Gespräch des Tages

Investmentfonds - Zurück in die Heimat

Manchmal lässt man die nüchternen Zahlen besser für sich selbst
sprechen. Das ist vor allem dann zweckmäßig, wenn die Interpretation
der Feinheiten dem Chronisten sach- und fachgerecht kaum möglich ist,
weil das feine Netz von Gesetzgebungen, Regulierungen, EU-Verordnungen
und weitergehenden Umständen für außen Stehende kaum zu durchblicken
ist. Eines lässt sich dennoch mit Zuversicht festhalten: Es werden
wieder mehr Investmentfonds auf deutschem Boden aufgelegt.
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Aber zunächst ein Sprung in die Vergangenheit. Im Jahr 2000 waren laut
Zahlen des BVI Bundesverband Investment und Asset Management von 473
neu aufgelegten Produkten 204 deutsche Fonds und 269 ausländische
Fonds deutscher Provenienz, also Produkte deutscher Anbieter, die im
Ausland - meist im "weniger regulierten" Nachbarland Luxemburg -
beheimatet sind. Das entspricht einem Verhältnis von etwa 43 Prozent
zu 57 Prozent. Schon damals also hinkte die Attraktivität des
Fondsstandorts Deutschland (wohlgemerkt als Auflageort) der des
Auslandes hinterher. Als dann das Verhältnis stetig zu Ungunsten des
EU-weit immerhin größten Absatzmarkts abnahm und im Jahr 2004
schließlich bei 47 von 269 Fonds angekommen war - in Prozent
ausgedrückt 17 zu 83! -, war es trotz Investmentmodernisierungsgesetz
für viele schon zur (aus Finanzplatz-Sicht traurigen) Tatsache
geworden: "Deutsche" Fonds werden in Luxemburg und Irland aufgelegt,
aber nicht hierzulande. Einem Finanzplatz, für den die
Asset-Management-Industrie eine solch große Rolle spielt wie in
Deutschland, steht das freilich gar nicht gut zu Gesicht. Insbesondere
nicht, wenn es sich um ein echtes Wachstumssegment handelt.
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Damit zurück in die Gegenwart. Der Blick auf die jüngsten Zahlen des
Investmentverbands dürfte den Finanzstandortinteressierten wieder
zufriedener stellen. Denn im zurückliegenden Jahr 2005 "normalisierte"
sich das Verhältnis zunächst weitestgehend auf den Stand des Jahres
2000. Und in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres hat sich
der Trend nach Deutschland noch einmal weiter verstärkt. Mit 102 von
225 neu aufgelegten Produkten haben gut 45 Prozent der Fonds ihre
Heimat auf deutschem Boden. Allem Anschein nach haben sich die
Rahmenbedingungen hierzulande also wieder verbessert, der "Schrecken"
der Vorjahre Gesetzgeber und Aufsicht zum Handeln bewegt. Die seit dem
Investmentmodernisierungsgesetz 2004 bestehende Möglichkeit von
Fondsfusionen oder auch die Zulassung von Hedgefonds und von Derivaten
zu Investitionszwecken waren der Fondsindustrie offensichtlich
positives Signal genug. Und die Aussicht auf die für 2007 geplante
Novellierung des Investmentgesetzes, im Rahmen derer weitere
"Unzulänglichkeiten" - etwa hinsichtlich der Auflage von Garantiefonds
- zu bereinigen wären, dürfte weiter helfen.
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Für den Kunden freilich sind solche Überlegungen von wenig Interesse.
Schließlich legt der zunächst Wert darauf, dass seine Anlage Rendite
abwirft. Und das hängt sicherlich nicht vom Auflageland ab, sondern
von der erfolgreichen Managementleistung eines jeden Fonds. Allerdings
fällt beim Blick auf das Mittelaufkommen per 30. Juni dieses Jahres
auf, dass Luxemburger Gesellschaften im laufenden Jahr einmal mehr
deutliche Zuflüsse verzeichneten, während die hiesigen sogar mit
Nettomittelabflüssen zu kämpfen hatten - was angesichts der
fortwährenden Steuererhöhungsdiskussionen in Deutschland niemanden
wirklich verwundern kann. Die für die Anleger interessanteren Produkte
stammen unterm Strich also aus dem Nachbarland.
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Und auch die Mehrheit der Fonds insgesamt ist wie bereits seit
spätestens 2003 im Ausland beheimatet. Gleichwohl ist - historisch
gewachsen - das Fondsvermögen hierzulande immer noch ein klein wenig
größer als das der ausländischen Gesellschaften. Festzuhalten bleibt:
Zumindest 2005 und 2006 zieht es die deutsche Fondsbranche wieder
stärker zurück in die alte Heimat - zögerlich, aber immerhin.

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