Kreditwesen aktuell

Modell für eine leistungsfähige Sparkassen-Finanzgruppe eine Replik

Im Februar dieses Jahres haben die Verfasser eine Streitschrift für eine Neuordnung des Sparkassen- und Landesbankensektors vorgestellt. Anlass dieser Studie waren die bedrohliche Schwäche, die das deutsche Finanzsystem im Zuge der Finanzkrise gezeigt hat: Nur durch massive Staatshilfe war es gelungen, mehrere private Großbanken, Landesbanken in öffentlicher Trägerschaft und vor allem auch Hypothekenbanken in existenzieller Not zu stabilisieren und mit den notwendigen Garantien oder haftendem Kapital auszustatten.

Erschreckende Konzeptionslosigkeit bei der Bewältigung der Landesbankenkrise

Unsere Untersuchung hat sich auf die Kreditinstitute in öffentlicher Trägerschaft konzentriert, weil es sich nach Größe und Bedeutung für die Haushalte und die Betriebe in Deutschland um den bedeutendsten Teil der deutschen Finanzwirtschaft handelt. Zugleich sticht eine erschreckende Konzeptionslosigkeit bei der Bewältigung der schweren Landesbankenkrise allen Beobachtern ins Auge, unabhängig davon, ob sie von Frankfurt, Berlin, Brüssel oder Washington aus ihre Analysen vortragen.

Aus staatsbürgerlicher Verantwortung für den Erhalt eines bodenständigen, an den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung und der (kleineren) Betriebe ausgerichteten und flächendeckend operierenden Finanzanbieters haben wir Anfang 2011 einen Vorstoß in der Debatte um die Neustrukturierung dieses Sektors gemacht. Ziel ist ein stabiles und zugleich wettbewerbsintensives Finanzsystem, das sich in einem zukünftigen europäischen Finanzmarkt zu behaupten vermag. Aus diesem Grunde haben wir drei Anforderungen vorangestellt: leistungsfähiges Geschäftsmodell, klare Governance-Strukturen, intensiver Wettbewerb.

Gleich zu Anfang unserer Studie haben wir zudem deutlich gemacht, dass wir keineswegs dogmatisch unseren Vorschlag verteidigen werden - unser wichtigstes Ziel ist das Wachrütteln einer als weitgehend lethargisch erlebten gesellschaftlichen Öffentlichkeit, die sich nicht in ausreichendem Maße um die Zukunft eines Kerns des deutschen Finanzsystems kümmert. Gerade aus diesem Grunde freuen wir uns über die fortdauernde Diskussion unserer Thesen in den Medien. Es ist uns daher eine besondere Ehre, auf eine umfangreiche kritische Stellungnahme dreier renommierter Professorenkollegen und Leiter von Sparkassenforschungszentren an den Universitäten Magdeburg und Köln in dieser Zeitschrift replizieren zu dürfen.

Die Kritik der Professoren Horst Gischer, Thomas Hartmann-Wendels und Peter Reichling (ZfgK 8/2011, Seiten 378 bis 383) geht dankenswerterweise im Detail auf unsere Aussagen ein und gelangt zu entgegengesetzten Ergebnissen. Sie raten im Wesentlichen zu einer Konservierung des Status quo.

Bevor wir auf einzelne Argumente der Autoren (im Folgenden abkürzend als Gischer et al. bezeichnet) eingehen, möchten wir ein grundsätzliches Missverständnis beseitigen, das sich auf unser Modell zum Umgang mit den akut gefährdeten Landesbanken bezieht. Da wir ein sehr ähnliches Missverständnis auch bei mündlichen Vorträgen unserer Ideen vor fachkundigem Publikum wiederholt erlebt haben, müssen wir davon ausgehen, dass unsere Darstellung insoweit zumindest missverständlich ist.

