Aufsätze

Eigenmittel nach Basel III in der IFRS-Rechnungslegung

Am 16. Dezember 2010 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht das neue "Rahmenkonzept für krisenfestere Banken und Finanzsysteme" (Basel III) veröffentlicht.1) Das Baseler Rahmenkonzept bildet die Basis für eine spätere Umsetzung in den Mitgliedstaaten des Baseler Ausschusses. Eine Umsetzung in europäisches Recht ist noch für 2011 geplant. Ab 1. Januar 2013 sollen die neuen Regelungen stufenweise in Kraft treten.

Schwerpunkt des neuen regulatorischen Rahmenwerks sind die Vorschriften zur Mindestkapitalausstattung. Änderungen ergeben sich sowohl hinsichtlich der Unterlegungssätze als auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen an die Eigenmittelkomponenten. Betroffen sind insbesondere hybride Finanzinstrumente, die vielfach nicht mehr die strengen Kriterien für eine Anrechnung in der höchsten Kapitalklasse (Tier1-Kapital) erfüllen.

Neue Kapitalanforderungen nach BaselIII

Ebenfalls mit dem 1. Januar 2013 treten rechtzeitiges Endorsement durch die EU vorausgesetzt - die neuen Regelungen des IFRS 9 zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten in Kraft.2) Die Bewertung von Finanzinstrumenten richtet sich dann vorrangig nach den Merkmalen der Zahlungen aus dem Finanzinstrument. Eine Bewertung zu Anschaffungskosten ist dann nur noch möglich, wenn die vertraglichen Zahlungsströme im Vorfeld bestimmt sind und nur Tilgungs- und Zinszahlungen repräsentieren (IFRS9.4.1.2).

Vor diesem Hintergrund untersucht dieser Beitrag, wie sich die neuen Anforderungen an eigenmittelfähige Finanzinstrumente auf die IFRS-Bilanzierung bei Banken auswirken. Dabei wird sowohl die Emittentenals auch die Investorperspektive eingenommen.

Additional Tier 1: Basel III differenziert zwischen Kapital, das zum laufenden Verlustausgleich zur Verfügung steht (goingconcern capital, Tier 1) und Kapital, das Verluste lediglich im Falle der Insolvenz oder Liquidation absorbiert (gone-concern capital, Tier 2).3) Innerhalb des Tier1 wird nochmals abgestuft in Common Equity Tier 1 und Additional Tier 1.4) Die Abbildung zeigt die jeweils anrechenbaren Finanzinstrumente.

Mindestanforderungen an Additional

Tier1 Additional Tier 1-Instrumente müssen bestimmten kumulativen Mindestanforderungen genügen:5)

Nachrang: Additional Tier 1-Instrumente verkörpern einen nachrangigen Anspruch der Kapitalgeber im Falle der Insolvenz oder Liquidation (Vorrang gegenüber Common Equity Tier 1-Kapitalgebern, aber Nachrang gegenüber allen anderen Kapitalgebern).

Dauerhaftigkeit: Additional Tier 1 hat eine unbeschränkte Laufzeit. Auch dürfen keine Anreize zur Rücknahme durch den Emittenten in Form von Step-up-Klauseln oder anderen Vereinbarungen bestehen. Ein einseitiges Kündigungsrecht für den Emittenten ist zulässig; dieses darf frühestens fünf Jahre nach der Emission ausgeübt werden.

Ermessensabhängige Vergütung: Gewinnbeteiligungen beziehungsweise Zinszahlungen müssen jederzeit im freien Ermessen des Emittenten stehen (full discretion at all times) und in den ausschüttungsfähigen Gewinnen gedeckt sein.

