Aufsätze

Die bayerischen Genossenschaftsbanken und die Hauptverwaltung München alles geregelt?

Als die Deutsche Bundesbank im Jahre 1957 in unmittelbarer Nachfolge der Bank Deutscher Länder gegründet wurde, ahnten nur wenige, welch herausragende Rolle das Institut für die wirtschaftliche und damit für die soziale Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland spielen würde. Garant dafür war ihre Unabhängigkeit, die sie vor Eingriffen der Politik schützte. Diese Weisungsfreiheit war elementar für die Stabilität und Stärke der Deutschen Mark.

Unabhängigkeit wahren

Dank der klugen Politik der Deutschen Bundesbank entwickelte sich die Deutsche Mark zu einer der stabilsten Währungen unter den Zahlungsmitteln der Industriestaaten und zur zweitwichtigsten Reservewährung der Welt. Mit der Folge: Keine staatliche Institution in Deutschland war so geschätzt und genoss ein derart großes Vertrauen in der Bevölkerung wie die Deutsche Bundesbank. Sie war über viele Jahrzehnte das Symbol für die ökonomische Stärke und Stabilität Deutschlands.

Wie wichtig politische Unabhängigkeit und stabilitätsorientierte Ausrichtung sind, zeigte sich bei der Einführung des Euro und bei der Konzeption der Europäischen Zentralbank. Hier war die Deutsche Bundesbank Vorbild. Diese Ausrichtung ist bis zum heutigen Tag von Erfolg gekrönt und hat ihre Europatauglichkeit unter Beweis gestellt. Das zeigt die Tatsache, dass der Euro seit seiner Einführung im Schnitt sogar eine niedrigere Inflationsrate aufweist als die Deutsche Mark.

Regionalität erhalten

Neben der Unabhängigkeit war und ist eine große Stärke der Deutschen Bundesbank ihre Präsenz in den Regionen. Dies steht in unmittelbarem kausalem Zusammenhang mit den dezentralen und regionalen Strukturen des Bankenplatzes Deutschland. Spätestens mit der Einführung des Euro ist aber klar: Bisher oft national getroffene Entscheidungen werden in Zukunft europäisch getroffen. Die Aufgabengewichtung der Deutschen Bundesbank hat sich verschoben - auch zu Lasten der Regionen.

Diese deutliche Akzentverschiebung wird in den Strukturreformen der Deutschen Bundesbank deutlich. Landeszentralbanken sind zu nachgeordneten Hauptverwaltungen geworden. Die Zahl der bundesweiten Filialen reduziert sich bis Ende des Jahres 2007 von 118 auf 47 Filialen. In Bayern gibt es neben der Hauptverwaltung in München Filialen in Würzburg, Bayreuth, Nürnberg, Regensburg und Augsburg. Die Europäisierung der Geldpolitik hat dazu geführt, dass für die Deutsche Bundesbank andere Aufgabenfelder an Bedeutung gewonnen haben. Dazu zählt auch die Bankenaufsicht. Diese führt die Deutsche Bundesbank zusammen mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durch. Aus Sicht von Regionalbanken ist dafür eine weiterhin existierende regionale Präsenz der Deutschen Bundesbank unerlässlich. Ohne diese ist eine angemessene Aufsicht und Kontrolle über Liquidität, Solvenz und Risikosituation der regionalen Banken nicht möglich.

Besonders die Beurteilung der Risikosituation erfordert langfristige Kenntnisse der Banken und eigenes Prüfungs-Know-how. Eine überwiegend ortsferne Aufsicht wird den Anforderungen an einen vielgliedrigen und regionalen Bankenmarkt wie dem bayerischen nicht gerecht. Nur wer vor Ort ist und die Marktstrukturen kennt, kann auch die spezifische Situation der einzelnen Bank einordnen.

Einer ortsfernen, zentralistischen Aufsichtsbehörde fehlen der Einblick und die Kenntnis über die lokalen Rahmenbedingungen der Kreditwirtschaft. Deshalb plädieren die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken dafür, dass diese regionale Struktur der Deutschen Bundesbank nicht noch weiter ausgedünnt wird.

