Gefährliche Vertrauenszerstörung

Horst Bertram

Eine Garantie garantiert, dass man im Fall des Falles sein Geld vom Garanten garantiert zurückbekommt. So dachten europäische Aufseher, Banker und Investoren bis zum 1. März dieses Jahres. Denn an diesem Tag schockte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) die Community mit der Ankündigung eines Zahlungsmoratoriums für die Verbindlichkeiten der "Bad Bank" Heta Asset Resolution AG (Heta). Der österreichische Finanzminister hatte entschieden, der Heta - dem Nachfolger großer Teile der Bilanz der ehemaligen Hypo Alpe Adria Group - bis auf Weiteres kein zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen, obwohl akuter Bedarf ermittelt wurde.

Jüngste Schätzungen bewegen sich bei gut 4 Milliarden Euro. Bis zum 31. Mai 2016 werden nun alle Zahlungen auf fällige Schuldscheindarlehen oder Wertpapiere eingefroren, die ersten zur Rückzahlung anstehenden Emissionen wurden bereits nicht bedient.

So weit, so gut, dafür gibt es in Europa ab Januar 2016 auch die Abwicklungsregelungen für Banken, die in Ländern wie Deutschland und Österreich vorab im Alleingang schon zum 1. Januar 2015 implementiert wurden. Sie wurden vor allem dafür geschaffen, um bei Banken in Schieflage nicht weiter das Geld von Steuerzahlern einsetzen zu müssen, sondern eine geregelte Sanierung oder Abwicklung möglich zu machen und dabei Gläubiger der Bank in unterschiedlichem Ausmaß zu beteiligen. Das ist auch gut so. Im Fall Heta ist allerdings nicht alles gut. Es gibt dort nämlich eine Garantie des Bundeslandes Kärnten, die über Nacht praktisch keinen Wert mehr haben soll.

Dass es generell mit der Zahlungswilligkeit - nicht Zahlungsfähigkeit, die ist unbestritten - des österreichischen Staates nicht gut gestellt ist, davon kann die Bayerische Landesbank schon eine ganze Weile Klage führen. Wurde dieses Zahlungsverweigerungsgebaren teilweise als Einzelfall abgetan, so hat das Moratorium nun eine andere Qualität. Betroffen davon sind nämlich in erheblichem Umfang auch Verbindlichkeiten, die über die Ausfallbürgschaft des Bundeslandes Kärnten verfügen. Auch auf diese Titel gibt es derzeit keinen Zins und keine Kapitalrückzahlung. Die Halter dieser "quasi-staatsgarantierten" Titel - zumindest wurden sie vor vielen Jahren so am Markt platziert - müssen folglich schmerzhafte Abschreibungen vornehmen. Die Liste der in Deutschland betroffenen Institute ist lang. Mit Ausnahme der Düsseldorfer Hypothekenbank sind die Belastungen für die Institute tragbar. Allerdings verhageln die notwendig gewordenen Abschreibungen erheblich die Ergebnisrechnung.

Den betroffenen Instituten bezüglich ihres Engagements Vorwürfe zu machen, ist nicht sinnvoll. Sie haben die Hypo-Alpe-Papiere wahrscheinlich vor vielen Jahren als risikolose und als Eigenkapital schonende Anlagen getätigt. An der Bonität des Garanten Kärnten bestanden bislang keinerlei Zweifel. Wie die österreichische Gruselgeschichte weitergeht, werden jetzt die Gerichte bestimmen. Das Vertrauen in den österreichischen Staat als "Garanten" eines funktionierenden Banken- und Kapitalmarktes ist aber angeschlagen, um es höflich auszudrücken. Negative Implikationen sind durchaus für den gesamten österreichischen Bankensektor denkbar, vor allem wenn es zu weiteren Belastungen aus den Osteuropa-Engagements kommen sollte und die Häuser Unterstützung von europäischen Partnern bräuchten.

Welche Konsequenzen sind aus diesem Fall zu ziehen? Zuallererst, dass auch staatliche und quasi-staatliche Risiken endlich mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Dazu gehört, dass sich die Brüsseler Institutionen kritisch mit dem Vorgehen der österreichischen Regierung und deren Aufsicht befassen. Im Fall der ungarischen Regierung und deren Eingriffe in bestehende vertragliche Regelungen der dortigen Banken mit ihren Kunden haben sie es - wenn auch erfolglos - getan. Das Gleiche gilt für das System der europäischen Banken- und Kapitalmarktaufsicht. Letztendlich ist Österreich mit allem Nachdruck daran zu erinnern, dass Garantien einzuhalten sind. Kommt die Republik damit durch, die Garantieverpflichtung des Landes Kärnten auszuhebeln, öffnet sie skrupellosen Regierungen Tür und Tor für ähnliche Aktionen.

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