Aufsätze

Neue Regeln der Bankenaufsicht - für die Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungen

Der ABS-Kapitalmarkt ist weltweit auf dem Vormarsch. In Europa ist er seit Beginn des Jahrtausends dynamisch - fast jedes Jahr mit zweistelliger Rate - gewachsen. Auch das erste Halbjahr 2006 hat mit einem Emissionsvolumen von langfristigen ABS-Anleihen von über 200 Milliarden Euro wieder einen neuen Rekordwert gebracht. Hinzu kommen Commercial Paper-Programme (ECP) mit einem ausstehenden Gesamtvolumen von zirka 150 Milliarden Euro.

Den ABS-Markt kennzeichnet eine zunehmende Ausdifferenzierung. Zum einen erweitern sich die gehandelten Forderungsklassen: Leasingforderungen, Konsumentenkredite, private oder gewerbliche Immobilienkredite, Genussrechte und Steuerrückstände werden ebenso verbrieft wie Akquisitions-, Infrastruktur-, Schiffs- und Flugzeugfinanzierungen. Zum anderen verschränkt sich der ABS-Markt zunehmend mit anderen Kapital- beziehungsweise Kredithandelsmärkten - wie dies an so genannten CDOs (Collateralized Debt Obligations) auf Anleihen oder Kreditderivate unmittelbar erkennbar ist.

Hinter dieser stürmischen Marktentwicklung verbergen sich grundlegende Veränderungen im Anlage- und Finanzierungsverhalten von Banken und Unternehmen. Für Originatoren aus dem Unternehmenssektor ergeben sich durch die Nutzung von ABS-Techniken vielfältige Vorteile: Sie können ihre Refinanzierung und/oder ihre Eigenkapitalbeschaffung verbessern und/oder flexibilisieren. Durch ABS erhalten sie Zugang zum Kapitalmarkt und verringern ihre Abhängigkeit von Bankkrediten.

Diese Vorteile erschließen sich zunehmend neben Großunternehmen und Mittelständlern auch kleinere Banken. So können letztere, möglicherweise vorwiegend regional tätige Institute, ihre eher regional/sektoral konzentrierten Risiken per ABS ausplatzieren und damit neben der Refinanzierung auch Portfoliosteuerung betreiben. Banken stehen aber auch auf Investorenseite. Sie können über den Kapitalmarkt Kreditrisiken erwerben, zu denen früher kein Zugang existierte und ihr eigenes Portfolio und damit ihre Ertragsstruktur besser diversifizieren.

Harmonisierung des weltweiten Bankenaufsichtsrechts: Basel II

Mit dem Ziel die Beaufsichtigung der Kreditinstitute den modernen Entwicklungen im Risikomanagement und der ökonomischen Kapitalsteuerung anzupassen und diese Neuausrichtung international harmonisiert (und ohne Wettbewerbsbeeinträchtigung) herbeizuführen, wurde der Basel-II-Prozess vor mehreren Jahren in Gang gesetzt.

In den Basel-II-Prozess sind relativ spät auch umfassende Regeln für die Verbriefungsaktivitäten der Banken eingefügt worden. Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung der Verbriefungsmärkte ist ein solches Regelwerk wesentlich, weil es Klarheit für die Marktentwicklung schafft sowie grundlegend für die Wettbewerbsgleichheit zwischen den Finanzplätzen ist.

Grundsätzlich werden die Verbriefungsregeln dadurch geprägt,

- dass Banken mit einem "besseren" Risikomanagement mit geringeren Eigenkapitalanforderungen für dasselbe Risiko "belohnt" werden (sollen),

- dass höhere ABS-Risiken mit zum Teil drastisch höheren Eigenkapitalanforderungen sanktioniert werden,

- dass auch hier wie generell unter Basel II keine Kreditrisikomodelle zugelassen sind,

- dass ABS-Aktivitäten umfassend offenzulegen sind,

- dass ABS-Aktivitäten in den bankaufsichtlichen Überwachungsprozess einbezogen sind.

Der deutsche Gesetzgeber setzt Basel II durch Änderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) und durch die Solvabilitätsverordnung (SolvV) um. Dabei hat er den Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinien zur

einheitlichen Umsetzung von Basel II in allen EU-Mitgliedsstaaten zu folgen.