Verlustbeteiligung: Basel III setzt den bilanziellen Eigenkapitalcharakter nicht zwingend voraus. Das Instrument muss allerdings geeignet sein, einer Insolvenz infolge Überschuldung entgegenzuwirken. Hierfür darf das Instrument bei einem bilanzbasierten Insolvenztest nicht als Verbindlichkeit berücksichtigt werden. Für Schuldinstrumente muss deshalb eine Verlustbeteiligung vereinbart sein, die rechtzeitig vor der Insolvenz (zu einem noch zu definierenden trigger point; dies könnte das Unterschreiten einer bestimmten Kapitalquote sein) greift. Die Verlustbeteiligung erfolgt entweder durch die Zwangskonversion in Aktien oder durch ertragswirksame Abwertung (Herabsetzung des Nennwerts).

Tier 2: Tier 2 besteht aus eingezahltem, nachrangigem Kapital.6) Anrechnungsvoraussetzung ist eine Mindestursprungslaufzeit von fünf Jahren. Step-ups oder andere Rückzahlungsanreize sind nicht zulässig. Ein einseitiges, vorzeitiges Rückkaufrecht des Emittenten ist dagegen unschädlich; dieses Rückkaufrecht darf allerdings frühestens nach einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren ausgeübt werden.

Verlustbeteiligung im "point of non-viability": Mit den "Minimum requirements to ensure loss absorbency at the point of non-viability" vom 13. Januar 20117) wurden die Regelungen zur Verlustbeteiligung von Additional Tier 1- und Tier 2-Instrumenten ergänzt. Diese Finanzinstrumente müssen demnach eine Verlustbeteiligung durch Herabsetzung des Nennwerts oder Konversion in Anteilsrechte vorsehen. Der Mechanismus greift, wenn das Institut andernfalls nicht eigenständig überlebensfähig wäre (sogenannter "point of non-viability").

Bilanzierung beim Emittenten Klassifikation gemäß IAS32: Die Klassifizierung eines Finanzinstruments als Eigenkapitalinstrument oder Schuldinstrument richtet sich nach IAS 32. Eigenkapitalinstrumente müssen die beiden Voraussetzungen des IAS 32.16, Buchstaben (a) und (b), kumulativ erfüllen. Nach IAS 32.16(a) darf der Vertrag über das Finanzinstrument keine Verpflichtung des Emittenten zu Leistungen aus dem Finanzinstrument (in Form finanzieller Mittel oder anderer finanzieller Vermögenswerte) oder zu Tauschgeschäften unter unvorteilhaften Bedingungen vorsehen.

Unbefristete Finanzinstrumente mit ermessensabhängiger Vergütung stellen insgesamt ein Eigenkapitalinstrument dar (IAS 32. AG26). Bei befristeten Finanzinstrumenten mit ermessensabhängiger Vergütung gilt dies für die Vergütungskomponente (IAS32. AG37). IAS32.16(b) behandelt Finanzinstrumente, die eine Erfüllung in eigenen Eigenkapitalinstrumenten vorsehen oder ermöglichen. Diese Finanzinstrumente sind selbst keine Eigenkapitalinstrumente, wenn sich die Erfüllung auf eine variable Anzahl an eigenen Eigenkapitalinstrumenten bezieht (IAS32.16(b)(i), IAS32.21).

Additional Tier1

Additional Tier1-Instrumente haben zwingend eine unbefristete Laufzeit. Es bestehen keine vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen auf das Nominal. Auch vertragliche Vereinbarungen, die indirekt eine Zahlungsverpflichtung begründen - beispielsweise in Form von step-up-Klauseln - sind nicht zulässig ("no step-ups or other incentives to redeem").8) Mögliche Kündigungsrechte des Emittenten, die Basel III zulässt,9) sind für die Eigenkapitalabgrenzung der IFRS unbeachtlich (IAS32. AG25).

