Aufsätze

Nationale Unterschiede im Aufsichtsrecht: Herausforderungen für die Bankbonitätsanalyse

In Reaktion auf die Finanzkrise 2008 haben nationale und internationale Gremien, allen voran der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, neue Regeln beziehungsweise Empfehlungen zur verbesserten und harmonisierten Beaufsichtigung von Banken herausgegeben. Hierzu gehören insbesondere das Rahmenwerk Basel III einschließlich den Regeln zur Überwachung von systemrelevanten Institutionen (SIFI's - Systemically Important Financial Institutions) sowie die geplanten beziehungsweise bereits umgesetzten Regeln/Empfehlungen zur Restrukturierung von Kreditinstituten. Hinzu kommt eine erheblich veränderte Struktur der Aufsicht auf Baseler, EU- und deutscher Ebene unter anderem durch Gründung von Makroaufsichtsbehörden und die Neuformierung des Europäischen Finanzaufsichtssystems zum 1. Januar 2011.

Das regulatorische Umfeld für Banken und damit auch die Bonitätsanalyse der Bankkontrahenten hat sich damit in den letzten Jahren weltweit dramatisch verändert. Zudem zeigt sich immer mehr ein Auseinanderdriften nationaler Regelungen, was eine länderspezifische Analyse erfordert. Im Folgenden sollen die Implikationen unterschiedlicher nationaler Bankaufsichtsund -restrukturierungsregeln für die internationale Bankkreditanalyse untersucht werden.

Nationale Unterschiede bei Kapitalund Liquiditätsregeln

Schon die Umsetzung von Basel II erfolgte weltweit uneinheitlich. So wurde zum Beispiel Basel II in den USA nur für die elf größten Banken und Basel 2.5 noch gar nicht eingeführt. Die EU-Richtlinie überließ den Mitgliedsländern 110 Staatenwahlrechte, die nun allerdings teilweise aufgehoben werden sollen.1) Da einige Länder noch an der nationalen Umsetzung von Basel II beziehungsweise Basel 2.5 arbeiten, werden sie auch den Umsetzungstermin von Basel III ab 1. Januar 2013 voraussichtlich nicht einhalten können. Gleichzeitig wird das Prinzip der einheitlichen Regulierung durch neue nationale Gestaltungsspielräume wieder aufgeweicht.2) Nationale Unterschiede ergeben sich zum Beispiel bei:

- der Festlegung der Risikogewichte,

- der Risikomessung, zum Beispiel nach dem internen Ratingansatz (IRBA) mit internen Risikomodellen,

- den Kapitaldefinitionen,

- den Liquiditätsregeln,

- der Leverage Ratio und

- den SIFI-Regelungen.

Festlegung der Risikogewichte: Während Basel III in den USA, anders als Basel II, weitgehend unverändert umgesetzt werden soll, dürften die entsprechenden EU-Regeln deutlicher von Basel III abweichen als dies bei der Umsetzung von Basel II der Fall war.3) So sehen die Entwürfe des Europäischen Parlaments eine deutliche Differenzierung von Banken unterschiedlicher Größe und Systemrelevanz vor. Neben einer bereits beschlossenen Absenkung des Gewichtungsfaktors für Mittelstandskredite von 75 Prozent auf 50 Prozent wird darüber hinaus derzeit eine Korrektur der Risikogewichtung bei gewerblichen Immobilienkrediten und bei privaten Wohnbaufinanzierungen (von 50 Prozent auf 35 Prozent beziehungsweise von 35 Prozent auf 25 Prozent) und selbstständige Interventionen der nationalen Aufsichtsbehörden im Falle von Verwerfungen an den nationalen Immobilienmärkten, zum Beispiel durch zeitlich begrenzte Erhöhung der Risikogewichte für Hypothekenforderungen, diskutiert. Auch soll der Basel-I-Floor, nach dem die Eigenkapitalanforderungen nicht geringer als 80 Prozent der Anforderungen nach Basel I sein sollen, in der EU bis Ende 2015 verlängert werden.

