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Freiburger Schlossberg

Sind die Trauben eingebracht, setzt sich die Handarbeit im Weinkeller fort. Die Rotweintrauben werden hier zuvor entrappt und die offene Maischegärung eingeleitet. Die offene Maischegärung in traditionellen Holzbottichen - anderswo als außergewöhnlich hervorgehoben - ist hier wie eh und je eine Selbstverständlichkeit. Die langen Maischestandzeiten sprechen für die konsequent selektierte Traubenqualität. Der Most entwickelt sich langsam zum Jungwein, um dann - in Holzfässern ausgebaut - mit viel Ruhe zu einem langlebigen Prädikatswein zu reifen. Andere Winzer belächeln dieses Vorgehen gerne als Low-Tech-Methode.

Einer dieser langlebigen Spitzenweine ist der 2003er Freiburger Schlossberg Spätburgunder Spätlese trocken Erste Lage. Das dunkle Rubinrot des Spätburgunders, seine zarten Kakao- und Kaffeetöne und der sehr lang anhaltende Nachhall mit der intensiven Kirschfrucht verraten einen Wein der Spitzenklasse. Mit gutem Grund hat ihn Stigler zwei Jahre im großen Holzfass reifen lassen.

Die Herkunft der Trauben aus der Spitzenlage Freiburger Schlossberg ist die Basis für die Größe dieses Rotweins. Der heute zum größten Teil bewaldete Schlossberg befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Freiburg im Breisgau. Im Laufe der Jahrhunderte war der Schlossberg immer wieder Kriegsschauplatz. Die Kontrolle der Festung spielte eine zentrale Rolle für die verschiedenen Herrschaftshäuser. Jahrzehntelang unter Trümmern begraben, wurden die Überreste der alten Bastionen und der Burg für einen wirklich zivilen Zweck verwendet: als Weinbergsmauern. Noch heute stützen diese Trockenmauern die kleinen Terrassen der schroff abfallenden Reblage mit bis zu 70 Prozent Gefälle. Der Boden besteht aus Gneisverwitterungsgestein, seine Oberfläche aus gebleichtem, zerriebenem Gneismaterial mit schwarzen Einschlüssen und Metatexit-Bruchsteinen des Kaiserstuhlvulkanismus. Er versorgt die Reben mit charakteristischen Nährstoffen.

Die Südostausrichtung des Freiburger Schlossbergs gewährt eine geschützte Sonnenlage. Im Vergleich zum zwanzig Kilometer entfernten Kaiserstuhl fallen hier fast doppelt so hohe Jahresniederschläge. Eine weitere Besonderheit ist ein Fallwind namens "Höllentäler", ein kühler vom Schwarzwald durch das nach Osten sich öffnende Höllental wehender Wind, der jeden Abend durch Freiburg zieht und Einfluss auf das städtische Klima nimmt.

Viele Wissenschaftler behaupten, dass er für die lauen Sommernächte verantwortlich ist. Zugleich hat diese Thermik einen überaus positiven Einfluss auf die Reifeentwicklung der Reben am Schlossberg. Das Zusammenspiel dieser komplexen Bedingungen lässt auf den sechs Hektar großen Spitzenlagen des Weinguts Stigler selbst in weniger guten Jahren fast ausschließlich Trauben für Prädikatsweine gedeihen.

Weintipp aus dem Buch: 100 Meisterwerke des Weines - Deutschland

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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