Auch die Anforderungen an die Vergütung von Additional Tier 1 unterstützen den Eigenkapitalcharakter dieser Instrumente. Nach Basel III steht die Vergütung im jederzeitigen und vollständigen Ermessen des Instituts; dies gilt auch für mögliche Ersatzleistungen (payment in kind). In der Konsequenz sind auch vertragliche Anknüpfungen an Dividenden auf andere Finanzinstrumente (dividend pusher) nicht zulässig.10) Damit gehen die Baseler Anforderungen noch über die Voraussetzungen des IAS 32 hinaus: Denn das mit IAS 32.16(a) geforderte Ermessen des Emittenten bei Vergütungsentscheidungen gilt bereits dann als gegeben, wenn der Kupon durch eine (freiwillige) Ausschüttung auf Stammaktien ausgelöst wird.11)

Mitunter finden sich auch Vertragsgestaltungen, die den Investor für Sonderdividenden an Aktionäre kompensieren, beispielsweise durch Anpassung des Wandlungsverhältnisses.12) Derartige Gestaltungen haben wirtschaftlich den Charakter eines dividend pusher und sind demnach nicht Additional Tier1-konform.

Auch bei Ausschluss vertraglicher Leistungsverpflichtungen kann sich aus der Erwartungshaltung der Investoren eine faktische - Leistungspflicht des Instituts ableiten. Derartige außervertragliche faktische Verpflichtungen stehen nach IAS 32. AG26 der Eigenkapitaleigenschaft aber nicht entgegen.13)

Bedingte Wandlungspflicht

Basel III sieht auch die Möglichkeit einer Wandlung in Common Equity Tier 1 vor. Die Wandlung wird ausgelöst durch ein bestimmtes, aber ungewisses zukünftiges Ereignis (Eintritt des pre-specified trigger point14) oder infolge behördlicher Anordnung, wenn die Überlebensfähigkeit des Instituts in Frage steht15)); sie steht somit außerhalb des direkten Einflussbereichs der beiden Vertragsparteien.

Bilanziell sind Wandlungsrechte nach IAS 32.16(b) zu beurteilen. Dies betrifft auch bedingte Wandlungspflichten, die einem externen trigger unterliegen:16) Dem Wortlaut entsprechend ("... may be settled") ist alleine die Möglichkeit der Wandlung relevant; unerheblich ist, wodurch die Wandlung ausgelöst wird. Die bedingte Wandlungspflicht genügt der Eigenkapitaldefinition, wenn sie sich auf eine feste Anzahl eigener Eigenkapitalinstrumente bezieht (IAS32.16(b)(i)). Andernfalls liegt eine bedingte Erfüllungsvereinbarung im Sinne des IAS 32.25 vor, die grundsätzlich zur Klassifizierung als finanzielle Verbindlichkeit führt.17)

Basel III stellt keine expliziten Anforderungen an die Ausgestaltung des Wandlungsverhältnisses. Eine effektive Verlustteilnahme, wie gefordert ("must have principal loss absorption")18), setzt aber ein bei Vertragsabschluss fixiertes Wandlungsverhältnis voraus.19) Ein variables Wandlungsverhältnis würde wohl zudem mit Basel III, Rdn. 55, Punkt 13 ("The instrument cannot have any features that hinder recapitalisation ...") in Konflikt stehen. Die Anforderung des IAS 32.16(b)(i) dürfte somit erfüllt sein.

Schutzklauseln

In der Praxis finden sich bei wandlungsfähigen Finanzinstrumenten häufig Klauseln, die den Investor vor einer möglichen Verwässerung seines Wandlungsverhältnisses schützen. Dabei wird das Wandlungsverhältnis bei Kapitalmaßnahmen des Emittenten (beispielsweise Ausgabe neuer Aktien, Aktienrückkäufe) angepasst, um die ursprünglichen wirtschaftlichen Ansprüche des Investors nicht zu beeinträchtigen. Derartige Klauseln beeinträchtigen den Eigenkapitalcharakter nach IAS 32 i.d. R. nicht.20) Nach Basel III dürften die Klauseln aber schädlich sein: "The instrument cannot have any features that hinder recapitalisation, such as provisions that require the issuer to compensate investors if a new instrument is issued at a lower price during a specified time frame."21)

Der Anforderungskatalog an Additional Tier 1 ist somit grundsätzlich so gefasst, dass Instrumente, die diesen Anforderungen genügen, zugleich insgesamt die Eigenkapitaldefinition des IAS 32 erfüllen (nicht aber umgekehrt).