Eingriffsmöglichkeiten für nationale Aufsichtsbehörden

Nach dem Entwurf des EU-Finanzministerrates sollen die nationalen Aufsichtsbehörden von den heimischen Banken eine bis zu drei Prozent höhere Kernkapitalquote bezogen auf das gesamte Exposure und eine bis zu fünf Prozent höhere Kernkapitalquote bezogen auf das Inlandsexposure sowie mit Zustimmung der EU-Kommission sogar einen noch höheren Eigenkapitalbedarf festlegen können.

Während unterschiedliche Mindestkapitalquoten nur indirekt über den Einfluss auf die Geschäftstätigkeit das Kontrahentenrisiko beeinflussen, ergeben sich direkte Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit durch unterschiedliche Risiko- und Kapitaldefinitionen beziehungsweise -messung.

Messung der Risikogewichteten Aktiva (RWA) nach dem IRBA: Mit internen Risikomodellen können Banken ihre Kapitalanforderungen gegenüber dem Standardansatz von Basel II senken. Diverse Studien haben nunmehr gezeigt, dass insbesondere die Ausfallwahrscheinlichkeit und die Verlustquote bei Ausfall für gleichartige Risiken von diversen Banken unterschiedlich eingeschätzt wird. Dies führt zu teilweise deutlich voneinander abweichenden RWA und damit einhergehend unterschiedlich hoher Eigenkapitalunterlegung. Gerade auch im Zuge der EBA-Stresstests haben einige Banken die Freiheiten bei der Gestaltung der internen Ratingmodelle ausgenutzt. So haben unter anderem spanische Banken einen erheblichen Teil ihrer Kapitallücke durch Überarbeitung ihrer internen Ratingmodelle geschlossen.4) Diese Gestaltbarkeit vermindert die Aussagefähigkeit von Risikokapitalquoten. Die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Banken ist beeinträchtigt.

Unterschiedliche Übergangsfristen Kapitaldefinition: Hier ergeben sich bereits nationale Unterschiede in der Konzeption von Basel III. So können die nationalen Aufsichtsbehörden für alle Banken, jedoch nur für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich, gemäß ihrer Einschätzung über den Bedarf an konjunkturellem Glättungserfordernis die Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers bis zu 2,5 Prozent der RWA individuell festlegen. Inwieweit zumindest auf europäischer Ebene eine Koordinierung durch den 2011 gegründeten Europäischen Ausschuss für Systemrisiken erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

Positiv ist aus deutscher Sicht zu werten, dass stille Einlagen deutscher Prägung unter bestimmten Umständen zum Kernkapital gezählt werden können, was ursprünglich durch Basel III ausgeklammert wurde. Über die Eignung von beziehungsweise die zu stellenden Anforderungen an sogenannte Pflichtwandelanleihen (sogenannte Contingent Convertibles) wird auch jenseits der EU noch heftig diskutiert. Es dürfte wahrscheinlich auch hier zu nationalen Unterschieden kommen.

Unterschiede gibt es auch bei den Übergangsfristen. Während nach Basel III für Nicht-Aktiengesellschaften eine zehnjährige Übergangsregelung für zukünftig nicht mehr anerkennungsfähige Kapitalbestandteile ab 2013 gelten soll, ist in den USA dieser Zeitraum auf drei Jahre begrenzt.

