertransport befördert werden (siehe Abbildung 1).

Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten von bis zu 1200 km/h schmelzen Distanzen - die Strecke Berlin-Köln mit einer Entfernung von 600 km würde in einer Zeitspanne von einer halben Stunde überbrückbar sein - für heutige Verhältnisse unvorstellbar, selbst für den gleichwohl nebenzeitenintensiven Flugverkehr. Voraussetzungen für dieses System sind einerseits die Beantwortung der technologischen Herausforderungen sowie die Installation der erforderlichen Infrastrukturen.

Analog zur Entwicklung der Eisenbahn, die im 19. Jahrhundert die Entfernungsüberbrückung dramatisch beschleunigte und gleichzeitig die industrielle Revolution durch die Infrastrukturerstellung und die Nachfrage nach Fahrzeugen befeuerte, ist das Hyperloop-System die nächste Evolutionsstufe im 21. Jahrhundert mit ähnlichem Potenzial - auch hier ist die Erstellung eines neuen Netzes erforderlich. Für den Logistikimmobilienbereich würde dies bedeuten, dass eine Schnittstelle zu diesem Verkehrssystem gegeben sein müsste.

Revolution auf der letzten Meile

Aber auch die Digitalisierung selbst erschöpft sich nicht im E-Commerce. Bereits heute ist erkennbar, dass das Geschäft auf der letzten Meile - zumindest in Ballungsräumen - einer Revolution unterworfen ist. Same hour delivery ist der neue Benchmark und bedeutet, dass innerhalb einer Stunde nach Bestelleingang die Ware an den Empfänger ausgeliefert wird.

Dies ist mit den klassischen Systemen der Warendistribution nicht mehr darstellbar, Paketdienste benötigen hier zumindest den Nachtsprung und können eine minimale Reaktionszeit von zwölf Stunden realisieren. Möglich ist dies nur, wenn die Ware bereits nah am Empfänger lagert und dann direkt an selbigen transportiert wird, typischerweise heute noch mit einem Botendienst.

Die letzten Meter der letzten Meile werden zukünftig auch noch automatisiert: derzeit publizistisch aufwendig dargestellte Drohnen-Systeme werden in Ballungsräumen eher nicht zum Einsatz kommen. Weit wahrscheinlicher ist die Zustellung mit Lieferrobotern, wie diese gerade von der Firma Starship entwickelt werden. Diese automatisch gesteuerten Kleinstfahrzeuge fahren - mit einem Elektromotor angetrieben und mit GPS sowie Kameras ausgestattet - ohne menschliches Zutun mit geringer Geschwindigkeit bis zum Empfangsort.

Für die Auslieferung ist ein Radius von fünf Kilometern vorgesehen und die Positionierungsgenauigkeit liegt bei einem Zentimeter. Aufgrund der technischen Ausstattung sind die Lieferroboter in der Lage, auf dem Fußweg zu fahren und auch die sie umgebenden Mensch zu berücksichtigen. Am Empfangsort selbst wartet das Fahrzeug, bis der Empfänger mit Hilfe eines individuellen Codes das Lastenfach öffnet und die Ware entnimmt, um dann für den nächsten Transportauftrag zur Verfügung zu stehen.

Ersatzteile per 3-D-Druck

Für die Logistikimmobilie bedeutet dies, dass Flächen in den Innenstädten erforderlich sind, deren Charakteristik deutlich von klassischen Logistikimmobilien abweicht. Eine weitere Entwicklung ist der 3-D-Druck: hier werden Produkte vor Ort aufgrund von Datenvorgaben "produziert", beispielsweise Ersatzteile nur nach Bedarf, aber eben auch individuelle Produkte. Diese Entwicklung führt zu einer nachhaltigen Reduktion von Ersatzteillagern einerseits und ermöglicht andererseits die Produktion von Waren in geringsten Stückzahlen.