Tier 2

Basel III sieht für Tier 2-Instrumente weder eine ermessensabhängige Vergütung noch eine unbefristete Laufzeit vor. Die Kernanforderung des IAS 32.16(a) ("no contractual obligation to deliver cash or another financial asset") ist damit nicht erfüllt. Dem Emittenten steht es aber grundsätzlich frei, strengere Anforderungen zu formulieren, beispielsweise um eine Eigenkapitalklassifizierung einer Teilkomponente oder des Instruments insgesamt zu erreichen. Dann dürfte es sich aber häufig anbieten, die Vertragsbedingungen direkt so zu gestalten, dass ein Additional Tier 1-fähiges Instrument vorliegt.

Bewertung gemäß IFRS 9: Die Bewertungsfrage stellt sich beim Emittenten nur für Finanzinstrumente, die als finanzielle Verbindlichkeiten klassifiziert werden. Eigenkapitalinstrumente unterliegen nur zum Zeitpunkt der Emission einer Bewertung; eine Folgebewertung erfolgt nicht.22) Da Additional Tier 1-Instrumente insgesamt Eigenkapitalinstrumente verkörpern dürften, reduziert sich der Bewertungsfokus auf Instrumente des Tier2.

Die Bewertung finanzieller Verbindlichkeiten wurde durch IFRS 9 (i.d. F. vom Oktober 2010) neu geregelt. Das IASB hält dabei grundsätzlich an der aus IAS 39 bekannten Bewertungssystematik fest: Finanzielle Verbindlichkeiten sind grundsätzlich "at cost" zu bewerten; eine Fair-Value-Bewertung ist für Handelspassiva und bei Anwendung der Fair-Value-Option (IFRS9.4.2.2) vorgesehen (IFRS9.4.2.1).

Im Unterschied zu finanziellen Vermögenswerten führt das IASB auch die Regelungen des IAS 39.11 zur Abspaltung eingebetteter Derivate fort.23) Sind die Anforderungen des IFRS 9.4.3.3 erfüllt, ist das eingebettete Derivat vom Basisvertrag (host) zu trennen und als eigenständiges Derivat zu behandeln. Ein maßgebliches Kriterium ist dabei, ob die wirtschaftlichen Merkmale und Risiken des eingebetteten Derivats eng mit denjenigen des Basisvertrags verbunden (closely related) sind. IFRS 9 enthält hierzu in B4.3.5 und B4.3.8 den bereits aus IAS 39. AG30 und . AG33 bekannten Katalog an Beispielen.

Rückzahlungsoptionen

Bei Tier 2-Instrumenten können in diesem Zusammenhang insbesondere Emittentenkündigungsrechte (Option zur vorzeitigen Rückzahlung)24) relevant sein. Nach IFRS9. B4.3.5 (e) gelten eingebettete Rückzahlungsoptionen grundsätzlich als nicht eng verbunden. Ausgenommen sind allerdings Optionen, deren Ausübungspreis zu jedem möglichen Ausübungszeitpunkt annähernd den fortgeführten Anschaffungskosten des Basisinstruments entspricht.

Der für den Fall einer Kündigung vereinbarte Rückzahlungspreis entspricht bei Nachranganleihen üblicherweise dem Nennwert. Dieser dürfte im Regelfall auch fortlaufend den fortgeführten Anschaffungskosten entsprechen; das Kündigungsrecht des Emittenten gilt diesfalls als eng verbunden im Sinne des IFRS 9.4.3.3. Eine Abspaltung des Kündigungsrechts ist damit regelmäßig nicht erforderlich.

