Im Gespräch

"Ein attraktives Risiko-Rendite-Profil ist nach wie vor wichtiger als reines Volumen"

Thorsten Schönenberger, Mitglied des Vorstands, Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart

Quelle: LBBW

Nein, es bestehe aktuell keine Blasengefahr auf dem deutschen Wohnungsmarkt. Davon zeigt sich der neue Vorstand für Immobilien und Projektfinanzierung der LBBW im Redaktionsgespräch mit der I&F überzeugt. Allerdings sei schon seit Längerem eine kontinuierliche Deckenbildung erkennbar. Größere Sorgen macht er sich allerdings im weniger institutionellen Immobiliengeschäft. Dort seien die Eigenkapitaleinsätze geringer und es werde zu viel bezahlt. Darüber hinaus drängten ausländische Interessenten immer stärker auf den Markt und die Aggressivität derjenigen Marktteilnehmer nehme zu, die über eine große retailgetriebene Funding-Basis verfügten. Zweifelsohne kann die Landesbank Baden-Württemberg aber gelassen bleiben. Ein Anstieg der Beleihungsausläufe sei derzeit nicht zu erkennen und die Kapitaldienstfähigkeit der gesamten Portfolios liege bei knapp 10 Prozent, der Leerstand bei unter 5 Prozent. Verstärkt nehme man nun den kanadischen und den französischen Markt ins Visier. Und auch ein grüner Pfandbrief könnte in naher Zukunft begeben werden. Red.

I&F Welche Bedeutung hat die Messe Expo Real für ein Haus wie die LBBW?

Die Messe hat nach wie vor eine sehr große Bedeutung für unser Haus. Denn auch in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung bleibt der persönliche Kontakt genauso wichtig wie er immer schon war. Und die Expo Real ist in Deutschland das wichtigste Forum der Branche. Deshalb wird die LBBW auch heuer wieder angemessen präsent sein.

I&F Nicht nur auf der Messe wird derzeit wieder darüber diskutiert, an welcher Stelle Deutschland im Immobilienzyklus steht. Bereits im vergangenen Jahr ging man davon aus, dass der Scheitelpunkt bald erreicht sein müsste. Nun haben wir aber immer noch einen boomenden Immobilienmarkt, oder?

Definitiv. Allerdings bedeutet Boom für mich eher Konstanz auf einem hohen Niveau als weiterer Anstieg. Jedenfalls sehe ich keine Anzeichen für einen drohenden Abschwung.

An der einen oder anderen Stelle stoßen die Wachstumsfantasien jedoch rein mathematisch an ihre Grenzen. Die Ankaufsrenditen in den institutionellen Märkten - national wie international - liegen mitunter nur noch bei 3,0 bis 3,5 Prozent. An diesem Punkt ist nicht mehr allzu viel Luft, wenn es der Anspruch ist, eine gewisse Risikoprämie für ein immobiles und illiquides Asset einzupreisen.

I&F Wie schätzen Sie die Situation im Segment Wohnen ein? Hier haben BaFin und die Bundesbank auf Basis des jüngsten Stresstests gerade ein doch überraschend positives Fazit gezogen, nachdem sie zuvor immer wieder vor den steigenden Risiken in der Immobilienfinanzierung gewarnt haben. Woher kommt dieser Stimmungsumschwung?

Man muss differenzieren, worauf sich die Aussagen beziehen. Zum einen verhalten sich private Investoren anders als institutionelle. Mit Blick auf die Privaten war und bin ich der gleichen Meinung wie die Aufsichtsbehörden heute. Hier wird überwiegend sehr verantwortungsbewusst investiert. Aber es gibt in bestimmten Märkten auch Übertreibungen. In den Topsegmenten in Frankfurt am Main, München oder Hamburg werden 10000 Euro bis 15000 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Und selbst bezogen auf die Durchschnittswerte und die Brot- und-Butter-Lagen liegen wir höher als erwartet. Ich sehe da aber dennoch keine Blase, weil der Markt durch eine hohe Nachfrage und ein knappes Angebot getrieben ist.

Doch auch aus dem Verhalten der institutionellen Nachfrager, das nicht Teil der Befragung von BaFin und Bundesbank war, sehe ich keine erhöhten Risiken. Es ist aufgrund der enormen Liquidität ein hohes Maß an Eigenkapital im Markt. Insofern kann man von vernünftigen Kreditstrukturen sprechen. Darüber hinaus ist der Anlagehorizont sehr weit, sodass auch hier keine kurzfristige Blasenbildung möglich ist.

