Aufsätze

Asset Securitisation: Die Geschäftsmodelle von Ratingagenturen im Spannungsfeld einer Principal-Agent-Betrachtung

Asset Securitisations (Verbriefungen) sind im Zuge der Krise am US-Hypothekenmarkt stark in den Fokus der aktuellen Diskussion geraten. Besonders die Geschäftsmodelle der Ratingagenturen stehen im Blickpunkt, welche durch Interessenskonflikte, mangelhafte Qualität der Bonitätsanalyse und Investorenaufklärung als potenzielle Ursache und/oder Katalysator der dramatischen Entwicklungen ausgemacht werden.

Ratingprozesse bei Asset Securitisations

Das Rating von Anleihen aus Verbriefungstransaktionen dient Investoren als wesentliche Orientierungsgröße im Rahmen der Asset Allokation. Der Ratingmarkt für Verbriefungen besteht aus den drei Ratingagenturen Fitch Ratings, Moody's Investors Service und Standard & Poor's (S&P) und kommt damit faktisch einem Oligopol gleich. Üblicherweise handelt es sich bei Anleihen aus Verbriefungen um "solicited" Ratings, also Ratings, die in den häufigsten Fällen vom Emittenten in Auftrag gegeben werden.

Alle drei Ratingagenturen haben einen komplexen Prozess zur Analyse des zugrunde liegenden Kreditrisikos einer Verbriefung implementiert und nutzen sowohl qualitative als auch quantitative Elemente zur Ermittlung eines Ratings: Zunächst wird der Verlust des Forderungspools bestimmt, dann eine Cash-Flow-Analyse der Zahlungsströme durchgeführt und schließlich die Strukturierung der Transaktion genauer betrachtet. Ein wesentliches Differenzierungsmerkmal der Agenturen ist jedoch die zur Bestimmung des Verlustes eines Forderungspools eingesetzte Ratingmethodologie: Fitch und S&P greifen auf ein Probability-of-Default-Konzept zurück (Ausfallswahrscheinlichkeit des ersten Euros einer Tranche), während Moody's einen Expected-Loss-Ansatz (Höhe des erwarteten Verlustes einer Tranche) nutzt.

Zusammenarbeit mit den Emittenten

Der Ratingprozess beginnt mit der Auftragserteilung durch den Emittenten einer Verbriefung, wobei zunächst die rechtliche Struktur im Fokus steht. Dem folgt die Bestimmung der Ausfallswahrscheinlichkeit des geplanten Forderungspools durch Excel-basierte, öffentlich verfügbare Ratingmodelle auf der Basis von Monte-Carlo- Simulationen oder mittels eines Binomialansatzes. Anzumerken ist, dass alle drei Ratingprozesse auf zahlreichen Annahmen basieren, die wiederum auf der Grundlage von ökonometrischen Modellen und historischen Zeitreihen gebildet werden. Diese Tatsache kann dazu führen, dass veränderte externe Rahmenbedingungen gegebenenfalls nicht vollständig und zeitnah in den Annahmen Berücksichtigung finden.

Zur Bestimmung der Ausfallkorrelationen werden die einzelnen Kredite des zuvor gebildeten Forderungspools einer Industrie und einer Region zugeordnet und verallgemeinernde Sektorkorrelationen angenommen. Die Höhe des finanziellen Schadens im Verlustfall ist stark abhängig von der Recovery Rate, die durch das Rating und die Seniorität der Sicherheiten approximiert wird. Schließlich wird in einer Cash-Flow-Analyse der individuellen Struktur einer Transaktion Rechnung getragen. Bei allen drei Ratingagenturen wird am Ende des Bewertungsprozesses ein Rating appliziert, welches auf Basis der bekannten ordinalen Ratingskalen das Kreditrisiko des Forderungspools abbildet.