Die sich aus dem Baseler Papier zur Verlustteilnahme am "point of non-viability" ergebende mögliche bedingte Wandlungspflicht25) ist nicht gesondert vom Basisvertrag zu beurteilen. Dies dürfte bereits an der Definition eines Derivats nach IFRS 9, AppendixA, scheitern.26)

Keine Derivate sind demnach Verträge, deren Wert sich in Abhängigkeit von einer nicht-finanziellen Variablen ändert, die spezifisch für einen der Kontraktpartner ist. Der Standard definiert nicht, welche Größen als finanzielle beziehungsweise nicht-finanzielle Variablen zu verstehen sind. Strittig ist diese Abgrenzung beispielsweise für Klauseln, die an schuldnerspezifischen Kennzahlen anknüpfen.27) In der Praxis finden sich hierzu unterschiedliche Interpretationen.28)

Die Wandlungspflicht bei Tier2 wird ausgelöst durch behördlichen Entscheid auf Grundlage der Einschätzung, dass das Institut andernfalls nicht überlebensfähig (non-viable) wäre.29) Diese Einschätzung kann unterschiedliche Ursachen haben (Eintritt von finanziellen, operationellen oder Geschäftsrisiken) und ist in jedem Fall spezifisch für das jeweils betroffene Institut. Insbesondere ist es nicht möglich, den Wert der Wandlungsklausel auf einen spezifischen finanziellen Einflussfaktor zurückzuführen. Grundsätzlich dürfte es dem Emittenten damit möglich sein, Tier 2-Instrumente so zu gestalten, dass eine ganzheitliche Bilanzierung des Instruments zu fortgeführten Anschaffungskosten umsetzbar ist.

Bilanzierung bei Eintritt des Trigger

Events: Bei Eintritt des Trigger Events werden Additional Tier 1- und Tier 2-Instrumente entweder erfolgswirksam abgeschrieben oder in Common Equity gewandelt.30) Die Wandlung wird entsprechend den Regelungen für den Wandlungsvorgang bei Wandelschuldverschreibungen verbucht: Bei Eintritt des Wandlungsfalls wird der Buchwert der Fremdkapitalkomponente ins Eigenkapital übertragen. Dieser Vorgang ist erfolgsneutral (IAS32. AG32).31)

Tier2-Instrumente dürften häufig insgesamt Fremdkapital darstellen. Bei Wandlung wird der Buchwert des Instruments aus dem Fremdkapital in das Eigenkapital umgebucht. In Höhe des kumulierten Nennwerts der ausgegebenen Anteilsrechte erhöht sich dabei das Gezeichnete Kapital. Darüber hinausgehende Beträge werden in den Rücklagen erfasst.32) Mögliche Eigenkapitalkomponenten bei einer abweichenden Ausgestaltung des Tier 2 bleiben

bei Wandlung im Eigenkapital erhalten; eine Umgliederung innerhalb des Eigenkapitals ist allerdings möglich (IAS32. AG32).

In der Regel geht dem Auslösen des Trigger Events eine Verschlechterung der Bonität des Emittenten voraus. Bei Bewertung des Instruments zum Fair Value (Ausübung der Fair-Value-Option) kann der Buchwert der Verbindlichkeit daher auch kleiner sein als der kumulierte Nennwert der ausgegebenen Anteilsrechte. Die bonitätsbedingten Gewinne werden nach IFRS 9.5.7.7 im Other Comprehensive Income verbucht33) und in eine Neubewertungsrücklage eingestellt. Ein späteres "recycling" dieser Beträge in den Periodengewinn (profit or loss) ist nicht zulässig.

Allerdings dürfen die Beträge innerhalb des Eigenkapitals transferiert werden (IFRS 9. B5.7.9). Zum Ausgleich der Buchungsdifferenz zwischen eingebuchtem Nennwert der ausgegebenen Anteilsrechte und ausgebuchtem Buchwert der Verbindlichkeit ist diese Neubewertungsrücklage deshalb in entsprechender Höhe aufzulösen.

Additional Tier 1-Instrumente stellen insgesamt Eigenkapitalinstrumente dar. Die Wandlung führt demnach allenfalls zu einer Umgliederung innerhalb des Eigenkapitals.

