Kreditwesen international

Kreditrisiken im Handelsbuch - zunehmende Bedeutung

Die Kreditrisiken im Handelsbuch haben im Rahmen der Finanzmarktkrise stark an Bedeutung gewonnen, sowohl für das Risikomanagement, die Bilanzierung als auch die Kapitaladäquanz im Bankensektor. Die Hauptgründe hierfür sind insbesondere in der Illiquidität bestimmter Wertpapier- und Verbriefungsmärkte zu suchen, weshalb Kreditrisiken aus Warehouse- und Syndizierungsbeständen nicht mehr ausplatziert werden konnten. Darüber hinaus haben Bonitätsverschlechterungen von Finanzinstitutionen, die die maßgeblichen Kontrahenten im Markt für OTC-Derivate darstellen, zu einem Anstieg der Ausfallrisiken bei Derivaten geführt. Dies wiederum hat die Kontrahentenrisikoposition von Kreditinstituten negativ beeinflusst.

Relevanz des Kontrahentenrisikos

So wird das Kreditrisiko bei der Bewertung der nicht-derivativen Bestände oder börsennotierter Derivate durch die Verwendung von individuellen (Credit-)Spreads oder Marktkursen erfasst. Bei der Bewertung der OTC-Derivate stellt sich jedoch die Frage nach der adäquaten Berücksichtigung des Kreditrisikos in Form des Kontrahentenrisikos. Die Relevanz des Kontrahentenrisikos bei OTC-Derivaten wurde insbesondere nach dem Ausfall von Lehman Brothers und der wirtschaftlichen Probleme weiterer Derivate-Kontrahenten aus dem Banken und Nicht-Banken-Sektor (zum Beispiel Monoline-Versicherer) deutlich.

Der Ausfall von Lehman Brothers sowie einiger Monoline-Versicherer führte dazu, dass die von anderen Marktteilnehmern mit diesen Kontrahenten abgeschlossenen Derivate nunmehr hinfällig waren. Folglich mussten beispielsweise positive Marktwerte aus gekaufter Absicherung aus Credit Default Swaps wertberichtigt und die nun offene Position mit einem anderen Kontrahenten neu abgesichert werden. Dies war häufig mit enormen Kosten verbunden oder mangels eines angemessenen Angebots schlichtweg nicht möglich, da es sich bei den Underlyings um strukturierte Kreditprodukte handelte.

Bei großen international tätigen Kreditinstituten ist es bereits seit Längerem üblich, auch aufgrund der großen Derivatebücher, Kontrahentenrisiken aus Derivaten aktiv zu managen und diese im Rahmen sogenannter Credit Valuation Adjustments (CVA) in der Ergebnisrechnung zu berücksichtigen. Die Verteilung der Ergebniseffekte erfolgt dabei in der Regel verursachungsgerecht auf die einzelnen Handelsbereiche, um eine adäquate Anreizstruktur bei der Auswahl der Kontrahenten zu schaffen. Die maßgeblichen Komponenten sind hierbei das erwartete Exposure gegenüber einem Kontrahenten, die Ausfallwahrscheinlichkeit sowie die Verlustschwere bei Ausfall. Das erwartete Exposure ist dabei insbesondere durch Sicherheitenvereinbarungen beeinflusst. Handelt es sich um vollständig besicherte Kontrakte ist die Auswirkung auf die Nettorisikoposition eher gering, wohingegen unbesicherte Kontrakte mit ihrem vollen Marktwert Relevanz für das Kontrahentenrisiko haben. Hinsichtlich der Ansätze zur CVA-Berechnung hat sich in der Branche noch kein einheitliches Verfahren bei der Ableitung der Ausfallwahrscheinlichkeiten, der Berücksichtigung des eigenen Ausfallrisikos und dem Umfang der einbezogenen Kontrahentengruppen herausgebildet.

Konkretere Regelungen in der Rechnungslegung

Konkretere Regelungen gibt es in der Rechnungslegung. Die Berücksichtigung des Kreditrisikos bei der Bewertung von Finanzinstrumenten zum Fair Value ist in den Rechnungslegungsvorschriften der IFRS (IAS 39. AG69 und AG79) geregelt. Danach sind bei der Bewertung von Finanzinstrumenten zum Fair Value alle bewertungsrelevanten Faktoren zu berücksichtigen. Dazu zählt auch die Bonitätskomponente des Kontrahenten bei OTC-Derivaten. Auch in der Rechnungslegung nach HGB gewinnt die Bildung eines CVA künftig an Bedeutung, insbesondere durch die Einführung einer risikoadjustierten Marktbewertung der Finanzinstrumente des Handelsbestands von Kreditinstituten (das heißt Bewertung zum beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags nach § 340e Abs. 3 HGB) im Rahmen des BilMoG (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz). Der beizulegende Zeitwert nach HGB schließt ebenso die Bonitätskomponente des Kontrahenten mit ein.

Auch im Aufsichtsrecht sind die Kontrahentenrisiken aus OTC-Derivaten weiter in den Fokus gerückt. In dem im Dezember 2009 veröffentlichten Papier "Strengthening the resilience of the banking sector" des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, das sich aktuell in der Kommentierungsphase befindet, werden in Bezug auf Kontrahentenrisiken unter anderem die folgenden Punkte adressiert: Banken sollen ihre Eigenkapitalanforderungen für Kontrahentenrisiken auf Basis gestresster Parameter berechnen. Das CVA-Risiko, also das Risiko aus den oben erwähnten, potenziellen Marktwertverlusten aus Derivaten, soll ebenfalls mit Eigenkapital hinterlegt werden, da das aktuelle Basel-II-Regelwerk nur Verluste aus Defaults, aber nicht die Verluste aus Marktwertveränderungen, hervorgerufen durch Kontrahentenrisiken, adäquat adressiert.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass zukünftig ein höheres Augenmerk auf die Kontrahentenrisiken gerichtet werden wird. Kreditinstitute stehen damit vor der Herausforderung, ihre bestehenden Prozesse zur Steuerung und Überwachung ihrer Kontrahentenrisikoposition zu überarbeiten. Idealerweise setzen sich die Kreditinstitute damit im Zusammenhang mit der Umsetzung der durch das BilMoG geänderten handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften auseinander.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X