I&F Mahnen Sie die leicht ansteigenden Beleihungsausläufe und das zunehmende Auseinanderklaffen der Schere zwischen Kauf- und Mietpreisen nicht zu mehr Vorsicht?

Im Bereich der professionellen Investoren in beispielsweise Wohnportfolios nicht; zumindest nicht aus Sicht eines Finanzierers. Wie zuvor erläutert, sehen wir hier nach wie vor robuste Kreditstrukturen mit ausreichend Eigenkapital. Das heißt, die Beleihungsausläufe sind im Verhältnis zu den Mieten unseres Ermessens nach in der Regel nachhaltig. Ein Faktor kommt noch hinzu: Je institutioneller die Marktteilnehmer sind, desto eher ist dies der Fall.

Größere Sorgen könnte man im weniger institutionellen Immobiliengeschäft haben. Hier sind die Eigenkapitaleinsätze typischerweise geringer. Wenn ich dann sehe, dass hier teilweise mehr als das 30-fache der Jahresmiete gezahlt wird, ist das übertrieben. Dieser Markt ist sicher am oberen Ende der Kurve angelangt. Daher haben wir uns von Anfang an auf das institutionellere Marktsegment konzentriert.

I&F Wie steuern Sie das in Ihrem Haus?

Sehr konservativ. Weder einen Anstieg der Beleihungsausläufe noch eine sich öffnende Schere kann ich im Portfolio der LBBW derzeit erkennen. Die Kapitaldienstfähigkeit über unser gesamtes Portfolio liegt bei knapp 10 Prozent, der Leerstand beträgt unter 5 Prozent.

I&F Sie sind sehr vorsichtig. Kann man aus der hohen Kapitaldienstfähigkeit ableiten, dass Sie sich auch auf steigende Zinsen vorbereiten?

Ja, das tun wir, aber nicht erst seit heute oder seit Kurzem. Unsere Kapitaldienstfähigkeit ist kein Zufall, sondern das Ergebnis unserer bisherigen Kreditstrategie. Bei unseren Nachhaltigkeitstests behalten wir die über die Kreditlaufzeit hinausgehende Perspektive bei der Zinsbelastung fest im Blick. Wir wollen möglichst wenig sensitiv auf Zinsänderungen reagieren müssen.

I&F Wie refinanzieren Sie Ihr Geschäft hauptsächlich?

Der Refinanzierungsmix der LBBW setzt sich im Wesentlichen aus drei Elementen zusammen: Wir haben einen Deckungsstock und begeben Hypothekenpfandbriefe, wir haben Retaileinlagen und wir refinanzieren uns auch auf institutioneller Ebene bilateral im Kapitalmarkt.

I&F Wie ist die Gewichtung der jeweiligen Elemente?

Vom bankweiten Fundingvolumen des ersten Halbjahrs 2017 in Höhe von 7,2 Milliarden Euro entfielen 2,8 Milliarden Euro auf Pfandbriefe und 3,8 Milliarden Euro auf Senior Unsecured. Darüber hinaus haben wir Nachranganleihen in Singapur Dollar und Australischen Dollar begeben und damit unsere Investorenbasis verbreitert.

I&F Wir haben bereits über die verschärften Wettbewerbsbedingungen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung gesprochen. Wer von den Wettbewerbern ist derzeit besonders aktiv? Sind es die Altbekannten wie Banken, Versicherer und Ausländer?

Im Wesentlichen treffen wir auf die üblichen Verdächtigen. Allerdings gibt es Verschiebungen bei den Aktivitäten. Einerseits drängen ausländische Interessenten immer stärker auf den Markt. Zum anderen nimmt die Aggressivität derjenigen Marktteilnehmer zu, die über eine ausgeprägte retailgetriebene Funding-Basis verfügen. Diese sind bei der Suche nach Rendite durchaus bereit, höhere Volumen zu "kaufen".

I&F Wie sieht es mit den Versicherern aus? Diese haben früher vor allem indirekt investiert, nutzen nun aber auch verstärkt direkte Investments oder steigen gar in die Immobilienfinanzierung ein. Ist das nur vorübergehend, oder bleibt die Assekuranz dauerhaft als Wettbewerber im Markt?

Versicherer werden nachhaltig im Markt eine Rolle spielen. Das generelle Commitment zur Immobilie als Direktinvestment auch im Fremdkapital schätze ich als nachhaltig ein. Das Volumen ist aber coupon- oder zinslandschaftsabhängig. Wenn andere Anlageformen wieder wettbewerbsfähiger werden, sind diese Akteure auch wieder woanders unterwegs.