Praxisnahe Fassung der Solvabilitätsverordnung erwünscht

Nachdem der Entwurf für eine SolvV seit längerer Zeit in Fachgruppen vorberaten worden war, wird dieser derzeit zwischen Bankenaufsehern und Kreditwirtschaft abschließend diskutiert. Insgesamt ist ein Entwurf entstanden, der quantitativ und qualitativ überaus anspruchsvoll ist.

Die in der TSI (True Sale Initiative) zusammengeschlossenen Banken haben diesen Prozess sowohl durch Mitarbeit in der Fachgruppe ABS der BaFin als auch durch eine, vom Verbriefungsforum der TSI erstellte umfassende Stellungnahme begleitet. Da viele Sachgebiete der SolvV nur noch von Experten verstanden werden, sind fachliche Beiträge der Kreditwirtschaft wohl so notwendig wie für kein anderes Regelwerk zuvor.

Eine praxisnahe und verständliche Fassung der SolvV ist entscheidend dafür, dass den Instituten nicht unverhältnismäßiger Aufwand abverlangt wird und die Verbriefungsaktivitäten nicht in andere EU-Länder abwandern. Für die TSI wird es vor diesem Hintergrund wichtig sein, gezielt Beiträge zur Vermittlung der Inhalte der neuen Verbriefungsregeln und damit ihrer schnelleren Adaption zu leisten.

Strukturwandel?

Die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der weltweiten Umsetzung von Basel II sind bislang wenig erforscht. Die Bankenaufsicht hat zwar in allen betroffenen Ländern (von der BIZ zu einem "Weltergebnis" aggregierte) quantitative Auswirkungsstudien durchgeführt. Für diese stand jedoch im Vordergrund, ob

- nach Einführung der neuen Regeln das im gesamten Bankensystem gehaltene Eigenkapital nicht niedriger sein wird als unter Basel I, das heißt die Risiken in etwa mit acht Prozent Eigenkapital abgepuffert werden und ob

- das Versprechen eingelöst wird, dass Banken mit besserem Risikomanagement (IRB-Banken) für dieselben Geschäfte geringeren Eigenkapitalanforderungen als Standardbanken unterliegen.

Beide gewünschte Effekte scheinen sich in den Studien bisher weitestgehend zu bestätigen. Ihr Vorliegen ist auch in der deutschen QIS 4 erkennbar. Wirtschaftspolitisch ist jedoch darüber hinaus von Relevanz, dass sich mit Einführung von Basel II erhebliche Struktureffekte abzeichnen. Diese Effekte sind für die Banken von höchstem Interesse, da sie ihre relative Wettbewerbsfähigkeit betreffen - insoweit sollten Kreditinstitute "Basel II" nicht nur als ein technisches Implementierungs-, sondern auch und insbesondere als ein strategisches Projekt begreifen.

These ist, dass es in einer Vielzahl von Fällen aus regulatorischen Gründen sinnvoll sein kann, bestimmte Geschäftsfelder zwischen IRB- und Standardbanken neu zu verteilen. Eine Reallokation könnte zum einen durch schlichte Übertragung unverbriefter Portfolien erfolgen. Denkbar ist aber auch, dass Portfolien tranchiert via ABS an andere Kreditinstitute weitergegeben werden.

Reallokation unverbriefter Portfolien

Als Beispiel sei zunächst das Retail- Geschäft genannt. Zum Retailgeschäft können Konsumentenkredite, private Wohnungsbaukredite oder auch das kleinteilige Mittelstandsgeschäft zählen. Diese Geschäftsart wird eine drastische Absenkung der Eigenkapitalanforderungen erleben. Für private Wohnungsbaukredite "erster Güte" können die Risikogewichte sich gegenüber Basel I (50 Prozent) auf bis unter ein Viertel (10 bis 15 Prozent) für IRB-Banken reduzieren. Für Standardbanken sinkt das Risikogewicht nur auf 35 Prozent, das heißt, sie müssen im Wettbewerb - der heute in Deutschland intensiv ist und zu sehr geringen Margen geführt hat - das Zwei- bis Dreifache an regulatorisch bedingten Eigenkapitalkosten verdienen. IRB-Banken mit einem umfassenden Retailgeschäft werden in einem beträchtlichen Umfang Eigenkapital freisetzen und folglich über Reallokationsmöglichkeiten nachdenken müssen.

