Aufsätze

Bargeldlogistik: eine institutsgruppen- und länderübergreifende Lösung

Sowohl die Genossenschaftsbanken als auch die Sparkassen stehen vor sehr ähnlichen Herausforderungen rund um die Bargeldversorgung. Vom Transport über die Bearbeitung wie der Echtheitsprüfung und der Verpackung bis hin zur Lagerung der Bestände werden flächendeckend vergleichbare Lösungen benötigt. Zu diesem Zweck werden in der Regel externe Wertdienstleister (WDL) eingebunden. Hierbei gilt es, die Sicherheit des Geldes, die Wirtschaftlichkeit und die Flexibilität der Bargeldversorgung gleichermaßen im Auge zu behalten.

Gemeinsame Machbarkeitsstudie als Entscheidungsgrundlage

Vor diesem Hintergrund schlossen sich der Rheinische Sparkassen- und Giroverband (RSGV), der Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverband (RWGV), der Sparkassenverband Westfalen-Lippe (SVWL) und die WGZ Bank im Jahre 2007 zu einer Kooperation unter der Bezeichnung Cash-Services zusammen. Damit sollten vergleichbare Aktivitäten optimiert werden. Eigene Produktionsaktivitäten wie Bargeldtransport, Bargeldbearbeitung oder Automatenservice standen und stehen nicht im Fokus.

Zunächst galt es, die Potenziale einer Kooperation auszuloten. Zu diesem Zweck erfolgte 2006 in den Geschäftsgebieten der beteiligten Kooperationspartner eine Machbarkeitsstudie. So wurde erkundet, welche Dienstleistungen in der Bargeldversorgung branchenintern, aber dennoch gruppenübergreifend gebündelt werden können. Mit der Studie entstand eine betriebswirtschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlage zur möglichen Gestaltung der Cash-Services. Die Studie erfolgte vor dem Hintergrund sich stark wandelnder Rahmenbedingungen:

Der Rückzug der Deutschen Bundesbank (von 127 Filialen in 2001 auf 47 Filialen in 2007) bedeutete - je nach Lage des betreffenden Institutes - eine erhebliche Steigerung der Transportkosten sowie deutlich verlängerte Bereitstellungszeiträume.

Das "Banknotenrecycling" der Europäischen Zentralbank ermöglicht, Banknoten ohne Einbindung der Deutschen Bundesbank zu recyceln. Aufgrund der hohen Maschinenkosten bietet es sich an, diese Tätigkeit auf einen Wertdienstleister zu übertragen. Die erforderliche Kontrolle der WDL kann Cash-Service im Rahmen der geltenden Outsourcingregeln zentral und damit wirkungsvoller und kostengünstiger durchführen.

Der möglichen Privatisierung der kompletten Bargeldbearbeitung bei Dienstleistern und der Oligopolbildung am WDL-Markt soll begegnet werden. Auf dem abgeschotteten Markt droht die Gefahr eines Preisdiktats durch die Anbieterseite. Mit gebündelten Volumina und einer zentralen Vertragsverhandlung lässt sich ein Gegengewicht erzeugen.

Klare Ausschreibungskriterien

Für 2005 zeigte die Studie im Bereich der Sparkassen und bei den Genossenschaftsbanken in NRW jährliche Kosten von 90 Millionen Euro des internen und externen Aufwands rund um die Transporte, die Bearbeitung und die Lagerung von Bargeld.

Auf Basis der Machbarkeitsstudie zum weiteren Vorgehen wurden fünf Wertdienstleister, die das gesamte Gebiet der Kooperation (Nordrhein-Westfalen und nördliches Rheinland-Pfalz) abdecken, in einer Ausschreibung zu einem Angebot aufgefordert. Hierbei galt es einem Bündel von Kriterien möglichst gut zu entsprechen: Das Gebiet soll ohne Subunternehmen abgedeckt werden, und die Leistungen sollen adäquat versichert sein. Zudem sollte der Anbieter eine gute Reputation und möglichst positive Referenzen aufweisen. Schließlich sollte auch der Preis stimmen. Auf dieser Basis wurde die GuW Geld- und Werttransport GmbH aus Hannover ausgewählt. Das Unternehmen firmiert seit 1. November 2007 als Unicorn Geld- und Wertdienstleistungen GmbH. Die Entscheidung für einen WDL als möglichen Vertragspartner für die angeschlossenen Institute erweist sich hinsichtlich folgender Aspekte als vorteilhaft:

Wirtschaftlichkeit: Die Bündelung der Aktivitäten erhöht die Wirtschaftlichkeit der Bargeldlogistik. Die von der Bundesvereinigung deutscher Geld- und Wertdienste e. V. (BDGW) nach Heros prognostizierten Marktpreise werden unterschritten.

Vertragsrecht: Der fachlich und juristisch präzisierte Rahmenvertrag und die einheitliche Vertragsgestaltung sowohl für den Transport als auch für die Dienstleistungen schafft für die angeschlossenen Institute mehr Rechtssicherheit.