Bilanzierung beim Investor (IFRS9)

Finanzielle Vermögenswerte werden nach den Regelungen des IFRS 9 grundsätzlich zu ihrem Fair Value bewertet. Eine Bewertung at cost erfolgt nur unter den folgenden Voraussetzungen (IFRS9.4.1.2):

- Das Geschäftsmodell des Investors ist auf die Vereinnahmung der vertraglichen Cash-Flows ausgerichtet ("held within a business model whose objective is to hold assets in order to collect contractual cashflows"); und

- Die vertraglichen Cash-Flows bestehen ausschließlich aus Zins- und Tilgungszahlungen auf den ausstehenden Nominalwert ("give rise to cash flows that are solely payments of principal and interest on the principal amount outstanding"; im Folgenden SPPI-Kriterium).

Die Beurteilung des SPPI-Kriteriums ist vor allem bei strukturierten Produkten von Bedeutung, da IFRS 9 für finanzielle Vermögenswerte keine Trennung des eingebetteten Derivats vom Basisinstrument mehr zulässt. Das Finanzinstrument ist damit gegebenenfalls in seiner Gesamtheit Gegenstand der Fair-Value-Bewertung.

Additional Tier 1-Instrumente sind zwingend zum Fair Value zu bewerten. Insbesondere sind folgende Anforderungen nicht mit einer Bewertung at cost vereinbar:34)

- Die Zahlung des Kupons steht im Ermessen des Emittenten.35) Dies ist nicht mit IFRS 9. B4.1.12 vereinbar, wonach Klauseln, die geeignet sind, Zeitpunkt oder Höhe der Zahlungsströme zu ändern, grundsätzlich unzulässig sind.

- Der Ausfall der Zinszahlung begründet keinen Zahlungsverzug ("must not be an event of default") des Emittenten.36) Damit ist IFRS 9. B4.1.19 ("debtor's non-payment is a breach of contract") nicht erfüllt.

- Zinsen dürfen nur ausbezahlt werden, soweit sie in den ausschüttungsfähigen Gewinnen gedeckt sind.37) Auch diese Klausel steht im Widerspruch zu IFRS 9. B4.1.12.

- Additional Tier 1 nimmt an laufenden Verlusten teil.38) Diese Verlustteilnahme kann durch eine Wandlung in Aktien oder durch eine Abschreibung des Nennwerts erreicht werden. Dies steht im Gegensatz zum SPPI-Kriterium.39) Da Additional Tier 1 insgesamt Eigenkapitalinstrumente im Sinne des IAS 32.16 darstellen dürften, kommt auch eine erfolgsneutrale Fair-Value-Bewertung in Betracht (IFRS9.5.7.5).40) Der Nachrang eines Finanzinstruments steht der Bewertung at cost nicht entgegen (IFRS 9. B4.1.19). Der Investor muss dabei auch für den Fall der Liquidation des Emittenten einen einklagbaren Zahlungsanspruch haben. Diese Voraussetzung kann hier erfüllt werden. Eine Kündigungsmöglichkeit des Emittenten ist nach IFRS 9. B4.1.10 zulässig, sofern sie nicht an zukünftige Ereignisse gebunden ist.41) Da IFRS9. B4.1.10(a) nur auf auslösende Ereignisse (ausgenommen sind beispielsweise tax events und regulatory events) abstellt, sind Bedingungen wie aufsichtliche Zustimmung zur Kündigung oder Ersatzbeschaffung unschädlich.

Wandlungsklauseln

Fraglich ist, welchen Einfluss die Mechanismen zur Verlustbeteiligung am "point of non-viability" auf die Bewertungsentscheidung haben. Grundsätzlich verhindern Wandlungsklauseln die Bewertung at cost.42) Dergleichen gilt für die Möglichkeit des write-off (Konflikt mit IFRS 9. B4.1.12). Möglicherweise könnten diese Klauseln aber "nicht echt" (not genuine) im Sinne des IFRS9. B4.1.18 sein. In diesem Fall würde die Klassifizierung des Finanzinstruments durch die Klauseln nicht beeinträchtigt.