Auch am Beispiel von Unternehmenskrediten lässt sich zeigen, dass - regulatorisch bedingt - ein Anreiz dafür besteht, zwischen Banken Geschäfte (durch Übertragung von Portfolien) zu verlagern:

- Unterstellt man vereinfachend einen ROE von 25 Prozent als Zielgröße für die Verzinsung des Kernkapitals (Minimum von vier Prozent), dann müsste eine Standardbank für einen Unternehmenskredit mit BBB-Qualität (aber ohne externem Rating) regulatorische Eigenkapitalkosten von 100 bp per annum (Risikogewicht von 100 Prozent) über die Marge erwirtschaften, während die IRB-Bank nur 44 bp per annum (Risikogewicht von 44 Prozent ) benötigt.

- Im Qualitätsbereich BB dreht sich die Situation um. Die IRB-Bank benötigt 140 bp per annum (Risikogewicht 140 Prozent) während die Standardbank aufgrund des Einheitsrisikogewichts von 100 Prozent bei 115 bp per annum bleibt.

Die Reallokations-Effekte werden allerdings durch eine schrittweise Einführung der Eigenkapitalabsenkung gemildert. IRB-Banken können danach im Jahr 2007 (bei einem aufsichtlichen Floor von 95 Prozent) maximal eine Eigenkapitalersparnis von fünf Prozent gegenüber dem Basel I-Niveau erzielen. Der aufsichtliche Floor sinkt in 2008 auf 90 Prozent und in 2009 auf 80 Prozent des Basel-I-Niveaus. Im Jahr 2010 wird die Bankenaufsicht dann neu entscheiden. Insoweit ist zu überlegen, ob Transaktionen nur für eine Basel-I-Anerkennung und/oder auch für eine Basel-II-Entlastung strukturiert werden.

Reallokation via ABS

Die zuvor genannten Zusammenhänge stellen auf Reallokationen ab, die aus unterschiedlichen Eigenkapitalanforderungen an das direkte Halten von (unverbrieften) Portfolien resultieren können. Weitere Reallokationspotenziale könnten sich aus den unter dem Basel II-Regime für ABS maßgeblichen Risikogewichten ergeben.

Es wird zu Fällen kommen, in denen die Risikogewichtung der im verbrieften Portfolio enthaltenen Forderungen höher ist als die Summe der Risikogewichte aller Verbriefungstranchen, die aus diesem Portfolio gebildet wurden. Aus einer Transformation in ABS und anschließendem Rückerwerb lässt sich zwar kein Vorteil erzielen, da durch einen Rückerwerb des verbrieften Portfolios aufsichtlich der "wesentliche Risikotransfer" beseitigt wird. In einem entstehenden Portfoliotransfermarkt könnten Kreditinstitute aber wechselseitig Portfolien anbieten respektive erwerben.

Die Tabelle zeigt auch, dass die in ihr vorgesehene Differenzierung zwischen IRB- und Standardbanken zu einem ratingabhängigen Investorenverhalten führen kann. Für die guten Bonitätsklassen (bis BBB) liegen die Risikogewichte für IRB-Banken deutlich niedriger als für Standardbanken. Beispielsweise ist die Anlage in AAA-ABS fast drei Mal so teuer für Standardbanken - gemessen in regulatorischen Eigenkapitalkosten beziehungsweise relativen Risikogewichten - wie für IRB-Banken. In den derzeit sehr niedrigen AAA-Spreads dürfte dieser vorhersagbare Basel-II-Effekt bereits preislich berücksichtigt sein. Dabei scheint evident, dass der sehr geringe Spread über Euribor (10 bis 20 bp) kaum mehr für Standardbanken auf Dauer ausreichen wird. Auch hier drehen sich die Verhältnisse um, wenn die Kreditqualität an die Grenze (BBB-) zum Investmentgrade geht oder unter Investmentgrade fällt.

