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Der Einsatz virtueller Datenräume bei gewerblichen Immobilientransaktionen

In der deutschen Immobilienbranche gibt es Einsparpotenziale in Milliardenhöhe. Diesen Schluss legen mehrere aktuelle Studien nahe. So hat eine Umfrage der Real Estate Advisory Group (Reag) ergeben, dass der heimischen Immobilienbranche jedes Jahr bei Transaktionen Milliardenbeträge verloren gehen.

Schuld daran sind in vielen Fällen unübersichtliche oder unvollständige Dokumentationen transaktionsrelevanter Unterlagen. Demnach sind bei der Hälfte der Immobilienverkäufe bis zu 30 Prozent der relevanten Papiere nicht vorhanden. Diese schlechte Dokumentenqualität kann zu Kaufpreisabschlägen von bis zu zehn Prozent oder sogar zum Scheitern des Geschäfts führen.

Zu denen im Rahmen der Due-Diligence-Prüfungen analysierten Dokumente zählt der Arbeitskreis "Virtueller Datenraum" der Software-Initiative Deutschland e.V. (SID) in erster Linie Verträge, Baupläne, Abrechnungen, Vollmachten, technische Dokumentationen, Umweltgutachten sowie Berichte, die die wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse des Verkaufsobjekts widerspiegeln.

Scheitern von Immobilienverkäufen

Zusätzliche Schäden in Milliardenhöhe verursacht darüber hinaus das Scheitern dieser Immobilientransaktionen. Laut einer aktuellen Studie von Data Room Services (DRS) beziffern 58 Prozent der befragten Top-Manager aus der deutschen Wirtschaft den dadurch entstehenden finanziellen Schaden auf bis zu zehn Milliarden Euro.

Zwölf Prozent gehen sogar von Verlusten von bis zu 20 Milliarden Euro oder mehr aus. Die Gründe für das Scheitern von Transaktionen können unter den Schlagwörtern schlechte und unvollständige Vorbereitung beziehungsweise schlichtweg Überforderung zusammengefasst werden.

Als Hauptpunkte für das Scheitern nennt die DRS-Studie die schlechte Vorbereitung der beteiligten Parteien und die Uneinigkeit über den Kaufpreis. Aber auch die unvollständige oder unstrukturierte Dokumentation der erforderlichen Unterlagen ist ein entscheidender Aspekt.

Weitere Gründe für das Nichtzustandekommen sehen die befragten Manager in unstrukturiert verlaufenden Transaktionsprozessen und in einer Überforderung beim Bewältigen der Datenmengen.

Abhilfe hierfür schaffen strukturierte Prozesse gestützt durch das richtige softwareseitige Instrumentarium. Hier kommen virtuelle Datenräume ins Spiel. Diese gewährleisten eine übersichtliche Darstellung aller Inhalte. Die strukturierte Indexierung, in Verbindung mit umfangreichen Suchfunktionen, ermöglicht das schnelle Auffinden der gewünschten Informationen und macht Dokumentationslücken schnell deutlich.

Durch die Teilung des Bildschirms, das sogenannte Split-Screen, können zwei Dokumente, wie beispielsweise die Jahresabschlüsse zweier Jahre, direkt und zeitsparend am Bildschirm miteinander verglichen werden.

Bei Immobilientransaktionen werden nicht selten tausende Schriftstücke von vielen Due-Diligence-Spezialisten gleichzeitig auf Herz und Nieren geprüft. Durch den Einsatz virtueller Datenräume haben mehrere hundert Personen auf Käufer- und Verkäuferseite gleichzeitig kontrolliert Zugang auf die für die Transaktion benötigten Dokumente. Dadurch können die komplexen und hochsensiblen Prüfungen erheblich einfacher, schneller und transparenter durchgeführt werden.

Zeit- und Kartenersparnis durch schnellen Datenzugriff

Moderne virtuelle Datenräume, von Experten bereits als Vertreter der nächsten Generation bezeichnet, ermöglichen zudem eine sehr hohe Geschwindigkeit sowohl beim Hochladen als auch beim Anzeigen der Dokumente. Dies wiederum erlaubt das Arbeiten im virtuellen Datenraum in Echtzeit. Ein nicht ganz unwichtiger Faktor, bedenkt man, dass schon bei einer mittelgroßen Transaktion allein durch die Anzeige der Dokumente in Echtzeit schnell mehr als 100 000 Euro eingespart werden können.

Eine Verzögerung von nur wenigen Sekunden in der Anzeige der Dokumente würde im Hinblick auf die zu bewältigende Masse einen Zeitverlust von - kumuliert - mehreren Wochen bedeuten. Die dadurch entstehenden Kosten bei Zeitverzögerungen wären enorm.

Vorteilhaft ist es auch ein integriertes Question & Answer-Tool, das komplexe Frage- und Antwortprozesse strukturiert abwickelt. Dadurch können Fragen direkt, wenn sie aufkommen, gestellt und unverzüglich von den richtigen - systemseitig zugewiesenen - Fachleuten beantwortet werden. Dies ermöglicht einen schlanken und nachhaltigen Kommunikationsfluss zwischen den involvierten Parteien.

Hohes Sicherheitsrisiko bei Transaktionen

Neben der unübersichtlichen oder unvollständigen Datendokumentation ist jedoch der Sicherheitsaspekt besonders wichtig. Dementsprechend warnt die SID die deutsche Wirtschaft auch vor allzu sorglosem Umgang mit vertraulichen Unterlagen. Gerade bei geschäftskritischen Transaktionen wie gewerbliche Immobilienverkäufe ist laut SID-Arbeitskreis "Virtueller Datenraum" die Gefahr besonders groß. Unternehmen geben während eines Verkaufsverfahrens freiwilligen Zugang zu kritischen Dokumenten an Dritte, die beispielsweise auch in einem Konkurrenzverhältnis stehen können. Diese haben natürlich ganz andere Interessenslagen.