Missverständnis bezüglich der "Sparkassenregionalinstitute"

Bei dem Missverständnis handelt es sich um die von uns sogenannten Sparkassenregionalinstitute (SRI), bei deren Entstehung Landesbankenteile mit einer Ballungsraumsparkasse verknüpft werden. Bei dieser Verknüpfung geht es aber nicht wie vielfach vermutet - darum, "marode Landesbanken mittels gesunder Sparkassen aufzufangen". Ganz im Gegenteil sollen die "maroden" Teile der heute bestehenden Landesbanken ausgesondert und in die Obhut der Länder überführt werden, wo sie abgewickelt werden können. Die Haftung für die Abwicklungslasten muss von den Alteigentümern der Landesbanken quotal übernommen werden. Das Verbundgeschäft, soweit es heute von einzelnen Landesbanken angeboten wird, soll in einem nationalen Zentralinstitut konsolidiert werden.

Das direkte Kundengeschäft der heutigen Landesbanken, im Wesentlichen das Großkunden- und Projektfinanzierungsgeschäft, verbindet sich organisch mit dem angestammten Kundengeschäft der regionalen Sparkassen. Bei einer Verknüpfung dieser Geschäftsfelder mit einer regionalen Ballungsraum-Sparkasse übernimmt die Sparkasse de facto Personal, Know-how und Kunden der Großkundenabteilungen der ehemaligen Landesbanken. Die Bal-lungsraum-Sparkasse (von uns als Regionalinstitut bezeichnet) gewinnt damit einen Geschäftszweig, den Sparkassen bisher nicht entwickeln konnten - und den sie benötigen, wenn sie auf Augenhöhe mit den privaten Kreditbanken zu einer Verstärkung des binnenwirtschaftlichen (Ban-ken-)Wettbewerbs beitragen wollen.

Ein "Vollsortimenter" für kleine und große Kunden

Das Sparkassenregionalinstitut ist damit ein "Vollsortimenter", der kleine und große Kunden bedienen kann. Weil er das angestammte Sparkassengeschäft komplementär auf größere Firmenkunden erweitert, darf von einer stabilen und gegebenenfalls steigenden Profitabilität des Instituts ausgegangen werden - und nicht, wie Gischer et al. vermuten, von einer sinkenden Profitabilität. Es spricht für sich, dass diese von uns geforderte Zerlegung der Landesbanken in drei Teile mittlerweile bei der West-LB umgesetzt wird. Von einer Schwächung der Sparkassen ist bisher nicht die Rede gewesen.

Wenn wir von diesem Missverständnis einmal absehen, so zeigt die Gegenposition von Gischer et al. große Ähnlichkeit mit unserem Vorschlag für eine grundlegende Neuordnung des Sparkassen- und Landesbankensektors in Deutschland. So ist die grundsätzliche Einschätzung der Autoren, welche Funktionen der Landesbanken für den öffentlich-rechtlichen Bankensektor von Bedeutung sind und erhalten bleiben müssen (unter anderem das kundenorientierte Kapitalmarktgeschäft, das Projektfinanzierungsgeschäft und das Verbundgeschäft), deckungsgleich. Zugleich und vor allem sehen wir eine hohe Übereinstimmung in der Beurteilung der Stärken der Sparkassen in diesem Sektor.

Die Quelle ihres Erfolgs sehen Gischer etal. zu Recht darin, dass das Sparkassenverbundsystem es erlaubt "[...] Aktivitäten, bei denen es Größenvorteile gibt, aus den einzelnen Instituten auszulagern, während andere Aktivitäten, wo es nicht auf Größe, sondern auf Kundennähe und Flexibilität ankommt, dezentral zu organisieren" (Seite 382). Es ist genau diese Stärke des dezentral geführten Sparkassennetzes, welche das Dreiermodell nicht nur anerkennt, sondern sich zunutze machen und ausbauen möchte.

Dennoch gibt es zwischen der Gegenposition von Gischer et al. und unserem Dreiermodell einen grundsätzlichen Dissens. Im Folgenden möchten wir zuerst diese Differenz herausarbeiten, bevor wir zusätzlich dezidiert auf einige Textstellen eingehen, welche aus unserer Sicht eine Richtigstellung verlangen oder zumindest kommentiert werden müssen.