Prozyklizität

Die neuen Eigenkapitalregeln werden den Eigenkapitalbedarf der Banken einer stärkeren Volatilität aussetzen. Gerade für IRB-Banken werden sich die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) ihrer Kreditnehmer und/oder die Verlustrate (LGD) im Konjunkturverlauf ändern, und zwar häufig prozyklisch. Die Eigenkapitalanforderungen, deren Höhe PD und LGD als maßgeblich bestimmen, könnten sich mit verschlechternder Konjunktur auch beträchtlich erhöhen.

Dazu ein Beispiel: Falls ein Portfolio mit Unternehmenskrediten, die im Durchschnitt ein internes Rating von A+ aufweisen, im Konjunkturverlauf auf im Durchschnitt BBB+ migriert, könnte sich die Eigenkapitalanforderung verdreifachen; der gleiche Multiplikator gilt in etwa für eine Migration von BBB+ auf BB-. In diesem Kontext werden viele Institute Verbriefungen ebenfalls als effizientes Instrument zur Steuerung dieser Eigen-kapital-Volatilität einsetzen. Anderenfalls müsste ein Institut erheblich mehr "freies" Eigenkapital vorhalten, um einen hinreichenden Puffer gegen ein zu starkes Absinken der Eigenkapitalquote zu besitzen.

Als Ausweg bliebe ansonsten nur eine temporäre Zurückhaltung in der Kreditvergabe. Das könnte gerade für Mittelstandskredite zutreffend werden, die überwiegend in der Kreditqualität entweder gerade Investmentgrade oder unter Investmentgrade sind. Durch Migrationen können für diese Kredite ausgesprochene "Klippeneffekte" mit entsprechender Hebelwirkung auf den Eigenkapitalbedarf entstehen.

Einzelfragen zum Verbriefungsregelwerk der SolvV

Im Folgenden werden einige ausgewählte Teile des Verbriefungsregelwerks sowie wichtige Petiten der TSI und der Kreditwirtschaft erläutert. Grundtenor ist, dass im Hinblick auf die neuen, noch nicht erprobten ABS-Regeln mehr Flexibilität und Pragmatismus notwendig ist als bisher vorgesehen. Es ist zu befürchten, dass die Grundideen von Basel II bei ihrer Transformation in deutsches Aufsichtsrecht in einem solchen Maß an Flexibilität verlieren, dass ihre praktische Umsetzung zu nicht sachgerechten Ergebnissen führt. Hierzu zählt auch, dass der nach der Entwurfsfassung notwendige administrative und Prüfungsaufwand prohibitive Ausmaße annehmen kann. Die Wahrnehmung dieser aus Bankensicht kritischen Sachverhalte darf nicht durch die zweifellos vorhandenen Vorteile des neuen Regelwerks, zum Beispiel bei der Unterlegung guter Bonitäten, verzerrt werden.

Viele der nachfolgend aufgeführten Punkte sind bereits konstruktiv besprochen worden. Es ist zu hoffen, dass einige Vereinfachungen noch zeitnah umgesetzt werden. Offene Fragen sollen bis Ende des Jahres noch in der Fachgruppe ABS geklärt werden. Mit den Erläuterungen zur SolvV ist allerdings erst im Laufe des Jahres 2007 zu rechnen, obwohl diese im Hinblick auf die Vermittlung der Sachverhalte und erforderliche Auslegungen dringend benötigt werden.

Forderungsklasse Verbriefung

Die Sonderregelungen des Verbriefungsteils der SolvV sind nur auf "Verbriefungspositionen" anwendbar. Jedes Kreditrisiko muss daraufhin geprüft werden, ob es eine Verbriefungsposition darstellt. Die im SolvV-Entwurf vorgesehenen Definitionen weisen grundsätzlich in die richtige Richtung. Sie greifen Kriterien auf, die der Markt auch bisher (intuitiv) als Abgrenzungskriterien herangezogen hat (etwa Tranchierung, Wasserfall). Unschärfen bleiben allerdings bei der Behandlung von so genannten "Future-flow"-Transaktionen, die zwar vom Markt als Verbriefungen wahrgenommen werden, die aber auf der Basis der aktuellen Definitionen, wonach eine Verbriefungstransaktion die Übertragung eines konkreten Adressenausfallrisikos voraussetzt, nur schwerlich dem Verbriefungsregelwerk zugeordnet werden können.

