Aufsätze

200 Jahre Sparkassen in Deutschland - Eckpfeiler für Stabilität und Vertrauen

Die Möglichkeit Geld zu sparen, um es zu einem späteren Zeitpunkt einem individuellen Zweck zuzuführen, ist für die meisten Menschen zu einer Selbstverständlichkeit geworden, die nicht weiter hinterfragt wird. Und auch wenn die Idee des Sparens sehr viel älter ist, so hat das Sparen vor 200 Jahren eine entscheidende Wandlung erfahren: Es wurde zu einem wesentlichen Gedanken einer Gesellschaft, die sich zunehmend von einer individualistisch geprägten hin zu einer Bürgergesellschaft moderner Art entwickelte. Die Gründung der ersten kommunalen Sparkassen fällt daher nicht zufällig in die Zeit vor 200 Jahren.

Zeit der Reformen

Es war in Deutschland die Zeit der Reformen, die Reichsfreiherr vom und zum Stein einleitete und Staatskanzler Fürst von Hardenberg weiterführte und die zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Auftakt für die innere Erneuerung Preußens lieferten. Dabei ging es um einen Reformkatalog, der mehr Selbstverwaltung der Gemeinden und Provinzen und somit die Beteiligung aller Bürger am Gemeinwesen vorsah. Im Zuge dieser Reformen erhielten die Städte auch die Kompetenz, die kommunale Finanzverfassung und die soziale Fürsorge gemäß den örtlichen Bedürfnissen zu organisieren. Mit der Errichtung von Sparkassen konnten sie in beiden Bereichen substanzielle Verbesserungen erzielen.

Eine Sparkasse eröffnete zum einen den weniger vermögenden und latent von Verarmung bedrohten Einwohnern die Gelegenheit zur finanziellen Vorsorge und entlastete daher die städtische Armenkasse.1) Zum Zweiten nützte eine Sparkasse auch durch die Möglichkeit, von ihr Kredite für die wachsenden Aufgaben der Kommunen zu erhalten, direkt den kommunalen Finanzen.

Mit der Zeit traten dann auch die allgemeinen wirtschaftlichen Vorteile von Sparkassengründungen offen zutage. Vielerorts wirkten die Sparkassen geradezu als Entwicklungsagenturen, die das vor Ort vorhandene Kapital einsammelten und für die Weiterentwicklung der lokalen und regionalen Wirtschaft zur Verfügung stellten. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass immer mehr Kommunen - zunächst Städte, aber dann auch Kreise, Ämter und Gemeinden - Sparkassen gründeten und Deutschland im 19. Jahrhundert zum "klassischen Land der Kommunalsparkassen"2) wurde. Existierte 1801 erst eine kommunale Sparkasse, die in diesem Jahr in Göttingen gegründete Spar- und Leihkasse, so waren 1836 schon etwa zwei Drittel der 280 bestehenden Institute in kommunaler Trägerschaft.

Auf einem festen Fundament in der Bürgerschaft

Die Sparkassen konnten ihre Aufgaben von Anfang an auf einem festen Fundament in der Bürgerschaft wahrnehmen. Von besonders großer Bedeutung waren Sparkassen immer zu Zeiten großer gesellschaftlicher Umbrüche. Egal ob Industrialisierung, Weltwirtschaftskrise oder der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg: Es waren die Sparkassen, die dafür gesorgt haben, dass ein Großteil der Menschen nicht abseits stehen blieb, sondern mitgenommen wurde in eine neue Zeit. So wurde beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg jede zweite fertig gestellte Wohnung von den Sparkassen oder Landesbausparkassen finanziert.

Für den Erfolg der Sparkassen war neben der schnellen Erreichbarkeit beziehungsweise der Nähe und des umfassenden Angebotes zu fairen Preisen in besonderer Weise immer auch das starke Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Sparkasse entscheidend. Neueste Umfragen belegen, dass das Vertrauen der Menschen in die Sparkassen ungebrochen hoch ist. Beim Thema "Vertrauen" rangieren die Sparkassen mit 54 Prozent in etwa in der Größenordnung deutscher Gerichte (60 Prozent). Banken dagegen, liegen weit abgeschlagen (21 Prozent) auf einem der hinteren Plätze. Die Menschen unterscheiden also ganz deutlich zwischen Sparkassen und Banken.

