Aufsätze

Offene steuerrechtliche Fragen bei der Verbriefung von Mittelstandsrisiken

Die Verbriefung von Mittelstandsrisiken in deutschen Bankbilanzen, aber auch die direkte Finanzierung mittelständischer Unternehmen über den ABS-Markt, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Heute hängt die Finanzierung des deutschen Mittelstands bereits in erheblichem Maße vom ABS-Markt ab. Damit kompensiert der ABS-Markt Finanzierungslücken, die sich andernorts aufgrund der traditionellen Eigenkapitalschwäche einerseits sowie der hohen Abhängigkeit vom Bankkredit andererseits auftun. Wichtig dabei ist jedoch, dass der Staat die entsprechenden steuerlichen Rahmenbedingungen für die aufstrebende neue Finanzierungsform bereitstellt und weiterentwickelt.

Die Verbriefung von Mittelstandsrisiken kann dabei viele Formen annehmen. Die steuerrechtlichen Fragen sind insbesondere abhängig von den zu verbriefenden Gegenständen und der gewählten Struktur. Im Zentrum der nachfolgenden Ausführungen stehen Strukturen, bei denen ein Verbriefungsvehikel (Special Purpose Vehicle, SPV) mezzanines Kapital an die an der Transaktion teilnehmenden Unternehmen des deutschen Mittelstands vergibt. Die Kapitalüberlassung refinanziert das SPV durch die Ausgabe verschiedener Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt. Transaktionen mit zahlungsgestörten Forderungen (Non-performing Loans) sollen hier nicht erörtert werden.

Teilnehmendes Unternehmen

Aus Sicht des teilnehmenden Unternehmens kommt es regelmäßig darauf an, dass die mezzanine Kapitalüberlassung steuerlich als Fremdkapital ausgestaltet ist und die geschuldeten Zinsen steuerlich abzugsfähig sind, dass sie von der Hausbank jedoch auf das wirtschaftliche Eigenkapital angerechnet wird. Die handelsrechtlichen Eigenkapitalkriterien nach IDW, und zwar Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit, Verlustteilnahme und Längerfristigkeit werden oft nicht erfüllt, denn gerade die Verlustteilnahme führt zu einer zusätzlichen Unsicherheit der Zahlungsströme auf die Schuldverschreibungen, dies wirft besondere Schwierigkeiten bei der Verbriefung auf. Es gibt allerdings begrüßenswerte Bestrebungen, mezzanines Kapital unter einem Sonderposten auszuweisen, um dessen Sonderrolle auch in der Handelsbilanz zu zeigen.

In Bezug auf die steuerliche Abzugsfähigkeit sind folgende wesentliche Fragen zu beachten:

Eigenkapital-Genussrecht: Damit die Finanzierung als steuerliches Fremdkapital gewertet und der Betriebsausgabenabzug für die laufenden Zinszahlungen gewährt wird, darf das Instrument nicht die Kriterien eines Eigenkapital-Genussrechts im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG erfüllen, das heißt, es darf nicht gleichzeitig eine Beteiligung am Gewinn und am Liquiditionserlös geben. Eine Erfolgsbeteiligung ist zwar regelmäßig gegeben, eine Beteiligung am Liquidationserlös und damit an den stillen Reserven des Unternehmens ist regelmäßig nicht vorgesehen. Damit scheidet eine Qualifizierung der mezzaninen Instrumente als Eigenkapital-Genussrecht im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG aus.

Stille Gesellschaft: Ein (stilles) Gesellschaftsverhältnis liegt normalerweise nicht vor. Die in dem Vertrag über die Gewährung von mezzaninem Kapital vorgesehenen Kontrollrechte gehen in der Regel auch nicht über das Maß hinaus, das bei Finanzierungstransaktionen üblich ist, da das SPV kein Interesse hat, unternehmerische Verantwortung und Risiken zu übernehmen, sondern lediglich daran interessiert ist, die geschuldeten Zinszahlungen und die Rückzahlung des gewährten Kapitals am Ende der Laufzeit zu erhalten. Damit kann die Kapitalgewährung regelmäßig auch nicht in ein stilles Gesellschaftsverhältnis umqualifiziert werden.

