Aufsätze

Lernen von Apple - Plädoyer für den smarten Wandel im Privatkundengeschäft der Banken

"Alles Leben steht unter dem Paradox, dass, wenn es beim alten bleiben soll, es nicht beim alten bleiben darf." So hat es der Philosoph Franz von Baader vor über 150 Jahren ausgedrückt. Noch heute gilt: Wer die Veränderung vermissen lässt, wird früher oder später selbst vermisst werden. Erinnert sei an einst große Marken wie Kodak oder Neckermann. Auch Banken sind davor nicht gefeit. Umso mehr stellt sich die Frage nach dem Zukunftsmodell für das Privatkundengeschäft.

Fundamentaler Bedürfniswandel

Die Bedürfnisse von Privatkunden und ihr Verhalten in puncto Beratung, Selbstbedienung und Kontaktaufnahme unterliegen seit Jahren einem fundamentalen Wandel. Das Filialmodell in seiner heutigen Ausprägung wird vielerorts immer weniger genutzt. Dagegen steigt die Nachfrage nach mobilen und internetbasierten Angeboten für die täglichen Bankgeschäfte - ein Trend, der sich weiter fortsetzen und noch beschleunigen wird. Liefen im Jahr 2000 rund 70 Prozent der Kundenkontakte über klassische Filialen, waren es 2010 noch 30 Prozent. 2015 werden es voraussichtlich nur noch fünf Prozent sein. Die digitale Revolution ist im Bankgeschäft endgültig angekommen.

Andere Branchen haben sich längst darauf eingestellt. Schon seit Jahren bestellt man Bücher im Internet, bucht seine nächste Reise oder reserviert den Tisch im Restaurant online. Klassische Retailanbieter haben ihre Vertriebswege dem veränderten Kundenverhalten angepasst - digitale Angebote ausgebaut und stationäre Filialen reduziert sowie massiv modernisiert. Allein die Lebensmittelbranche verdichtete ihr Filialnetz in den vergangenen fünf Jahren um 24 Prozent, Reisebüros um 13 Prozent. Banken dagegen nur um neun Prozent. Noch immer gibt es deutschlandweit über 36 000 Bankfilialen - dagegen nur je 14 000 Tankstellen und Bäckereien. Gravierender ist jedoch die Tatsache, dass dem - anders als in anderen Branchen - kein ebenso großes und breites Angebot alternativer Vertriebswege gegenübersteht.

Doch die digitale Revolution ist unumkehrbar. Deshalb ist es auch in der Finanzbranche mit kosmetischen Eingriffen nicht mehr getan. Die Kostensparprogramme, mit denen nahezu alle Banken in der Vergangenheit die Zahl der Filialen reduziert haben, gehen zulasten der Beratungsqualität und der Kundenzufriedenheit. Gleichzeitig reichen vereinzelte Pilotversuche nicht aus, um Kundenanforderungen in der Fläche zu erfüllen. Ein neue Strategie mit einem modernen Mix der Vertriebswege ist im Privatkundengeschäft seit Jahren überfällig.

Als erste Bank in Deutschland hat die HVB eine solche Strategie entwickelt und vollzieht nun eine grundlegende Modernisierung des Privatkundengeschäfts. Bis Ende 2015 werden sie sich konsequent als echte Multikanalbank aufstellen. Dafür wird massiv in mobile und internetbasierte Angebote sowie in die Attraktivität der Filialen investiert. Ziel ist es, den Mix der Vertriebswege - aus klassischen Filialen, Online-Filialen, Mobile Banking, Video- und Telefonberatung - dem fundamental veränderten Kundenverhalten anzupassen.

Veränderungen im Anspruch und Nutzungsverhalten der Bankkunden

Privatkunden kontaktieren die HVB schon heute rund 500 Mal pro Jahr über Telefon, Internet, Video, Tablet und Smartphone oder nutzen die Selbstbedienungsgeräte. Dagegen suchen sie die Filiale nur ein bis zweimal pro Jahr für ein umfassendes Beratungsgespräch auf. Längst werden auch anspruchsvollere Bankgeschäfte vollständig digital oder über mehrere Beratungs- und Servicewege abgeschlossen. Veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen lassen Zeit und Ort zunehmend relativ werden.

