Aufsätze

Private Equity als stabiler Schutzschirm gegen die Unwetter auf dem Finanzmarkt

Die Krise an den internationalen Finanzmärkten stellt Banken weltweit vor enorme Herausforderungen. Insbesondere gefährdet sie aber die Intermediationsfunktion der Kreditinstitute und damit letztlich die Geld- und Kreditversorgung von Unternehmen in einer Volkswirtschaft. Inzwischen haben die Verwerfungen an den Finanzmärkten Rückwirkungen auf die Realwirtschaft: Sinkende Auftragseingänge bei vielen gerade mittelständisch strukturierten Unternehmen trüben die Wachstumsaussichten der Volkswirtschaft merklich ein und schmälern die individuellen Entwicklungsperspektiven vieler Unternehmen. Die Auswirkungen auf Wohlstand und Beschäftigung in der Volkswirtschaft werden in naher Zukunft spürbar werden. Unternehmen stehen vor diesem Hintergrund vor großen Herausforderungen.

Finanzierungsmittel als Engpass? Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind insbesondere mittelständische Unternehmen darauf angewiesen, dass ihnen in ausreichendem Umfang Finanzierungsmittel - sei es in Form von Fremd- oder Eigenkapital - zur Verfügung stehen. Finanzmittel, die benötigt werden, um Investitionen vornehmen zu können oder Kapazitäten an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Gerade in der Krise gilt: Die Wachstums- und Innovationsgeschwindigkeit einer Volkswirtschaft wird maßgeblich durch mittelständische Unternehmen beziehungsweise durch technologieorientierte Unternehmensgründungen geprägt. Sie sind das Rückgrat einer Volkswirtschaft. Sie sind aber auch der Schlüssel zur Überwindung der Krise. Deshalb kommt der Versorgung dieser Unternehmen mit Finanzierungsmitteln eine herausgehobene Bedeutung zu.

Es gehört nicht viel Prophetie dazu, vorherzusagen, dass die Verwerfungen im Bankensektor Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen haben werden. Nach wie vor gilt: Es gibt keine Kreditklemme in Deutschland - Stand Oktober 2008. Die Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen ist stabil, allerdings sind die Kreditkonditionen insgesamt gestiegen. Und die schon seit Längerem beobachtbare Spreizung zwischen guten Adressen und schlechteren ist größer geworden.

In diesem Zusammenhang kommt Förderbanken eine wichtige Aufgabe zu: Sie müssen die Kredit- und Eigenkapitalversorgung der Wirtschaft dadurch sicherstellen, dass sie sich gerade in Zeiten der Krise antizyklisch verhalten. Anstaltslast und Gewährträgerhaftung und eine explizite Garantie sichern Förderbanken ein erstklassiges Rating und versetzen sie in die Lage, stabilisierend im Bankensystem und unterstützend im volkswirtschaftlichen Sinne zu wirken - in einer doppelten Funktion:

Förderbanken stellen Liquidität für Banken und Sparkassen zum Beispiel in Form von Globaldarlehen bereit. Und sie garantieren Fördergelder für den Mittelstand und für Existenzgründer zu attraktiven Konditionen mit dem Ziel: keine gute Geschäftsidee darf an der Finanzierung scheitern. Die Finanzierungshilfe kann dabei auf der Fremd- wie auch auf der Eigenkapitalseite erfolgen.

Eigenkapitalquote als Gradmesser für Bonität

Auf der Fremdkapitalseite wird der klassische Bankkredit in der Form von Betriebsmittel- oder Investitionsdarlehen weiterhin die wichtigste externe Finanzierungsquelle für den Mittelstand bleiben. Der Förderkredit mit seinen attraktiven Konditionen kann dabei einen wichtigen Baustein in der Gesamtfinanzierung bilden, ja solche Finanzierungspakete überhaupt erst ermöglichen. An Bedeutung gewinnt in der aktuellen Situation ein weiteres, für Förderbanken wichtiges Förderinstrumentarium: die Risikoentlastung der Hausbanken bei der Kreditvergabe. Hausbanken werden damit in die Lage versetzt, Unternehmen mit Kreditmitteln zu versorgen und zwar auch dann, wenn sie selbst an die Grenze ihrer eigenen Kreditvergabemöglichkeiten stoßen.

In Zeiten einer restriktiveren Vergabe von Finanzierungsmitteln werden vor allem solche Unternehmen weniger betroffen sein, die über eine solide Eigenkapitalausstattung verfügen. Diese ist bei vielen mittelständischen Unternehmen in Deutschland traditionell unterentwickelt. Die Eigenkapitalquote ist jedoch ein wichtiger Gradmesser für die Bonität: Unternehmen mit niedrigen Eigenkapitalquoten stehen schlechter da als solche mit hohen. Hier kann Private Equity (PE) positive Impulse liefern. Empirisch belegt ist die Tatsache, dass die Eigenkapitalquoten bei Private Equity finanzierten Unternehmen höher sind als bei anderen Unternehmen. So liegt die Eigenkapitalquote bei kleinen und mittleren Unternehmen ohne Private Equity im Durchschnitt bei 15 Prozent, während bei Private Equity finanzierte Unternehmen eine Quote von 30 Prozent ausweisen.

