Markt- und Objektbewertung

Standardisierte Immobilien-Datenräume sorgen für mehr Transparenz

Jan Hoffmeister

Das Transaktionsvolumen am deutschen Immobilienmarkt ist kräftig gestiegen. Marktteilnehmer schätzen, dass dabei jährlich 500 Millionen Euro an Schäden bei gewerblichen Immobilientransaktionen entstehen. Ineffiziente und intransparente Due-Diligence-Prozesse tragen massiv zu diesem Problem bei. Entsprechend groß ist der Druck, die Effizienz - beispielsweise durch die Nutzung virtueller Datenräume - zu steigern. Die Gif und die Drooms haben einen Standard für die Datenräume erarbeitet. Das Herzstück ist hierbei ein standardisierter Index. Die Zielsetzung der gif-Empfehlung erläutert der Autor und stellt die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen vor. Red.

Das Jahr 2015 hat noch einmal eine deutliche Steigerung des Transaktionsvolumens erreicht. Damit werden wieder Volumina erreicht, die in der Nähe der Rekordwerte von 2007 liegen.

Aber was sind die Gründe für diesen Aufschwung? Der Immobilienmarkt wird von Kapital überflutet. 70 Prozent der durch PwC im Zuge der Erhebung "Emerging Trends in Real Estate: Europe 2015" befragten Teilnehmer aus der europäischen Immobilienbranche gehen 2015 von einem verstärkten Zufluss an Eigenund Fremdkapital in ihren Märkten aus. Der Entschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), bis September 2016 für mindestens 1,1 Billionen Euro Staatsanleihen und Wertpapiere zu kaufen, wird sich unmittelbar auf die europäischen Immobilienmärkte auswirken.

Jährliche Schäden von bis zu 500 Millionen Euro

Laut einer Studie, die Drooms auf der Expo 2015 durchgeführt hat, schätzt der Großteil der Marktteilnehmer, dass jährliche Schäden von bis zu 500 Millionen Euro bei gewerblichen Immobilientransaktionen entstehen. Diese Schäden entstehen durch ineffiziente oder intransparente Due Diligence.

Ineffiziente Prozesse in Kombination mit einem gestiegenen Volumen erhöhen den Druck, die Effizienz zu steigern. Dies belegen die Zahlen, die in der Umfrage erhoben wurden: 61 Prozent der Teilnehmer nutzen virtuelle Datenräume in 2015, versus 39 Prozent im Jahre 2014.

Transparenz und Standardisierung gewinnen an Bedeutung

Um von der steigenden Marktlage zu profitieren, sollte auch 2016 "Transparenz" das Schlagwort für Immobilienexperten sein. Um eben diese Transparenz zu erlangen, sind standardisierte Transaktionsprozesse für alle Parteien notwendig. Dies ist auch vor dem Hintergrund der steigenden Cross-Border-Käufe zu erkennen.

Die steigende Nutzung von virtuellen Datenräumen bei gewerblichen Immobilientransaktionen ist dabei ein wesentlicher Treiber für Standardisierung. In den vergangenen 18 Monaten hat sich ein Team von zehn Immobilienexperten aus den verschiedenen Disziplinen (Berater, Juristen, Projektentwickler, Eigentümer, Fonds, Datenraumanbieter) zusammengesetzt und einen Standard für die Datenräume erarbeitet.

Das Herzstück der gif-Empfehlung ist ein standardisierter Index, der nicht zu umfangreich ist, aber alle wesentlichen Bestandteile enthält. Er ist so gehalten, dass er in Deutschland, aber auch im Ausland funktioniert. Er wird demnach auch in englischer Sprache zu Verfügung gestellt.

Zielsetzung der gif-Empfehlung

Die Empfehlung der gif verfolgt vier primäre Ziele:

- Zunächst wollte das Team einen Index kreieren, der so beschaffen ist, dass keine wesentliche Information fehlt. In diesem Sinne sollten auch keine Indexpunkte gelöscht werden.

- Des Weiteren soll erreicht werden, dass die Nutzer immer die gleichen Informationen unter der gleichen Nummerierung finden. So können erfahrene Transakteure wesentlich schneller auf die Inhalte des Datenraumes zugreifen.

- Da viele Immobilien innerhalb von zehn Jahren mehrfach den Eigentümer wechseln, ist die Effizienzsteigerung sehr groß, wenn jeweils der gleiche Index (= Sortierung) bei allen Eigentümern vorliegt. So müssen die Daten nur noch bei dem neuen Eigentümer in gleicher Struktur importiert werden.

- Die Empfehlung soll mehr Transparenz in die technischen und rechtlichen Anforderungen an Datenräume bringen. Da nicht jeder Marktteilnehmer ein Experte auf dem Gebiet ist, kann man sich an die Empfehlung anlehnen.

Das Herzstück: Der Index

Der Index orientiert sich zunächst an einer Trennung von Immobilie, Gesellschaft und Finanzierung. Bei vielen Asset Deals sind Punkt 2 und 3 nicht relevant und können dementsprechend weggelassen werden. Falls sie aber doch relevant sind, gibt die Empfehlung eine Struktur vor, die eingehalten werden sollte. Eine Kopie des Index kann auch auf "drooms. com" heruntergeladen werden.