I&F Ich fasse mal zusammen: Sie legen sehr viel Wert auf die Qualität Ihres Portfolios, der Wettbewerb nimmt immer weiter zu, attraktive Objekte werden immer rarer. Wo finden Sie unter diesen Umständen also noch die zu Ihrem Portfolio passenden Objekte? Weichen Sie in B-Städte oder ins Ausland aus?

Das ist eine berechtigte Frage. Die Tiefe der Märkte ist allein durch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Objekte begrenzt. Aufgrund der niedrigen Ankaufsrenditen auch bei nachhaltiger und guter Qualität braucht man als Investor einen längeren Zeitraum, um die gleichbleibend hohen Nebenkosten zu amortisieren und bezogen auf den Total Return die Gewinnzone zu erreichen. Das wird dem Markt perspektivisch weiter Volumen entziehen, sodass dieser Markt für Banken immer herausfordernder wird.

Die LBBW bewegt sich seit 2011 verstärkt auf internationalen Märkten. So können wir unsere Investitionsschwerpunkte flexibler setzen. Von 2012 bis 2014 lag der Anteil des Inlands sowohl im Bestand als auch im Neugeschäft bei rund 70 Prozent. Die beschriebene Situation ist keine Entwicklung der vergangenen Monate, sondern dauert bereits seit etwa zwei Jahren an. Entsprechend haben wir unser Engagement auf den Auslandsmärkten verstärkt. Der Portfolioanteil der internationalen Finanzierungen liegt bei mittlerweile 40 Prozent. Im Neugeschäft haben wir im vergangenen Jahr sogar die Parität erreicht.

I&F Haben Sie denn Tipps für Auslandsinvestitionen? Wo sehen Sie auch künftig Potenziale?

Derzeit fallen mir ehrlich keine echten Geheimtipps ein. In jedem Markt gibt es zu jeder Marktphase gute Geschäfte. Der LBBW ist es gelungen, diese Opportunitäten entsprechend wahrzunehmen. Das Neugeschäftsvolumen lag Ende des ersten Halbjahres bei rund 3,4 Milliarden Euro. Damit liegen wir voll im Plan, für das gesamte Jahr 2017 ist ein Volumen im Bereich von 6 bis 7 Milliarden Euro angepeilt. Darüber hinaus ist es uns im ersten Halbjahr gelungen, unsere Nettomargen spürbar zu steigern.

Wie ist uns das gelungen, weil Sie nach Tipps gefragt haben? Ein Grund dafür ist sicherlich unsere Strategie, auch großvolumige Underwritings einzugehen. Das ist zwar kein absolutes Alleinstellungsmerkmal, aber die Zahl der Wettbewerber wird doch spürbar kleiner. Ein zweiter Grund ist die globale Strategie unserer offenen Immobilienfonds. Dadurch sind wir in der Lage, etwas opportunistischere Finanzierungen darzustellen. Die Haftungsmasse des Fonds gepaart mit unserer Bilanz- und Underwriting-Kapazität ermöglicht das Finden von Opportunitäten.

I&F Wie schätzen Sie derzeit den US-amerikanischen Markt ein? Viele Marktakteure geraten derzeit arg ins Schwärmen.

Möglicherweise zu Recht. Es ist ein attraktiver Markt. Das war er aber auch bereits in den vergangenen sechs Jahren. Wir sind seit rund 20 Jahren vor Ort präsent und haben unsere US-Strategie, die für uns ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftspolitik ist, nie geändert. Im ersten Halbjahr dieses Jahres liegen wir dort bei einem Neugeschäftsanteil von 25 Prozent.

I&F Was passiert in Großbritannien mit Blick auf den Brexit?

Das ist zugegebenermaßen keine einfache Frage. UK ist nach wie vor einer unserer strategisch bedeutsamen Auslandsmärkte. Ein Rückzug ist nicht geplant. Auch nach dem Brexit planen wir durchaus opportunistische Geschäfte, nicht im Sinne des Risikoprofils, sondern trotz Brexits. Wir fühlen uns mit dem Risikoprofil unseres bestehenden Portfolios sehr wohl, das soll auch so bleiben.

Trotzdem ist dieser Markt momentan insofern herausfordernd, als die Anzahl der Transaktionen und auch die Volumina deutlich geringer sind, beim Preisgefüge dagegen das Gegenteil festzustellen ist. Sowohl auf der Ankaufs- als auch auf der Verkaufsseite, ebenso auf der Kreditmargenseite, erscheint der Markt gesund beziehungsweise kompetitiv, was den Wettbewerb angeht. Es gilt aber, Klumpenrisiken mit Blick auf Mikrolagen, die fast ausschließlich financial-industry-geprägt sind, zu vermeiden.