Dadurch verschwimmt auch im Bankgeschäft die Grenze zwischen online und offline. Bankkunden wollen nicht mehr für einfache Überweisungen extra in die Filiale kommen. Dagegen werden sehr komplexe Transaktionen heute wie vor 30 Jahren vorzugsweise im Rahmen eines Gesprächs mit dem persönlichen Berater abgeschlossen. Schließlich handelt es sich beim privaten oder geschäftlichen Vermögen um ein sensibles Gut, das verstanden und nicht leichtfertig in fremde Hände gegeben wird. Persönliche Beratung und das Gespräch unter Partnern sind also nach wie vor wichtige Eckpunkte einer intakten Kunde-Bank-Beziehung.

Banken stellt der immer stärkere Wunsch nach Vereinfachung, Transparenz und Innovation auf der einen und das steigende Bedürfnis nach persönlicher Beratung - ja sogar Exklusivität, nach einheitlicher Qualität und Sicherheit auf der anderen Seite jedoch vor große Herausforderungen. Schließlich ist die technische Basis für den Sprung ins Bankgeschäft des 21. Jahrhunderts noch längst nicht allerorten gelegt. Doch es sind die Kernaspekte für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell für das Privatkundensegment. Banken können hier von Konzernen wie Google, Apple, Amazon, Nespresso oder Starbucks lernen.

Und dabei sollten sie keine Zeit mehr verstreichen lassen. Denn branchenfremde Anbieter wie beispielsweise Paypal oder Google mausern sich zu ernst zu nehmenden Wettbewerbern, indem sie Alternativen zum traditionellen Zahlungsverkehr anbieten und Banken Privatkunden und Marktanteile abnehmen. Dabei profitieren sie vom tiefen Vertrauensverlust gegenüber etablierten Banken, der seit der Wirtschafts- und Finanzkrise die Branche trifft. Studien zeigen, dass die Wechselbereitschaft bei privaten Bankkunden noch nie höher war. Die gleichen Studien zeigen aber auch: Der persönliche Bankberater ist nach wie vor außerordentlich wichtig für Kunden.

Anpassung an die vernetzte Welt

Wenn Banken in diesem herausfordernden Umfeld bestehen wollen, müssen sie sich schnell auf die neue Normalität einstellen. Sie müssen sich an die vernetzte Welt anpassen, in der jeder alles an jedem Ort und zu jeder Zeit erledigen möchte und der Wettbewerb immer intensiver wird. Dabei macht Digitalisierung allein nicht glücklich. Sie ist vielmehr notwendige Voraussetzung, um den Bankkunden der Zukunft adäquat begleiten zu können. Auch und gerade wenn es darum geht, einen seit Jahrhunderten gepflegten Wert des Bankgeschäfts in die Zukunft zu übertragen: belastbares Vertrauen durch persönliche Gespräche auf Augenhöhe.

Die Hypovereinsbank hat diesen fundamentalen Wandel im Privatkundengeschäft bereits frühzeitig antizipiert und vor drei Jahren mit dem Test neuer Filialkonzepte und dem Aufbau digitaler Beratungs- und Vertriebswege darauf reagiert. Neben der persönlichen Betreuung in der Filiale vor Ort steht Privatkunden der Bank schon heute ein umfangreiches Multikanalangebot von Online über Mobile Banking bis hin zur Telefonberatung zur Verfügung. Sie ist zudem die erste Bank in Deutschland, die auch im Internet zu Basisprodukten eine Live-Videoberatung mit einem festen Betreuer anbietet. Bei Bedarf können für Spezialthemen wie Immobilienfinanzierungen Experten aus der Zentrale schnell und unkompliziert zu einem Kundengespräch zugeschaltet werden.

Kunden können dieses Angebot seit 2013 in allen HVB-Filialen nutzen oder sich bequem vom heimischen Computer oder Tablet aus beraten lassen und ihre Bankgeschäfte darüber auch abschließen. Das Konzept findet eine sehr hohe Akzeptanz: Neun von zehn Kunden waren bei einer Befragung 2013 mit der Videoberatung und der Expertenzuschaltung zufrieden beziehungsweise sehr zufrieden. Auch die Zahl der Beratungen und Produktabschlüsse per Video bestätigen entsprechend hohe Akzeptanzquoten. So haben beispielsweise nur ein Jahr nach Implementierung bereits 20 Prozent aller Beratungen zu Baufinanzierungen in den Filialen per Video mit einem aus den Experten-Centern zugeschalteten Spezialisten stattgefunden.

