Gespräch des Tages

Private Equity - MoRaKG - verpasste Chance?

Mit den Heuschrecken, den betriebswirtschaftlichen, scheint es sich auf den ersten Blick - etwas ketzerisch gesprochen - so zu verhalten, wie in dem männlich-chauvinistischen Bonmot über Frauen: Man kann nicht mit ihnen leben und nicht ohne sie. Denn freilich trägt die Beteiligungsbranche erheblich zur Finanzierung des innovativen deutschen Mittelstands bei. Wenn in beteiligungsfinanzierten Unternehmen auch nur annähernd vier bis sechs Millionen Menschen beschäftigt sind, wie es die European Private Equity & Venture Capital Association in einer Studie veröffentlicht hat, zeigt dies zunächst einmal eins: Die Branche wird gebraucht. Warum solche Unternehmen das besser können, als das hiesige Kreditgewerbe? Weil sie "näher" am Geschehen sind, schließlich arbeiten die Wagniskapital- und Private-Equity-Gesellschaften aktiv am eigenen Investment. Gleichzeitig haben bekanntlich einige schwarze Schafe am Ruf der gesamten Branche gekratzt - die Medien haben es in die breite Öffentlichkeit transportiert -, indem sie aus Volkes Sicht zu stark Einfluss genommen, zu viele Arbeitsplätze vernichtet und nicht selten ein ganzes Unternehmen zu Fall gebracht haben. Und all dies hinter verschlossenen Türen. Die geglückten Beteiligungen rücken in der öffentlichen Wahrnehmung da schnell in den Hintergrund.

Im Sinne einer angemessenen Regulierung samt einer besseren Transparenz ist es ob ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung daher zunächst unbedingt als erfreulich zu werten, dass die Beteiligungsgesellschaften des Landes im Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) zum einen nicht generell als "Heuschrecke" zusammengefasst werden und zum anderen bessere Rahmenbedingungen für Wagniskapital geschaffen werden sollen. Private Equity bleibt dabei allerdings weitestgehend außen vor; aus Kostengründen heißt es aus Berlin, wo die sonst zu erwartenden Steuerausfälle auf bis zu 20 Milliarden Euro beziffert werden.

Wie groß der Nachholbedarf hierzulande sei, hat der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) kürzlich hervorgehoben: Deutschland halte in Sachen Private Equity zusammen mit Österreich, Irland und Portugal das Schlusslicht in Europa, von mehr als einem Dutzend großer Buy-outs sitze keines in der Bundesrepublik. Großbritannien und Schweden weisen aus Sicht der Lobbyisten den Weg. Dass die Lage als ernst eingeschätzt wird, soll das Aufbäumen des Verbands noch einmal untermalen: Die Hälfte der Mitglieder erwäge bereits eine Verlagerung von PE-Fonds und/oder Management ins Ausland. Einheitlicher rechtlicher Rahmen für alle Gesellschaften, vermögensverwaltende und somit steuertransparente Fonds in der Rechtsform der Personengesellschaft, keine Umsatzsteuer auf die Management-Fee, Beibehaltung von Verlusten und Verlustvorträgen junger Unternehmen im VC-Bereich - keine steuerliche Begünstigung, sondern eine Festschreibung und Klarstellung der derzeit gültigen Rechtspraxis sollen die Empfehlungen des BVK sein.

Dass das MoRaKG zu kurz greift, wird nicht nur vom BVK angemahnt: zu wenige Aspekte regele es und in weiten Bereichen löse es keine Probleme; international könne man damit allemal nicht bestehen. Und wenn die Unionsfraktion nach der Kritik vom Gros aller Verbände und angehörten Experten nun auch den Verzicht auf das Gesetz als Option bezeichnet hat, wird klar, auf welch wackligen Beinen das Vorhaben überhaupt noch steht. Derweil zeigt der weiterhin bestehende Diskussionsbedarf, trotz der gemeinsamen Front gegen das verhaltene Agieren in Berlin, dass die Beteiligungsbranche noch etwas an (innerer) Definition zu vermissen scheint - von einem einheitlichen europäischen Selbstbewusstsein ganz zu schweigen. Es ist ihr daher zu wünschen, dass sie sich etwa im Zuge einer Selbstregulierung schnell profilieren kann, und dies in allen EU-Volkswirtschaften.

Der kürzlich vorgestellte "Code of Ethics" der European Private Equity & Venture Capital Association kann hier nur ein erster Schritt hin zu einem umfänglicheren Regelwerk und einer besseren Transparenz sein. Ähnlich haben freilich die Investmentgesellschaften des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) hierzulande mit ihren Wohlverhaltensregeln in der Vergangenheit auch schon einige Wogen glätten können. Vielleicht verschwindet dann allmählich auch der Begriff "Heuschrecke" wieder von der Bildfläche - dem produktiven Zusammenleben und den vielen weißen Schafen zuliebe.

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