Versicherungsvertrag: Die gruppenübergreifende zentrale Prüfung der Versicherungsverträge (gutachterliche Stellungnahme durch Fachjuristen) legte auch "versteckte" Risiken offen. Der Einsatz dieses Fachjuristen und die konzentrierte Verhandlungsmacht ermöglichte eine höhere Risikodeckung durch die Versicherung des WDL.

Sofern auch durch Nachverhandlungen einzelne Restrisiken nicht beseitigt werden konnten, verbessert das gemeinsame Vorgehen die Chancen in den Verhandlungen mit Versicherungsanbietern für eine zusätzliche Absicherung.

Betreuung von 170 Instituten

Durch gemeinsame Aktivitäten und durch ein nachhaltiges kooperatives Handeln (Kommunikationskonzept) können zudem die angeschlossenen Institute operationale und betriebswirtschaftliche Risiken frühzeitig erkennen und wirkungsvoll reduzieren. Die aufgrund der Outsourcingbestimmungen, der KWG-Vorschriften und der Bestimmungen der MaRisk erforderlichen Prüfungen der Institute beim WDL werden zentral von Cash-Services durchgeführt. Die Verbände sowie externe Prüfungseinrichtungen werden dabei eingeschaltet. Alle an der Kooperation teilnehmenden Institute erhalten das zusammengefasste Prüfungsergebnis.

Die Prüfungspflicht der internen Revision kann damit zwar nicht gänzlich entfallen, jedoch insgesamt deutlich reduziert werden. Aktuell betreut Cash-Services bereits rund 170 Institute in Nordrhein-Westfalen, dem nördlichen Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.

Die geschäftspolitischen Entscheidungen der Deutschen Bundesbank zum 1. Januar 2011 - mit einer Übergangsfrist bis 31. April 2011 - die Münzgeldabwicklung nur noch über Großcontainer vorzunehmen, veranlasste die Kooperation Cash-Services eine Lösung für die angeschlossenen Genossenschaftsbanken und Sparkassen zu entwickeln.

Seit dem Jahresbeginn stellt die WGZ Bank in den Cash-Centern der Firma Unicorn Münzgeldcontainer zur Verfügung, über die sowohl die Münzgeldver- wie auch die Münzgeldentsorgung abgewickelt werden kann. Diese Bestände werden in enger Kooperation mit der DZ Bank unterhalten. Die WGZ Bank kann hierbei auf im Eigentum der DZ Bank befindliche Bestände zugreifen. Die entsprechenden Buchungen leitet die WGZ Bank ausschließlich über Konten der teilnehmenden Institute, so dass alle rechtlichen Vorgaben erfüllt sind. Die Genossenschaftsbanken sind dabei direkt in das Buchungssystem der WGZ Bank integriert, die Sparkassen nutzen den elektronischen Zahlungsverkehr zur Disposition der Münzkonten.

Von einer Kooperation zu einer gesellschaftsrechtlichen Struktur?

Die notwendigen Sicherheits- und Qualitätsstandards im Bereich der Bargeldabwicklung können viele Institute aufgrund knapper Ressourcen nur schwer erfüllen. Im 2010 durchgeführten Projekt des DSGV "Bargeldlogistik im Verbund" wurde ein Betreibermodell für die Bargeldlogistik in der Sparkassen-Finanzgruppe empfohlen, die sogenannte Bargeld-Service-Gesellschaft (BSG). Die BSG ist eine Einkaufs-/Qualitätssicherungs- und Steuerungsgesellschaft für Wertdienstleistungen. Sie bezieht für die Institute die eigentlichen Dienstleistungen rund um die Bargeldlogistik von Wertdienstleistern und sonstigen Dritten. Geschäftsschwerpunkt ist die Qualität und Sicherheit in der Bargeldlogistik.

Die Sparkassengruppe prüft derzeit die Möglichkeit, sich in Richtung einer Bargeld-Service-Gesellschaft zu entwickeln. Eine positive Entscheidung würde bedeuten, dass Cash-Services von einer "Kooperation" zu einer gesellschaftsrechtlichen Struktur gelangen muss. Nach aktuellem Planungsstand ist mit einem Ergebnis in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Erste Überlegungen zeigen, dass die verschiedenen - im DSGV-Projekt definierten - Aufgabenfelder modular angeboten werden und die Bar-geld-Service-Gesellschaft die Leistungen bundesweit zur Verfügung stellen würde.

* Als Co-Autoren haben mitgewirkt: Willi Dräger, Sparkassenverband Westfalen-Lippe, Münster, Klaus Engels, Rheinisch-Westfälischer Genossenschaftsverband, Münster, Ludger Hünteler, WGZ Bank AG, Düsseldorf, und Carsten Kupferberg, Sparkassenverband Niedersachsen, Hannover

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