Vertrauen in das Geschäftsmodell

Dieses Vertrauen entsteht nicht zuletzt durch Verlässlichkeit und Fairness im Umgang miteinander. In den rund 16 000 Geschäftsstellen der Sparkassen in Deutschland arbeiten insgesamt mehr als 250 000 Menschen. Über die Hälfte davon sind in der direkten Kundenberatung aktiv. Es sind zumeist Berater, die in der jeweiligen Region aufgewachsen sind. Sie kennen das Umfeld und sprechen die Sprache ihrer Mitmenschen. Als kompetente und fachlich hoch qualifizierte Kundenberater stehen sie ihren Kunden oft jahrzehntelang zur Seite.

Insbesondere vertrauen die Kunden dem Geschäftsmodell der Sparkassen, das sich deutlich von anderen abhebt. In einer Marktwirtschaft werden die meisten Unternehmen gegründet, um Gewinne zu erwirtschaften. Bei einigen Unternehmen aber steht nicht die Gewinnerzielung, sondern die Erfüllung von Aufgaben für die Gesellschaft in der Gründungsurkunde. So auch bei den Sparkassen, die gegründet wurden, um allen Bevölkerungsschichten die finanzielle Eigenvorsorge zu ermöglichen. Der Sparkassengedanke bedeutet letztlich Schutz und Fürsorge.

Diese Sparkassenphilosophie hat sich als so stark und erfolgreich erwiesen, dass fast überall in Deutschland die Kommunen die Trägerschaft der Sparkassen übernahmen. Und weil zum Aufgabenbereich von Kreisen, Städten und Gemeinden nicht nur der soziale Aspekt, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung und die Bereitstellung der Infrastruktur gehören, wandelten sich die Sparkassen unter ihrer Trägerschaft zu modernen Finanzdienstleistern: Sie sammeln Einlagen vor Ort ein und geben sie als Kredite für die regionale Wirtschaft wieder aus. Selbst strukturschwache Gebiete hatten und haben so die Chance, zu wirtschaftlichem Wohlstand zu gelangen.

An den Grundzügen dieses Geschäftsmodells und der Trägerschaft hat sich nichts geändert. Sparkassen sind auch heute fest im Gebiet ihres Trägers verwurzelt. Das verbindet sie schicksalhaft mit der Bevölkerung und der Wirtschaft vor Ort, sie sind ein wichtiger Bestandteil der örtlichen Infrastruktur. Als Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft ist der Nutzen für die Gesellschaft die zentrale Existenzberechtigung. Und Sparkassen stiften diesen Nutzen auf zweifache Weise: durch ihre Geschäftstätigkeit und durch ihr gesellschaftliches Engagement.

Wirtschaftlich sinnvolle Aktivitäten

Dabei stehen sie im Wettbewerb mit anderen kreditwirtschaftlichen Anbietern und müssen Geld verdienen. Ihr Geschäftsmodell sieht vor, dass sie jedes Geschäft tätigen, das wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe betreuen so heute rund 50 Millionen Kunden aus allen Bevölkerungsschichten und sind gleichzeitig der wichtigste Finanzpartner für die Wirtschaft. So kommen fast 70 Prozent der Kredite für das Handwerk aus der Gruppe. Möglich wird diese enorme Marktdurchdringung, weil die Sparkassen dezentral aufgestellt sind. Als selbstständige Institute können sie Entscheidungen vor Ort schneller fällen als das in fernen Zentralen möglich wäre.