Wie bereitwillig viele Firmen ihre Daten an Dienstleister mit Sitz und Servern in den USA geben, zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie (SIT) zu Cloud Storage Services. Ein Grund für den laxen Umgang mit geschäftskritischem Material ist, dass datenschutzrechtliche Richtlinien oft unbekannt sind. Entsprechend verweist das Fraunhofer-Institut darauf, dass bisher noch keine weltweit einheitlichen Datenschutzregelungen festgelegt wurden.

Das wird bei amerikanischen Anbietern von Speicherdiensten in der Cloud zum Problem, denn sämtliche US-Infrastructure-Dienste unterliegen dem dortigen Heimatschutzrecht. Der Patriot Act besagt, dass US-amerikanischen Behörden auf Wunsch jederzeit Zugriff auf sämtliche dort gespeicherte Daten gewährleistet werden muss. Der mögliche Zugriff durch Dritte auf geschäftskritische Daten ist damit quasi im US-Gesetz geregelt.

Der Immobilienwirtschaftsrechtler Jan Wunschel (Anwaltskanzlei Sibeth) warnt vor möglicherweise schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen, die durch den Zugriff Dritter auf geschäftskritische Daten entstehen können. Die Palette möglicher Folgen erstrecke sich von Schadensersatzansprüchen bis hin zu der Unwirksamkeit des Kaufvertrages. Daher empfiehlt Wunschel den Unternehmen, Anbieter für virtuelle Datenräume mit Servern in Deutschland oder zumindest innerhalb der EU zu beauftragen, um geplante Transaktionen nicht zu gefährden.

Der Einsatz virtueller Datenräume ermöglicht den unterschiedlichen Parteien auf Käufer- und Verkäuferseite parallel zueinander eine sichere und vertrauliche Online-Betrachtung geschäftskritischer und vertraulicher Daten. Ein ausgefeiltes Berechtigungskonzept ermöglicht das Arbeiten in einem streng kontrollierten Umfeld.

Dadurch ist sichergestellt, dass nur autorisierte Personen kontrollierten Zugang zu den transaktionsrelevanten Unterlagen haben. Im sogenannten "View only"-Modus haben Beteiligte die Berechtigung, sich Dokumente nur anzusehen. Durch zusätzliche Autorisierung wird geregelt, wer zu welchem Zeitpunkt welche Dokumente auch drucken oder speichern darf.

Erfüllen gesetzlicher Vorgaben und Richtlinien

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Immobilienbranche ist das Erfüllen gesetzlicher Vorgaben und Richtlinien. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Richtlinie zur Regulierung von Managern alternativer Investmentfonds, kurz AIFMD: Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft KPMG sind 50 Prozent der Fondsmanager nicht ausreichend auf die am 22. Juli 2013 in Kraft tretende Richtlinie vorbereitet. Durch deren Umsetzung sieht sich die europäische Investmentbranche mit einschneidenden Veränderungen konfrontiert.

Gefordert sind unter anderem umfassende Berichterstattungspflichten für Immobilien-, Private-Equity- und Hedgefonds. Da Fondsmanagern mehr Verantwortung bei der Verwaltung von Vermögenswerten auferlegt werden, werden Lösun gen, die den Prozess vereinfachen, immer wichtiger. Transparenz zu gewährleisten und Risiken zu minimieren sind für Fondsmanager wichtige Bereiche unter AIFMD.

Eine speziell hierfür entwickelte virtuelle Plattform auf Basis eines virtuellen Datenraumes hilft Fondsmanagern dabei, die von der AIFMD-Richtlinie vorgesehenen Meldepflichten zu erfüllen, dementsprechend Dokumentationen zentral zu speichern und die Berichterstattung an Aufsichtsbehörden, Investoren und Interessenvertreter zu steuern. Darüber hinaus befähigt sie die Inhaber komplexer Fondsvermögen, zum Beispiel Immobilien und Beteiligungen, zu permanenter Transaktionsbereitschaft.

Noch Potenzial für mehr Markttransparenz

Die virtuelle Plattform ermöglicht Fondsmanagern zudem Marktrisiken zu reduzieren, indem sie sicherstellt, dass ihre zugrunde liegenden Vermögenswerte transaktionsbereit sind. Für illiquide Vermögenswerte, wie zum Beispiel Private-Equity- oder Real-Estate-Fonds, erleichtert die Lösung diesen Prozess. Zudem gewährleistet die virtuelle Plattform Zugriff auf Dokumentationen, die für NAV-Bewertungen benötigt werden. Dadurch vereinfacht sie die von AIFMD vorgesehenen jährlichen Bewertungsvorschriften Dritter.

Die eingangs genannten Schäden in Milliardenhöhe bergen positiv formuliert noch ein riesiges Steigerungspotenzial in der Immobilenbranche. Der Einsatz virtueller Datenräume kann hierbei auf verschiedenen Ebenen helfen. Die transparente Bereitstellung, anwenderfreundliche Handhabung und lückenlose Dokumentation transaktionsrelevanter Unterlagen führt zu erheblichen Zeitund Kosteneinsparungen.

Neben dem schnellen Datentransfer ist die Gewährleistung von Vertraulichkeit und Sicherheit der relevanten Dokumente während des Transaktionsprozesses zudem ein Garant dafür, dass ein Geschäft erfolgreich durchgeführt werden kann. Auch die Einhaltung rechtlicher Vorgaben und Richtlinien ist hierbei zu beachten und machen virtuelle Datenräume zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel und wichtigen Wettbewerbsfaktor in der Immobilienbranche.

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