Gesellschafter-Fremdfinanzierung: Die Regelungen über die Gesellschafter-Fremdfinanzierung, § 8a KStG, dürften bereits aus übergeordneten Erwägungen heraus keine Rolle spielen, denn die Transaktion verfolgt das Ziel, Unternehmen des deutschen Mittelstands mit Kapital zu finanzieren, das anderweitig, auch vom Gesellschafter, nicht erhältlich ist. Im Übrigen ist das SPV als Darlehensgeber Dritter und nicht Gesellschafter, daher kommt eine Anwendung des § 8a KStG nur dann in Betracht, wenn das SPV Rückgriff auf den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person hat. Ein Rückgriff scheidet jedoch aus, denn die Refinanzierung des mezzaninen Kapitals erfolgt über den Kapitalmarkt, nicht den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person.

Selbst dann, wenn eine dem teilnehmenden Unternehmen nahe stehende Person eine Garantie zu Gunsten des SPV gewährt, ändert sich dieses Ergebnis nicht, denn die Finanzverwaltung hat in einem Erlass aus 2004 festgehalten, dass Fälle des Rückgriffs nur dann zur Anwendung des § 8a KStG führen, wenn ein back-to-back Fall vorliegt. Dem Darlehensnehmer wird auferlegt, nachzuweisen, dass der Darlehensgeber keinen Zugriff etwa auf zinstragende Einlagen des Anteilseigners oder der nahe stehenden Person hat.

Rechtslage nicht völlig geklärt

Dies erfolgt regelmäßig über eine schriftliche Bestätigung des Darlehensgebers. Nicht sicher ist, wie dieser Nachweis bei Kapitalmarkttransaktionen geführt werden kann, denn das SPV weiß regelmäßig nicht, welche Investoren die Schuldverschreibungen, die überdies börsentäglich gehandelt werden, halten. Hier sollte der Nachweis allerdings auch dadurch möglich sein, dass der Emissionsprospekt der von dem SPV emittierten Schuldverschreibungen als Gegenbeweis den Finanzbehörden vorgelegt wird.

Aus dem Emissionsprospekt ergibt sich auch, dass keine weiteren Sicherheiten existieren, und dass fremde Dritte bereit sind, das Kapital zu den vereinbarten Konditionen zur Verfügung zu stellen. Die Rechtslage erscheint insoweit jedoch nicht völlig geklärt, insbesondere auch vor dem Hintergrund des viel zu weiten Wortlauts des § 8a KStG.

Zinsbesteuerung: Seit kurzem wird in der Öffentlichkeit eine Diskussion über die Einführung einer "Zinsbesteuerung", das heißt einer Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwendungen, geführt, wobei scheinbar verschiedene Modelle vertreten werden. Die Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwendungen bei der Einkommensteuer sollte der Gesetzgeber aber nicht ändern. Für Gewerbesteuerzwecke gibt es zwar bereits eine hälftige Hinzurechnung von Dauerschuldentgelten. Dies ist jedoch dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer geschuldet.

Substanzelemente wesensfremd

Die Einkommen-/Körperschaftsteuer ist dagegen eine Steuer, welche die sich aus dem laufenden Ertrag ergebende Leistungsfähigkeit eines Unternehmens besteuern soll. Substanzelemente wären ihr wesensfremd, sie würden die Kapitalaufnahme erheblich verteuern und würden damit die oft beklagte Kapitalknappheit im Mittelstand verschärfen. Kapitalmarktbasierte mezzanine Finanzierungen sollen gerade hier Linderung schaffen, daher würde die Einführung einer Nichtabzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen dem Ziel entgegenlaufen, Unternehmen des deutschen Mittelstands mit mezzaninen Finanzierungen zu markgerechten Konditionen zu versorgen.

Kapitalertragsteuer: Schließlich kommt

es aus Sicht des teilnehmenden Unternehmens darauf an, dass die regelmäßig auf mezzanine Instrumente einzubehaltende Kapitalertragsteuer (zum Beispiel bei Genussrechten oder partiarischen Darlehen) keine Definitivbelastung wird, weil sich die Refinanzierung des SPV am Kapitalmarkt sonst entsprechend verteuern würde, mit entsprechenden Folgen für die Zinsbelastung des teilnehmenden Unternehmens.