I&F Haben Sie sich in Frankfurt bereits Büroräume für die zahlreichen Banker gesichert, die nach dem Brexit in die Stadt kommen sollen?

Wir haben eine Tochter, die im Immobilienentwicklungsbereich tätig ist. Mit ihr sind wir bescheiden erfolgreich, was den Besitz von Flächen angeht. Mit Blick auf die Fremdkapitalseite können wir uns die Flächen schlecht sichern, aber wir sind durchaus auch in Frankfurt engagiert. Allerdings weniger bei den Neubauflächen, weil die Risiko-Rendite-Profile für uns weniger attraktiv waren.

I&F Hat das Thema Development für Sie folglich weniger Bedeutung?

Das ist korrekt. Ein attraktives Risiko-Rendite-Profil ist nach wie vor wichtiger als reines Volumen. Es ist Aufgabe von mir und meiner Mannschaft, das Geld der Bank so zu verwalten, als wäre es unser eigenes. Mit minimalem Eigenkapital maximalen Profit zu erzielen, macht mehr Sinn, als selbst kannibalisierend um das Fremdkapital zu konkurrieren. Es ist mitnichten so, dass die LBBW als Konzern das Entwicklungsrisiko scheut. In den vergangenen zwei bis drei Jahren erschien uns das schlicht nicht lohnenswert.

I&F Nimmt die Bedeutung von Konsortialfinanzierungen oder Club-Deals im Markt und in Ihrem Hause wieder zu?

In Bezug auf die Club-Deals ein ganz klares Nein. Die Bedeutung von Syndizierungen nimmt nicht zu, aber bleibt groß. Wir haben eine eigene Plattform. Bei sehr großen Tickets ist diese eine Form der Risikoteilung und bietet auch die Chance, das Portfolio mit Blick auf die Profitabilität zu veredeln. Letztlich können so Geschäftsopportunitäten mit unseren Gesellschaftern im Verbund ebenso wie mit anderen Banken und Versicherungen geteilt werden.

I&F Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Sparkassen? Was erwarten diese von der LBBW?

Sie erwarten zu Recht sehr viel. Die Zusammenarbeit läuft hervorragend und hat sich in den vergangenen Jahren sogar intensiviert. Wir haben einen sehr regelmäßigen Deal-Flow von uns in die Sparkassenorganisation hinein, auch wenn es da an der ein oder Stelle sicherlich noch Ausbaupotenzial gibt. Unser Risikoansatz und unsere Expertise werden sehr geschätzt. Es findet eine wissentlich freiwillige Entscheidung zur Risikonahme auf Gegenseitigkeit statt, ohne irgendwelche Zwänge. Auch für den seltenen Fall, dass sich Kredite kritisch entwickeln, läuft die Zusammenarbeit sehr gut.

I&F Wie funktioniert der Deal-Flow zwischen der LBBW und den Sparkassen?

Bei kleineren Projekten machen wir den Sparkassen keine Konkurrenz. Wenn die Sparkassen größere Projekte haben, kommen diese zu uns. Darüber hinaus nehmen die Sparkassen Teile von Syndizierungen.

I&F Wie hoch ist derzeit die Ausfallquote bei Ihrem Portfolio?

Die Risikolage ist wirklich sehr gut - fast schon atypisch gut. Die LBBW weist aktuell eine Non-Performing-Loan-Quote von einem Prozent auf.

I&F Was sind andere Landesbanken für Sie? Sind dies Partner oder lästige Wettbewerber? So etwas wie ein Regionalprinzip gibt es bei Landesbanken schließlich nicht.

Kein Wettbewerber ist lästig. Landesbanken können sowohl Wettbewerber als auch Partner sein.

I&F Spüren Sie eine gewisse Unruhe auf der Kundenseite oder einen gewissen Malus durch die Entwicklung bei anderen Landesbanken? Zum Beispiel durch den HSH-Verkauf oder die nicht ganz reibungslose Fusion der Bremer Landesbank mit der Nord-LB?

Ich denke, dass die Kunden diese Entwicklungen sehr differenziert sehen. Die LBBW hat viele ihrer Hausaufgaben in der Vergangenheit gut gemacht und das sehen und schätzen die Kunden. Bislang ist hieraus also kein Nachteil für uns zu erkennen.

I&F Wird sich durch Ihre neue Position als Immobilienvorstand etwas an der Ausrichtung ändern? Wollen Sie neue Schwerpunkte setzen?