Eine Klausel ist not genuine, "if it affects the instrument's contractual cash flows only in the occurrence of an event that is extremely rare, highly abnormal and very unlikely to occur" (IFRS 9. B4.1.18). Diese Definition greift die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts auf: extreme seltene, ungewöhnliche und sehr unwahrscheinliche Ereignisse beeinträchtigen SPPI nicht.

Der Entstehungskontext der gleichlautenden Definition des IAS 32.25 i. V.m. IAS 32. AG28 - der die "not genuine"-Bedingung in Zusammenhang mit bedingten Erfüllungsvereinbarungen bei der Abgrenzung von Eigenkapital und Schulden verwendet - lässt auf einen sehr restriktiven Anwendungsbereich der Klausel schließen.43) In der Literatur wird eine "nicht echte" Klausel dabei häufig als Klausel ohne wirtschaftliche Substanz ("[no] commercial substance"44); "no real economic purpose"45)) verstanden.

Dies dürfte für die Tier 2-Klausel zur Verlustbeteiligung im Regelfall nicht zutreffen. Die mögliche Verlustbeteiligung ist für den Investor zwar ein recht unwahrscheinliches, aber dennoch nicht völlig unrealistisches Szenario, das er - je nach Bonität der Bank - in seinen Renditeerwartungen berücksichtigen wird. Tier 2-Instrumente werden demnach in der Regel zum Fair Value zu bewerten sein.

Ausstrahlung auf andere Branchen

Mit den Neuregelungen durch Basel III ändern sich die Anforderungen an die Anrechnung von Finanzinstrumenten als Tier1 und Tier2. Banken werden bei Emissionen im Hinblick auf eine zukünftige Anrechenbarkeit bestrebt sein, diesen Anforderungen zu genügen. Da bankenaufsichtsrechtlich typisierte Finanzinstrumente auch als Vorbild für Emissionsbedingungen in anderen Branchen dienen, dürfte derartigen Emissionen zukünftig erhebliche Bedeutung am Kapitalmarkt zukommen.

Bilanziell sind diese Neuerungen insofern von Interesse, als die Merkmale eines Finanzinstruments sowohl für den Ansatz des Finanzinstruments beim Emittenten (Eigenkapital oder Fremdkapital) entscheidend sind, als auch - nach dem neuen IFRS 9 - auf die Bewertung beim Emittenten und Investor ausstrahlen.

Additional Tier 1-Instrumente dürften aufgrund der umfassenden qualitativen Mindestanforderungen von Basel III insgesamt Eigenkapitalinstrumente darstellen und damit beim Emittenten als Eigenkapital auszuweisen sein. Der Investor muss diese Instrumente nach den Vorgaben des neuen IFRS 9 zwingend zum Fair Value bewerten; dabei kommt allerdings auch eine erfolgsneutrale Fair-Value-Bewertung in Betracht.

Nachranganleihen (Tier 2) stellen für den Emittenten in der Regel insgesamt Fremdkapital dar. Bei über die Mindestvorgaben von Basel III hinausgehenden Emissionsbedingungen kann aber auch eine Abspaltung von Eigenkapitalkomponenten erforderlich werden. Im Rahmen der Bewertung des Fremdkapitalanteils dürfte eine ganzheitliche Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten darstellbar sein.

Beim Investor hemmt der Nachrang alleine noch nicht die mögliche Bewertung at cost. Problematisch dürfte sich aber die bedingte Wandlungs- oder Wertminderungspflicht am "point of non-viability" auswirken. Im Regelfall werden Nachranganleihen aufseiten des Investors deshalb zum Fair Value zu bewerten sein.

Der Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider.
Fußnoten

1) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision, Basel III: A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems, Dezember 2010, abrufbar unter www.bis.org, in der Folge "Basel III".

2)Vgl. IFRS 9.7.1.1.

3) Vgl. Basel III, Rdn. 9. Drittrangmittel (bisheriges Tier 3) sind nicht mehr anrechenbar.

