Im Gespräch

"Dass wir in der Regel ohne Fremdmittel operieren, macht uns zu einem flexiblen Partner"

Bernd Wegener

Die Versicherungskammer Bayern (VKB) ist seit 1811 als Immobilieninvestor aktiv und managt ein Immobilienportfolio von über 2,5 Milliarden Euro. Sie hat ein Immobilien-Portfolio-Management etabliert, um die Anlagen zu diversifizieren und das Rendite-/Risikoprofil systematischer zu optimieren. Bei den Direktan lagen konzentriert sich die VKB in Deutschland auf die Top-7-Standorte. Aktiv betrieben werden Projektentwicklungen um höhere Renditen zu erzielen. Die Anfangsrenditen bei "Rundum-Sorglos-Objekten" reichen oftmals nicht mehr aus, um die eigenen Renditeanforderungen zu erfüllen. Beim Wettbewerb um attraktive Objekte ist es aus Sicht von Bernd Wegener von Vorteil, dass die VKB in der Regel ohne Einsatz von Fremdmitteln operiert und sie dadurch ein flexibler und entscheidungsfähiger Partner ist. Red.

I&F In welchem Umfang ist die VKB Konzern in Immobilien engagiert?

Der Konzern VKB, der mit seinen Beitragseinnahmen in Höhe von rund 7,6 Milliarden Euro zu den zehn größten Erstversicherern in Deutschland zählt und der größte öffentlich-rechtliche Versicherer ist, managt über alle Unternehmen hinweg von München aus ein Kapitalanalagevolumen von rund 46,8 Milliarden Euro (vorläufig). Das Immobilienportfolio hat einen Wert von über 2,5 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Quote von rund fünf Prozent. Rund drei Viertel der Immobilieninvestments ist in Deutschland, ein Viertel international angelegt. Der Konzern VKB setzt auf eine nachhaltige und langfristige Anlagestrategie. Bei Investitionen setzt der Konzern überwiegend Eigenkapital ein.

I&F Wie lange ist der Konzern VKB bereits als Immobilieninvestor aktiv?

Die VKB ist bereits seit seiner Gründung im Jahre 1811 als Immobilieninvestor aktiv. Damals handelte es sich ausschließlich um eigengenutzte Objekte. Der Anteil der Eigennutzung ist immer noch wesentlich, da sich die vom Unternehmen selbst genutzten Gebäude überwiegend im Eigentum befinden. Heute betreibt der Konzern VKB ein aktives Management der Assetklasse Immobilien und hat sein Engagement deutlich ausgeweitet.

I&F Was waren die Gründe hierfür?

Hinter der Kapitalanlagetätigkeit von Versicherungen steht auch bei der Assetklasse Immobilien das Ziel, die nachhaltige Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge sicherzustellen. Wir haben eigens ein Immobilien-Portfoliomanagement etabliert, um die Immobilienanlagen zu diversifizieren und das Rendite-/Risikoprofils noch systematischer zu optimieren. Unter Solvency II und dessen Umsetzung im Versicherungsaufsichtsgesetz gewinnen diese Grundsätze weiter an Bedeutung.

I&F Welches Volumen haben die Immobilienanlagen im Konzern VKB?

Konzernweit managen wir über 2,5 Milliarden Euro in Immobilien. In dem Betrag sind auch die eigengenutzten Objekte enthalten. Rund 75 Prozent des Volumens entfällt auf Direktanlagen - überwiegend in Deutschland. Weitere 25 Prozent sind international angelegt, entweder in Form von Beteiligungen, über den Erwerb von Anteilen entsprechender Fonds oder sogenannte "Separate Accounts".

I&F Soll das Immobilienvolumen weiter gesteigert werden?

