Gespräch des Tages

Eigenkapitalregeln - Die Schweiz als Vorreiter

Die Arbeit am künftigen Finanzgefüge geht weiter. Am zweiten Septemberwochenende hat der Baseler Ausschuss die Mindestquoten sowie die Übergangsfristen für die künftige Eigenkapitalausstattung verabschiedet (Kreditwesen 19-2010). Anfang Oktober hat die Schweiz nachgezogen und dabei auch die Zuschläge für die nationalen systemrelevanten Banken festgelegt, die im allgemeinen Basel-III-Prozess noch ausstehen.

Nach Basel III muss nach Ablauf der Übergangsfrist ab dem Jahre 2019 das gesamte Kernkapital bei 8,5Prozent liegen, und das gesamte Kapital (einschließlich Ergänzungskapital von zwei Prozent)

bei 10,5 Prozent. Das neue Segment "hartes Kernkapital" (Common Equity/Core Tier 1) muss dabei einschließlich eines Kapitalpuffers sieben Prozent betragen. Rechnet man in der Schweiz den systemrelevanten Zuschlag heraus, werden in Summe 13 Prozent der risikogewichteten Aktiva gefordert, also 2,5 Prozentpunkte mehr. Wie wiederholt angekündigt, haben die Schweizer Gremien damit Basel III nur als Ausgangspunkt für schärfere nationale Regelungen genommen. Mindestens zehn Prozent des gesamten Kapitals (aus Basisanforderungen und Puffer) muss dabei in der Schweiz durch Common Equity dargestellt werden, und maximal drei Prozent dürfen als bedingte Pflichtwandelanleihen (Contingent Convertible Bonds - Cocos) eingebracht werden. Letztere wandeln sich rein technisch bei Unterschreiten der von der Aufsicht vorgegebenen kritischen Eigenkapitalquote einer Bank automatisch in Eigenkapital (Aktien) und sollen damit finanziellen Spielraum für die Bewältigung von Krisen und Zeit für die Umsetzung von Notfallmaßnahmen schaffen. Der sogenannte Trigger, also die Grenze für die Wandlung der angerechneten Cocos beim gesamten Kapital ist hier auf sieben Prozent des Common Equity festgelegt.

Darüber hinaus hat die Schweiz sechs Prozent der risikogewichteten Aktiva als Zuschlag für systemrelevante Banken festgelegt, als progressive Komponente wie sie den Kapitalbestandteil nennt. Dieser darf ebenfalls mit Cocos dargestellt werden, als Trigger sind hier fünf Prozent festgelegt. Begründet werden die schärferen Anforderungen an das gesamte Kapital wie der vergleichsweise hoch anmutende Zuschlag für Systemrelevanz mit dem besonders hohen Risiko, das Institute in den Dimensionen von UBS und Credit Suisse für die vergleichsweise kleine Schweizer Volkswirtschaft darstellen. Insgesamt 19 Prozent der risikogewichteten Aktiva müssen die systemrelevanten Schweizer Institute damit bis 2019 an Eigenkapital aufbringen.

Die Schweizer Gremien haben mit den Cocos und der Höhe des Zuschlags für systemrelevante Banken zwei Anstöße für die weitere Basel-III-Debatte geliefert. Bei allem ersten Charme der Cocos ist freilich kaum absehbar, ob sich für dieses Instrument ein hinreichend breiter Markt findet. Der Tendenz nach ist zu erwarten, dass die neue Pflichtwandelanleihe nur zu attraktiven Konditionen und bei einer sich zuspitzenden Eigenkapitalposition kaum platziert werden kann. Auch die Wahl von gängigen Laufzeiten muss sich an den internationalen Kapitalmärkten erst einspielen. Und um bei möglichen Investoren wie Lebensversicherern und Pensionskassen auf genügend Interesse zu stoßen, müsste unter rechtlichen und steuerlichen Bedingungen erst geklärt werden, inwieweit diese Instrumente mit den gültigen Anlagerichtlinien kompatibel sind.

Der Zuschlag von sechs Prozentpunkten für systemrelevante Banken dürfte einige Marktteilnehmer im Vorfeld der anstehenden Basel-III-Entscheidungen ein wenig erschreckt haben. Bis zum G20-Gipfel in Seoul, so hat es der zuständige Financial Stability Board angekündigt, sollen auch in diesem Gremium die Vorschläge auf dem Tisch liegen und Raum für nationale Besonderheiten lassen. Mit den Cocos hat sich die Schweiz in dieser Hinsicht schon positioniert. Die dortigen Großbanken, die übrigens in der Expertenkommission zur Festlegung der Eigenkapitalregelungen vertreten waren, können nun schon den Markt für diese Eigenkapitalkategorie ausloten. Doch was bedeutet die Höhe des systemrelevanten Zuschlags für die Institute außerhalb der Schweiz? Wenn die zusätzlichen Anforderungen allgemein nur annähernd bei sechs Prozentpunkten liegen sollten, werden weltweit viele Häuser ihre Kapitalausstattung kaum darstellen können. Als Ausweg bleibt aber zumindest eine Herabschleusung der risikogewichteten Aktiva.

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