In den meisten Verbriefungstransaktionen tragen die Unternehmen die wirtschaftliche Belastung mit Kapitalertragsteuer. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist die Kapitalertragsteuer bei der Zinszahlung auf die mezzaninen Instrumente zunächst einzubehalten. Das SPV ist nach Maßgabe eines anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) berechtigt, die Erstattung zu verlangen, wenn es in einem günstigen DBA-Staat ansässig ist, wie zum Beispiel Irland oder Luxemburg.

Ein Freistellungsverfahren gibt es für Zinserträge, die einem DBA-Ausländer, der an dem teilnehmenden Unternehmen nicht beteiligt ist, zufließen, derzeit nicht, anders als für bestimmte andere Erträge wie zum Beispiel Dividenden ab einer bestimmten Beteiligungshöhe oder andere abzugspflichtige Vergütungen. Um Verbriefungsstrukturen effizienter und damit kostengünstiger ausgestalten zu können, wäre es sinnvoll, wenn der Gesetzgeber ein Freistellungsverfahren auch für nach DBA nicht steuerpflichtige Zinseinkünfte einführen würde.

Verbriefungsvehikel: In der Rechtspraxis sind bislang vorwiegend ausländische Strukturen festzustellen. Das SPV ist dabei entweder in einem Land ansässig, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, oder es handelt sich um ein SPV in der Rechtsform einer steuerlich transparenten Personengesellschaft. Fraglich ist, ob ein inländisches SPV, beispielsweise in der Rechtsform einer GmbH, mit einem ausländischen SPV in steuerlicher Hinsicht konkurrieren kann.

Inländisches versus ausländisches SPV

Ausländisches SPV: Ein ausländisches SPV unterliegt mit der typischerweise geringen Zinsmarge (das heißt regelmäßig einer Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals) der Einkommensbesteuerung mit den im Sitzland anwendbaren Sätzen. Eine inländische Besteuerung scheidet regelmäßig aus, denn eine inländische Betriebsstätte wird nicht begründet. Auch wäre es verfehlt anzunehmen, dass fremde Dritte, die bestimmte Dienstleistungen an das SPV erbringen und dafür eine angemessene Vergütung erhalten, eine Betriebsstätte begründen könnten.

Inländisches SPV: Dagegen unterliegt ein inländisches SPV nicht nur der Einkommensteuer auf den nach den Regelungen des deutschen Steuerrechts ermittelten Gewinn, sondern auch der Gewerbesteuer. Sollte die gewerbesteuerliche Dauerschuld-Hinzurechnung greifen, die eine Hinzurechnung der Hälfte der Dauerschuldentgelte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags beinhaltet, so würde dies eine inländische Verbriefungstransaktion unmöglich machen, denn es würde eine Steuer festgesetzt werden, ohne dass ein Gewinn erwirtschaftet worden wäre.

Das hat der Gesetzgeber auch schon erkannt und die Verbriefungsausnahme des § 19 Abs. 3 Ziff. 2 GewStDV geschaffen. Diese Ausnahme erfasst jedoch nur den echten Erwerb von Forderungen, die eine Bank gegen Dritte hat, sowie den Erwerb von synthetischen Forderungen. Es wäre daher dringend erforderlich, die Ausnahme von der Dauerschuld-Hinzurechnung auch auf SPVs zu erweitern, die mezzanine Forderungen verbriefen. Solange das Gewer-besteuer-Problem nicht gelöst ist, dürfte eine inländische Verbriefung mezzaniner Finanzierungen nicht stattfinden.

Dies zeigt folgendes vereinfachtes Beispiel eines SPV, das Zinseinnahmen von 100 (aus den mezzaninen Instrumenten) und Zinsausgaben von 99 (aus der Ausgabe von Schuldverschreibungen am Markt) hat:

Gewinn vor Steuern (EBT): 1

GewSt (mit Dauerschuld-Hinzurechnung): Bemessungsgrundlage [1 + (50% von 99 = 45,5) =] 46,5, darauf GewSt z.B.17% = 7,9

Ergebnis nach GewSt (vor KSt): - 6,9

Die Gewerbesteuer das 7,9fache des Gewinns des SPV, der Gewinn vor Einkommensteuer wäre aufgrund der Gewerbesteuer negativ. Eine solche durch die Gewerbesteuer verursachte Substanzbesteuerung wäre für die Investoren nicht akzeptabel. Zusätzlich ist zu beachten, dass das teilnehmende Unternehmen den Zinsaufwand bei der Gewerbesteuer zur Hälfte hinzurechnen muss, so dass ohne entsprechende gesetzgeberische Korrekturen ein und dieselbe Finanzierung mehr als einmal bei der Gewerbesteuer erfasst würde.

