Gespräch des Tages

Firmenkunden - Mittelstand scheut Investitionen

Dem deutschen Mittelstand geht es gut. Die Eigenkapitalquoten steigen seit Jahren, die Verschuldung geht zurück, Liquidität ist in den Unternehmen reichlich vorhanden. Diese Ausgangssituation nimmt die Commerzbank in diesem Jahr in ihrer zum 14. Mal durchgeführten Mittelstandsstudie zum Anlass, das Thema Investitionen in den Mittelpunkt zu stellen. Ganz uneigennützig wurde die Themenstellung (zu Recht) sicherlich auch nicht gewählt, denn ein Erkenntnisgewinn über Investitionen und Fremdfinanzierung von mittelständischen Firmen sollte dem Kerngeschäft der Bank, der Kreditvergabe, durchaus nützen. Gefragt wird also in der Studie, ob eine Zeit der guten wirtschaftlichen Verfassung von den Firmen dazu genutzt wird, den Kern für zukünftiges Wachstum zu legen oder ob sie nur Ertrag ernten. Die Antwort auf diese Frage fällt eindeutig aus: Aktuell wiegt die "Vorsicht" bei den meisten deutschen Mittelständlern schwerer als die "Vision".

Das sehen die Unternehmer aber ganz anders. Die Diskrepanz zwischen den Einschätzungen aus rund 4 000 Firmen und denen der zusätzlich befragten 73 Volkswirte wird alleine an der Frage deutlich, ob die Investitionstätigkeit der Unternehmen ausreichend ist. Bei Ausgaben für das Wachstum (beziehungsweise für den Erhalt der Substanz) sind 73 Prozent (beziehungsweise 75 Prozent) der Firmen der Ansicht, dass getan wird, was sinnvoll und notwendig ist. Die Ökonomen glauben das hingegen nur zu 32 Prozent (beziehungsweise 39 Prozent). Was für den Einzelnen gut und richtig ist, mag eben nicht immer eine positive Wirkung auf das große Ganze haben. Immerhin ist aber ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Die grundsätzliche Bereitschaft, langfristigere Entscheidungen zu treffen, ist bei den Unternehmen seit 2012 deutlich angestiegen. 53 Prozent aller Mittelständler planen wieder langfristig, vor zwei Jahren waren es lediglich 37 Prozent.

Unsichere wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen werden von ihnen als Investitionshindernisse genannt, und auch der Fachkräftemangel lässt die Unternehmer zögern, ihr Geld in den Substanzerhalt der Unternehmen beziehungsweise in Wachstumsinitiativen zu stecken. Die Finanzierungsbedingungen hingegen sind nicht das Problem: Nur 17 Prozent der Befragten sehen bei der Planung und Durchführung von Investitionen Finanzierungsprobleme, 15 Prozent fehlt ausreichendes Eigenkapital. Insgesamt ist die Fremdfinanzierung äußerst unbeliebt: 66 Prozent der Mittelständler wollen Investitionen möglichst ohne Fremdkapital von Banken und Sparkassen tätigen. Das wiederum, den völligen Verzicht auf fremdes Kapital, finden nur sieben Prozent der Ökonomen sinnvoll.

Von Markus Beumer, dem für die Mittelstandsbank in der Commerzbank zuständigen Vorstandsmitglied, wird die "gesunde Vorsicht" der Unternehmer als Form der Nachhaltigkeit hervorgehoben. Sie hängt in seinen Augen auch mit ihrem Willen nach Unabhängigkeit zusammen. Er plädiert dafür, dass sich eigene und fremde Mittel bei Investitionen "die Waage halten". Dass Beumer an dieser Stelle die Zeit für eine Trendumkehr gekommen sieht, mag freilich auch im Interesse der Bank liegen. Immerhin 50 Prozent ihrer Erträge erwirtschaftet die Mittelstandsbank im Kreditgeschäft, und hier ist die Nachfrage nach Krediten eher gering. Das stellt die Bank vor ein Dilemma. Laut der Studie wünschen sich Mittelständler einen Partner, der sie zu Investitionen motiviert und Impulse setzt. Zugleich rechnen sie aber nicht damit, dabei von den Kreditinstituten unabhängig beraten zu werden.

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