Aufsätze

Infrastruktur - die Entwicklung einer Assetklasse

Der Anstieg der Staatsverschuldung infolge knapper finanzieller Ressourcen bei gleichzeitig anstehenden Infrastrukturinvestitionen veranlasste staatliche Körperschaften schon vor Jahren, nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Lange Zeit wurde dabei vor allem das Konzept der Public Private Partnership favorisiert. Öffentliche Hand und privatrechtlich organisierte Unternehmen beschließen dabei, für bestimmte Aufgaben die notwendigen Ressourcen (Fachwissen, Kapital und Personal) in ein gemeinsames Projekt einzubringen und die Aufgaben entsprechend den besonderen Fähigkeiten der Partner zu verteilen.

Finanzierung breiter verteilen

Grundsätzlich wurde hierfür zumeist eine Zweckgesellschaft mit dem Ziel gegründet, die jeweiligen Finanzierungsvorhaben komplett mit privaten Mitteln umzusetzen. Die Besonderheit des Assets liegt häufig in der Gestaltung, da es sich um eine regulierte Anlageform handelt. Unter "reguliert" werden dabei nicht die aufsichtsrechtlichen Anforderungen von Versicherungen und Banken, sondern die durch das Asset selbst bedingten regulatorischen Anforderungen verstanden. So stehen Betrieb und Finanzierung bestimmter Infrastruktur-Assets wie zum Beispiel Energieanlagen, Strom-, Gas- oder Telefonnetzen unter strenger staatlicher Aufsicht.

Während die Fremdkapitalfinanzierung in der Vergangenheit in der Regel über die Banken erfolgte, hat sich die Lage inzwischen merklich verändert. Vor allem die Banken können oftmals nicht den kompletten Finanzierungsbedarf abdecken, der für eine langfristige Finanzierung von Infrastrukturprojekten erforderlich ist. Für die Projektfinanzierung ist somit der Kapitalmarkt wichtiger geworden - ein Trend, der sich in Zukunft noch weiter verstärken dürfte.

Befeuert wird die Transformation des Finanzierungsmodells zunächst durch den immensen Bedarf an notwendigen Infrastrukturmaßen. Es geht um gewaltige Summen. Diese können zunehmend weniger im Alleingang oder von einigen wenigen gestemmt, sondern müssen auf viele Schultern verteilt werden. Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) besteht bis 2030 weltweit ein jährlicher Investitionsbedarf von 1,8 Billionen US-Dollar. Allein in Europa werden für die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur in den kommenden 15 Jahren rund zehn Billionen US-Dollar erforderlich sein. Nachvollziehbar wird dieser gigantische Aufwand, wenn man sich die Vielfalt der Projekte vor Augen führt, die mit dem Begriff Infrastruktur verbunden ist. Vom Flughafenbau und der Errichtung von Brücken und Tunneln über den Aufbau von Energie- oder Kommunikationssystemen bis hin zur Bereitstellung von Krankenhäusern und Schulen beinhaltet Infrastruktur ein weitgefächertes Spektrum an Aufgaben.

Dass die Kosten für Modernisierung und Ausbau von Infrastruktur aufgebracht werden müssen, steht außer Frage. Denn in modernen Staaten stellt Infrastruktur die unabkömmliche ökonomische und soziale Basis für die dynamische Entwicklung einer Volkswirtschaft dar. Es handelt sich um traditionell öffentlich bereitgestellte Systeme, Dienstleitungen oder Einrichtungen, welche essenzielle Funktionen für Wachstum und Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft erfüllen. Wer aber soll für deren Finanzierung aufkommen?

Finanz- und Verschuldungskrise als Beschleuniger

Bereits vor der Finanz- und Wirtschaftskrise war erkennbar, dass der Staat sich aus dieser Aufgabe zunehmend zurückziehen würde. Seit Jahren schon sanken - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die Investitionsquoten der OECD-Staaten beständig. Kein Wunder: Angesichts steigender Sozialausgaben, demografischer Verwerfungen und einer anhaltenden Wachstumsschwäche stieg die Staatsverschuldung bei gleichzeitig abnehmender Bereitschaft, öffentliche Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. Dieser Wirkungsmechanismus erreichte mit der Finanzkrise einen Höhepunkt. Um das internationale Finanzsystem und die Weltwirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren, wurden milliardenschwere schuldenfinanzierte Programme aufgelegt. Das Aufspannen verschiedener Rettungsschirme in der Eurozone kostete weiteres Geld und verengte den staatlichen Finanzierungsspielraum zusätzlich.

Hinzu kam eine zweite Entwicklung. Die Finanzkrise hatte offengelegt, dass die Eigenkapitalbasis der Banken vielfach nicht robust genug gewesen war, um schwere Erschütterungen an den Märkten unbeschadet zu überstehen. Als Folge dieser Erkenntnis wurden Banken im Rahmen von Basel III unter anderem dazu verpflichtet, ihre Kreditgeschäfte künftig mit mehr Eigenkapital zu unterlegen. Die Kreditfinanzierung von Infrastrukturprojekten verliert daher für viele Banken an Attraktivität. Und ihre Bereitschaft, diese zu unterstützen lässt weiter nach. Nicht nur für die Staaten, sondern auch für die Banken haben sich also im Zuge der Finanzkrise die Rahmenbedingungen und damit zentrale Parameter des traditionellen Finanzierungsmodells für Infrastruktur verändert.