Für die Institute ist es überdies wichtig, dass sie Spielraum besitzen, Transaktionen gemäß ihrer "Verbriefungssubstanz" auch als Verbriefungen behandeln zu können. Dafür spricht auch, dass der Verbriefungsmarkt außerordentlich innovativ ist und oft unklar bliebe, welcher sonstigen Forderungsklasse solche Transaktionen sachgerecht zugeordnet werden sollten.

Problematisch ist auch, dass die SolvV den so genannten "Tranched Cover" als Verbriefungsposition definiert. Für diesen Begriff ist unklar, welche Fälle erfasst werden und wie im Einzelnen die Verzweigung mit dem weiteren Verbriefungsregelwerk aussieht. So besteht die Gefahr, dass Kreditgeschäfte, die niemals als Verbriefung angelegt oder begriffen wurden (wie zum Beispiel A/B-Loans oder Syndizierungen) dem Verbriefungsregelwerk unterliegen. Dies ist insbesondere deswegen unbefriedigend, weil diese Geschäfte in aller Regel nicht extern geratet sind und mithin nach der Logik des Verbriefungsregelwerks grundsätzlich mit 1 250 Prozent gewichtet werden müssten. Allerdings wendet sich diese Kritik an erster Stelle an den "EU-Gesetzgeber", von dem diese Vorgabe stammt. Es ist zu hoffen, dass sich schon bald genügend EU-Mitgliedstaaten finden werden, die im Komitologieverfahren eine Änderung anstreben beziehungsweise unterstützen. Dem Vernehmen nach prüft die Bankenaufsicht gegenwärtig, ob die "Tranched Cover" als Kreditrisikominderungstechnik geregelt werden kann.

Verbrieftes Portfolio

Die Definition dessen, was als "verbrieftes Portfolio" gewertet wird, hat außerordentlich große Auswirkungen auf Prüfungs- und Überwachungspflichten. Bankaufsichtlich wird das verbriefte Portfolio gegenwärtig weit abgegrenzt. Es soll alle Adressenausfallrisiken umfassen, denen Investoren ausgesetzt sind. Danach sind auch Ansprüche aus Derivategeschäften und Zwischenanlagen neben den der Transaktion unterliegenden Forderungen (beispielsweise private Wohnungsbaukredite) Bestandteile des verbrieften Portfolios.

Dem "einfachen" Investoren sind in der Regel jedoch sowohl diese Hilfsgeschäfte (Derivate, Zwischenanlagen) als auch die unterliegenden Forderungen (unter anderem wegen Bankgeheimnis) im Einzelnen bekannt. Es wäre zudem vom Aufwand her nicht vertretbar, wenn sie - wie an bestimmten Stellen in der SolvV verlangt diese Adressenausfallpositionen "exakt" erfassen müssten. Dazu müssten nämlich für jede Adressenausfallposition im verbrieften Portfolio Bemessungsgrundlagen und/oder Risikogewichte nach den Vorgaben der SolvV berechnet werden - auch das wird aber bei einigen einfachen Vorprüfungen von den Instituten verlangt.

Es sollte daher umfassender als bisher schon gestattet, der Begriff des verbrieften Portfolios enger auslegt werden können und an vielen Stellen, eine exakte Bestimmung von Bemessungsgrundlagen nur in begründeten Verdachtsfällen verlangt werden. Da auch in diesem Fall die EU-Richtlinie wenig Spielraum lässt, könnte eine Lösung darin bestehen, dass mehr sachgerechte Ausnahmen geprüft und in einer nicht abschließenden Positivliste zusammengefasst werden.

