Gespräch des Tages

Geldwäsche - Sonderprüfung aus Mangel an Mängeln

Die bloßen Zahlen klingen zunächst einmal alarmierend: Die Anzahl der Verdachtsanzeigen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) ist 2011 um 17 Prozent auf 12 868 gestiegen und hat damit den höchsten Stand seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1993 erreicht. Und die in den ersten sechs Monaten dieses Jahres eingegangenen 6 798 Verdachtsanzeigen lassen für 2012 keine Besserung erwarten. Bei knapp der Hälfte der Anzeigen erhärtete sich nach Prüfung des Sachverhaltes durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Verdacht einer Straftat. Als Grund für die Zunahme der Verdachtsanzeigen verweist der Jahresbericht der Financial Intelligence Unit (FIU) beim Bundeskriminalamt auf die sogenannten Financial Agents: Gegenüber dem Vorjahr war das Anzeigenaufkommen in diesem Bereich in 2011 um 29 Prozent auf 3 086 Stück gestiegen. Finanzagenten stellen ihre privaten Girokonten für Geldwäsche zur Verfügung, um dort eingehende Beträge gegen eine Provision an andere Personen im Ausland oder andere Finanzagenten weiterzuleiten.

Trotz dieser Entwicklungen wollten das Bundeskriminalamt und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) anlässlich der gemeinsamen Vorstellung des FIU-Jahresberichts nicht pauschal von einem deutlichen Anstieg der Geldwäsche sprechen. Zum einen wurden nicht bei allen Verdachtsanzeigen Ermittlungsverfahren eingeleitet, und zum anderen handelte es sich bei 93 Prozent der insgesamt 7 681 staatsanwaltschaftlichen Rückmeldungen um Einstellungsverfügungen. Ohnehin erscheine es angesichts der hohen Dunkelziffer in diesem Bereich der Schattenwirtschaft aussichtslos, exakte und zuverlässige Aussagen über das tatsächliche Ausmaß der Geldwäsche zu treffen.

Darüber hinaus gewinnt die BaFin-Exekutivdirektorin Gabriele Hahn der erneut gestiegenen Anzahl von Verdachtsanzeigen auch durchaus positive Seiten ab. Da 91 Prozent der Verdachtsanzeigen von Instituten und Unternehmen stammten, die von der BaFin beaufsichtigt würden, belegten diese Zahlen eindrucksvoll, dass Gesetze nur dann funktionieren, wenn ihre Umsetzung und Einhaltung von einer kompetenten Behörde effektiv überwacht werden. Zumindest auffällig ist in diesem Zusammenhang ihrer Ansicht nach allerdings die hohe Quote mängelfreier Prüfungsberichte bei den Sparkassen und Kreditgenossenschaften. Bei den meisten Häusern dieser Institutsgruppen wiesen die jährlichen Prüfungsberichte keinerlei Beanstandungen nach dem Geldwäschegesetz aus: 87 Prozent der Testate im Sparkassenlager waren 2011 hinsichtlich der Geldwäscheanforderungen ohne Mängel gewesen, bei Volks- und Raiffeisenbanken sogar 93 Prozent. Mithilfe von Sonderprüfungen "im niedrigen zweistelligen Bereich" will die BaFin nun feststellen, ob die Prüfungsverbände ihren Mitgliedsinstituten nicht streng genug auf die Finger schauen.

Die beiden nun derart unter Generalverdacht stehenden Institutsgruppen reagieren mit Unverständnis auf die Ermahnungen. Der Genossenschaftsverband (Neu-Isenburg/Hannover) etwa hält die von der BaFin vorgelegten Zahlen für wenig transparent. Ohnehin habe niemand von der Aufsicht versucht, mit dem Prüfverband über den Sachverhalt zu sprechen beziehungsweise diesen zu validieren. Darüber hinaus verwundere es kaum, wenn aus dem Genossenschaftssektor wenig Verdachtsanzeigen kämen, denn schließlich machten die Volksbanken und Raiffeisenbanken Geschäfte mit Menschen, die sie kennen. Bewegungen größerer Beträge im Zuge von Geldwäschetransaktionen würden somit leichter auffallen. Das sei natürlich auch denen bewusst, die solche Transaktionen planen. Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen verweist in dieser Angelegenheit ebenfalls auf das Geschäftsmodell der Institute. Kunden, die auf die schiefe Bahn gerieten, seien doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie zwecks Geldwäsche zu ihrer langjährigen Hausbank gingen. Aus diesem Grunde sehen die Prüfungsverbände den angedrohten Sonderprüfungen auch mit einer gewissen Gelassenheit entgegen. Ärgerlich sind die angekündigten Überprüfungen durch die BaFin jedoch allemal, rücken sie doch die beiden Institutsgruppen insgesamt in ein schlechtes Licht.

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