Wirtschaftlich und rechtlich verflochtene Einheiten

Der grundlegende Unterschied in der Analyse des Sparkassen- und Landesbankensektors durch Gischer et al. besteht darin, dass die Autoren die Stärken und Schwächen der Sparkassen und Landesbanken diskutieren, als wären deren Erfolge unabhängig voneinander entstanden und als könnten die Institute und ihre jeweiligen Geschäfte unabhängig bewertet werden. Gischer et al. gelangen zu dem Schluss, dass es bei Sparkassen keinen Anlass zu Veränderung gibt, während die Landesbanken reformiert werden müssen, bevor sie sich "reumütig" um die Rückkehr in den Familienbund bemühen und den Erfordernissen der Sparkassen "unterordnen" dürfen.

Diese Sicht auf den Sektor ist sicherlich gut gemeint, aber etwas weltfremd. Er verkennt, dass die Sparkassen und Landesbanken als wirtschaftlich und rechtlich verflochtene Einheiten entstanden sind. Die Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931, durch welche die kommunalen Sparkassen rechtliche Selbstständigkeit von ihren Trägergemeinwesen erlangt haben, regelt detailliert ihre Verzahnung mit den Vorläufern der Landesbanken, den Girozentralen. Dort ist auch vorgeschrieben, dass die Girozentralen als Anstalten des öffentlichen Rechts der Länder wesentliche Funktionen für die kommunalen Sparkassen zu erfüllen haben und ihrerseits eng mit der Deutschen Girozentrale, Deutsche Kommunalbank, zusammenzuarbeiten hatten.

Die Sparkassen waren gesetzlich verpflichtet, nennenswerte Teile ihres Passivüberhangs bei der zuständigen Girozentrale anzulegen, die ihrerseits ihre Liquiditätsreserven bei der Deutschen Girozentrale, Deutsche Kommunalbank, anlegen mussten, die ebenfalls in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt wurde. Als Lehre aus der Krise der Jahre 1929 bis 1931 war ein dezentrales, aber auf ein aufeinander abgestimmtes und verflochtenes System rein öffentlich-rechtlicher Banken geschaffen worden, die gemeinsam eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen hatten.

Die Verflechtung besteht bis auf den heutigen Tag und betrifft praktisch alle Passivpositionen der Landesbanken. So sind Sparkassen nicht nur Miteigentümer der Landesbanken (traditionell zu 50 Prozent), sie sind auch deren größter Lieferant von Termineinlagen, sie sind die größte Gläubigergruppe was Schuldverschreibungen anbelangt, und sie sind auch mittelbar der größte Vertreiber von Landesbank-Schuldverschreibungen. Letztere platzieren sie in die Depots ihrer Kunden. Da alle genannten Schuldverhältnisse von staatlichen Trägern garantiert waren, war eine Einlagensicherung ursprünglich nicht erforderlich. Nun fehlt sie, sodass sich aus dieser dominanten Gläubigerrolle der Sparkassen gegenüber den Landesbanken ein nicht unerhebliches Ansteckungsrisiko im Falle einer Krise ergibt.

Bewertung des Sektors als Ganzes

Da die genaue Verschuldungslage der Landesbanken bei den Sparkassen nicht bekannt ist, können wir allenfalls mit Schätzwerten arbeiten. Bei einem konservativ geschätzten Anteil der Sparkassen an den genannten Landesbankpassiva ergibt sich ein Forderungsbestand der Sparkassen gegenüber Landesbanken im unteren bis mittleren dreistelligen Milliardenbereich. Gischer et al. mahnen hier zu Recht Belege und genauere Zahlenangaben an - wir reichen diesen Wunsch gerne an die statistischen Behörden und Aufsichtsämter weiter, denn diese sind für die sehr bescheidene Datenlage verantwortlich - wie jeder Wissenschaftler nur zu gut weiß, der auf diesem Gebiet zu arbeiten versucht hat.

Die tatsächlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Verflechtungen der Sparkassen und der Landesbanken sind unterschiedlich ausgestaltet. Die Sparkassen sind ebenso eine Kreation des jeweiligen Landesrechts wie die Landesbanken, jedenfalls soweit sie noch öffentlich-rechtlich organisiert sind. Sie sind kein Selbstzweck, sondern erfüllen als Einrichtungen ihrer Gebietskörperschaften auch dann einen öffentlichen Auftrag, wenn sie als Aktiengesellschaften organisiert sind. Aus der engen Verflochtenheit innerhalb des Sektors und seiner Bedeutung für die Finanzstabilität unseres Finanzsystems folgern wir, dass der Sektor nur als Ganzes bewertet und reformiert werden kann. Dies ist die Herangehensweise der Streitschrift.