Wir wollen die Immobilienquote zumindest halten, da Immobilienanlagen gerade in dynamischen Ballungsräumen sehr stabil sind und einen sehr positiven Beitrag für das Gesamtportfolio liefern. In Niedrigzinsphasen können Immobilieninvestments noch besser punkten: Die Spreads zu Staatsanleihen und Bonds sind dann sehr hoch. Eine leichte Erhöhung der Immobilienquote wäre denkbar, hängt aber stark vom verfügbaren Angebot ab. Auch ohne Erhöhung dieses Anteils legen wir jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag direkt und indirekt an. Hierfür müssen im Vorfeld die passenden Direktinvestments beziehungsweise Fondsmanager identifiziert werden. Besonders letzteres ist ein sehr aufwendiger Prozess.

I&F Wo liegt der Schwerpunkt bei den Objekten?

Der Schwerpunkt bei den eigengenutzten Objekten liegt natürlich da, wo wir unsere Firmensitze haben, also überwiegend in München und in Berlin. In München handelt es sich um unseren Hauptsitz in Giesing, bei dem rund 4 000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Dieser entspricht übrigens dem begehrten LEED-Platinum-Standard. Außerhalb von Deutschland sind wir in der beschriebenen Weise insbesondere in Europa, Nordamerika, Asien sowie Australien investiert.

I&F Wie sehen Ihre Investitionen im deutschen Markt aus - wo liegt der Fokus?

Wir konzentrieren uns bei den Direktanlagen in Deutschland überwiegend auf die bekannten Top-7-Standorte und dort wiederum auf Objekte in zentralen beziehungsweise etablierten Stadtteillagen. Diese Fokussierung erfolgt aus Kapazitätsgründen, vor allem aber wegen der höheren Liquidität dieser Immobilienmärkte im Falle eines Verkaufs. Anlagen in B-Standorten schließen wir nicht grundsätzlich aus; diese tätigen wir mit Partnern, die vor Ort etabliert sind. Dort sind nach wie vor etwas höhere Renditen erzielbar.

I&F Wie verteilen sich Gewerbeund Wohnobjekte?

Bei den Direktanlagen haben wir rund 60 Prozent in gewerbliche Objekte investiert. Überwiegend handelt es sich um Bürogebäude oder Einzelhandelsobjekte in 1A-Lagen. Etwa 40 Prozent entfallen auf wohnwirtschaftliche Nutzungen.

I&F Gefällt Ihnen der aktuelle Portfoliomix oder würden sie gerne den ein oder anderen Schwerpunkt setzen?

Mit dem beschriebenen Mix fühlen wir uns sehr wohl. Gerne wären wir noch etwas stärker in Einzelhandelsobjekte investiert. Entsprechende Objekte in Toplagen weisen eine hohe Wertstabilität auf; das passt zu unserer Anlagestrategie. Der Wettbewerb ist aber deutlich intensiver geworden und die Preisvorstellungen damit auch. Wir sind dabei, solche Immobilien gemeinsam mit Partnern zu entwickeln, um eine höhere Wertschöpfung zu generieren und damit auch im Ergebnis höhere Renditen erzielen zu können.

I&F Welche Rolle spielen Projektentwicklungen?

Unser Team verfügt über langjährige Projektentwicklungsexpertise. Dies gereicht uns zum Vorteil, da die aus unseren Verpflichtungen resultierenden Renditen teilweise nur so realisierbar sind. Projekte im Bestand entwickeln wir in der Regel selbst. Ansonsten arbeiten wir vor Ort mit lokal gut vernetzten Projektentwicklern zusammen. Die in Eigenregie durchgeführten Projekte haben üblicherweise ein Volumen von 20 bis 60 Millionen Euro. Bei Beträgen von über 100 Millionen Euro investieren wir auch zusammen mit anderen uns bekannten Investoren, um Klumpenrisiken in unserem Portfolio zu vermeiden.

I&F Wo investieren Sie sonst noch?