Originator, Sponsor, Investor

Jedes Institut hat zu überprüfen, ob es Originator (oder Sponsor) im Hinblick auf eine Verbriefungsposition ist. Nur wenn es diese Frage nachweislich verneinen kann, gilt es als Investor. Das Verbriefungsregelwerk sieht nun vor, dass ein Institut in Bezug auf ein bestimmtes Portfolio auch dann Originator ist, wenn es überwiegend Forderungen enthält, die das fragliche Institut selbst oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen (irgendwann) begründet und weiterveräußert hat. Eine solche Prüfung ist - gerade in weit gespannten Konsolidierungskreisen - nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu leisten. Eine explizite Prüfung der Originatorenstellung sollte deswegen strikt auf begründete Verdachtsfälle beschränkt werden.

Kein "echter" IRBA-Ansatz verfügbar: Ein ABS-Investor muss sodann bestimmen, ob er auf sein Investment die KSA- oder IRB- Regeln (inklusive Risikogewichtung) anzuwenden hat. Dazu schaut er auf die verbrieften Forderungen durch. Würde er für diese Forderungen (beispielsweise private Wohnungsbaukredite) sich selber für den Standardansatz in seinem Geschäft entschieden haben, dann ist er für eine RMBS ein KSA-Investor. Er wäre IRB-Investor, wenn er selbst für Wohnungsbaukredite ein internes Ratingverfahren besitzt. Insoweit können IRBA-Institute zu KSA-Instituten für einzelne Verbriefungspositionen werden, wenn sie für die betroffene Forderungsklasse kein internes Ratingverfahren haben. Zudem können aus Sicht des Investors verbriefte Portfolien auch "gemischt" sein, also ihnen KSA- und IRB-Positionen unterliegen.

IRB-Institute müssen also grundsätzlich beide Methoden der Unterlegung von Verbriefungspositionen beherrschen und organisieren, wenn sie keine komplette Abdeckung aller Forderungsklassen mit internen Ratingverfahren haben. Es sollte aber verhindert werden, dass seit Jahren erfahrene ABS-Institute nur aus diesem Grund Nachteile bei der Eigenkapitalunterlegung erfahren. Zudem sollte auch hier der erforderliche Prüfaufwand in Grenzen gehalten werden. Gerade für investierende IRB-Institute können die Prüfungen zur Bestimmung ihrer eigenen Rolle (KSA? oder IRB? ) erheblichen Aufwand verursachen. Auch hier wird die Bestimmung der Bemessungsgrundlagen als Basis verlangt, obwohl das häufig aufgrund von Datenschutz und fehlender Daten zu Einzelkrediten gar nicht möglich ist. Den Instituten müssen vereinfachte Prüfverfahren an die Hand gegeben werden.

Wesentlicher Risikotransfer

Aus Sicht verbriefender Institute (Originatoren) ist es entscheidend, wann ein "wesentlicher Risikotransfer" und damit eine Eigenkapitalentlastung vorliegen. Dieser unbestimmte Begriff ist in der SolvV dahingehend präzisiert worden, dass ein wesentlicher Risikotransfer dann gegeben ist, wenn

- das Risikogewicht der ausplatzierten Teile der mezzaninen Tranchen (in der Regel von BB bis A) einer Verbriefungstransaktion mindestens 50 Prozent des gewichteten Gesamtrisikos dieser mezzaninen Tranchen entspricht und

- von der niedrigsten mezzaninen Tranche (in der Regel das BB) wenigstens ein Teil ausplatziert wurde. Diese Festlegung der SolvV ist in vielen Fällen hilfreich. Es sollte und wird voraussichtlich im Text der SolvV zudem festgehalten werden, dass das Institut auch in anderer geeigneter Weise den Transfer wesentlicher Risiken nachweisen kann. So zeigt sich für eine Reihe von Provide- und Promise-Transaktionen, dass die BB-Tranchen mehr als 50 Prozent des gewichteten Risikogewichts ausmachen. In diesen Fällen wird es für den "wesentlichen Risikotransfer" immer erforderlich sein, dass auch Teile des BB ausplatziert werden.

Für den "wesentlichen Risikotransfer" ist aber nicht nur die absolute Höhe des transferierten Risikos von Bedeutung. Wichtig ist auch das korrekte "Design" des für den Risikotransfer verwendeten Instruments. Hier werden insbesondere an synthetische Verbriefungen, bei denen der Tranfer per Gewährleistung oder Kreditderivat bewirkt wird, hohe Anforderungen gestellt. Dabei wirken sich auf synthetischen Verbriefungen die auch im Bereich der Kreditrisikominderungstechniken mit dem Postulat einer bankaufsichtlichen Idealgarantie bestehenden Schwierigkeiten aus. Diese soll dem Garantienehmer bei Eintritt eines Ausfallereignisses eine zeitlich unmittelbare Entschädigung aller ausfallenden Zahlungen sichern.