Ausgleichenden "Gegenspieler" gesucht

Dass die Sparkassen besser durch die Krise gekommen sind als die Landesbanken, hat vielfältige Gründe, unter anderem, dass die Sparkassen ihre Passivüberschüsse bei den Landesbanken anlegen. Die riskanten Investitionen der Landesbanken in die Subprime-Portfolios - unter Billigung der Vertreter der Eigentümer, also auch der Sparkassen und ihrer Verbände, in den Verwaltungsräten - sind insbesondere durch den Anlagedruck großer Passivüberhänge der Sparkassen und Landesbanken ausgelöst worden. Die strukturellen Passivüberschüsse der Sparkassen verlangen nach einem ausgleichenden "Gegenspieler", einem Institut, das strukturell Aktivüberschüsse erzielt. Hätten die Sparkassen das Geld in eigener Regie verwaltet und angelegt, wären die Verluste eventuell bei ihnen entstanden.

Gischer et al. schreiben, es sei in unserem Modell ein Zwang vorgesehen, dass Sparkassen ihre Passivüberschüsse bei SRIs anzulegen hätten (Seite 380). Richtig ist, dass Sparkassen traditionell ihre enormen Passivüberschüsse bei Landesbanken anlegen und auch dazu verpflichtet waren. Der von Gischer et al. dargestellte Automatismus mit dem Einlagen, die lokal eingehen, dann im regionalen Wirtschaftskreislauf in Form von Kreditvergaben wirken (vgl. Seite 382), gibt es so nicht. Die Einlagen überschreiten regelmäßig die Möglichkeiten der Kreditvergabe für den örtlichen Wohnungsbau und für die lokale Wirtschaft.

Auch jenseits der Gläubigerposition von Sparkassen bei den Landesbanken gibt es wirtschaftliche Verflechtungen, die das Geschäftsmodell der Sparkassen erst möglich machen. Gischer et al. reduzieren in ihrer Darstellung das Geschäft der Landesbanken sehr stark auf das Verbundgeschäft. Dies ist aber nur der kleinere und unrentable Teil. Dieses Geschäft wird in unserem Modell an das SZI abgegeben. Im Übrigen hat die Sparkassenorganisation mittlerweile begonnen, ein Zentralinstitut (unter der Leitung der Deka-Bank) aufzubauen, wie wir es vorgeschlagen haben.

Das eigentliche Geschäft der Landesbanken ergänzen die Sparkassen vor allem beim gehobenen Mittelstand, bei Großkunden, bei gewerblichen Immobilienkunden und bei der Projektfinanzierung. Dieses Geschäft der Landesbanken ist ein notwendiger Bestandteil des Produktangebots der Sparkassen und wird in unserem Modell von mehreren SRI übernommen. Die SRI sind Großsparkassen mit einem erweiterten Produktangebot in den großen wirtschaftlichen Ballungsräumen. Nur mit diesen Leistungen hat die Sparkassenorganisation ein umfassendes Produktangebot für alle Kundengruppen.

Heute liegt der Marktanteil der Landesbanken in diesen Geschäftsfeldern zwischen 20 und 40 Prozent1) und ist für die deutsche Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, nachdem ein starker Konzentrationsprozess bei den Großbanken und den privaten Hypothekenbanken stattgefunden hat. Die Kreditvergabefähigkeit der einzelnen Sparkasse ist aber begrenzt. Die durchschnittliche Sparkassengröße liegt bei 2,5 Milliarden Euro Bilanzsumme2) Die größeren Sparkassen liegen bei 5 bis 8 Milliarden Euro. Nimmt man die Eigenkapitalvorschriften, so liegt der maximal mögliche Einzelkredit vielleicht bei 20 bis 30 Millionen Euro. Der Bedarf darüber kann nicht gedeckt werden. Es sind also größere Institute, wie die SRI, notwendig.