Deshalb kommt der Bereitstellung von Eigenkapital gerade auch durch eine Förderbank eine herausragende Bedeutung zu. Die effiziente Verfügbarkeit von Eigenkapital ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Anpassung an veränderte, zunehmend international ausgerichtete Märkte. Das gilt insbesondere für den deutschen Mittelstand, der sich wachsenden Herausforderungen gegenübersieht. Die Finanzierung von Unternehmenswachstum oder der Unternehmensnachfolge kommt hier eine zentrale Bedeutung zu. Eine Kapitalerhöhung oder der vollständige Kapitalersatz - etwa durch das Engagement eines Private-Equity-Investors ist häufig unabdingbar, um brachliegende Potenziale freizusetzen. Eigenkapital ist also mehr als ein Risikopuffer in Krisenzeiten, es ist vielmehr Wachstumstreiber. Aber auch für junge technologieorientierte Unternehmen ist Private Equity in Form von Venture Capital überlebenswichtig. Ohne die Bereitschaft, diese Unternehmen mit Risikokapital zu finanzieren, ist die volkswirtschaftliche Innovationsfähigkeit deutlich reduziert.

Einfluss auf das Wirtschaftswachstum

Die derzeitige Bedeutung von PE in Deutschland beschreiben folgende Zahlen. Das Investitionsvolumen von Private-Equi-ty-Gesellschaften im Jahr 2007 lag bei 4,1 Milliarden Euro. Hiermit wurden 1 078 Unternehmen finanziert. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Private Equity finanzierten Unternehmen in der deutschen Volkswirtschaft auf 6 200. Die Umsätze von Private Equity finanzierten Unternehmen beträgt zwölf Prozent am Bruttoinlandsprodukt, die Anzahl der Beschäftigten liegt bei 1,1 Millionen.

Welch großen Einfluss Private-Equity- Investitionen auf das Wirtschaftswachstum haben, verdeutlicht ein Blick auf das Verhältnis zwischen Investitionen und Bruttoinlandsprodukt: Steigen die Private- Equity-Investitionen der Buy-outs in Deutschland um 0,1 Prozent, so wächst die Wirtschaft um 0,21 Prozentpunkte. Der gleiche Anstieg führt bei Venture- Capital-Investitionen sogar zu einem Wirtschaftswachstum von 0,44 Prozentpunkten. Trotz dieser Zahlen und obwohl Deutschland die größte Volkswirtschaft Europas ist, zählt die Bundesrepublik gemessen an den Private-Equity-Investitionen zu den europäischen Schlusslichtern.

In diesem Kontext noch ein kurzer Blick auf Nordrhein-Westfalen. Nach der Zahl der Investitionen liegt NRW seit vielen Jahren mit deutlichem Abstand an dritter Stelle hinter Baden-Württemberg und Bayern, aber mit weitem Abstand vor Hessen: Der NRW-Anteil betrug zwölf Prozent im ersten Halbjahr 2008, davor lagen Baden-Württemberg mit 23 Prozent und Bayern mit 21 Prozent, der Hessen-Anteil lag bei fünf Prozent. Im Bundesvergleich wird in Nord-rhein-Westfalen allerdings mehr Geld im Gründungsbereich investiert: 41 Prozent aller Investitionen in NRW zu 29 Prozent im Bund in den Jahren 2005 bis 2007.

Entwicklung einer Private-Equity-Kultur

Damit ist die wirtschaftspolitische Herausforderung der nächsten Jahre auch schon beschrieben: Deutschland muss in Europa mit Blick auf Private-Equity-Investitionen deutlich aufholen und NRW muss in Bezug auf die Entwicklung einer Private-Equity-Kultur eine Vorreiterrolle in Deutschland übernehmen. Die NRW-Bank, als Deutschlands größtes Landesförderinstitut, wird sich dieser Herausforderung in besonderem Maße stellen.

Warum ist Private Equity gerade in der Zeit des wirtschaftlichen Umbruchs betriebswirtschaftlich so wichtig? Der Begriff Private Equity stammt ursprünglich aus den USA und steht für privates Beteiligungskapital. Dieses wird dem Kapitalnehmer von privaten und institutionellen Investoren in Form von wirtschaftlichem Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Mitteln zur Verfügung gestellt. Dabei wird auf die Stellung von Sicherheiten verzichtet. Neben der Bereitstellung von Kapital für einen befristeten Zeitraum (in der Regel drei bis zehn Jahre) beinhaltet Private Equity zudem ein Betreuungs- und Beratungsangebot. Dies ist auch der Kerngedanke von Private Equity: Übernahme von unternehmerischen Chancen und Risiken mit der Aussicht am unternehmerischen Erfolg zu partizipieren.

