Gespräch des Tages

Geldwäsche - Nebenfahnder Finanzwirtschaft

Wenn Experten ihre Fachthemen diskutieren, wird es für Außenstehende allein schon deshalb schwierig, die Sachverhalte in all ihrem Pro und Contra zu durchdringen, weil es einfach an Überblick über die einschlägigen Rahmenbedingungen fehlt. Wenn dazu noch gehäuft Abkürzungen verwendet werden, kompliziert das die Dinge noch mehr. Solche Grundmuster von Herrschaftswissen gibt es bekanntlich nicht nur im Bereich der Technik und der Naturwissenschaften, sondern auch in der Finanzwirtschaft. Die Kürzel für Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), Capital Requirements Directive (CRD), Single Euro Payments Area, (Sepa), Credit Default Swaps (CDS) oder selbst Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), um Beispiele aus ganz unterschiedlichen Bereichen zu nennen, werden auch in dieser Zeitschrift ohne weitere Erläuterungen gebraucht und vorausgesetzt.

Im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben BaFin und Bundeskriminalamt (BKA) Anfang September mit weiteren Kürzeln operiert, die zumindest in der interessierten Öffentlichkeit bislang wenig bekannt sind. Der gesetzlichen Grundlage des Geldwäschegesetzes (GwG) sind die Institute dabei in den vergangenen Jahren durchaus häufiger begegnet. Doch die Strukturen zur Verfolgung beziehungsweise statistischen Erfassung und Aufarbeitung dieser Dinge führen zu weniger beachteten Institutionen. Da ist zum einen die beim Bundeskriminalamt ansässige sogenannte Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland als Zentralstelle für (Geldwäsche-) Verdachtsanzeigen. Ihr obliegt es unter anderem, das Umfeld und dessen Veränderungen mit möglichen Auswirkungen auf die Deliktbereiche Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu beobachten und zu analysieren - nicht zuletzt in ihren Jahresberichten. Auf globaler Ebene ist darüber hinaus die bei der OECD angesiedelte Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) unterwegs. Mit ihren 33 Mitgliedsländern gilt sie weltweit als das wichtigste Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Sie hat dazu 40 Standards aufgestellt und überwacht deren Umsetzung in den mehr als 130 Ländern, die diese Verhaltensregeln und Maßstäbe verbindlich anerkennen. Dem BKA hat sie dabei zuletzt die zweithöchste Bewertung für seine FIU bescheinigt.

Laut Jahresbericht 2009 der FIU Deutschland wurden in der Berichtsperiode insgesamt 9046 (7349) Verdachtsanzeigen nach dem GwG gemeldet - eine Steigerung um 23 Prozent. Die Zunahme wird zum Großteil darauf zurückgeführt, dass die Zahl der Anzeigen im Zusammenhang mit "Finanzagenten" im Jahr 2009 auf 2394 (971) gestiegen ist. Bei Finanzagenten handelt es sich laut BKA um Personen, die angeworben werden, um ihr Privatkonto für Geld-wäsche-Transaktionen zur Verfügung zu stellen und die Beträge - regelmäßig gegen Provision - ins Ausland an Hinterleute oder zur weiteren Verschleierung von Zahlungsvorgängen an andere Finanzagenten weiterzuleiten. Dem Bericht zufolge konnte 2009 bei etwa der Hälfte der Verdachtsanzeigen (46 Prozent) der Verdacht einer Straftat erhärtet werden, 63 Prozent enthielten Hinweise auf Betrugsdelikte, sieben Prozent auf Urkundenfälschung sowie jeweils fünf Prozent auf Insolvenz- und Steuerdelikte. Über vier Prozent der Verfahren der Organisierten Kriminalität (OK) - das sind 25 von insgesamt 579 OK-Verfahren im Jahr 2009 - wurden durch entsprechende Geldwäsche-Verdachtsanzeigen ausgelöst. In 98 Verdachtsanzeigen waren Hinweise auf mögliche Terrorismusfinanzierung enthalten. Rückschlüsse auf die wichtigsten Deliktbereiche gibt das Monitoring der Verdachtsanzeigen. Es nennt unter anderem Financial Agents, Elektronische Zahlungssysteme, Goldhandel, Korrespondenzbankgeschäfte, kommerzielle Webseiten, Bargeldabwicklungen, internationale Handelstransaktionen, Handel mit CO2-Emissionszertifikaten sowie Handeltreibende aus der gewerblichen Wirtschaft.

Ein Lob gab es übrigens für die deutsche Finanzwirtschaft. Deren Systeme zur Geldwäschebekämpfung hält BaFin-Präsident Jochen Sanio nach einigen Jahren der Übungsphase für durchaus auf dem aktuellen Stand. Und auch das BKA bedankt sich in seinem Jahresbericht artig für die "hohe und noch zunehmende Sensibilität bei vielen Verpflichteten des GwG für Sachverhalte mit möglichen Verdachtsmomenten für Geldwäsche oder für die Finanzierung des Terrorismus." Dass sich der finanzielle und organisatorische Aufwand für die Finanzbranche künftig vermindern wird, sollte aus solchem Lob freilich nicht gefolgert werden. Denn BKA-Präsident Jörg Ziercke wie auch Jochen Sanio bescheinigen der Geldwäscheszene eine hohe Innovationskraft. Es bleibt beim gewohnten Spiel zwischen Hase und Igel und anhaltendem Investitionsaufwand für die Überwachung.

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