Fusion auf freiwilliger Basis

Die föderale Struktur Deutschlands hat zu großen dezentralen Wirtschaftszentren geführt. So wie bei den Sparkassen die örtliche Nähe einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt, verlangt auch die Kundschaft, die von den Sparkassen nicht bedient werden kann, ein dezentrales Produktangebot. Dieses Angebot nur den Auslandsbanken zu überlassen, wäre fatal. Vor diesem Hintergrund ist das Bemühen von Bildern, welche ein Unterordnungs- oder Abhängigkeitsverhältnis von Landesbanken gegenüber Sparkassen suggerieren, fehl am Platz.

Die Fusion von Sparkassen mit einem SRI geschieht auf freiwilliger Basis und nicht wie von Gischer et al. angenommen unter Zwang. Natürlich wird in Regionen mit bestimmter Kundenstruktur ein Druck auf nicht eingebundene Sparkassen entstehen, sich dem SRI anzuschließen. Es bleibt aber richtig, dass die Sparkassen sich an den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft ausrichten müssen. Die Nachfrage nach den Leistungen der SRI hängt ab von der Größe und der Geschäftsstruktur der Unternehmen im regionalen Wirtschaftsraum. Nur durch eine Ausrichtung am regionalen Bedarf werden die Sparkassen ihre starke Wettbewerbsposition, die von Gischer etal. beschworen wird, halten können.

Zuletzt sei nochmals betont, dass die Stärke des Sparkassenverbundsystems die in der "räumlichen Nähe zur Kundschaft" und in den "ausgeprägten Kenntnissen der regionalen Unternehmensstrukturen sowie in den flachen Entscheidungshierarchien" (vgl. Gischer etal. Seite 382) liegen, gerade in unserem Dreiermodell erhalten bleibt. Auch das Regionalprinzip ist Bestandteil des Dreiermodells: Im regionalen Gebiet der eingebundenen Sparkassen übernehmen die SRI das Privatkundengeschäft und das Geschäft mit kleinen und mittleren Firmenkunden. Überregional übernehmen sie das Mittelstands- und Großkundengeschäft, das gewerbliche Immobiliengeschäft und das kundenbezogene Kapitalmarktgeschäft.

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass die Bewertung der Stärke der Sparkassen ohne eine Berücksichtigung der vielfältigen Verbindungen zwischen den Sparkassen und den Landesbanken nicht möglich ist. Der Sektor ist als Ganzes zu betrachten und eine Reformdiskussion muss beide Institutstypen berücksichtigen. Im Folgenden soll nun gezielt auf einige Passagen eingegangen werden:

(1) Gischer etal. argumentieren, eine Fusion mehrerer Sparkassen zu einem SRI würde komplexe und unter Umständen mit Spannung geladene Eigentümerstrukturen hervorrufen, da mehrere kommunale Träger zusammenfinden müssen. Vor dem Hintergrund, dass es solche Institute bereits heute gibt und diese ohne Probleme operieren, halten wir dieses Argument für gegenstandslos.

(2) In unserem Modell gehen wir davon aus, dass eine Bündelung des Verbundangebots im SZI eine kostenmäßig effizientere Bereitstellung der Leistungen, die bisher dezentral von den Landesbanken angeboten werden, erfolgen kann. In diesem Sinne äußern sich auch die Sparkassenvertreter, die einen Ausbau der Deka-Bank zu einem Zentralinstitut befürworten. Dies hat übrigens nichts mir der von Gischer et al. behaupteten Abwesenheit von Skalenerträgen bei typischen Kreditbanken zu tun.

Überragende Bedeutung des Zinsergebnisses

(3) Gischer et al. folgern, dass die stabile Profitabilität der Sparkassen reduziert wird, um die SRIs rentabler zu machen. Die Profitabilität der Sparkassen hängt in überragender Weise vom Zinsergebnis ab, dabei generiert die Sparkassenorganisation deutlich mehr Kundeneinlagen als Kundenkreditgeschäft. Die Bilanzsumme der Sparkassen beträgt 1084 Milliarden Euro, die Kundenkredite 660 Milliarden Euro, die Kundeneinlagen 767 Milliarden Euro. 79 Prozent aller Erträge der Sparkassen sind Zinserträge.3) Das Zinsergebnis der Sparkassen dürfte daher ganz wesentlich durch die Zinserträge aus der Wiederanlage des Kapitals, dem Wertpapieranlagevermögen und der Fristentransformation geprägt sein. Es entfallen allein 13 Prozent der Erlöse der Sparkassenorganisation auf Fristentransformationsbeiträge.4)

