Gespräch des Tages

Commerzbank - Schöngeredet

Absolut wohlgesonnen kann man sagen, die Commerzbank hat noch einen Plan, und es fällt ihr immer noch etwas Neues ein. "Weichen für strategische Neuausrichtung gestellt", so ist die Präsentation zum abgelaufenen Geschäftsjahr überschrieben. Die Bank hat neue Ziele, eine neue strategische Agenda, plant die Neuausrichtung des seit Jahren darbenden Privatkundengeschäfts, hat rund eine Milliarde weniger Kosten als im Vorjahr verursacht, weist eine stabile Entwicklung der Erträge aus (natürlich nur vor Risikovorsorge und auch noch um diverse Sondereffekte bereinigt), freut sich über die Kernbank mit einem soliden, allerdings wiederum bereinigten Ergebnis, hat in der Bad-Bank-Abteilung, in die die Non-Core-Assets ausgelagert wurden, das Portfolio um immerhin 30 Milliarden Euro oder 17 Prozent verringert und übererfüllt die Anforderungen von Basel III von neun Prozent Tier-1-Kapital schon jetzt, allerdings nur unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen per viertem Quartal 2012. Ach ja, nur die Aktionäre gehen wieder mal leer aus, eine Dividende gibt es erneut nicht. Dafür hat es nach Bedienung des SoFFin und der Allianz dann doch nicht mehr gelangt.

Doch unglücklicherweise für die Verantwortlichen von Deutschlands zweitgrößter Bank sieht die Realität anders aus. Unter dem Strich verbleibt im Konzern ein mageres Jahresergebnis von sechs Millionen Euro. Warum man dies um latente Steuern reduzieren soll, die aufgrund einer niedrigeren Ertragsprognose für die kommenden Jahre nun ausgebucht werden müssen, nachdem sie in den Vorjahren den Gewinn erhöht haben, erschließt sich genauso wenig wie die Bereinigung um Effekte aus dem Verkauf der Promsvyazbank, die Berücksichtigung des Nichtanfalls von positiven Effekten wegen des Rückkaufs hybrider Eigenkapitalinstrumente oder negative Ergebnisse aus der (aufsichtlich erzwungenen) Bewertung eigener Verbindlichkeiten. Rechnen wir künftig auch einen besonders erfolgreichen M&A-Deal in einem Jahr zum Erfolg hinzu und im kommenden Jahr wieder heraus, um die Jahre vergleichbar zu machen? Natürlich nicht. All das gehört zum modernen Bankgeschäft und den Rahmenbedingungen, in denen dieses stattfindet, dazu.

Dann: Außer der Mittelstandsbank hat es kein Geschäftsfeld auch nur annähernd geschafft, an das Vorjahresergebnis anzuknüpfen. Operatives Ergebnis im Segment Privatkunden minus 49 Prozent auf 245 Millionen Euro (bei elf Millionen Kunden!), in Central & Eastern Europe minus 20 Prozent auf 240 Millionen Euro und Corporates & Markets minus 66 Prozent auf 197 Millionen Euro. Erfreulich bleibt die Mittelstandsbank mit einem Zuwachs um immerhin vier Prozent auf 1,649 Milliarden Euro. Da muss man sich dann schon mit Formulierungen retten wie: "Operativ standen wir 2012 ganz gut da. Trotz des schwierigen Marktumfelds gingen die Erträge vor Risikovorsorge auf bereinigter Basis lediglich um drei Prozent zurück." Diese Bank verdient für ihre Möglichkeiten zu wenig Geld, egal ob vor oder nach Risikovorsorge oder vor oder nach diversen Bereinigungen, ein Rückgang ist definitiv nicht "ganz gut dastehen". Und das ist natürlich auch ein Management-Thema.

Bleibt die Bad Bank. Hier wurde das Portfolio im abgelaufenen Geschäftsjahr zwar ordentlich reduziert, allerdings hat auch das seinen Preis. Der operative Verlust der Sparte betrug immerhin satte 1,525 Milliarden Euro. Fairerweise sei erwähnt, dass dieser im Vorjahr noch 4,018 Milliarden Euro betragen hatte, aber vielleicht sollten wir das auch um die Griechenland-Abscheibungen bereinigen, die so ja in 2012 nicht angefallen sind. Nein, das tun wir nicht, wir gönnen den Verantwortlichen den Erfolg. Bei allem Verständnis für die wahrlich harten Zeiten, die diese Bank und ihr Management verschuldet und unverschuldet in den vergangenen Jahren hinter sich haben, und bei allem Verständnis für den Wunsch nach Anerkennung, nach Erfolg und fairem Umgang, man kann sich doch nicht alles schönreden.

Ob man den sehr nach Beraterslogans klingenden neuen Strategiebeschwörungen Glauben schenken sollte? Wenn ja, dann nur mit einem erheblichen Abdiskontierungseffekt. Wo sind die blühenden Immobilienlandschaften, die mit der Übernahme der Eurohypo versprochen wurden? Abgebaut, verkauft oder in der NCA-Abteilung! Wo sind die Wachstumserfolge aus der Übernahme der Dresdner Bank? Außer Spesen nichts gewesen. Das neuere SAP-System der Dresdner Bank wurde einfach ungenutzt abgeschaltet, stattdessen wurde viel Geld in die Aufwertung des alten Commerzbank-Systems investiert. Die elf Millionen Privatkunden machen so wenig Geschäft mit ihrer angeblichen Hausbank, dass man nun sogar das Filialnetz überdenken und umstrukturieren und Bankberater entlassen muss, um dem kranken Segment zumindest von der Kostenseite her eine wenig Unterstützung zukommen zu lassen. Doch ob Kunden mehr Geschäft mit ihrer Bank machen, wenn es nun attraktivere Filialen und ein ergänzendes, konzentriertes Mobile- und Online-Banking-Angebot gibt? Viel Glück! Diese Bank kann sicherlich manches (oder?). Aber sie kann definitiv keine Fusionen, von daher ist es gut, dass die Commerzbank ob der mauen Zahlen in naher und mittlerer Zukunft wohl kaum in die Verlegenheit kommen wird, sich bietende Gelegenheiten wahrzunehmen. Das immerhin ist eine Beruhigung für die Aktionäre.

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