Liquiditätsregeln: Sowohl im Verhältnis zu Basel als auch untereinander diskutieren die europäischen Aufsichtsbehörden seit Jahren über die Liquiditätsvorschriften im Hinblick auf die anerkennungsfähigen Bestandteile des vorzuhaltenden Liquiditätspuffers. Insbesondere aus britischer Sicht sollten diese möglichst eng abgegrenzt werden, also möglichst nur Einlagen bei Notenbanken und Staatsanleihen umfassen. Aus kontinentaleuropäischer Sicht sollte der Rahmen für den Liquiditätspuffer auf weitere Anlageklassen (zum Beispiel Gold, Aktien großer Unternehmen, hypothekenbesicherte Wertpapiere) ausgeweitet werden. Soweit es hier zu signifikanten Unterschieden, zum Beispiel innerhalb der EU oder im Vergleich zu den USA kommen sollte, würde die Vergleichbarkeit beeinträchtigt werden. Die USA wollen sich diesbezüglich bislang weitgehend an die Vorgaben von Basel III halten.

Umfang und Intensität der Überwachung schwer greifbar

Nationale Alleingänge gibt es auch hier. So überwacht die österreichische Aufsicht die Nettoneukreditvergabe der Tochterbanken der drei international aktiven Geschäftsbanken in Osteuropa im Verhältnis zur Aufbringung lokaler stabiler Refinanzierungen ab Ende 2011 laufend. Als Warnsignal wurde eine Quote von 110 Prozent genannt, was auf eine faktische Begrenzung in dieser Höhe hinausläuft. Auch innerhalb der EU werden zwischenstaatliche Liquiditätsströme zwischen Banken des gleichen Konzerns mit Blick auf die Eurokrise von den nationalen Aufsichtsbehörden kontrolliert. Solche Regeln vermindern zweifellos den Risikogehalt von Forderungen gegen diese Banken. Problematisch wird das aber dort, wo keine oder nur eine unzureichende Überwachung erfolgt. Umfang und Intensität der Überwachung ist aus Analystensicht aber nur schwer zu greifen.

Leverage Ratio: Unterschiede in den Messmethoden zwischen den einzelnen Ländern können dazu führen, dass Institute bei identischem Portfolio unterschiedliche Leverage Ratios errechnen, was auch hier die Vergleichbarkeit vermindert. So wird es zu Abweichungen zwischen Basel III und EU-Verordnung in Bezug auf die Bewertung von Derivaten kommen.

SIFI-Regelungen: Die Identifikation der Global Systemically Important Financial Institutions (G-SIFI's) erfolgt laufend auf Basis der fünf gleichgewichteten Kriteriengruppen multinationale Geschäftstätigkeit, Größe, Vernetzung, Ersetzbarkeit und Komplexität. Entgegen der ursprünglichen Baseler Empfehlung sollen die 29 identifizierten G-SIFI's je nach Sitzland einen Eigenkapitalzuschlag von bis zu 10,0 Prozent (Basel: bis zu 3,5 Prozent) über die Basel-III-Anforderungen hinaus vorhalten. Teilweise gilt das dann aber nur für Bankteilkonzerne, wo Tochterbanken zusätzlich als nationale SIFI's identifiziert werden.

Teilweise strengere nationale Regeln

Unabhängig davon haben die Schweiz, Großbritannien, Schweden und China bereits jetzt strengere nationale Regeln eingeführt beziehungsweise vorgesehen. So gilt für die vier großen schwedischen Banken ab 1. Januar 2013 eine Tier-1-Mindestkapitalquote von zehn Prozent und ab 1. Januar 2015 von zwölf Prozent jeweils ohne Berücksichtigung des antizyklischen Kapitalpuffers. Österreichische Banken sollen je nach Risikogehalt des Geschäftsmodells ab 1. Januar 2016 über die Basel-III-Vorschriften hinaus einen zusätzlichen Kernkapitalpuffer von bis zu drei Prozent vorhalten. In Großbritannien wird vorgeschlagen, dass bestimmte britische Banken ab Anfang 2019 eine Mindesteigenkapitalquote von 17 Prozent aufweisen müssen. Diese muss zu mindestens zehn Prozent aus Core-Tier-1-Kapital bestehen.