Üblicherweise zeichnet sich der Ratingprozess durch eine iterative Vorgehensweise und eine enge Zusammenarbeit zwischen der Ratingagentur und dem Emittenten aus. Gerade diese Zusammenarbeit ist jedoch häufig Ansatz für die Kritik an dem Geschäftsmodell der Ratingagenturen. Konkret wird beanstandet, dass es den Ratingagenturen an Unabhängigkeit in der Bewertung fehle und der Ratingprozess durch die Möglichkeit, so lange Änderungen am Forderungspool vorzunehmen bis ein Zielrating erreicht ist, einen ausgeprägten Verhandlungs- beziehungsweise Beratungscharakter aufweise.

Principal-Agent-Elemente des Ratingprozesses

Eine nähere Betrachtung des Geschäftsmodells von Ratingagenturen zeigt, dass wesentliche Elemente des Ratingprozesses von Informationsasymmetrien maßgeblich beeinflusst werden. Die Existenz von Informationsasymmetrien führt auf Seiten der Anleger zu der Erkenntnis, dass im Rahmen der Investitionsentscheidung zusätzliche Informationen benötigt werden. Grundsätzlich haben Anleger die Möglichkeit, die bestehende Informationsasymmetrie durch individuelle Informationsbeschaffung zu reduzieren oder diese Tätigkeit an eine dritte Partei, zum Beispiel Ratingagentur, auszulagern (delegierte Due Diligence).

Aus Gründen der Kosteneffizienz hat sich im Bereich der Asset Securitisation die Einbeziehung von Ratingagenturen als Industriestandard herausgebildet. Die Ratingagentur stellt in diesem Umfeld für die Investoren lediglich Informationen zur Verfügung, handelt aber nicht in deren Auftrag. Dies führt dazu, dass in der Praxis der Dialog hauptsächlich zwischen Ratingagentur und Emittent geführt wird. Der Investor sieht lediglich das einzelne Tranchenrating als Ergebnis dieses (für ihn intransparenten) Dialogs.

Die identifizierte Informationsasymmetrie zwischen den einzelnen Parteien ermöglicht eine Betrachtung des Ratingprozesses für strukturierte Transaktionen aus dem Blickwinkel der Principal-Agent-Theorie. Grundsätzlich basiert diese auf der Annahme, dass zwischen einem Principal und einem Agent ein gewisser Grad an Informationsasymmetrie besteht (Jensen & Meckling [1976], Fama [1980]). Aus dieser Informationsasymmetrie erwachsen für die weniger informierte Partei folgende Risikoformen:

- Qualitätsunsicherheit,

- Hold-Up,

- Moral Hazard.

Qualitätsunsicherheit bedeutet, dass die uninformierte Partei ex-ante die informierte Partei hinsichtlich ihrer Qualitätsmerkmale nicht beurteilen kann. Dabei bleibt die mangelnde Beurteilungskraft hinsichtlich der Qualitätseigenschaften nicht auf den Finanzintermediär beschränkt, sondern gilt auch für den zugrunde liegenden Finanzkontrakt (zum Beispiel Verbriefungstransaktion). Im Gegensatz zur Qualitätsunsicherheit handelt es sich bei Hold-Up nicht um die Einschätzung der Qualität, sondern um die Einschätzung der Absichten des Kontraktpartners. Diese sind für die uninformierte Kontraktpartei ex-ante nur schwer beziehungsweise gar nicht zu ermitteln. Moral Hazard hingegen betrachtet die Ex-Post-Perspektive und ist Ausdruck für die mangelnde Analysemöglichkeit des Verhaltens auf Seiten des informierten Kontraktpartners durch die uninformierte Partei nach Abschluss des Vertrages (Bernet [2003]).

Drei Principal-Agent-Beziehungen

Vor diesem theoretischen Hintergrund lassen sich auf Basis der oben geschilderten asymmetrischen Informationsverteilung in-s gesamt drei verschiedene Principal-Agent-Beziehungen im Spannungsfeld zwischen Investor, Emittent und Ratingagentur definieren (siehe Abbildung).