4) Vgl. Basel III, Rdn. 49.

5) Vgl. zum Folgenden Basel III, Rdn. 55.

6)) Vgl. hierzu und zum Folgenden Basel III, Rdn. 58.

7) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision (BCBS), Minimum requirements to ensure loss absorbency at the point of non-viability, Januar 2011, abrufbar unter www.bis.org.

8) Basel III, Rdn. 55, Punkt 4.

9) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 5.

10) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 7.

11) Vgl. beispielsweise Deloitte, iGAAP 2011, S. 882; Schaber/Isert, BB 2006, S. 2402; Kraft, ZGR 2008, S.353.

12) Vgl. beispielsweise Deloitte, iGAAP 2011, S. 904.

13) Auch Grünberger, KoR 2009, S. 701f.

14) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 11.

15) Vgl. BCBS (Fn. 7), Rdn. 1.

16) Vgl. auch Deloitte, iGAAP 2011, S. 908 f; Isert/Schaber, BB 2005, S. 2291.

17) Hierzu beispielsweise Isert/Schaber, KoR 2005, S. 362 f.

18)Basel III, Rdn. 55, Punkt 11.

19) Wird nur der Gegenwert des Nennwerts in eigenen Aktien abgegolten, tragen die Investoren kein Verlustrisiko. Vgl. auch Grünberger, KoR 2009, S.698.

20) Vgl. hierzu im Einzelnen IDW RS HFA 9, Rdn. 34ff; Deloitte, iGAAP 2011, S. 903f; KPMG, Eigenkapital versus Fremdkapital nach IFRS, 2006, S. 128.

21) Basel III, Rdn. 55, Punkt 13.

22) Vgl. IDW RS HFA 9, Rdn. 7.

23) Vgl. IFRS 9. IN7; IFRS 9.4.3.1.

24) Vgl. Basel III, Rdn. 58, Punkt 5.

25) Vgl. BCBS (Fn. 7), Rdn. 1.

26) Eine Voraussetzung für die Abspaltung ist nach IFRS 9.4.3.3(b), dass das eingebettete Derivat die Definition eines Derivats erfüllt.

27) Vgl. beispielsweise Ernst & Young, International GAAP 2011, S. 2036f; Schaber et al., Handbuch strukturierte Finanzinstrumente, 2. Aufl. 2010, S.307.

28) Vgl. die Praxisbeispiele in Ernst & Young, International GAAP 2011, S. 2036f.

29) Vgl. BCBS (Fn. 7), Rdn. 4.

30) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 11 bzw. BCBS (Fn. 7), Rdn. 1.

31) Vgl. auch Deloitte, iGAAP, 2011, S. 890; KPMG, Insights into IFRS, 6th Edition 2009/10, S. 700.

32) Mit einem Buchungsbeispiel Christian, PiR 2008, S. 83.

33) Vgl. hierzu beispielsweise Grünberger/Sopp, PiR 2010, S.279ff; Wiechens/Kropp, KoR 2010, S. 544ff; KPMG, First Impressions: Additions to IFRS 9 Financial Instruments, S. 9ff.

34) Vgl. auch Grünberger/Sopp, in Bertl et al. (Hrsg.), Bewertung in volatilen Zeiten, 2010, S. 35.

35) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 7.

36) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 7 Buchst. b.

37) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 8.

38) Vgl. Basel III, Rdn. 55, Punkt 11.

39)Vgl. hierzu IFRS 9. B4.1.14, Instrument E.

40) Zu diesem Kontext auch Grünberger, KoR 2009, S. 704.

41)Vgl. IFRS 9. B4.1.10(a).

42)Vgl. IFRS 9. B4.1.14, Instrument E.

43) Hierzu IDW RS HFA 9, Rdn. 19; Ernst & Young, International GAAP 2011, S. 2120f; Küting/Erdmann/Dürr, DB 2008, S. 943.

44) Deloitte, iGAAP 2011, S. 880.

45) Ernst & Young, International GAAP 2011, S. 2121.

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