Kommunen als Bestandshalter

Partner von Städten und Gemeinden

Christian Lieberknecht

Die Stärke und Stabilität des deutschen Wohnungsmarktes wird maßgeblich von einem Nebeneinander unter anderem kommunaler, öffentlicher und privater Wohnungsunternehmen bestimmt. Besonders die kommunalen und öffentlichen Wohnunternehmen leisten dabei einen Beitrag zur Stadt- und Quartiersentwicklung sowie zur sozialen Entwicklung innerhalb dieser Konglomerate - ein Hauptanliegen ist die Schaffung von hochwertigem und dennoch bezahlbarem Wohnraum für sozial Schwache sowie integrative Maßnahmen, was angesichts leerer Kassen der Kommunen immer schwieriger wird. Das soziale Engagement aber braucht Unterstützung durch Regierungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene - sei es in Form von Fördermitteln oder vergünstigten Grundstücken - sowie konstante politische und rechtliche Rahmenbedingungen. Nur so kann die Wohnungswirtschaft zu einer ausgewogenen und zukunftsfähigen Stadtentwicklung beitragen und den künftigen Herausforderungen begegnen. Red.

Der Wohnungsmarkt in Deutschland verfügt über ein gutes und differenziertes Wohnungsangebot. Sein wesentliches Merkmal ist das ausgewogene Neben- und Miteinander von kommunalen und öffentlichen sowie privaten und kirchlichen Wohnungsunternehmen, aber auch Wohnungsgenossenschaften und privaten Eigentümern. Das hat sich bis heute als optimale Kombination erwiesen und macht die Stärke und Stabilität des deutschen Wohnungsmarktes aus. Auf diese Weise hat das deutsche Modell des Wohnens zu hoher Wohnqualität bei bezahlbaren Mieten geführt.

Nachhaltige Wahrnehmung sozialer Aufgaben

Dabei tun sich die kommunalen und öffentlichen Wohnungsunternehmen hervor, indem sie seit jeher aktiv an der Stadt- und Quartiersentwicklung mitwirken und Nachbarschaften stabilisieren. Gerade weil die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung immer mehr zurückgeht, hat die Wohnraumversorgung im Rahmen der Daseinsvorsorge durch kommunale Wohnungsunternehmen als Partner der Kommunen an Bedeutung gewonnen. In den Bündnissen für bezahlbares Wohnen, sowohl auf Bundesebene als auch in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen und Berlin sowie auf lokaler Ebene in zahlreichen Städten sind die kommunalen Wohnungsunternehmen Hauptakteure.

Das Kerngeschäft der kommunalen und öffentlichen Wohnungsgesellschaften besteht darin, bezahlbaren Wohnraum in guter Qualität dort anzubieten, wo die Menschen ihn brauchen. Darüber hinaus nehmen zusätzliche Dienstleistungen zum Beispiel für ältere Menschen einen immer breiteren Raum ein. Mit der nachhaltigen Wahrnehmung dieser unternehmerischen Aufgaben schafft die Wohnungswirtschaft bereits Werte für die Stadt, denn die Unternehmen leisten mit ihrer Pflege der Wohnungsbestände und dem Bau neuer Wohnungen einen wichtigen Beitrag zur Stadtentwicklung.

Kommunale Wohnungsunternehmen engagieren sich darüber hinaus in der Quartiersentwicklung, in nachbarschaftlichen, sozialen und kulturellen Projekten. Sie erwirtschaften zusätzlich zu ihren betriebswirtschaftlichen Ergebnissen in einem erheblichen Umfang das, was man als "Public Value" oder "Stadtrendite" bezeichnet. Nicht nur die ehemals gemeinnützigen kommunalen Wohnungsgesellschaften, auch die große Mehrheit der privaten Wohnungsunternehmen handelt heute nachhaltig. Ihre Grundphilosophie besteht aus dem Dreiklang Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung.

Angesichts leerer Kassen und knapper Budgets wird es für Kommunen aber seit geraumer Zeit immer schwieriger, beispielsweise Infrastruktur- oder Gemeinbedarfseinrichtungen über den Haushalt zu finanzieren. Bürgermeister und Kämmerer suchen deshalb immer häufiger nach alternativen finanz- und organisationstechnischen Wegen, um ihrem Versorgungsauftrag für öffentliche Leistungen nachzukommen. Kommunale und öffentliche Wohnungsgesellschaften sind hier verlässliche Partner für Städte und Gemeinden.