Eine erste Principal-Agent-Beziehung besteht zwischen dem Investor (Principal) und dem Emittenten (Agent). Durch die Kapitalbereitstellung delegiert der Anleger (Principal) die Verwaltung des Kapitals an den Emittenten (Agent). Im Folgenden wird die Beziehung zwischen Anleger und Emittent auch als primäre Principal-Agent- Beziehung bezeichnet. Für den Investor erwächst aus dieser Principal-Agent-Beziehung vor allem das Risiko der Qualitätsunsicherheit. Moral Hazard und Hold-Up lassen sich aus Investorensicht durch vertragliche Regelungen reduzieren und sind hier daher von sekundärem Interesse.

Kein gemeinsamer Dialog

Die zu Qualitätsunsicherheit führende Form von Informationsasymmetrie definieren die Autoren in diesem Zusammenhang in Anlehnung an Arrow (1969) als Hidden Characteristics. Bei Hidden Characteristics sind dem Principal die Eigenschaften des Agenten beziehungsweise dem zugrunde liegenden Finanzkontrakt hinsichtlich dessen Leistungsqualität unbekannt. Zur Reduktion der Qualitätsunsicherheit wird die eindimensionale Principal-Agent-Betrachtung zwischen Emittent und Investor mit dem Informationsagenten (Ratingagentur) um eine zusätzliche Dimension erweitert. Formal delegiert der Investor die Qualitätsbeurteilung des zugrunde liegenden Finanzkontraktes (Verbriefungstransaktion) an die Ratingagentur. Dies führt zu einer Princi-pal-Agent-Beziehung zwischen Ratingagentur (Agent) und Investor (Principal).

Die Praxis zeigt jedoch, dass diese Princi-pal-Agent-Beziehung für das Marktsegment der Asset Securitisation nur begrenzte Relevanz besitzt, da primär der Emittent mit der Ratingagentur in Kontakt tritt. Erklärungen hierfür sind Kosteneffizienzüberlegungen auf Seiten der Investoren und generelle Marktstrukturen im Verbriefungssegment. Aus Investorensicht wäre es insgesamt kostenintensiver, wenn jeder Anleger einzeln mit den Ratingagenturen in Kontakt tritt beziehungsweise die Transaktion bewerten lassen würde.

Eine Bündelung der Investoreninteressen, die zu einem gemeinsamen Dialog mit der Ratingagentur führen würde, ist auf dem Kapitalmarkt nicht zu beobachten und wäre vermutlich aufgrund von zusätzlichen Koordinationskosten ebenfalls nicht die kosteneffizienteste Lösung. Vielmehr beauftragt der Emittent (Principal) eine Ratingagentur (Agent), die Verbriefungstransaktion zu bewerten. Damit entsteht im Spannungsfeld zwischen Emittent, Investor und Ratingagentur die dritte Princi-pal-Agent-Beziehung.

Investor und Emittent haben eine diametrale Erwartungshaltung an die Ratingagentur und das Ergebnis des Ratingprozesses. Der Emittent verfolgt konsequenterweise das Ziel, innerhalb der geplanten Asset Securitisation für jede Tranche das bestmögliche Rating zu erhalten, um so den geringsten Spread an den Investoren zahlen zu müssen. Der Investor wiederum erwartet eine möglichst konservative Bonitätsbeurteilung der einzelnen Tranchen, um einen möglichst hohen Spread (und damit hohe Rendite) auf das eingesetzte Kapital zu erhalten.

Die Ratingagentur als Informationsagent kann diesen beiden Erwartungshaltungen grundsätzlich nur durch ein Maximum an Neutralität und Transparenz gerecht werden. Inwieweit sich diese Überlegungen in den aktuellen Geschäftsmodellen bereits widerspiegeln, beziehungsweise eine Anpassung der bestehenden Strukturen gefordert werden muss, wird im letzten Abschnitt dieses Artikels ausführlich diskutiert.