Mit ihrer im ersten Quartal angekündigten neuen Privatkundenstrategie und Investitionsoffensive setzt die HVB diesen Transformationsprozess fort. Die Zeit von Testphasen und Pilotprojekten ist vorbei. Die HVB stellt sich nun - für alle Kunden und nicht nur für einzelne Testpersonen spürbar - als echte Multikanalbank auf und baut das bestehende Multikanalangebot damit konsequent aus.

Massive Investitionen

Dafür investiert die Bank bis Ende 2015 rund 350 Millionen Euro in ihr Privatkundengeschäft. Das Geld fließt einerseits in den Umbau der Filialen, um ein einheitliches, modernes und gehobenes Erscheinungsbild aller Filialen zu erreichen. Andererseits wird massiv in digitale Beratungs- und Serviceangebote investiert, um den bereits seit zwei Jahren laufenden Ausbau der digitalen Vertriebswege signifikant zu beschleunigen. Zusätzlich wird in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter investiert, um die Beratungsqualität noch einmal merklich zu erhöhen. Auch die Kundenkommunikation wird verstärkt und die Marketingbudgets entsprechend erhöht.

Die HVB wird damit weder eine Online-Bank noch zieht sie sich aus der Fläche zurück. Filiale wird weiterhin das Kernelement des Multikanalangebotes der HVB darstellen, vor allem für anspruchsvolle Beratungsthemen - allerdings deutlich stärker ergänzt um alternative Wege für persönliche Beratungs-, Service- und Informationsangebote. Ziel ist es, digitale und stationäre Vertriebswege der Nachfrage entsprechend wieder in Balance zu bringen und einen zeitgemäßen Mix aus klassischen Filialen, Online-Filialen, Online und Mobile Banking, Video- und Telefonberatung zu schaffen.

Dabei wird modernste Technik selbst dann ein nahtloses Erlebnis sichern, wenn Kunden von der Erstinformation bis zum Abschluss ihres Bankgeschäfts mehrfach den Kontakt- beziehungsweise Vertriebsweg wechseln. Einem intelligenten und voll integrierten Kundenmanagement-System (CRM) sei Dank. So kann sich ein Kunde beispielsweise in einer Filiale persönlich über ein Produkt informieren, eine Nacht über das Angebot schlafen und den Vertrag am nächsten Morgen im Internet abschließen. Sollten am Abend noch Fragen auftauchen, können sich Kunden und Interessenten auch noch um 21:00 Uhr zum Beispiel per Videoberatung an die HVB wenden - ohne immer wieder bei Null anfangen und einem neuen Berater alles noch einmal erklären zu müssen.

Ein fester persönlicher Berater

Einen festen persönlichen Berater zu haben - und zwar egal, wann und wo Kunden mit der Bank in Kontakt treten - ist auch künftig essenziell. Der Kundenberater vor Ort ist und bleibt integraler Bestandteil einer erfolgreichen Kundenbeziehung. "Face-to-Face"-Kanäle, wie die Filiale, bleiben vor allem bei komplexen Produkten die Basis und Voraussetzung für eine hohe Kundenzufriedenheit und den Erfolg im Vertrieb. Sogenannte Remote-Kanäle wie die Telefon- oder Videoberatung dienen dagegen der Unterstützung und haben gleichzeitig eine Brückenfunktion in die digitale Welt. Erst ein ausbalancierter und perfekt orchestrierter Einsatz aller Kanäle und Touchpoints bieten dem Kunden die Möglichkeit, voll systemintegriert und synchronisiert mit seiner Bank in Kontakt zu treten - ohne Medienbrüche. Die Kunden entscheiden selbst, welchen Weg sie in die Bank nutzen.

Die HVB hat das verstanden und nutzt den historischen Umbruch im Privatkundengeschäft infolge der digitalen Revolution und des massiv veränderten Kundenverhaltens als Chance, um sich im Privatkundengeschäft konsequent für die Zukunft aufzustellen. Ihre neue Strategie hat dabei sicherlich Pioniercharakter in der Branche. Aber der Mut zum Wandel bedeutet den Gewinn von Selbstständigkeit und unternehmerischer Freiheit. Mit diesem Schritt positioniert sich die HVB als Premiumbank und schafft beste Voraussetzungen, um deutschlandweit im Privatkundensegment neue Qualitäts- und Servicestandards zu setzen und Kunden die modernste Form der persönlichen Beratung zu bieten - und zwar wann und wo auch immer sie ihre Bankgeschäfte tätigen wollen.

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