Finanzielles Engagement

Auch bei der aktuell vielerorts akuten Herausforderung, nach Deutschland kommende Flüchtlinge unterzubringen, leisten die kommunalen Unternehmen einen starken Beitrag. Unter allen GdW-Unternehmen setzen rund zwei Drittel bereits Wohnungen zu diesem Zweck ein, wie eine aktuelle Umfrage des GdW unter seinen Mitgliedern zeigt. Ihr Hauptmotiv: soziale Verantwortung, wie 92,5 Prozent der Wohnungsunternehmen bestätigen. Dabei würden sich die Unternehmen aber noch viel stärker engagieren, wenn die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen das zulassen würden.

Bund, Länder und Kommunen müssen dazu ihr finanzielles Engagement bei der sozialen Betreuung und bei integrativen Maßnahmen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Bildung, deutlich verstärken, fordern zwei Drittel der Wohnungsunternehmen. Unter verbesserten Voraussetzungen würde sich immerhin mehr als ein Drittel der GdW-Unternehmen in der Lage sehen, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Als Partner der Städte und Gemeinden stellen sich diese Herausforderungen für kommunale Wohnungsunternehmen in besonderem Maße.

Der außergewöhnliche Einsatz der Wohnungswirtschaft hat in vielen Bereichen sehr positive Effekte. Entscheidend ist aber auch: Das soziale Engagement der Wohnungsunternehmen darf nicht zur reinen Selbstverständlichkeit werden. Außergewöhnliches Engagement braucht auch außergewöhnliche Unterstützung durch Regierungen auf Bundes-, Landesund Kommunalebene - beispielsweise in Form von Fördermitteln und vergünstigten Grundstücken.

Nichtwohnbau und Umwandlung zu Wohnraum

Unter diesen Voraussetzungen kann die Wohnungswirtschaft mit ihrem umfassenden Know-how in der Planung und der operativen Umsetzung von Bauprojekten beispielsweise auch im Nichtwohnbau zu einer ausgewogenen und zukunftsfähigen Stadtentwicklung beitragen.

Die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Augsburg zum Beispiel (WBG) hat mit dem Neubau der Augsburger Messehalle, der Stadtbücherei und der Drei-Auen-Schule gezeigt, wie mittels innovativer Lösungen Gemeinbedarfseinrichtungen für die Stadt realisiert werden können, die für die kommunale Gesellschaft und für die Stadt selbst zu einer Win-Win-Situation führen. Der entscheidende wirtschaftliche Vorteil für die Stadt liegt in den synergetischen Effekten aus der Zusammenfassung von Planung, Bau, Finanzierung und Vermietung durch die WBG: alles aus einer Hand zu einem konkurrenzlos günstigen Preis gegenüber potenziellen Mitbewerbern.

Gerade in Zeiten eines engeren Wohnraumangebots in Ballungsregionen ist es aber nicht nur eine Herausforderung für Wohnungsunternehmen, sogenannte Nichtwohnbauten zu betreiben. Sondern sie haben es sich vielfach zur Aufgabe gemacht, bestehende Gewerbe- oder andere Nichtwohnbauten in Wohnraum umzuwandeln.

Ein Beispiel für eine Vielzahl solcher Projekte ist die Umwandlung einer ehemaligen Kaserne zu einer Wohnsiedlung, wie es die Bauverein AG in Darmstadt mit der Lincoln-Siedlung in Angriff genommen hat. Die 24 Hektar große ehemalige amerikanische Liegenschaft soll in den nächsten fünf Jahren zu einem neuen Stadtteil für 3 000 Menschen entwickelt werden.

Den Megatrends von morgen begegnen

Die übergeordneten Herausforderungen lauten aktuell: demografische Entwicklung, zunehmende soziale Spreizung der Gesellschaft, Klimaschutz- und Energieeffizienzpolitik sowie die wachsende Pluralität der Lebensstile und Vielfalt der Wohnkonzepte. Das sind vier Megatrends, denen sich die Wohnungsunternehmen nicht nur gegenübersehen, sondern die sie aktiv mitgestalten und prägen.