Empirische Studie: Asset Securitisation und Rating-Model-Arbitrage

Im Rahmen einer empirischen Studie haben die Autoren die Auswirkungen der Principal-Agent-Beziehung zwischen Emittent und Ratingagentur auf die primäre Principal-Agent-Beziehung zwischen Emittent und Investor näher betrachtet (Morkötter & Westerfeld - 2008). Konkret analysiert die Studie, ob die aus dem Dialog des Emittenten mit der Ratingagentur resultierende Informationsasymmetrie auf dem Verbriefungsmarkt zu Ineffizienzen zwischen Emittenten und Investoren in Form von Rating-Model-Arbitrage führt. Informationsasymmetrie entsteht, weil der Emittent grundsätzlich entscheiden kann, ob das Rating einer Ratingagentur veröffentlicht wird oder nicht.

Entspricht das Rating nicht den Vorstellungen des Emittenten, hat dieser die Möglichkeit, die Publikation des Ratings zu untersagen. Der Emittent kann so seine Stellung als Principal gegenüber dem Agenten (Ratingagentur) zum eigenen Vorteil nutzen. In seiner eigenen Funktion als Agent gegenüber dem Investor als Principal ist der Emittent dagegen grundsätzlich nicht verpflichtet, Inhalt und Ergebnis des Ratingdialogs vollständig offenzulegen. Rating-Model-Arbitrage wird in diesem Kontext definiert als die Kapitalisierung des Informationsvorteils (aus dem Dialog mit den Ratingagenturen) durch den Emittenten zulasten des Investors in Form von vergleichsweise niedrigen Zinssätzen auf die begebenen Tranchen. Die niedrigen Zinszahlungen an den Investor resultieren aus dem rationalen Verhalten des Emittenten, lediglich die besten Ratings zu veröffentlichen. Bessere Ratings bedeuten eine höhere Kreditqualität, welche wiederum zu niedrigeren Zinssätzen führt.

Nützlicher Informationsvorsprung

In der Studie wird auf Basis eines umfangreichen Datensatzes für über 230 Collateralized Debt Obligations (CDOs), der nach Ratingagenturen und Ratingmethodologien gruppiert ist, getestet, inwieweit Rating-Model-Arbitrage und damit Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Investor in der Praxis beobachtet werden kann. Mittels einer Diskriminanzanalyse wird gezeigt, dass bezogen auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe (zum Beispiel Moody's) individuelle Muster hinsichtlich der Charakteristika der gerateten Transaktionen (zum Beispiel Volumen, Währung) bestehen. Es zeigt sich, dass Heterogenität zwischen den einzelnen Gruppen und Homogenität innerhalb der einzelnen Gruppen empirisch nachgewiesen werden kann. Und CDO-Transaktionen mit vergleichbaren Merkmalen erhalten bevorzugt von einer bestimmten Ratingagentur beziehungsweise Ratingmethodologie ein öffentlich zugängliches Rating. Dies lehnt die Hypothese der Nichtexistenz von Ra-ting-Model-Arbitrage ab.

Vielmehr liefert die Studie erste empirische Beweise dafür, dass Emittenten ihren Informationsvorsprung aus dem Dialog mit den Ratingagenturen zum eigenen Vorteil nutzen und diesen zulasten der Investoren kapitalisieren. Die Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass zwischen Transaktionen, die von Fitch Ratings und S&P geratet werden, ein höheres Maß an Übereinstimmung hinsichtlich der Merkmalsausprägungen besteht, als bei Transaktionen, die von Moody's geratet werden. Dies ist insofern von Interesse, als Fitch Ratings und S&P über eine vergleichbare Ratingmethodologie verfügen.

Änderung des Gebührenmodells?

