Gespräch des Tages

Bankenaufsicht I - Unabhängig

Europa staunte. Da hat der große deutsche Nachbar einen neuen Präsidenten und es keimte das sanfte Pflänzchen Hoffnung, dass nun die starre Haltung der Franzosen in industriepolitischen Fragen ein wenig umgänglicher würde. Kaum im Amt, erfüllte Sarkozy seine Wahlversprechen, doch leider zulasten des Stabilitätspaktes, den Frankreich nun heftig verletzen wird. Das hätte man im Kreise der Finanzminister - auf deutsche Unterstützung hofften die Franzosen vergebens, Wiedergutmachungsdienste für frühere Hilfe gibt es unter einem kühl kalkulierenden Steinbrück nicht - vielleicht noch hingenommen. Als dann aber noch die eindeutige Aufforderung seitens Sarkozys formuliert wurde, die Europäische Zentralbank doch bitteschön in Sachen Geld- und Wechselkurspolitik ein wenig weisungsabhängiger von den politischen Vorstellungen zu machen, hagelte es schnell und laut Kritik. Selbst der Franzose an der Spitze der EZB, Jean-Claude Trichet, reagierte ungewöhnlich harsch auf das Ansinnen seines Landsmannes. Eine abhängige Notenbank, nein, nein, das wolle man nicht, hieß es unisono.

Gut so! Doch ist das Stirnerunzeln und der erhobene drohende Zeigefinger aus Deutschland wirklich angebracht? Wird nicht im Gegenteil auch hierzulande immer wieder versucht, den Einfluss des Bundesfinanzministeriums, dessen Beamte an eben dieser Stelle vielleicht nicht ausreichend ausgelastet sind, auf die gerade ihr 50-jähriges Jubiläum feiernde Deutsche Bundesbank zu erhöhen? Selbstverständlich nicht in geldpolitischen Fragen, aber in allen anderen. Jüngstes Beispiel: die Bankenaufsicht. Mittels des Gesetzentwurfs zum "Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetzes" - die Redaktion veröffentlicht auf den folgenden Seiten sowohl den wortgetreuen Entwurf als auch die Stellungnahme der Bundesbank - wird durch die Hintertür versucht, die Rechts- und auch Fachaufsicht des BMF auf die Tätigkeiten der Bundesbank in der Bankenaufsicht auszudehnen. Zwar ruderte die Regierung inzwischen zurück. "Die Bundesregierung beabsichtigt selbstverständlich nicht, die Autonomie der Bundesbank als Notenbank und ihre Rolle im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) in irgendeiner Weise in Frage zu stellen", schrieb BMF-Staatssekretär Thomas Mirow an den Vorstand der Bundesbank.

Diese Einsicht reifte aber nicht etwa aus Überzeugung, man beugte sich vielmehr dem enormen Druck seitens Bundesbank, Banken und Bankenverbänden sowie Landespolitikern, die durchaus mit Sorge die neuerlich einnehmende Haltung des BMF bemerken. Schließlich ist schon die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) direkt den Politikern unterstellt, und der BMF-Arm regiert beispielsweise auch über die Finanzagentur des Bundes, die ihren Einflussbereich ihrerseits vorsichtig aber stetig ausweitet. An dieser Stelle sollte auch die KfW nicht unerwähnt bleiben, deren Wirken fortgesetzt mit größter Aufmerksamkeit zu beobachten sein wird.

Der politische Gestaltungswille mag mitunter nachvollziehbare Gründe haben. Doch warum die Bankenaufsicht grundlegend umgekrempelt werden soll, erschließt sich nicht. Kaum ein Land ist in den letzten Jahren bei Bankenkrisen und ähnlichen Katastrophen so glimpflich davongekommen wie die Bundesrepublik. Großpleiten gab es keine, die Stabilität der Finanzmärkte ist bemerkenswert. Das ist nicht nur, aber sicherlich auch ein Verdienst einer funktionierenden Aufsicht. Die Arbeitsteilung zwischen Bundesbank für die laufende Aufsicht in der Fläche und BaFin für die hoheitlichen Akte ist eingespielt ("in etwa" sagen manche der Betroffenen) und wird zudem von beiden Parteien geschätzt und gelobt. Schön und nützlich wäre es, wenn die Bundesregierung mit neuen Regelungen gegen den für die Beaufsichtigten sehr hohen Aufsichtsaufwand anginge. Aber diese Tendenz ist leider nicht erkennbar. Und das vieldiskutierte Vorstandsmodell für die Aufsicht in Bonn, das sich in anderen Ländern sicherlich ebenso bewährt hat wie das deutsche Präsidialmodell, könnte eher zu einer schwächeren Behörde und zu einem längeren Entscheidungsfindungsprozess führen. Nein, es gibt noch eine Menge Diskussionsstoff und Eile tut wahrlich nicht Not.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X