Die wesentlichen Oberpunkte, die der Index enthält, sind in der Tabelle ersichtlich.

1 Liegenschaftsbezogene Unterlagen

1.1 Einleitung

1.2 Grundstück

1.3 Eigentum

1.4 Bauplanungsrecht

1.5 Bauordnungsrecht

1.6 Gebäude (Bewirtschaftung technisch)

1.7 Mieter

1.8 Bewirtschaftung (kaufmännisch)

1.9 Steuern

1.10 Rechtsstreitigkeiten

1.11 Objektbezogene Arbeitsverträge

1.12 Zusatzinformationen für Spezialimmobilien

1.13 Sonstige Dokumente/Verträge/ Vereinbarungen

2 Gesellschaftsbezogen Unterlagen

2.1 Gesellschaft

2.2 Satzung

2.3 Gesellschafterbeschlüsse

2.4 Geschäftsführung

2.5 Gesellschaftsbezogene Verträge

2.6 Grundstückskaufvertrag (Ankauf)

2.7 Finanzen

2.8 Personal

2.9 Joint Ventures

3 Finanzierung

Um eine professionelle und transparente Due Diligence durchführen zu können, sollten gewisse Rahmenbedingungen eingehalten werden.

Technische und rechtliche Rahmenbedingungen

Diese wurden vom Arbeitskreis erarbeitet und sind ebenfalls Teil der Empfehlung:

- Dokumente sollten einheitlichen Namenskonventionen folgen, die für alle die Arbeit erleichtern. Das Papier macht hier einen dementsprechenden Vorschlag.

- Der Standardindex kann erweitert, sollte aber nicht reduziert werden. Wenn gewisse Punkte nicht relevant sind, ist das entsprechend zu vermerken. So wird sichergestellt, dass Punkt 1.7 immer Mietverträge enthält.

- Der Datenraum muss vollständig sein. Es muss zu jedem Punkt eine Aussage gemacht werden, auch wenn diese "nicht relevant" lautet.

- Nach Öffnung des Datenraumes für Bieter dürfen keine Dokumente gelöscht werden.

- Dokumente sollten regelmäßig - auch während der Transaktion - aktualisiert werden, wenn dies notwendig ist.

- Originaldokumente: Falls Dokumente, die im Original vorliegen müssen, nicht vorhanden sind, ist dies entsprechend zu vermerken.

- Dokumente sollten so gescannt werden, dass eine schnelle Anzeige in einem Datenraum möglich ist, das heißt keine zu hohe Auflösung und Farben nur da, wo notwendig.

- Die Daten müssen verschlüsselt übertragen und auf den Servern abgelegt werden.

- Lokale - in diesem Fall deutsche - Datenschutzbestimmungen müssen eingehalten werden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zum Safe-Harbor-Abkommen ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen.

- Zur Sicherstellung der Vertraulichkeit muss es ein umfangreiches Rechtemanagement geben, inklusive Trennung von Sicht-/Speicher- und Druckberechtigung. Es sollte auf jedem Dokument, auch auf Ausdrucken, ein dynamisches Wasserzeichen hinterlegt sein.

- Indexbezeichnungen sollten auf jeder Ebene bis zu 400 Zeichen lang sein können. Dieser Punkt kann bei umfangreichen Datenräumen mit vielen Hierarchien zu Problemen führen, wenn die falsche Technik im Einsatz ist.

- Bei erstmaligem Zugang zum Datenraum muss der Nutzer die Datenraumregeln und eine Vertraulichkeitsvereinbarung digital bestätigen.

- Alle Datenraumdokumentationen sollten auswertbar protokolliert werden. Wer hat was wann hochgeladen? Welche Seite wurde wann von wem wie lange gesehen et cetera?

- Veränderungen gegenüber einem Stichtag müssen sichtbar und filterbar sein, sodass dem Bieter klar ist, welche Dokumente nachträglich eingestellt wurden. Neue Dokumente müssen schnell auffindbar sein.

Zusätzlich spricht die gif eine Empfehlung aus, dass institutionelle Asset Eigentümer und Manager sogenannte Lifecycle-Datenräume nutzen sollten. So kann effizient eine permanente Transaktionsfähigkeit sichergestellt werden. Insbesondere dezentrale Teams können gemeinsam einen Datenbestand aktuell halten.

Leben erleichtert und Transaktionskosten gesenkt

Die gif-Empfehlung gibt die Leitplanken vor, an denen sich Immobilieneigentümer und Berater in Bezug auf virtuelle Datenräume orientieren können. Bei flächendeckender Umsetzung wird eine Vergleichbarkeit für die Due Diligence erreicht die Käufern, Verkäufern und Bestandshaltern das Leben erleichtert und die Transaktionskosten senkt. Preisabschläge durch Intransparenz können vermieden beziehungsweise reduziert werden.

Der Autor

Jan Hoffmeister Gründer und Mitglied der Geschäftsleitung, Drooms AG, Zug (Schweiz)

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