Im Zuge der Kritik an den Ratingagenturen werden verschiedene Ansätze zur Anpassung der Geschäftsmodelle beziehungsweise der Geschäftspraxis diskutiert, die vor dem Hintergrund der vorgestellten Principal-Agent-Problematik interpretiert und bewertet werden können. Gerade aus der Optik der asymmetrischen Informationsverteilung zeigt sich, dass die Ratingagenturen, um mehr Transparenz zu schaffen und Rating-Model-Arbitrage entgegen zu wirken, viel mehr auch als Agent der Investoren und nicht nur als Agent der Emittenten agieren sollten. Dies würde eine Stärkung der Principal-Agent-Beziehung zwischen Investor und Ratingagentur nach sich ziehen.

Diese Notwendigkeit ließe sich direkt mit der Forderung verbinden, das Gebührenmodell der Agenturen dahingehend zu ändern, dass nicht die Emittenten, sondern vielmehr die Investoren für die Ratings einer Anleihe bezahlen, wie es bei Entstehung der Ratingagenturen zunächst auch der Fall war. Dies wirft allerdings die Problematik auf, dass öffentliche Ratinginformationen damit zu privaten Informationen der Investoren würden, was der Markttransparenz eher abträglich wäre. Gleichzeitig ist es unter Kostengesichtspunkten fraglich, ob dieser Ansatz auf einer Makroebene betrachtet tatsächlich die effizienteste Lösung darstellt.

Regulation durch die Aufsicht?

Da offensichtlich ein gewisses Unvermögen der Agenturen besteht, den Berufsstand selbst zu regulieren, zielt ein alternativer Vorschlag in Richtung der Regulation durch Aufsichtsbehörden. Das CESR (Committee of European Securitisation Regulators) veröffentlichte im Februar 2008 ein Konsultationspapier mit dem Titel "The role of credit rating agencies in structured finance", das Marktteilnehmer bis zum 31. März 2008 kommentieren konnten (CESR - 2008). Hintergrund dieser Bemühung ist ein Auftrag der EU-Kommission zur Abklärung der Übereinstimmung der Ratingagenturen mit dem Iosco-Code.

Dabei steht besonders die Frage im Vordergrund, ob die aktuelle Praxis der Selbstüberwachung auf Seiten der Agenturen zugunsten eines formellen regulatorischen Modells aufgehoben werden sollte. Die Agenturen selbst schlagen Maßnahmen wie die Einsetzung externer Prüfer zur Prozessbewertung und die Einrichtung eines Ombudsmann-Büros als Beschwerdestelle vor. Diese Maßnahmen könnten im Rahmen einer kurzfristigen Reaktion sinnvoll sein, sollten jedoch langfristig durch effizienzgetriebene Anreizstrukturen abgelöst werden.

Entflechtung des engen Austauschs

Die genannten regulatorischen Maßnahmen zur Transparenzerhöhung sind genauso wie die vorgeschlagene Rotationspflicht für Analysten und die zusätzliche interne Validierung der Ratingmodelle sowie die gründlichere Beschaffung von Informationen wünschenswerte Schritte zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Doch der kritischste Punkt in der Transparenz scheint eher in der Entflechtung des engen Austauschs zwischen Ratingagenturen und Emittenten zu liegen. Beispielsweise ließe sich das Ratingadvisory, also die Beratungstätigkeit innerhalb des Ratingprozesses, nach dem Vorbild der Trennung von Wirtschaftsprüfung und Beratung abspalten. Gleichzeitig dient jedoch die frühzeitige und vollständige Einbindung von Ratinganalysten in den gesamten Ratingprozess nicht nur der Erreichung eines bestimmten angestrebten Ratings durch die Emittenten, sondern auch dem detaillierten Verständnis des Analysten für die Transaktion. Besonders aus der hier relevanten Optik würde so die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Emittent und Ratingagentur wiederum zum Nachteil der Investoren gestärkt, ohne aber das eigentliche Problem zu lösen.

