Gespräch des Tages

Genossenschaftsorganisation - Zentrales Research?

Fast demonstrativ haben DZ Bank und WGZ Bank nach der im vergangenen Jahr bekanntlich zum wiederholten Male gescheiterten Fusion eine konstruktive Zusammenarbeit angekündigt und sich bei offiziellen Statements im Wesentlichen auch dazu bekannt. Trotz beiderseitiger Friedensbekundungen werden aber - sehr zur Freude der Medien - im alltäglichen Geschäftsgebaren immer mal wieder die bekannten Zankereien und Nickeligkeiten ausgetauscht. In diesem Sinne gab es im vergangenen Monat wieder einmal Anlass zum Schmunzeln. Die DZ hatte für den 14. November eine Pressekonferenz angekündigt, um die Ergebnisse einer aktuellen Studie zur Lage im deutschen Mittelstand vorzustellen. Und just eine Woche vor dem gesetzten Termin, am 7. November, kam ihr die WGZ mit einer Meldung zuvor, in der sie auf die Resultate einer Umfrage zum gleichen Thema verwies, die bereits im Oktober veröffentlicht wurde. Am 12. November folgte aus Düsseldorf dann eine weitere Nachricht mit detaillierten Studienergebnissen in der Mittelstandsfinanzierung.

Nun könnte man diese Übungen auf den ersten Blick als Musterbeispiel für Selbstinszenierung und als klaren Hinweis auf Synergiepotenziale im Verbundresearch sehen. Doch in ihren Publikationen kommen die Forschungsteams von DZ und WGZ zu unterschiedlichen Ergebnissen oder interpretieren die Lage zumindest verschieden. Während die WGZ ihre Meldung mit der Headline "Stimmung im Mittelstand leicht eingetrübt" aufmachte, titelte die DZ Bank mit "Anhaltend starke Konjunktur im Mittelstand". Bei der WGZ hält man den seit 2003 bestehenden Aufwärtstrend fürs Erste für gestoppt. Einen erfreulichen Geschäftsverlauf nehmen lediglich 44 Prozent der befragten Unternehmen im Rheinland und in Westfalen wahr, das sind zehn Prozentpunkte weniger als bei der Umfrage im Frühjahr. Dafür melden mehr Teilnehmer (16 Prozent) eine Verschlechterung. Die Erwartungen hingegen sind optimistischer: 36 Prozent der Unternehmen gehen von einer Zunahme ihrer Geschäfte aus, sieben Prozent erwarten eine schwächere Entwicklung.

Die Konjunktur im Mittelstand verbessere sich seit drei Jahren kontinuierlich, verlautet hingegen aus der DZ Bank: 85 Prozent aller befragten Firmen beurteilen aktuell die Geschäftslage als sehr gut oder gut. Vor einem halben Jahr waren es 84 Prozent. Derzeit erwarten aber nur noch rund 43 Prozent der Unternehmen, dass sich die Lage noch weiter verbessert, gegenüber 49 Prozent, die das im Frühjahr dieses Jahres annahmen. In Anbetracht der schon seit Jahren so gut eingestuften Stimmung im Mittelstand und unter dem negativen Einfluss der US-Immobilienkrise wertet die DZ Bank diese Ergebnisse als absolut positiv.

Sollte man die verbundeigene Forschung also zusammenlegen, um solche Irritationen in der Marktbeurteilung zu vermeiden? Die Kooperation ließe sich in wenigen Bereichen leichter realisieren und demonstrieren als im Research. Doch darf man sich fragen, inwieweit eine Zusammenarbeit überhaupt sinnvoll ist in Anbetracht dieser Ergebnisse. Dass sich die wirtschaftliche Lage im Rheinland und in Westfalen so viel schlechter darstellt als im Rest der Republik, bleibt schwer vorstellbar. Doch Zahlen und bloße Umfrageergebnisse lassen eben Raum für Interpretationen. Für den Verbund scheint es also durchaus überlegenswert zu sein, sich weiterhin zwei Teams zu leisten, die miteinander um die validesten Marktforschungsergebnisse konkurrieren. Kommen beide zu einem übereinstimmenden Ergebnis, kann man sich der Einschätzung relativ sicher sein. Weichen die Deutungen stark voneinander ab, ist Vorsicht geboten.

Solch eine Erkenntnis am Beispiel Research stärkt sicherlich jene Kräfte im Genossenschaftsverbund, die auch auf anderen Feldern bis hin zur Produktpolitik ein wenig gruppeninternen Wettbewerb für durchaus vertretbar halten, um in den eigenen Anstrengungen nicht nachzulassen und im edlen Wettstreit mit Freunden in der eigenen Gruppe zu der insgesamt besten Lösung zu finden. Ob das freilich auch im Hinblick auf die verursachten Kosten vertretbar ist? Muss es tatsächlich immer die Konkurrenz aus dem eigenen Verbund sein, die die Geschäfte belebt?

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