Freistellungsverfahren

Weiterhin erscheint ein Freistellungsverfahren für die von den teilnehmenden Unternehmen einzubehaltende Kapitalertragsteuer erforderlich, denn der Verweis auf die Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die erst nach Jahresende entstehende, nahezu nichtexistente Körperschaftsteuerschuld des inländischen SPV führt dazu, dass der Zeitraum zwischen Einbehalt und Abführung der Kapitalertragsteuer (im Jahr der Zinszahlung) und Anrechnung beziehungsweise Erstattung (im Folgejahr der Steuerveranlagung) zu Finanzierungskosten führt, welche die mezzanine Finanzierung für die teilnehmenden Unternehmen im Ergebnis verteuern.

Hinzu kommt bei einer bundesweiten Finanzierungstransaktion, dass die Kapitalertragsteuer bundesweit vereinnahmt wird, aber die Anrechnung beziehungsweise Erstattung durch das Finanzamt (und Bundesland) am Sitz des SPV erfolgt. Diese Verschiebung von Steueraufkommen kann politisch nicht gewollt sein.

Umsatzsteuer: Die Umsatzsteuer-Mehrbelastung, die sich bei inländischen SPVs im Vergleich zu den typischen ausländischen SPVs ergibt, ist ein weiterer Kostenfaktor. Andere Mitgliedstaaten haben, anders als das deutsche UStG, die umsatzsteuerlichen Befreiungsvorschriften der Sechsten EU-Richtlinie so formuliert, dass Investment-Managementleistungen von der Umsatzsteuer befreit sind. Eine entsprechende Befreiung würde Wettbewerbsgleichheit der inländischen mit ausländischen SPVs herstellen.

Rechtssicherheit im Einzelfall: Die deutschen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften sind bei inländischen Verbriefungstransaktionen daraufhin zu untersuchen, ob sie Bewertungseinheiten zulassen. Die Bewertungseinheit hat Bedeutung in den Fällen, in denen Teilwertabschreibungen der Forderungen des SPV bei einer Stand-alone-Bewertung vorzunehmen wären, während die Verbindlichkeiten aus den ausgegebenen Schuldverschreibungen aufgrund des Vorsichtsprinzips weiterhin voll bilanziert werden müssen. Die zu Bewertungseinheiten jüngst erfolgte Gesetzesänderung in § 5 Abs. 1a EStG zeigt, dass der Gesetzgeber hier Handlungsbedarf sieht, auch wenn die jüngste Änderung den Fall des inländischen SPV meist nicht erfasst.

Letztlich wird es jedoch immer darauf ankommen, im Einzelfall Rechtssicherheit zu schaffen, daher ist die Bereitschaft der Finanzverwaltung, zu konkreten geplanten Strukturen verbindliche Auskünfte zu erteilen, ein wichtiger Standortfaktor. Wenn diese Bereitschaft besteht, gibt es auch die Chance, dass die mit den SPVs verbundenen Finanzdienstleistungs-Industrien nicht dauerhaft ins Ausland abwandern.

Die offenen steuerlichen Fragestellungen bei der Verbriefung von Mittelstandsrisiken betreffen im Kern die Frage, ob der Gesetzgeber inländische Lösungen ermöglichen will. Für ausländische SPVs gibt es in der Regel bereits in der Praxis erprobte Lösungen. Wenn die Politik der mit SPVs zusammenhängenden Industrie im Inland eine Chance geben will, so sind einige gesetzgeberische Änderungen, insbesondere bei der Gewerbesteuer, erforderlich. Hinzu kommt, dass die für die Investoren erforderliche Rechtssicherheit regelmäßig auch eine Abstimmung mit der zuständigen Finanzverwaltung erfordert; die Politik sollte der Finanzverwaltung eine proaktive Begleitung von Kapitalmarkttransaktionen ermöglichen.

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