Die Anforderungen an die beiden großen Schweizer Banken sehen eine Erhöhung der Mindesteigenkapitalquote bereits ab März 2012 auf 19 Prozent der RWA statt 10,5 Prozent nach Basel III vor. Der zusätzliche Kapitalpuffer von 8,5 Prozent muss mindestens zu 5,5 Prozent aus hartem Kernkapital und darf bis zu drei Prozent aus Contingent Convertibles bestehen, die konvertierbar sein müssen, wenn die Core-Tier-1-Kapitalquote unter sieben Prozent fällt. In China müssen systemrelevante Banken wie die ICBC, die Bank of China oder die Bank of Communications beginnend ab 2013 schrittweise bis 2018 eine Kernkapitalquote von 11,5 Prozent erreichen, wovon 9,5 Prozent hartes Kernkapital sein muss.

Die genannten Unterschiede zeigen, dass das festzustellende Wiederauseinanderdriften der nationalen Umsetzungen neben den Regulatoren auch die Bankanalysten vor große Herausforderungen stellen wird. So bleiben insbesondere die Risikokapitalquoten dauerhaft nicht vergleichbar, die Geschäftsmodelle werden wieder zunehmend durch ein heterogenes regulatorisches Umfeld beeinflusst, selbst wenn die Überwachung der Kapital- und Liquiditätsregeln in der EU zukünftig im Wesentlichen über die EBA und nicht mehr die nationalen Behörden erfolgen soll.

Restrukturierungsrecht für Banken

Seit Beginn der Finanzkrise steht die Erarbeitung eines europäischen Bankenrestrukturierungsrechts auf der Agenda vieler Organisationen. So wurden vom Baseler Ausschuss bereits im März 2010 Empfehlungen für den Umgang mit grenzüberschreitend tätigen Finanzinstituten in Schwierigkeiten veröffentlicht. Dabei wurden die wichtigsten grenzüberschreitenden Bankenzusammenbrüche (insbesondere Fortis, Dexia, Kaupthing und Lehman) der letzten Jahre analysiert und wesentliche dabei aufgetretene Probleme zu Empfehlungen verarbeitet. Diese wurden durch eine Kriterienliste des Financial Stability Board im Oktober 2011 ergänzt.

Die Europäische Kommission hat im Juni 2012 in einem neuen Entwurf Prinzipien eines auf EU-Ebene harmonisierten Bankenrestrukturierungsrechts vorgelegt. Ziel ist jeweils die Reduktion des systemischen Risikos im Bankwesen und damit die Verminderung der Stützungsnotwendigkeit durch einen Staat auf Kosten der Steuerzahler. Die wesentlichen Vorschläge des bis Januar 2015 umzusetzenden ersten Teils beziehen sich dabei auf frühzeitige Interventionsbefugnisse, die Abwicklung von in Problemen befindlichen Finanzinstituten, die Entwicklung geeigneter Insolvenzverfahren und Notfallpläne sowie die Entflechtung komplexer Institutsgruppen unter Einbindung der nationalen Aufsichtsbehörden. Ziel des bis Januar 2018 umzusetzenden zweiten Teils ist, entstandene Verluste im Zuge einer Bankenrestrukturierung auf Aktionäre und Gläubiger aufzuteilen, wobei negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität möglichst vermieden, der Rückgriff auf Steuergelder eingeschränkt sowie Rechtssicherheit und Berechenbarkeit für Investoren erhalten bleiben sollen. Dieser Teil wird daher für Bankengläubiger besonders wichtig werden.