Was damit genau gemeint ist, ist unklar. Würden diese Anforderungen strikt ausgelegt, dann wären die allermeisten schon bestehenden Garantien nicht mehr anerkennungsfähig. Für Kreditrisikominderungen wie für Verbriefungstransaktionen sollte deshalb eine pragmatische Auslegung gelten. Unstreitig dürfte sein, dass Kapital, Zinsen und Verwertungskosten abgesichert sein müssen. Spielraum sollte hinsichtlich des Zeitpunkts der Ausgleichszahlung bestehen. Der Zinsschaden sollte auf ausfallende Zinszahlungen bis zur Entschädigungsleistung begrenzt sein - eine Garantie sollte jedenfalls nicht auch einen Margenverlust nebst Vorfälligkeitsentschädigung absichern müssen.

Implizite Unterstützung

Ein Originator darf seine Transaktion nachträglich nicht unterstützen, weil er dann Verantwortung für ein Kreditrisiko übernimmt, für das er kein Eigenkapital mehr unterlegt. Deshalb sind an Unterstützungen, die über die vertraglichen Pflichten hinaus gegeben werden, drastische Strafen geknüpft. Für Deutschland ist der Sachverhalt hinreichend geklärt. Es besteht Einvernehmen, dass Interventionen - beispielsweise der Rückkauf von Forderungen

- zum Marktpreis keine verbotene Unterstützung bedeuten. Investorenperspektive: Investoren müssen sich durch eine Vielzahl von Prüfungen "hangeln", um die Risikogewichtung der von ihnen erworbenen Verbriefungspositionen endgültig bestimmen zu können. In allen investierenden Instituten sind entsprechende organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, die schon früh das mögliche endgültige Risikogewicht - vor Kauf für den Händler - zuverlässig vorhersagen lassen.

Der Investor prüft zunächst, ob eine Verbriefung vorliegt, ob er überhaupt Investor ist, ob er KSA- oder IRB-Investor ist. Wie gezeigt, wird bereits für diese Vorfragen die aufwendige Bestimmung von Bemessungsgrundlagen des verbrieften Portfolios oder sogar von Risiko gewichteten Positionswerten verlangt. Das "eigentliche" Problem liegt in der Kumulation der Anforderungen, von denen viele nicht exakt erfüllt werden können, bereits in diesem Vorfragenbereich. Hier sind radikale Vereinfachungen den Investoren an die Hand zu geben, die in gängige, hoch geratete ABS investieren. Ansonsten droht ein Vollzugsdefizit oder ein Investitionsattentismus.

Maßgebliche Bonitätsbeurteilung

Die für ein ABS-Investment vorliegenden Ratingurteile - selbst wenn sie von den "gängigen" Ratingagenturen stammen sind stets darauf zu prüfen, ob sie bankaufsichtlich verwendet werden dürfen. Viele dieser Prüfungen können die Institute nicht leisten. Ein Institut kann so unter anderem nicht nachweisen, dass ein Rating nicht unbeauftragt war oder nicht in die Migrationsmatrix der Agentur aufgenommen wird.

Schwierigkeiten ergeben sich ferner aus der Anforderung, dass alle Zahlungsansprüche des Investors im Rating berücksichtigt sein müssen - das ist beispielsweise nicht der Fall für Prämienzahlungen auf Credit Default Swaps.

Diese Prüfungen zu "bestehen" ist aber entscheidend, weil ansonsten der Abzug der Verbriefungsposition vom Eigenkapital oder ihre Vollunterlegung drohen. Auch hier hat sich eine gemeinsame Sicht von Aufsicht und Industrie herausgebildet, dass erhebliche Vereinfachungen möglich gemacht werden müssen.