Kooperationen ermöglichen

Die Präsenz der Deutschen Bundesbank in Bayern ist produktiv. Dafür spricht die gute Zusammenarbeit und Kooperation zwischen der Hauptverwaltung München, den bayerischen Kreditgenossenschaften und dem Genossenschaftsverband Bayern. Wie erfolgreich für beide Seiten diese Zusammenarbeit in vielen Feldern ist, zeigen nachfolgende Beispiele:

Die intensive Zusammenarbeit mit der Hauptverwaltung München bei den Auswirkungsstudien zu Basel II, auch Quantitative Impact Study genannt, führte zu positiven Ergebnissen. Dabei lieferten die bayerischen Genossenschaftsbanken ein Viertel der bundesweiten Daten zur vierten Auswirkungsstudie, die durch die Deutsche Bundesbank genutzt werden konnten. Gleichzeitig standen in Folge der Untersuchung fundierte Zahlen bereit, auf deren Grundlage der Genossenschaftsverband Bayern den eigenen Mitgliedsbanken die Empfehlung geben konnte, mit dem Standardansatz zu rechnen.

Wie die Zusammenarbeit dem Bankenstandort Bayern dient, zeigt auch die Änderung der Auslegungsregeln des § 18 KWG. Österreichische Konkurrenzinstitute drangen bis 2005 aufgrund günstigerer gesetzlicher Rahmenbedingungen im Alpenstaat immer weiter in den bayerischen Kreditmarkt ein. Die Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank hat schnell und zielsicher erkannt, dass hier ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen heimischen und ausländischen Kreditinstituten vorlagen. Die dezentrale Ausrichtung der Deutschen Bundesbank, ihre Marktnähe und die damit vorhandene Marktkenntnis halfen, die notwendige Gesetzesänderung druckvoll anzuschieben.

Fruchtbare Aufsichtsgespräche

Ein anderes Beispiel für die fruchtbare Kooperation der Hauptverwaltung München mit den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sind die seit dem Jahr 2004 zusammen mit den bayerischen Kreditgenossenschaften stattfindenden Aufsichtsgespräche der Hauptverwaltung München. Das Klima ist konstruktiv und fair. Im Rahmen der routinemäßigen Gespräche wird den Instituten erstmals die Möglichkeit gegeben, in angemessener Form und ausführlich die eigenen Anliegen und die eigene Sicht der Dinge darzulegen. Mit der Einführung der Aufsichtsgespräche wurde die Zusammenarbeit mit der Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank weiter verbessert. Nicht obrigkeitsstaatliches Handeln prägt die Gespräche, sondern der Wille zum Miteinander für einen stabilen Bankenplatz.

Eine intensiv gelebte Form der Zusammenarbeit findet im Rahmen der Finanzplatz-München-Initiative statt. Neben zahlreichen Mitgliedern aus der Finanz- und Versicherungswirtschaft sowie dem öffentlichen Bereich engagieren sich auch die Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank und der Genossenschaftsverband Bayern in der Initiative. Diese hat das Ziel, dem Finanzplatz München größeres Gehör zu verschaffen und seine Anliegen beispielsweise gegenüber der Bundes- und Europapolitik zu vertreten. Zudem ist der Genossenschaftsverband Bayern im Beirat der Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank vertreten. In diesem werden aktuelle Themen - wie die Bankenaufsicht oder Entwicklungen der Finanzmärkte - ausführlich und zu gegenseitigem Nutzen behandelt.

Bürokratiekosten vermindern - Verfahrenswege definieren

Im Rahmen all dieser Verschränkungen und Gesprächsebenen hat sich eine langjährige und konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank, den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie dem Genossenschaftsverband Bayern etabliert. Diese ist in wesentlichen Teilen der regionalen Präsenz, der aus eigener Anschauung gewonnenen Kenntnisse über den bayerischen Finanzmarkt und einer steten Kommunikationsbereitschaft auf Seiten der Hauptverwaltung München zu verdanken.

Inwieweit die jahrelange regionale Präsenz von Vorteil ist, zeigen auch die Ergebnisse der Studie zur Bankenaufsicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem vergangenen Jahr. So schnitt die regional verzahnte Deutsche Bundesbank in der Bewertung der Banken gut ab. Ihre Mitarbeiter wurden als kompetent und vertraut mit dem Geschäftsmodell der jeweiligen Bank eingestuft. Zudem wurde positiv bewertet, dass die Ansprechpartner der Bundesbank seltener wechseln, als die zum Beispiel der BaFin. Das zeigt: Regionale Nähe und Kontinuität bringen nicht nur im Bankgeschäft, sondern auch in der Aufsichtspraxis einen Mehrwert.