(4) Ein durch die SRIs geschaffener Ausgleich von Aktiv- und Passivpositionen fördert unmittelbar die Stabilität des Geschäftsmodells und erhöht die Systemstabilität der Finanzindustrie erheblich. Die besondere Präferenz der Liquiditätsanlage der Sparkassen bei Landesbanken (keine Anrechnung auf die Großkreditgrenze) ist ohnehin spätestens seit der Abschaffung von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast im Jahre 2005 eine unter Solvenzgesichtspunkten kaum vertretbare regulatorische Sonderregelung. Die organisationsrechtliche Verbindung von geschäftspolitisch gewollten Teilen der Landesbanken und

Sparkassen in SRIs kombiniert mit der zwangsläufig veränderten Eigentümerstruktur und Governance führt nicht nur zu einem sinnvollen Ausgleich der Bilanzstrukturen, sondern wird die Abhängigkeit vom Zinsergebnis - und damit auch von exogenen Faktoren wie der Lage und Struktur der Zinskurven oder der Solvenz der Partner und Solidität der Instrumente im Kapitalmarkt, die zur Anlage von Liquiditätsüberschüssen herangezogen werden - deutlich mindern.

(5) Die verschiedenen Vergleichsrechnungen zu den Erträgen von Sparkassen und privaten Kreditbanken, die Gischer et al. in ihrem Aufsatz präsentieren, haben wir mit Interesse zur Kenntnis genommen. Allerdings haben wir uns zu einem Vergleich von Sparkassen und Kreditbanken in der Streitschrift nicht geäußert. Wir halten dies auch nicht für sinnvoll, weil die Sparkassen aufgrund einer andersartigen Geschäftspolitik und einer systematisch anderen Gewinnthesaurierungspolitik nicht direkt mit Kreditbanken verglichen werden können. Ebenso wäre für eine korrekte Vergleichsrechnung die zumindest teilweise Einbeziehung der Landesbankenergebnisse anzumahnen - wir mahnen hier aber nicht an, weil der Ertragsvergleich gar nicht Gegenstand der Debatte ist.

Mangelnder Wettbewerb in der Fläche

(6) Gischer et al. bemängeln eine fehlende Wettbewerbsanalyse in der Streitschrift und stellen fest, dass Sparkassen ihre Wettbewerbsposition in der Vergangenheit gut verteidigt haben (wie ebenso die Genossenschaftsbanken). Diese Kritik ist insofern interessant, als sie - sicherlich ungewollt - unser Argument tatsächlich bestätigt: Wir haben nämlich einer Verstärkung des Wettbewerbs auf dem deutschen Markt für Finanzdienstleistungen das Wort geredet, weil wir diesen Wettbewerb insbesondere in den Regionen für unzureichend halten. Gischer etal. bestätigen diese Aussage in ihrer Abbildung 4 (Lerner-Index), weil dort ein höherer Monopolgrad in der Gruppe der Sparkassen gezeigt wird, als bei den Großbanken.

Es sei hier allerdings redlicherweise angemerkt, dass auch diese Interpretation mit einem Fragezeichen zu versehen ist, da die Anwendung des Lerner-Indexes auf Institutstypen im Stile von Gischer et al. nicht als Positionierung im Wettbewerb interpretiert werden sollte. Korrekt wäre eine Interpretation, die sich auf die unterschiedlichen Regional- und Produktmärkte bezieht. Dann zeigt die Abbildung 4 in Gischer et al. nämlich ein ganz anderes Bild: Die Wettbewerbsintensität ist dort hoch, wo Großbanken (auch) operieren, während sie niedrig ist, wo Sparkassen und Genossenschaftsbanken ohne Großbankenkonkurrenz agieren. Dieses empirische Ergebnis bestätigt die oft gehörte Ansicht, dass es in Deutschland gerade in der Fläche - und weniger in den Ballungsräumen - an Wettbewerb mangelt.

