Gespräch des Tages

Bankenaufsicht - Weder zentral noch ganz dezentral

Der Staatssekretär hat Recht: Eine Weltregierung, sagt Thomas Mirow
vom BMF, sei zwar theoretisch eine schöne Lösung für das Durcheinander
auf diesem Globus. Praktisch jedoch sei sie derart weit weg, dass die
Regierten ihr jede Legitimation verweigern würden. Eine zentrale
europäische Finanzaufsicht in, sagen wir Lissabon, die den Einwohnern
von, nur angenommen, Buxtehude nach sechs Wochen Prüfung mitteilte,
die Bank sei zu und Einlagen ungesichert? Unakzeptabel gewiss.
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Auf der Tagung "Bankenaufsicht im Dialog", die die Zfgk soeben
begleiten durfte, sind die Positionen zur Zukunft der Bankenaufsicht
in Europa interessewahrend aufeinandergeprallt. Völlig klar, dass
Josef Ackermann für seine Deutsche Bank als globalem Investmenthaus
die Wege zu 70 Aufsichtsbehörden allein in der Europäischen Union als
eine völlig unsinnige Belastung kritisieren muss. Genauso klar, dass
Karl-Joachim Dreyer nicht allein für seine "retailfokussierte"
Hamburger Sparkasse, sondern für alle Platzbanken in der Republik mit
ihrem Marktanteil von bis zu 90 Prozent die Kontrolle durch BaFin und
Bundesbank als einzig systemgerecht betrachtet. Dazu ist freilich
anzumerken, dass die deutsche, die arbeitsteilige Aufsichtslösung zwei
Elemente vereinigt, denen sich in Europa die Sympathien doch
allmählich anzunähern scheinen. Denn vor Ort ist in der Prüfung von
staatswegen vor allem die Bundesbank präsent, weil sie aus alter Zeit
über die Ressourcen der Landeszentralbanken verfügt - in
breitgefächerter Dezentralität. Die letzte Kompetenz liegt aber eben
bei der Bundesanstalt in Bonn als zentrale Einheit, bewusst nicht nach
Regionen, sondern nach Sachgebieten aufgebaut. Wie richtig das ist,
zeigt die Fähigkeit der BaFin, sich - exemplarisch - intern auf das
neue Pfandbriefgesetz ausgesprochen zügig einrichten zu können.
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Beim Bundesbank-Dialog sind deshalb bemerkenswerterweise die Meinungen
nur bei den Lobbyisten (auf höchstem Niveau!) aufeinandergeprallt.
Sowohl Edgar Meister als Ressortchef in der Bundesbank als auch
Alexander Schaub von der Generaldirektion in Brüssel und Thomas Mirow
zeigen deutliche Sympathien für die Mischung von Dezentralität und
Zentralität. Das heißt im Kern: für ein Kooperationssystem mit,
vorsichtig ausgedrückt, zentraler Kontrolle der einheitlichen Praxis.
Schaub hat es "eine Optimierung vorhandener Strukturen" genannt, in
dem die nationale Verantwortung ganz wesentlich bleibt. Und er warnt
vor jeder Überstürzung, weil die Unvollkommenheiten aus großer Eile
die Marktwirksamkeit gefährden würden. Dem ist gewiss zuzustimmen.
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Ein weiterer Hinweis von Mirow verdient alle Beachtung. Die Politik,
so sagt er, dürfe im EU-Europa die gemeinsame Finanzaufsicht
keinesfalls als ein Instrument der europäischen Integration einsetzen.
Im Gegenteil: Wenigstens diesmal müsse erst die politische Union
deutlich vorankommen, bevor man neue Institutionen schaffe. Denn, und
auch dies ist lebhaftes Kopfnicken wert, jede (neue) Institution
Europas brauche eine demokratische Legitimation von allgemeiner
Akzeptanz. Eine Europäische Bankenaufsicht nur von den
Nationalparlamenten oder nur vom Europäischen Parlament beschließen zu
lassen, wäre dafür jeweils zu wenig.
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Wer ein "Europäisches System" der Bankenaufsicht präferiert, hat dafür
im Übrigen längst einen Garten, den man sehr gut intensiver als bisher
pflegen könnte: Im Committee of European Banking Supervisors (CEPS)
treffen sich die nationalen Aufseher längst zu mehr als informellen
Gesprächen. "Nur" die Umsetzung in Verbindlichkeiten ist noch
schwächlich. Vielleicht sollte man als erstes hier ansetzen.

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