Dieser Mehrwert kann durchaus noch gesteigert werden. Deutlich wird das, wenn man die bürokratische und aufsichtliche Last betrachtet, die gerade kleinere und mittlere Banken an ihre Belastungsgrenze und manchmal auch darüber hinaus bringt. Nicht ohne Grund fällt die Bewertung der kleineren Banken im Gutachten des DIW bei der Einschätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses - gerade bei Sonderprüfungen - besonders negativ auf. Eine Orientierung der Aufsicht am individuellen Risiko der Bank ist häufig nicht erkennbar.

Zudem werden enorme Humanressourcen der Aufsicht durch Doppelarbeiten gebunden. Das kostet Geld, das die Banken zahlen müssen. Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar: Die bisherigen Arbeitsabsprachen und Arbeitsteilungen zwischen der Deutschen Bundesbank und der BaFin sind noch deutlich verbesserungsfähig. Klar ist auch: Banken dürfen nicht unter der mangelnden Absprache oder Doppelzuständigkeiten innerhalb der Bankenaufsicht leiden.

Zudem ist die Notwendigkeit von nichtanlassbezogenen Sonderprüfungen grundsätzlich in Frage zu stellen. Durch die konsequente Einbeziehung der Jahresabschlussprüfung beziehungsweise der Bestimmung von Prüfungsinhalten gemäß § 30 KWG bei der aufsichtlichen Tätigkeit, könnte und sollte auf diese Sonderprüfungen verzichtet werden.

Zukunftsfähigkeit erhalten

Um die Bankenaufsicht in Deutschland von Deutscher Bundesbank und BaFin auch in Zukunft in angemessener und unbürokratischer Form durchführen zu können, ist besonders eine Reform der bisherigen Aufsichtspraxis unverzichtbar. Aus diesem Grund begrüßt der Genossenschaftsverband Bayern grundsätzlich das geplante Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz, das das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Sommer vorgeschlagen hat.

Insbesondere die Reduktion der kostenintensiven Sonderprüfungen durch die Änderungsvorschläge der Paragrafen 30 und 44 KWG findet die Zustimmung der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Durch eine konsequente Umsetzung der angedachten Änderungen kann die Anzahl der bisherigen Doppelprüfungen deutlich eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang ist der vorgesehene Steuerungskreis zur besseren Koordination zwischen Deutscher Bundesbank und BaFin ebenfalls positiv zu sehen. Dies trifft auch auf die Einführung eines Kollegialgremiums bei der BaFin zu.

Grundsätzlich in die falsche Richtung geht aber die vom BMF vorgesehene Neupositionierung der Deutschen Bundesbank im Zuge der geplanten Aufsichtsreform. Die formalrechtliche Unterstellung der Deutschen Bundesbank unter die Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen darf die bisher unumstößliche Unabhängigkeit als deutsche Notenbank nicht in Frage stellen. Damit würde die internationale Reputation, die bislang zum Vorteil des deutschen Finanzmarktes und damit aller deutschen Banken war, gefährdet. Zumal dies auch Folgen für die bisherige Sonderstellung der Bundesbank und ihrer Hauptverwaltungen hätte.

Bewährte Strukturen wahren

Vor dem Hintergrund der positiven Ergebnisse des Gutachtens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Bankenaufsicht und die täglich von den bayerischen Genossenschaftsbanken erfahrene gute Arbeit durch die Deutsche Bundesbank und ihre regionalen Dependancen ist der vom BMF eingeschlagene Weg nicht nachvollziehbar. Hier erwarten die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dass die Politik nicht an Bewährtem rüttelt.

Es wäre fatal, wenn das neue Gesetz zu aufsichtsrechtlichen "Verschlimmbesserungen" führte oder wegen Kompetenzgerangel zwischen BaFin und Deutscher Bundesbank zulasten der Primärbanken ginge. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Bundesbank weiterhin an den Verwaltungsratssitzungen der BaFin teilnimmt. In aller Regel werden dort auch bankspezifische Fragestellungen erörtert. Auf die unbestrittene Fachkompetenz der Deutschen Bundesbank sollte nicht verzichtet werden.

Suche nach dem Optimum an Aufsicht

Die bayerischen Genossenschaftsbanken konnten sich in der Vergangenheit in aller Regel auf die fachliche und kompetente Zusammenarbeit mit der Hauptverwaltung München der Deutschen Bundesbank verlassen. Der bayerische Genossenschaftsverband setzt sich dafür ein, dass dieses vertrauensvolle Verhältnis auch in Zukunft und nach einer Reform der Bankenaufsicht weiter möglich ist. Hierfür ist eine Rückführung der bisherigen Bankenaufsicht auf ein nötiges Mindestmaß bei gleichzeitiger Stärkung der regionalen Aufsicht unverzichtbar.

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