(7) Die rechtliche und ökonomische Leistungsfähigkeit des Institutssicherungssystems entspricht nach Beseitigung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung nicht mehr den Anforderungen. Dies ist der Öffentlichkeit jedoch bisher nicht bewusst gemacht worden. Mit Rücksicht auf den Schaden, der durch eine öffentliche Infragestellung der Qualität der Institutssicherung angerichtet werden kann, haben wir uns in unserem Papier nicht detailliert zu diesem Punkt geäußert. Dass die Ratingagentur Moody's nun eine mögliche Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Landesbanken angekündigt hat, belastet die Institutssicherungssysteme zusätzlich. Moody's begründet die Überprüfung der Bonitätseinstufung der Landesbanken mit der schwindenden Unterstützung durch Bund und Länder.

Vorzüge einer regionalen Integration

Dass Gischer et al. in ihrer Analyse im Wesentlichen zur Beibehaltung des Status quo raten, kommt unter Umständen auch daher, dass sich das Problem, wie mit den Landesbanken vor dem Hintergrund des Haftungsrisikos umzugehen ist, aus Sicht der Sparkassen erledigt oder zumindest deutlich entschärft hat. Unter dem Druck der aktuellen Banken-Stresstests haben sich die Eigentumsverhältnisse in den letzten Wochen verschoben. Die Anteile der Deka-Bank wurden von den Sparkassen vollständig übernommen. Die Bayern-LB und die HSH Nordbank sind fast ausschließlich im Eigentum der Länder; bei der Nord-LB werden es zukünftig 60 Prozent sein. Die WestLB soll auf eine Verbundbank mit nur noch einem Viertel des bisherigen Volumens redimensioniert werden.

Als traditionelle Landesbanken, bezogen auf die Eigentümerstruktur, verbleiben lediglich die LBBW und die Helaba. Bezeichnenderweise sind gerade diese beiden Institute partiell vertikalisiert, haben also bereits wesentliche Schritte in Richtung SRI gemacht. Auch die LBB ist ein vertikal integriertes Institut, ähnlich einem SRI. Die Vertikalisierung von LBBW und LBB ist interessanterweise unter Führung von Heinrich Haasis, seinerzeit Verwaltungsratsvorsitzender in diesen Instituten, umgesetzt worden. Dieses Beispiel zeigt, dass Verantwortliche im Sparkassenverband in anderen Positionen durch Taten belegt haben, dass auch sie die Vorzüge einer regionalen Integration von Sparkassen und Landesbanken erkannt haben.

Wir haben Verständnis dafür, dass der Sparkassenverband, einzelne Sparkassen, und auch die Sparkassenforschungszentren die Thesen unserer Streitschrift kritisch, mit Blick auf die Partikularinteressen der Sparkassen, prüfen. Wir hoffen, dass unsere Ausführungen deutlich machen, dass eine Neuausrichtung der Landesbanken in Deutschland auch die Sparkassen und ihr Geschäftsmodell nicht unberührt lassen wird.

Dort wo Landesbanken wegfallen, werden neue Institute entstehen, die deren Funktionen etwa im Bereich gehobener Mittelstand, Großkunden, gewerbliche Immobilienkunden, Projektfinanzierung ausüben. Es bedarf einer zukunftsgerichteten Lösung für den gesamten Sparkassen- und Landesbankensektor in Deutschland. Unser Dreiermodell schlägt eine Struktur dieses Sektors vor, welche eine Stärkung der Leistungsfähigkeit dieses bedeutenden Teils des deutschen Finanzsektors bedeuten würde.

Die Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt.

Fußnoten

1) Für das Geschäftsfeld Unternehmenskredite macht der DSGV in seiner Presseerklärung zur Bilanzpressekonferenz vom 16. März (Seite 4) folgende Angabe: "Zusammen haben Sparkassen und Landesbanken heute einen Marktanteil von 42,2 Prozent bei der Finanzierung von Unternehmen und Selbstständigen."

2) Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, April 2011, Seite 24, Bilanzsumme aller 429 Sparkassen im Februar 2011: 1,071 Billionen Euro.

3) Bilanzpressekonferenz des DSGV vom 16. März 2011. 4)Ebda.

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