Assetklasse mit Besonderheiten

Die Verlagerung der Infrastrukturfinanzierung auf den Kapitalmarkt und die Herausbildung einer eigenen Assetklasse wäre allerdings ohne eine dritte, ebenfalls mit der Finanzkrise verbundene Entwicklung nicht möglich gewesen. Gemeint ist der durch das Niedrigzinsumfeld entstandene Anlagenotstand institutioneller Investoren. Nach dem Verlust sicherer Häfen sehen sie sich anstelle eines risikolosen Zinses vielfach mit zinslosen Risiken konfrontiert und suchen daher dringend nach risikokontrolliertem Ertrag und auskömmlichen Renditen. Vor diesem Hintergrund bieten sich Infrastruktur-Investments als aussichtsreiche Alternative an.

Je nach Segment können langfristig orientierte Investoren mit jährlichen Renditen zwischen sechs und elf Prozent rechnen. Da Totalverluste bei öffentlichen Infrastrukturprojekten deutlich weniger wahrscheinlich sind, verfügen entsprechende Investments zudem über eine attraktive Risikoprämie, die im Wesentlichen einen Aufschlag für die in Kauf zu nehmende Illiquidität darstellt. Diese Nutzenargumente lassen Infrastruktur-Investments als sinnvollen Baustein einer diversifizierten Allokation erscheinen und fördern die Herausbildung beziehungsweise Weiterentwicklung einer entsprechenden Assetklasse. Hauptgründe für die wachsende Nachfrage nach Infrastruktur-Investments sind die Stabilität und Berechenbarkeit von Er trägen, solide Renditen, der hohe Beitrag zur Diversifikation des Portfolios sowie, je nach Gestaltung der Betreiber-Vergütungsmodelle, der Schutz gegen Inflation. Nicht alle Infrastrukturprojekte weisen diese Eigenschaften jedoch in gleichem Maße auf. Das Spektrum der Möglichkeiten ist breit. Je nach Art des Projekts können unter anderem spezifische Performancekriterien, besondere Regulierungsvorschriften oder unterschiedliche Risiken vorherrschen.

Während etwa Investitionen in Projekte, die sich noch weitgehend im Planungszustand befinden (Greenfield Investments), oftmals einen Venture-Capital-Risikocharakter haben, ist das Risiko bei bereits gereiften Projekten (Brownfield Investments) deutlich geringer. Neben der Selektion des Infrastrukturinvestitionsfeldes und des Projektreifegrades können aber zum Beispiel auch die Länderauswahl, gegebenenfalls der Subventionsrahmen sowie die Auswahl des geeigneten Investmentvehikels einen Einfluss auf das Risiko-Rendite-Profil haben. Investoren stehen damit vor der Aufgabe, das für sie geeignete Projekt zu identifizieren und dieses dann in ihre Kapitalanlage zu integrieren.

Investment Case: Erneuerbare Energien

Als Investitionsfeld für risikobewusste Investoren stellen erneuerbare Energien ein lohnendes Ziel dar. Vor allem die Onshore-Windenergie und die Photovoltaik halten Experten weiter für aussichtsreich. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energie in der Europäischen Union auf 20 Prozent erhöht werden. Damit gibt es erstmals einen EU-weit verbindlichen Rechtsrahmen für den Ausbau der regenerativen Energien. Bislang konnten institutionelle Anleger in dieses Wachstumssegment nicht ausreichend diversifiziert investieren. Spezialfonds, die hier auf die Bedürfnisse von Versicherungen, Banken oder Pensionskassen abzielten, suchte man vergebens. In den letzten Jahren hat sich allerdings eine positive Entwicklung vollzogen.

So ist auch Union Investment in diesem Bereich aktiv geworden und hat einen Infrastruktur-Spezialfonds für Eigenkapitalfinanzierungen mit dem Schwerpunkt erneuerbare Energien aufgelegt. Dieser setzt unter Ausklammerung von Biogas und Geothermie auf den Investitionsschwerpunkt Onshore-Windenergie und ermöglicht bis zu einem Anteil von 30 Prozent die Beimischung von Photovoltaik-Parks. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand. Die Skaleneffekte stimmen nur bei Wind und Sonne. Bei der Erdwärme ist der wirtschaftliche Nutzen für langfristige Kapitalanlagen noch nicht erkennbar, und bei Biogasanlagen fehlt die Marktgröße.

Mit dem Ziel, mittelfristig verschiedenen Investmentregionen eine relative Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen zu ermöglichen und auf Basis der langjährigen Erfahrung mit dieser Technologie fokussiert das Fondsmanagement auf Onshore-Projekte, also große zusammenhängende Windparks auf dem Festland. Favorisiert werden bereits vollständig umgesetzte Brownfield-Objekte, die die Anlauf- und Entwicklungsphase bereits erfolgreich durchlaufen haben, sowie Projekte in der Bauphase, die keine Projektentwicklungsrisiken für die Investoren aufweisen. Die Photovoltaik dient der technischen Diversifikation und der weiteren Stabilisierung des Portfolios.

Projekte in Kerneuropa

Das Portfolio ist auf Projekte in Kerneuropa ausgerichtet, vor allem in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Als selektive Beimischung können auch Anlagen aus anderen Ländern, wie zum Beispiel aus Skandinavien, Irland oder Polen integriert werden. Am Ende der Investmentphase, die zirka drei Jahre dauern soll, strebt der Fonds ein Investment in rund 25 Windparks und in bis zu fünf große Solarparks an. Das Gesamtinvestitionsvolumen soll dann rund eine Milliarde Euro betragen. Anvisiert wird eine Rendite auf das durchschnittlich gebundene Eigenkapital von jährlich rund sechs bis acht Prozent. Nach zwölf bis vierzehn Jahren soll das eingesetzte Kapital durch Ausschüttungen zurückbezahlt sein. Danach sollten höhere Ausschüttungen möglich sein, weil insbesondere durch den bis dahin größtenteils zurückgeführten Kapitaldienst größere, ausschüttungsfähige Cash-Flows zur Verfügung stehen. Der Anlagehorizont beträgt mindestens fünfzehn Jahre.

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