Einige Dinge werden sich in der Tat ändern, aber nicht weil sich meine Position innerhalb des Konzerns verändert hat. Das hat vielmehr strategische Gründe. So sind wir gerade dabei, unsere Nordamerika-Strategie organisch in Richtung Kanada zu erweitern. Wir werden sehr bald ein Büro in Toronto eröffnen - die Räume sind bereits angemietet. Es geht dabei um ein Begleiten des bestehenden Kundennetzwerks in deren eigene Märkte hinein.

I&F Sie flüchten aber nicht vor Donald Trump nach Kanada?

Die Kunden nicht. Es ist aber durchaus so, dass sich Kapitalströme in einer solchen Situation verändern. Sagen wir mal so: Kanada ist durch diese Situation nicht unattraktiver geworden. Darüber hinaus ist das Land auch historisch immer ein Wachstumsmarkt gewesen. Wir hatten auch zuvor dort immer einige hundert Millionen Euro Exposure. Somit ist dies für uns kein Kaltstart. Wir würden unser Engagement nur sehr gerne verstetigen.

Eine weitere Neuerung ist, dass wir derzeit prüfen, ob wir einen Standort in Paris eröffnen. Eine Entscheidung ist dazu noch nicht gefallen, aber wir wollen hier ein normaler Marktteilnehmer werden und nicht mehr nur opportunistisch tätig sein. Unser Ziel ist es, anfangs Kredite für rund 300 Millionen Euro zu vergeben. Langfristig sollten wir in der Lage sein, eine halbe Milliarde Euro pro Jahr zu schaffen.

I&F Obwohl in Fachkreisen in letzter Zeit die Rede von steigenden Risiken auf dem französischen Markt ist?

Unsere Gedanken befinden sich noch in einem recht frühen Stadium. Wir stehen nicht kurz davor, in Paris Büros anzumieten.

I&F Wie bewerten Sie derzeit die gestiegene Nachfrage nach nachhaltigen "grünen" Immobilien? Ist das Ihrer Meinung nach lediglich ein Hype oder ist es wirklich ein Trend?

Es war bis vor einigen Jahren ein Hype und ist nun definitiv ein Trend geworden. Es gibt kaum einen institutionellen Investor mehr - inklusive der LBBW als Investor selbst - bei dem dieses Thema keine Rolle mehr spielt. Über die rein gesellschaftspolitische Relevanz hinaus hat sich das Thema innerhalb der vergangenen zehn Jahre deutlich stärker in den wirtschaftlichen Bereich entwickelt.

Wir beschäftigen uns mit diesem Thema sehr konkret, auch im Hinblick auf die Refinanzierung der eigenen Geschäfte. Es spielt für uns durchaus eine Rolle, ob die Gebäude "green" sind oder nicht. Das ist fast immer ein echter Wettbewerbsvorteil.

I&F Aber einen grünen Pfandbrief haben Sie noch nicht begeben, oder?

Das ist korrekt. Aber auch damit beschäftigen wir uns derzeit aktiv. Denn unser aktueller Bestand gibt das umfänglich her.

I&F Ist dieser "grüne" Anspruch nicht teuer? Steckt dahinter nicht ein größerer Modernisierungsaufwand für ältere Objekte?

Absolut. Auch das spielt eine große Rolle in unserer Risikoeinschätzung über den deutschen Markt hinaus. Die technische Beschaffenheit einer Immobilie ist ein großer Bestandteil der Risikoeinschätzung. Das war zwar schon immer ein Faktor, hat aber in der Bedeutung noch eher zugenommen.

Es gab während der vergangenen zehn bis fünfzehn Jahre eine Zeit mit relativ wenigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Gebäude. Sowohl die technologische als auch die ökologische Seite sind hier relevant.

I&F Nehmen das moderne Property Management und die Weiterentwicklung von Gebäuden also einen immer höheren Stellenwert bei Ihren Geschäften ein?

Unbedingt. Die Höhe der Investitionen in den Bestand wird entsprechend in die Analyse eingepreist, damit hinterher das Risikoprofil wieder stimmt.

I&F Welche Zukunft hat aus Ihrer Sicht der deutsche Pfandbrief? Wie stehen Sie zu den europäischen Harmonisierungsbestrebungen im Covered-Bond-Bereich?

Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass sich die Harmonisierung in Richtung der Angleichung an den deutschen Standard entwickeln wird. Denn es ist dem deutschen Pfandbrief wirklich gelungen, zu einer Marke zu werden.

In Sachen Zukunft bin ich folglich sehr entspannt, weil es sich dabei um ein echtes Qualitätsprodukt handelt, das seinesgleichen sucht, was Liquidität, Fungibilität und Besicherung angeht.

Zur Person: Thorsten Schönenberger, Mitglied des Vorstands, Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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