Gespräch des Tages

Großbanken - Die Deutsche Bank ist wieder da

Michael Schumacher im Mercedes-Cockpit, Robbie Williams auf der Bühne, Mickey Rourke vor der Kamera, Justine Henin und Kim Clijsters auf dem Tenniscourt. 2009 war zweifelsfrei das Jahr der Comebacks. Auch für die Deutsche Bank, die sich nach einer ordentlichen Klatsche 2008 mit einem Gewinn nach Steuern von fünf Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr eindrucksvoll im Kreise der großen, erfolgreichen Banken dieser Welt zurückmeldet. Gesamterträge in Höhe von rund 28 Milliarden Euro, eine Reduzierung der Bilanzsumme um 700 Milliarden Euro, um 40 Milliarden Euro gesunkene risikogewichtete Aktiva und eine Leverage Ratio nach US-GAAP von 23 Prozent, eine Tier-1-Kapitalquote von 12,6 Prozent. All das spricht für gutes Wirtschaften in anspruchsvollen Zeiten.

Ergebnistreiber war wie so oft das von Anshu Jain geführte Investmentbanking. Allein 12,5 Milliarden Euro der insgesamt knapp 28 Milliarden Euro an Erträgen stammen aus dem Bereich Global Markets, also dem Handel und Verkauf von Wertpapieren, die gesamte Sparte Corporate Banking & Securities erwirtschaftete im abgelaufenen Jahr 58 Prozent der Erträge und 67 Prozent des Gewinns vor Steuern der Gesamtbank. Diese Dominanz des Investmentbanking vermag nicht wirklich zu überraschen: Die Märkte liefen gut, und die Deutsche hat bereits in der Vergangenheit wiederholt bewiesen, dass sie in der Lage ist, Marktchancen auszunutzen.

Erstaunlicher ist der Einbruch des Privatkundengeschäfts. In einem Jahr, in dem die Zinsstrukturkurve gute Zinsergebnisse zuließ, die Kunden dafür aus Vorsicht aber nicht mit Wertpapieren oder Fonds handelten, ging das Ergebnis im Segment Private & Business Clients um 52 Prozent auf 458 Millionen Euro zurück, die Erträge sanken lediglich um drei Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Zu berücksichtigen sind Abfindungszahlungen in Höhe von 250 (! ) Millionen Euro sowie Einsparungen, die zwar 2009 verbucht, aber erst 2010 wirksam werden. Da weder das Asset Management noch das Private Wealth Management, das wieder schwarze Zahlen schreibt, diesen Rückgang kompensieren konnte, ist die Bank weit von einem Ausgleich des volatilen Kapitalmarktgeschäfts durch die stabilen Geschäftsbereiche entfernt. Hier wird viel auf eine Integration mit Maß der Neuerwerbungen Sal. Oppenheim und Postbank ankommen, denn lange nicht jeder von deren Kunden liebt die Deutsche Bank.

Und es stehen auch noch einige andere Fragezeichen hinter dem eindrucksvollen Turn-Around. Zum einen profitierte Deutschlands Branchenprimus von Steuergutschriften auf der Auflösung latenter Steuern in den USA, sodass unter dem Strich lediglich 200 Millionen Euro Steuern im Konzern abzuführen waren. Hinzu kommen erhebliche Zuschreibungen im Wertpapierbereich, allein die Position "Ergebnis aus zum Fair Value bewerteten Vermögensgegenständen/Verpflichtungen" weist einen positiven Saldo in Höhe von über sieben Milliarden Euro aus. Und drittens schließlich wird abzuwarten sein, wie sich die neuen Regelungen des Baseler Ausschusses auf die Deutsche Bank auswirken werden. Konzernchef Josef Ackermann gibt sich zwar betont gelassen, doch allein die mögliche Unterlegung des Handelsbuchs mit Eigenkapital würde einen Kapitalbedarf in Milliardenhöhe auf die Bank zukommen lassen.

Zwar hat die Frankfurter Großbank schon an vielen Stellen auf weitere möglichen Anforderungen reagiert - in Sachen Eigenhandel, Eigenkapitalquoten oder Leverage Ratio kommt sie dem geforderten wohl schon recht nahe - doch ist der Abschluss 2009 ganz klar ein Abschluss "vor Basel III". Denn, so Ackermann, man könne nicht verbuchen, was noch nicht eindeutig klar sei. Trotz all dieser Fragezeichen sind die überwiegenden Herabstufungen durch die Analysten nicht wirklich verständlich. Es wird auch weiterhin Marktchancen geben, die die Investmentbanker nutzen können und das Aufholpotenzial im Retailgeschäft, dem Asset Management und dem Private Wealth Management ist trotz drohender Rezession durchaus gegeben. Die Deutsche Bank ist keine Einlagen-, sondern eine Anlagebank, und wenn die Kunden wieder handeln, spürt sie das direkt. Der Branchenprimus ist also noch lange nicht da angekommen, wo ihn findige Marketingleute auf den völlig überraschend bundesweit und flächendeckend geschalteten Anzeigen gerne sehen - nämlich auf dem Gipfel.

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