Acht weitere Stiftungen

Es hat sich gerade in den jüngsten Krisenmonaten wieder gezeigt, dass die Dezentralität der Sparkassen besonders stabilisierend auf den Finanzmarkt und die gesamte Volkswirtschaft wirkt. Das kommt etwa beim Treasury zum Ausdruck - also den Eigenanlagen der Institute - oder beim dezentralen Risikomanagement: Die 438 Sparkassen haben mit ihren Anlagen nicht auf ein Pferd gesetzt und verfügen so auch in diesen schwierigen Zeiten über genügend Liquidität, um die Kredite für die mittelständische Wirtschaft sogar noch auszuweiten. So konnten sie im vergangenen Jahr rund zehn Prozent mehr Kredite an Unternehmen zusagen als im Jahr 2007 und damit der Gefahr einer Kreditklemme entscheidend entgegenwirken. Dieser Trend setzt sich auch in diesem Jahr weiter fort. Die Darlehenszusagen stiegen im Vergleich zum ersten Quartal 2008 um 7,7 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro. Die Darlehensauszahlungen nahmen um 6,8 Prozent auf 12,5 Milliarden Euro zu. Das bereits sehr hohe Neugeschäft zu Jahresbeginn 2008 wurde damit noch einmal deutlich übertroffen.

Als regional gebundene Institute liegen den Sparkassen aber nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die soziale und kulturelle Entwicklung ihrer Nachbarschaft am Herzen. Deshalb ist die Sparkassen-Finanzgruppe auch der größte nicht-staatliche Förderer von Sport, Kunst und Kultur. Zum Vergleich: Allein im vergangenen Jahr wandte die Sparkassen-Finanzgruppe rund 140 Millionen Euro für die Unterstützung und Realisierung kultureller Projekte auf. Insgesamt wurden im Jahr 2008 rund 445 Millionen Euro für das gesellschaftliche Engagement ausgegeben. Und trotz der Finanzmarktkrise haben die Institute ihr Stiftungsengagement für gesellschaftliche Belange 2008 deutlich ausgebaut. So wurden allein im vergangenen Jahr acht weitere Stiftungen gegründet, mittlerweile widmen sich 679 Stiftungen aus der Spar-kassen-Finanzgruppe der Förderung des Gemeinwohls. Ihrer Tätigkeit liegt ein Stiftungskapital von insgesamt 1,83 Milliarden Euro zur Verfügung, 240 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Sparkassen sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Sie sind einer der größten Arbeitgeber und mit etwa 22 000 Auszubildenden und Trainees in allen Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe mit Abstand der größte Ausbilder in der Finanzdienstleistungsbranche. Während andere Kreditinstitute im schwierigen Jahr 2008 Hilfen vom Staat annehmen mussten, konnten die Sparkassen nicht nur einen Milliardengewinn ausweisen, sie haben auch rund eine Milliarde Steuern gezahlt.

Innovative Lösungen bieten

Die besondere Wichtigkeit von Sparkassen für die Stabilität des gesamten Finanzmarktes ist von den Menschen verstanden worden. Die Bürgerinnen und Bürger wissen auch, dass ein rechtlicher Rahmen erhalten bleiben muss, der dies sicherstellt. Das betrifft vor allem die öffentliche Rechtsform und die örtliche Selbstständigkeit der Sparkassen. Mehr als 90 Prozent der Menschen haben im Rahmen einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa gesagt, dass die öffentlich-rechtliche Stellung der Sparkassen in der Krise noch wichtiger geworden (46 Prozent) oder gleich wichtig (45 Prozent) ist. Das stärkt die Sparkassen und gibt Rückenwind. Das Drei-Säulen-Modell hat sich auch aus Sicht der Kunden bewährt. Diskussionen hierüber oder über Privatisierungen von Sparkassen werden von den Bürgerinnen und Bürgern abgelehnt.

Die Sparkassen dürfen sich auf diesen Erkenntnissen und Erfolgen aber nicht ausruhen. Es reicht nicht aus, das richtige Geschäftsmodell zu haben. Man muss es auch zur Geltung bringen und für die Kunden immer wieder neu erlebbar machen. Heute überzeugen die Sparkassen vor allem durch ihre Erreichbarkeit, ihre Sicherheit und ihre Vertrauenswürdigkeit. Auf Dauer - vor allem auch nach der Finanzkrise - wird das zu wenig sein. Dann wird es angesichts der Rückkehr vieler Wettbewerber in das Retailgeschäft noch stärker als früher darauf ankommen, dass Sparkassen die vorhandene Nähe auch in tatsächliches Geschäft umsetzen.