Einzelne Länder (unter anderem Deutschland, Großbritannien, USA) hatten basierend auf den Lehren der Finanzkrise bereits ab 2009 entsprechende Regelwerke verabschiedet.5) Die nationalen Bemühungen, Bankenrestrukturierungsgesetze schnellstmöglich in Kraft zu setzen, sind einerseits positiv zu sehen, da finale Regelungen, zum Beispiel in Europa, noch auf sich warten lassen, obwohl die Finanzkrise gezeigt hat, dass gerade vor dem Hintergrund des Erhalts der Stabilität des Finanzsystems und der Verminderung von zu riskantem Geschäftsgebaren dringend Handlungsbedarf bestand. Andererseits zeigen diese nationalen Alleingänge ein heterogenes und unvollständiges Bild, zum Beispiel weil sie die Baseler Empfehlungen nur unzureichend berücksichtigen oder aber darüber hinausgehen.6)

In jedem Fall erschweren sie eine Vergleichbarkeit der Finanzinstitute in Bezug auf ihr regulatorisches Umfeld bei der Bonitätsanalyse. So müssen insbesondere bei der Beurteilung einer etwaigen Staatsstützung neben der Systemrelevanz des jeweiligen Institutes auch die jeweiligen nationalen Regelungen zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten nunmehr beleuchtet werden. Dies ist letztlich nur vor dem Hintergrund des rechtlichen, politischen und ökonomischen Umfelds sowie der unterschiedlichen Aufsichtsphilosophie des jeweiligen Landes beurteilbar. So wird schon im vorangehenden EU-Entwurf zum Beispiel staatlichen Eingriffsmöglichkeiten im Interesse einer Bankensanierung nach britischem Vorbild ein höherer Stellenwert zulasten der Gläubigerrechte eingeräumt als nach dem deutschen Restrukturierungsgesetz.7) Auch sind die praktischen Auswirkungen in den meisten Fällen noch unklar. Dies erfordert über eine länderindividuelle Analyse der Regelwerke hinaus auch die laufende Beobachtung der regulatorischen Trends. Ebenso ist wahrscheinlich, dass ein einheitliches europäisches Bankenrestrukturierungsrecht wiederum Gesetzesänderungen an den nationalen Bankenrestrukturierungsgesetzen in Europa erforderlich macht.

Weiterentwicklung der Bonitätsanalyse

Das Umfeld von Banken ist, ähnlich dessen für Versicherungen, aber anders als für die meisten anderen Branchen, in besonderem Maße von aufsichtsrechtlichen Regeln abhängig. Diese Faktoren haben nicht nur eine besondere Dynamik entfaltet, sondern entwickeln sich entgegen dem Geist von Basel in den verschiedenen Ländern wieder auseinander. Dies hat insoweit seine Berechtigung, als im Zweifel die einzelnen Länder ihre Banken stützen müssen, da es keine einheitlichen Auffangtöpfe weltweit oder auch nur EU-weit gibt. Auch sind Länder wie Großbritannien und die Schweiz aufgrund der Bedeutung des Bankwesens im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt stärker vom Wohl ihres Bankensystems abhängig als andere Länder.8) Dem stehen die gegenwärtigen Bestrebungen einer integrierten Bankenaufsicht (Bankenunion) in der EU gegenüber, deren Ausgestaltung allerdings noch unklar ist und die Heterogenität nur teilweise behebt. Fraglich ist insbesondere, ob sie nur für systemrelevante oder alle Banken gelten soll. Großbritannien hat schon signalisiert, an der Bankenunion nicht teilnehmen zu wollen.

In dem Maße wie Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nationale Besonderheiten aufweisen, ist eine Vergleichbarkeit über Landesgrenzen hinweg nicht mehr gegeben. Genauso können unterschiedliche nationale Regeln beziehungsweise Regelausübung zur Restrukturierung und Liquidation von Kreditinstituten Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit und die Höhe eines etwaigen Ausfalls haben.

Generell dürfte die staatliche Stützungsbereitschaft für Banken entsprechend der Zielsetzung der Restrukturierungsgesetze abnehmen, andererseits wird man im Bedarfsfall auch weiterhin übergeordnete systemische Faktoren nicht außer Acht lassen können. So könnte die Eurostaatenkrise staatliche Stützungsmaßnahmen auch in Zukunft erforderlich machen. In dem Umfang wie nationale Aufsichtsregeln das Geschäftsmodell beeinflussen werden, zum Beispiel auch über die Abtrennung von Kunden- und Eigenhandelsaktivitäten nach der geplanten Volcker Rule in den USA beziehungsweise die organisatorische Abgrenzung nach dem Vickers Report in Großbritannien, ergeben sich Folgen auf Ertrags- und Kapitalhöhe beziehungsweise -qualität.