Die nachhaltige Anpassung der Wohnungsbestände an die demografische Entwicklung und soziokulturelle sowie die energetische Modernisierung werden noch lange beschäftigen, obgleich gerade die Unternehmen der Wohnungswirtschaft bei der Energieeinsparung und dem "Wohnen für ein langes Leben" schon mehr geleistet haben, im Bereich der Energieeffizienz weitaus mehr, als es die Zielvorgaben zum Klimaschutz fordern.

Die konsequente Ausrichtung auf ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit kann dabei letztlich ertragreich betrieben werden, wenn die Marktlage sowie die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen sowie ausreichende Möglichkeiten der Kreditfinanzierung zu tragbaren Konditionen gegeben sind. Unwirtschaftliche Maßnahmen, die im gesellschaftlichen oder politischen Interesse liegen, können und müssen durch staatliche Förderung rentierlich gemacht werden.

Stabile Rahmenbedingungen

Was der Wohnungsmarkt in Deutschland derzeit dringend braucht, sind stabile Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer. Dazu müssen auf der einen Seite die Bedingungen für Investoren so verbessert werden, dass diese zu bezahlbaren Mieten neuen Wohnraum schaffen können. Auf der anderen Seite darf man aber die Regionen, in denen Wohnungsleerstand ein großes Problem ist, nicht aus den Augen verlieren. Zu einer Wohnstrategie gehört aus Sicht der Wohnungswirtschaft:

- Kommunen sollten städtische Grundstücke grundsätzlich nach Konzeptqualität und nicht im Höchstbieterverfahren vergeben.

- Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden.

- Keine weiteren Steuerbelastungen durch Kommunen oder den Bund.

- Absenkung der Grunderwerbsteuer in Wachstumsregionen.

- Die lineare AfA sollte von 2 auf 3 Prozent erhöht werden. In den Gebieten, in denen die neue Mietpreisbremse gelten soll, sollten die Abschreibungssätze auf vier Prozent erhöht beziehungsweise ein Investitionszuschuss eingeführt werden.

- Die Mittel der sozialen Wohnraumförderung in Höhe von 518 Millionen Euro jährlich (Bundesmittel) müssen zweckgebunden sein.

- Energetische Anforderungen dürfen nicht durch einzelne Landesgesetze noch weiter verschärft werden.

- Der drastische Anstieg der Nebenkosten - Energie, Wasserversorgung, Müllbeseitigung und Grundsteuer - muss begrenzt werden.

- Die Baukostensenkungskommission der Bundesregierung muss zügig zu konkreten Ergebnissen kommen.

- "Neubauklima" in der Bevölkerung fördern - alle möchten mehr Wohnraum in Ballungsregionen - aber möglichst nicht in der eigenen Nachbarschaft oder auf dem Grundstück gegenüber. Es wird eine klare politische Schwerpunktsetzung für mehr Neubau benötigt, eine Neubaukampagne und Unterstützung für eine sachgerechte öffentliche Debatte zur Wohnungspolitik. Es gehört zur Führungsverantwortung eines jeden Bürgermeisters, sich für eine funktionierende Wohnungspolitik und den Wohnungsneubau in Boom-Regionen einzusetzen.

- Der altersgerechte Umbau muss angemessen gefördert werden. Der Bund muss das KfW-Programm für altersgerechtes Bauen jährlich weiter steigern und mittelfristig mit jährlich 100 Millionen Euro ausstatten. Zudem sind gemeinsam mit den Bundesländern die Erstellung und Weiterentwicklung kommunaler Demografiekonzepte zu forcieren.

- Schub für die energetische Gebäudesanierung: Eine steuerliche Förderung und die Aufstockung der KfW-Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren auf insgesamt 3 Milliarden Euro jährlich durch den Bund sind notwendig.

- Keine Behinderung von Modernisierungsinvestitionen durch Einführung einer Amortisierungsregelung für den Mieterhöhungsanspruch nach Modernisierung.

Der Autor

Dr. Christian Lieberknecht Geschäftsführer, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin

Noch keine Bewertungen vorhanden


X