Wir investieren weiter in Büroimmobilien und kaufen oder bauen Wohnungen. Da Baugrund in guten Lagen sehr teuer geworden ist, liegt unser Fokus bei den Wohngebäuden derzeit sehr stark auf Nachverdichtungen oder Dachgeschossausbauten. Wohnimmobilien stellen einen stabilisierenden Faktor im Gesamtportfolio dar. Die in den vergangenen Jahren erzielten Total Returns liegen im Durchschnitt über denen von Büroimmobilien.

I&F Wie investieren Sie als deutsche Versicherung in ausländischen Märkten?

Bei Engagements in Nordamerika erfolgt beispielsweise eine Währungsabsicherung. Der Fokus im Ausland liegt auf Strukturen, die für das jeweils investierende Versicherungsunternehmen steuerlich effizient sind. Darüber hinaus legen wir Wert auf Steuerungsmöglichkeiten über Investment Committees oder Advisory Boards.

I&F Wie finden Sie eigentlich geeignete Objekte?

Wir sind in München und anderen Zielstandorten gut vernetzt. Häufig kommen Anbieter direkt auf uns zu und stellen uns ihre Objekte vor. Wichtiger wurden in den vergangenen Jahren die Kontakte zu Projektentwicklern. Unsere Joint Ventures aus den vergangenen Jahren waren gut aufgesetzt und wirtschaftlich erfolgreich.

I&F Setzen Sie bei der Verwaltung von Immobilien auf externe Partner?

Das Asset Management bei den Gewerbeimmobilien machen wir selbst. Hierbei sehen wir auch die größten Wertsteigerungspotenziale. Dazu zählen beispielsweise die gewerbliche Vermietung, die Neupositionierung von Objekten und sonstige Optimierungen. Bei der Vermietung arbeiten wir mit den bekannten Maklerunternehmen zusammen. Fallweise kommen aber auch gute regionale Firmen oder Spezialisten in Betracht. Großen Wert legen wir auf eine professionelle und verlässliche Mieterbetreuung. Für das Facility Management setzen wir in der Regel externe Dienstleister ein. Diese beauftragen wir nach gründlichen Auswahlprozessen.

I&F Mit wem steht der Konzern VKB im Wettbewerb um interessante Immobilien?

Speziell auf den deutschen Immobilienmärkten ist der Wettbewerb sehr stark. Dies gilt vor allem für sogenannte Core Immobilien in guten Lagen und mit hohem Vermietungsstand. Die will grundsätzlich fast jeder. Wettbewerber sind Pensionskassen und andere Versicherungen.

Zunehmend als Wettbewerber treten auch größere Family Offices auf, die weniger regulatorischen Restriktionen unterliegen als Versicherer. Und bereits seit einigen Jahren interessieren sich auch internationale Investoren wieder sehr stark für Deutschland. Das spürt jeder Marktteilnehmer, der gute Objekte mit vernünftigen Renditen erwerben will.

I&F Wer erhält letztendlich den Zuschlag und was sind die Entscheidungskriterien?

Es läuft häufig über den Preis, insbesondere bei Bieterverfahren. Entscheidend können aber auch kreative Ansätze sein, von denen beide Seiten profitieren. Wettbewerbsvorteile lassen sich durch unsere über viele Jahre gewachsenen Kontakte zu Maklern und Projektentwicklern generieren: Wir sind für eine hohe Transaktionssicherheit bekannt; unsere Geschäftspartner wissen, dass sie sich auf uns verlassen können. Auch die Tatsache, dass wir in der Regel ohne Einsatz von Fremdmitteln operieren, macht uns zu einem flexiblen und entscheidungsfähigen Partner.

I&F Setzen Sie immer 100 Prozent Eigenkapital ein?

Bei unseren Engagements setzen wir überwiegend die uns von unseren Versicherungsnehmern zur Verfügung gestellten Mittel ein. Fremdfinanzierungen spielen nur in Ausnahmefällen eine Rolle, beispielsweise bei Joint Ventures über Objektgesellschaften oder beim geförderten Wohnungsbau. Der Konzern VKB bietet darüber hinaus auch selbst Immobilienfinanzierungen (siehe Interview in Immobilien & Finanzierung 12/2015).