Weitere Vorschläge zielen hingegen dahin, ausreichende Personalkapazitäten bei den Ratingagenturen zu schaffen, die sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht in der Lage sind, angemessen auch auf eine unvorhergesehene Marktdynamik zu reagieren, die Entwicklung bestehender Produkte zu überwachen und die komplexen Ratingmodelle samt ihrer Annahmen zu verstehen und richtig anzuwenden. Diese Vorschläge sind sinnvoll, sollten allerdings mit umfassenden Kommunikationsmaßnahmen kombiniert werden.

Agenturen als Agenten der Investoren

Es hat sich gezeigt, dass Investoren, ohne selbst Expertise in der Bewertung von Kreditrisiken zu besitzen, sich in ihrem Anlageentscheid vollständig auf das Urteil der Agenturen verlassen haben. Dabei wurde im Rahmen der delegierten Due Diligence dem Urteil nicht nur Aussagekraft über Ausfallwahrscheinlichkeiten, sondern auch über Liquidität und Marktpreise zugesprochen. Aus diesem misslichen Umstand sollten zum einen Investoren ihre Lehren ziehen, aber vor allem sollten die Ratingagenturen an ihren Kompetenzen in der Kommunikation ihrer Ratingurteile arbeiten. Ob es dabei notwendig ist, wie vielfach gefordert, eine eigene Ratingskala für strukturierte Produkte einzusetzen, kann hier nicht beantwortet werden.

Was jedoch direkt aus den geschilderten Forschungsergebnissen beantwortet werden kann und was leider in die aktuelle Diskussion noch nicht eingeflossen ist, ist die Forderung nach mehr Transparenz hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Ratingagenturen und Emittenten zum Wohle der Investoren. Die Agenturen sollten sich verpflichten, auch angefragte und abgebrochene Ratingprozesse bei Verbriefungen offenzulegen und beispielsweise Transparenz darüber zu schaffen, wie oft ein Forderungspool angepasst wurde beziehungsweise welche Sicherungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Emittenten ergriffen wurden, um ein bestimmtes Zielrating für die Tranchen zu erreichen. Damit würden sich die Agenturen stärker zum Agenten der Investoren machen.

Auch wenn es nicht sinnvoll erscheint, das Gebührenmodell in Richtung der Investoren zu verschieben, sollten die Agenturen ihr Selbstverständnis in diese Richtung überdenken. Langfristig ließe sich die Informationseffizienz des Verbriefungsmarktes dahingehend steigern, dass die Preise alle vorhandenen öffentlichen und privaten Informationen enthalten und Rating-Model-Arbitrage von Emittenten zulasten der Investoren ausgeschlossen wird. Gleichzeitig könnten die Ratingagenturen die geforderte Transparenz erfüllen und trotzdem den Ratingprozess mit seinem hohen Grad an Interaktivität zwischen Emittent und Agentur in der bestehenden Struktur beibehalten.

Literatur

Arrow, K. J. (1969): The Organization of Economic Activity: Issues Pertinent to the Choice of Market Versus Nonmarket Allocation. in: The Analysis and Evaluation of Public Expenditure: The PPB System 1, U. S. Joint Economic Committee, 91st Congress 1st Session. Washington, DC., 59-73.

Bernet, B. (2003): Institutionelle Grundlagen der Finanzintermediation, München 2003.

CESR (2008): The Role of Credit Rating Agencies in Structured Finance, Committee of European Securities Regulators, Consultation Paper, February 2008, www.cesr.eu.

Fama, E. F. (1980): Agency Problems and the Theory of the Firm, in: Journal of Political Economy 88, 288-307.

Jensen, M. C., Meckling, W. H. (1976): Theory of the firm: managerial behavior, agency costs and ownerships structure, in: Journal of Finanancial Economics 3, 305-360.

Morkötter, S., Westerfeld, S. (2008): Rating Model Arbitrage in CDO Markets: "An Empirical Analysis", Working Papers Center for Finance, No. 66, Universität St. Gallen.

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