Auch indirekte Rückwirkungen

Unabhängig von diesen direkten Effekten sind auch indirekte Rückwirkungen zu bedenken. In dem Maße, wie erhöhte Kapitalanforderungen innerhalb eines EU-Landes, wie zum Beispiel in Großbritannien vorgesehen, eine Verknappung des Kreditangebots britischer Bankentöchter in anderen Ländern nach sich ziehen, ist mit makroökonomischen Konsequenzen und einer Verschlechterung der Portfolioqualität in diesen Ländern zu rechnen. Hiervon wären mittel- und osteuropäische Banken in Besonderem betroffen, da der Anteil ausländisch dominierter Banken in diesen Märkten besonders hoch ist. Hinzu kommen Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Refinanzierungsstrategien der Bankkontrahenten, die kaum vorhersehbar sind und dadurch die Analyse erschweren.

All dies zeigt, dass die Bankbonitätsanalyse mehr als früher nationalen regulatorischen Besonderheiten Rechnung tragen muss. Viele davon sind nur qualitativ erfassbar, die praktischen Auswirkungen werden sich oft erst über die Zeit zeigen. Die Bonitätsanalyse der Banken kann sich daher zunehmend weniger auf eine reine Kennzahlenanalyse beschränken, sondern muss das rechtliche und ökonomische Umfeld berücksichtigen. Die sich daraus ergebende Dynamik hat unter anderem auch das DZ Bank Research unlängst bewogen, das seit 2000 angebotene kennzahlenbasierte Cresta-Score-Rating für Banken einzustellen.9)

Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung der Autoren wieder.

Literatur

Basel Committee on Banking Supervision, Resolution policies and frameworks - progress so far, Basel, July 2011.

Basel Committee on Banking Supervision, Report to G20 Leaders on Basel III implementation, June 2012. DZ Bank Research, Banken - Masterliste, Ausgabe 2 vom 16. Mai 2012.

Eckes, B./Hartmann, U., Brüssel beendet nationale Wahlrechte, in: Börsenzeitung vom 12. August 2011, S. 2.

Heuer, D./Gosejacob, U., Eingriffe in Rechte von Gläubigern nach deutschem und europäischem Bankenrestrukturierungsrecht, in: ZfgK 14-2011, S. 720-722. Kafsack, H., Des Kapitals Kern, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Mai 2012, S. 9. Pengelly, M., A weight on their minds, in: Risk, July 2011, S. 36-39.

Suyter, A., Basel III: Grundlage einheitlichen Wettbewerbs?, in: Risiko-Manager, 01/2012, S. 12-13. O.V., Europäische Banken rechnen sich ihre Risiken schön, in: Handelsblatt vom 11. November 2011, S. 34.

Fußnoten

1) Vgl. Eckes/Hartmann (2011) S. 2.

2) Vgl. auch Suyter (2012) S. 13.

3) Vgl. auch Basel Committee on Banking Supervision (2012).

4) Vgl. Pengelly (2011) S. 36-39 und o.V., (2011) S. 34.

5) Insbesondere Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz von 2010 in Deutschland, der Banking Act (2009) und ergänzend Regelwerk der FSA "Consultation Paper CP 11/16: Recovery and Resolution Plans" in Großbritannien, der Dodd-Frank Act (2010) in USA.

6) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision (2011).

7) Vgl. Heuer/Gosejacob (2011) S. 721 und 722.

8) Vgl. Kafsack (2012) S. 9.9) Vgl. DZ Bank Research (2012) S. 1 und 2.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X