Stand in der jüngsten Vergangenheit überwiegend das Financial Engineering im Fokus von vielen PE-Gesellschaften, so erlebt der ursprüngliche Gedanke von Private Equity aktuell eine Renaissance. Im Mittelpunkt steht dabei weniger die Optimierung der Finanzierungsstruktur durch LeverageÜberlegungen als vielmehr die Initiierung von Wert schaffenden Maßnahmen in den Unternehmen selbst. Letztere sind es, die Betriebe dauerhaft leistungs- und damit wettbewerbsfähig machen. Insofern ist Private Equity ein nachhaltiges Finanzierungsinstrument, welches bei den finanzierten Unternehmen von großem Nutzen sein kann. Man kann auch im Zusammenhang von PE von intelligentem Kapital sprechen.

Für den Mittelstand ist Private Equity eine große Chance. Eigenkapital ist die Grundlage für unternehmerische Aktivität. Aus Sicht von Banken und Sparkassen ist ein solider Eigenkapitalstock Bedingung für die Vergabe von Krediten. Gleichwohl ist wie erwähnt - die Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich niedrig. PE-Fonds können mit gezielt investiertem Beteiligungskapital die Finanzsituation gerade mittelständischer Unternehmen nachhaltig verbessern. Darüber hinaus ist der Generationswechsel im deutschen Mittelstand in vollem Gange. Das Institut für Mittelstandsforschung schätzt, dass in den nächsten fünf Jahren in rund 71 000 Unternehmen pro Jahr die Nachfolge geregelt werden muss. Auch hierfür ist PE ein adäquates Finanzierungsinstrument.

Beispiel Seed Fonds

Bei der Bereitstellung von Private Equity müssen Förderbanken eine aktivierende Rolle spielen. Die NRW-Bank verfolgt in Nordrhein-Westfalen eine langfristige Investitionsstrategie mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft als auch die technologieorientierten Unternehmensgründungen in NRW zu verbessern und zusätzliches privates Kapital für den Beteiligungsmarkt zu mobilisieren. Dahinter steht das Konzept, Unternehmen entsprechend ihrem Lebenszyklus mit Beteiligungslösungen zu finanzieren: von der Gründungsphase bis zur Nachfolgeregelung. So ist die Bank derzeit der bedeutendste Frühphaseninvestor in Nordrhein-Westfalen, der technologieorientierte Unternehmen mit Seed- und Venture Capital finanziert.

Langfristige Vereinbarung von Beteiligungskapital

Beispiel Seed-Fonds: Über eine deutschlandweit einmalige Dachfonds-Struktur stellt der Seed Fonds jungen Technologie-Unternehmern in NRW Eigenkapital zur Verfügung - mit einem Gesamtvolumen von rund 30 Millionen Euro. Gemeinsam mit Banken und Sparkassen vor Ort sowie mit privaten Kapitalgebern wird in Regionen investiert, die bereits technologische Stärken aufweisen. Angesprochen sind Firmen der Zukunftssparten Life Science, In-formations-, Telekommunikations- und Kommunikationstechnologien sowie Werkstoffe und Verkehrssysteme. Sieben solcher regionaler Fonds sind unter dem Dach des Seed Fonds bereits entstanden. Insgesamt konnten durch diese Initiative bisher mehr als 65 Millionen Euro an Seed Capital mobilisiert werden. Die beteiligten Partner teilen sich dabei die Risiken - und bringen ihre regionale Kompetenz ein.

Und auch für mittelständische Unternehmen hat die Bank Eigenkapitallösungen. Durch die Konzipierung von individuellen Beteiligungsmodellen ist sie ein unternehmerischer Partner, der mittelständischen Unternehmen langfristig Beteiligungskapital zur Verfügung stellt. Hierbei wird die jeweilige Beteiligungslösung auf den Einzelfall abgestellt. Zielsetzung ist es, ein nachhaltiges Finanzierungskonzept zu entwickeln, das Potenziale erschließt und Effizienzgewinne generiert.

In der Krise schlägt die Stunde der Förderbanken. Sie genießen bei ihren Partnern hohes Vertrauen und sie kennen die Bedürfnisse des Marktes. Damit können sie dringend benötigte Liquidität bereitstellen und Risiken übernehmen - komplementär und subsidiär zu den Geschäftsbanken. Private Equity in der Form individueller Finanzierungslösungen ist in diesem Zusammenhang ein stabiler Schutzschirm für Unternehmen gegen die Unwetter auf dem Finanzmarkt. Denn gerade jetzt stehen die Themen Wachstum, Arbeitsplätze und Innovation an oberster Stelle auf der wirtschaftspolitischen Agenda.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X