Alternative Risikomessverfahren

Für Verbriefungspositionen ohne maßgebliche Bonitätsbeurteilung können Risikogewichte nur in begrenztem Umfang anhand alternativer Verfahren ermittelt werden. Auch hier gibt es zahlreiche Petiten der Kreditwirtschaft, so unter anderem

- für KSA-Institute die "Durchschaumethode" (Durchschnittsrisikogewicht x Risikokonzentrationsrate) pragmatisch handhabbar zu machen,

- für KSA-Institute die Durchschaumethode für ABCP-Programme durch eine realistischere Definition von Erstverlusten handhabbar zu machen,

- für KSA-Institute in die Durchschaumethode für anerkannte Liquiditätsfazilitäten auch den in Anspruch genommenen Betrag zu integrieren,

- für IRB-Institute letztere Methode als Rückfalllösung flexibel zur Verfügung zu stellen,

- die Zulassungsbestimmungen für das "interne Einstufungsverfahren" (nur IRB-Institute) pragmatisch zu gestalten.

Granularität

IRB-Investoren müssen für die Ermittlung des maßgeblichen Risikogewichts die Granularität der verbrieften Portfolios ermitteln. Diese soll anhand der Zahl der effektiven Kreditnehmer in einem verbrieften Portfolio gemessen werden. Liegt diese Anzahl unter sechs, dann werden höhere Gewichte angesetzt - für AAA beispielsweise zwölf Prozent gegenüber sieben Prozent für granulare Portfolien. Für die Bestimmung der Granularität gibt die SolvV drei Verfahren vor. Davon ist eines bereits sehr "verschlankt".

Die Kreditwirtschaft möchte aber noch weitergehen und bestimmte Transaktionstypen gänzlich aus einem formalen Test herausnehmen. Beispielsweise ist die Assetklasse "RMBS" dadurch geprägt, dass eine sehr große Zahl von privaten Kreditnehmern in den Portfolien enthalten ist. Eine gesonderte Berechnung oder Dokumentation dieses Sachverhalts wäre reiner Formalismus.

Die Auswirkungen der ABS-Regeln auf die Reallokation von Bankgeschäften und auf die relative Wettbewerbsfähigkeit der Institute konnten hier nur gestreift werden. Wünschenswert wäre eine stärkere wirtschaftspolitische Wahrnehmung und auch wissenschaftliche Untersuchung des möglichen Strukturwandels.

"Überperfekte" Vorgaben vermeiden

Der Umsetzungsprozess von Basel II in deutsches Recht darf mit der Verabschiedung der SolvV nur vorläufig zum Abschluss kommen. Zu viele Fragen werden unter dem Termindruck einer fristgerechten Umsetzung von EU-Recht nicht abschließend geklärt werden können. Für Institute, die schon ab 1. Januar 2007 das neue Aufsichtsrecht anwenden wollen, kommt die Veröffentlichung der (aufgestauten) Arbeitspapiere der Fachgruppe ABS ohnehin zu spät. Allerdings sollte bei einer abschließenden Prüfung dieser Papiere nochmals überlegt werden, ob überperfekte Vorgaben die damit verbundenen Verwaltungsaufwendungen wirklich rechtfertigen.

Es ist wünschenswert, dass ein umfassender Erläuterungsteil mit möglichst vielen Beispielen erstellt wird. Das wird vor allem kleineren Instituten helfen, die sich einen Basel II-"Exegeten" weder leisten können noch wollen. Der Erläuterungsteil sollte insbesondere ausdrücklich adressieren, welche Prüfungsdichte im Einzelfall (Petitum: Aufwendige und detaillierte Prüfung nur bei begründeten Verdachtsfällen) anzuwenden ist. Verbleiben hier Unschärfen, könnten möglicherweise Wirtschaftsprüfer auf eine (von der Aufsicht eigentlich nicht gewollte) Überregulierung hinwirken. Genauso unabdingbar ist, dass die Fachgruppe ABS als eigenständige Arbeitsgruppe bestehen bleibt. Die noch offenen Auslegungsfragen wurden bereits angesprochen. Zudem ist die ABS-Industrie hinreichend innovativ, so dass sich auch zukünftig zahlreiche Anwendungsfragen ergeben werden.

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