I&F Wie sehen die internen Anforderungen aus, bevor Sie in Immobilien investieren?

Das ist relativ einfach zu beantworten. Als Versicherungsunternehmen haben wir ein Leistungsversprechen zu erfüllen. Insbesondere bei den langfristigen Lebensversicherungen gilt es, die Garantieverzinsung, die den Versicherten zugesagt wurde, möglichst zu übertreffen. Also müssen unsere Immobilienanlagen eine entsprechende Rendite erwirtschaften und im Vergleich mit anderen Assetklassen risikoadjustiert die nötige Performance liefern.

Was uns auszeichnet, ist die Fähigkeit, routiniert und zügig die kaufmännische und technische Due Diligence durchführen zu können und die nötigen internen Entscheidungen herbeizuführen. Das ist ein Wettbewerbsvorteil. Die Anfangsrenditen bei "Rundum-sorglos-Objekten" wie zuvor beschrieben reichen heute oftmals nicht mehr aus. Wir betrachten deshalb auch das längerfristige Potenzial solcher Investitionen. Wir sind intern so aufgestellt, dass wir dieses mit unserem Asset Management auch heben können.

I&F Welche Entwicklungen erwarten Sie für die Märkte?

Wir gehen davon aus, dass die Niedrigzinsphase in Europa noch eine Weile anhalten wird. Einige Standorte wie München werden sich weiter steigender Beliebtheit erfreuen, während im Osten Deutschlands - von Berlin und wenigen Ballungszentren abgesehen - die soziodemografische Entwicklung nicht für steigende Immobilienpreise und Mieten spricht.

Darüber hinaus war der Anstieg bei den Mieten in den vergangenen Jahren deutlich geringer als der Preisanstieg bei den Kaufobjekten. Wir werden sehen, ob sich die Schere noch weiter öffnet. Hier spielen auch gesamtwirtschaftliche Erwartungen eine zunehmende Rolle.

I&F Wie stark spielt eigentlich das Thema Regulierung bei Ihren Immobilienengagements eine Rolle?

Mit dem Thema Regulierung kommen wir auf vielen Ebenen in Berührung. Nehmen Sie nur die Beispiele Mietpreisbremse und Kappungsgrenze, die letztlich einen dämpfenden Einfluss auf die Investitionstätigkeit und damit eben nicht auf die Mieten haben werden. Darüber hinaus werden dadurch gerade die Vermieter bestraft, die ihre Mieten nicht bis zum Letzten ausgereizt haben. Oder nehmen Sie das Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Wohnungen. Diese gesetzlichen Maßnahmen tragen leider nicht dazu bei, die Attraktivität von Immobilienengagements zu erhöhen.

Die deutschen Wohnimmobilienmärkte waren darüber hinaus im internationalen Vergleich schon vorher mit am stärksten reguliert. Wie eine Studie für Europa gezeigt hat, lässt sich ein Zusammenhang zwischen hoher Regulierung von Wohnungsmärkten und niedrigen Mieten nicht nachweisen.

I&F Belastet Solvency II Ihr Immobiliengeschäft?

Ein klares Ja. Solvency II benachteiligt durch hohe Eigenkapitalanforderungen Investitionen in Immobilien. Die negativen Auswirkungen auf die Rendite sind noch höher, wenn Fremdkapital zum Einsatz kommt. Eine objektiv nicht verständliche Vorgabe: Denn langfristige Investoren wie Versicherer sollten gerade in solide und nachhaltige Sachwerte wie Immobilien investieren können. Im europäischen Regelwerk werden darüber hinaus alle Immobilienmärkte über einen Kamm geschoren, obwohl die Volatilitäten und Risiken bekanntlich sehr unterschiedlich sind.

Zur Person Bernd Wegener Hauptabteilungsleiter Immobilienmanagement, VKB Versicherungskammer Bayern, München
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