Dies führt langfristig zu einer Ablösung der Massenproduktion in fernen, aber arbeitskostenarmen Länder und damit zu einem deutlichen Rückgang der Transportmengen von Fertigwaren auf den Weltmärkten sowie auch zu einer Reduktion der Lagermengen. Dies könnte gravierende Auswirkungen auf die großen Logistikimmobilien haben, deren Existenzberechtigung im Moment auf der Tatsache beruhen, dass große Warenmengen für die Einzelnachfrage bereitgehalten werden müssen, weil der Produktionsort und der Verbrauchsort nicht identisch sind.

Die geschilderten Entwicklungen führen dazu, dass Logistikimmobilien unterschiedliche Funktionen zu erfüllen haben: von der Lagerung großer Mengen hin bis zur Bereitstellung in Kundennähe. Die Kundenanforderungen definieren dabei die Lage und die Größe.

Während auf dem "flachen Land" große Logistikimmobilien derzeit noch relativ unproblematisch erstellt werden können, ist dies in Ballungsräumen und in Innenstadtlagen nicht so ohne Weiteres möglich. Hier konkurrieren die Flächenbedarfe der Logistik mit anderen Immobiliennutzungen wie Wohnen, Einzelhandel, Büro und Hotel. Aufgrund der höheren Kosten für den Grund und Boden fallen diese Objekte deutlich kleiner aus und werden auch mehrstöckig ausgeführt.

Es wird aber keinesfalls so sein, dass große Logistikeinheiten in den Innenstädten entstehen werden - vielmehr werden bestehende Kapazitäten für die Lagerung genutzt, wie etwa Ladengeschäfte (siehe Abbildung 2).

Hierbei kommt wiederum die Digitalisierung zu Hilfe: Einzelne Warenbestände können auch örtlich getrennt, aber dennoch nah, durch eine virtuelle Lagerführung genutzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass bei dem Service-Level "same hour delivery" keine Bündelung der Distribution mehr möglich ist und jeder Auftrag mit einem dezidierten Boten ausgeführt werden muss, wird das Entnehmen aus mehreren - örtlich auseinanderliegenden - Standorten auf der Belieferungstour möglich.

Es ist zu erwarten, dass einzelne Kellerräume von zentral gelegenen Büro- oder Wohneinheiten genauso für die Erfüllung logistischer Aufgaben Verwendung finden, wie auch Ladenflächen. Plattformkonzepte wie Amazon integrieren sogar den Regalbestand des Einzelhandels in diesen Prozess, sodass die Belieferung situationsbezogen aus Lageroder Regalflächen erfolgt.

Heute liefern, was morgen bestellt wird

Last, but not least verändern sich auch die Abläufe bei produktionsorientierten Logistikimmobilien, die derzeit noch der Sicherstellung der Bereitstellung von Komponenten am Montageort und der Vermeidung des Bandstillstandes dienen. Durch den bereits erwähnten 3-D-Druck werden bei zukünftigen Produkten direkt an der Montage entstehende Komponenten erzeugt und verbaut, ohne dass eine Lagerung notwendig sein wird. Hierdurch wird das durch die Variantenvielfalt aufgeblähte Lagerbedürfnis nachhaltig reduziert.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass unter dem Stichwort Logistikimmobilien eine Vielzahl von Immobilientypen zusammengefasst werden und die Spanne von Mega-Distributionshallen bis hin zum einzelnen Kellerraum als Bestandteil eines virtuellen Lagers reichen. Klassische immobilientechnische Bewertungskriterien sind differenziert anzuwenden und auch die Nutzungseinschätzung bedarf eines ausgeprägten logistischen Verständnisses. Hierzu zählt auch die prediktive Logistik, das heißt die Prognose von Kundenbedürfnissen, um heute schon das liefern zu können, was morgen bestellt wird. Durch den Einsatz von Big-Data-Analytics wird dies erst zuverlässig möglich und führt zu Reduzierungen der Warenbestände, die auf Verdacht zur Verfügung gehalten werden.

Der Autor

Dr. Thomas Steinmüller Vorstand, CapTen AG, Berlin und Ausschuss-Vorsitzender Logistikimmobilien, ZIA e.V., Berlin

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