Sparkassen dürfen durch ihre Flächenpräsenz nicht nur physisch nah, sie müssen auch den Bedürfnissen der Kunden so nah wie sonst kein anderer Finanzdienstleister sein. In der Kenntnis der Kunden und ihrer Bedürfnisse dürfen sie sich von niemandem übertreffen lassen. Und sie müssen besser als alle anderen in der Lage sein, individuell passende und innovative Lösungen zu bieten. Denn das hat Sparkassen auch in der Vergangenheit immer wieder ausgezeichnet. Sie haben die Einführung der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung vorangetrieben, haben ihren Kunden 1968 den ersten Geldautomaten zur Verfügung gestellt und die Menschen im Rahmen der Euro-Bargeldeinführung mit den neuen Münzen und Scheinen versorgt.

Heute verfügen die Sparkassen über das am besten ausgebaute Servicenetz. An mehr als 25 700 Geldautomaten können Sparkassenkunden überall im Land kostenlos Bargeld abheben. Seit Neuestem können sie auch an 20 500 Kontoauszugsdruckern sowie an rund 6 000 SB-Terminals rund um die Uhr ihren Kontoauszug ausdrucken. Das alles erhöht die Flexibilität der Kunden - und bringt sie letztendlich enger mit ihrer Sparkasse in Kontakt.

In den Markt investieren

Da die allgemeinen Vorsorgebedarfe der Bevölkerung immer komplexer geworden sind, erwarten die Menschen heute von ihrer Sparkasse, dass deren Berater mit den eigenen Angeboten noch aktiver auf die Kunden zugehen - sei es durch Beratungen beim Kunden zu Hause oder durch eine direktere Ansprache in der Geschäftsstelle. Diesem Erfordernis werden die Sparkassen Rechnung tragen. "Sich aktiv kümmern" ist das Gebot der Stunde. Das erfordert von den Mitarbeitern auch, selbst ein aktiver Teil der örtlichen Gemeinschaft zu sein und viele persönliche Kontakte zu knüpfen, die eine Grundlage für Vertrauen und Wissen um den Kunden und seine individuellen Bedürfnisse darstellen.

Eine Sparkasse, die sich so versteht, kann nicht allein über die Höhe der Eigenkapitalrendite gesteuert werden. Natürlich muss sie das eingesetzte Kapital angemessen verzinsen. Noch wichtiger ist es aber, zufriedene Kunden zu haben und den Markt auszuschöpfen. Wo beides kurzfristig miteinander in Konflikt gerät, muss auch einmal zum Nutzen der Kunden in den Markt investiert werden. Nur so lässt sich das betriebswirtschaftliche Fundament der Sparkasse auf Dauer erhalten. Hinzukommen müssen klare Zielwerte für die Sicherung der Liquidität und der Risikotragfähigkeit. Die Sparkassen bringen diese verschiedenen Ziele in eine ausgewogene Balance. Sie verstehen für sich selbst und vermitteln ihren Mitarbeitern, dass es wirtschaftlichen Erfolg nur auf der Basis einer hohen Kundenzufriedenheit geben kann. Und ihnen ist bewusst, dass der wirtschaftliche Erfolg die Basis für eine Wahrnehmung des öffentlichen Auftrags in der Region ist.

Bei allen Schwierigkeiten, von denen auch die Gruppe nicht verschont bleibt, haben die Sparkassen Grund zum Optimismus. Sie können die notwendigen Schritte zur Optimierung und Modernisierung des Geschäftsmodells auf einem stabilen betriebswirtschaftlichen Fundament vorantreiben. Sparkassen haben das richtige Geschäftsmodell. Sie begleiten seit nunmehr 200 Jahren die Geschicke dieses Landes und seiner Menschen. Und sie werden dies auch verlässlich weiterhin tun. Wenn es gelingt, das Geschäftsmodell der Sparkassen künftig noch stärker zum wirtschaftlichen Erfolg zu nutzen, dann ist das gut für die Kunden, die einzelnen Regionen und gut für Deutschland.

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