Aufsätze

Die (Re-)Finanzierung von geistigem Eigentum - Blaupausen für die Investition und Absicherung

Viele Unternehmen produzieren heute hochwertige Produkte nicht mehr selbst, sondern bedienen sich sogenannter Auftragshersteller (Contract-Manufacturer oder Original-Equipment-Manufacturer, Kurzform OEM).1)

Fremdvergabe der Produktion

So produziert zum Beispiel ein Konzern wie Apple ein Produkt wie das Iphone oder das Ipad nicht mehr selbst, sondern übergibt die Produktion an OEMs wie Foxconn oder Asustek. Dabei produziert ein Unternehmen wie Foxcom (zirka 1,2 Millionen Mitarbeiter) den mobilen E-Book-Reader Kindle im Auftrag von Amazon, Smartphones für Nokia, Samsung und Motorola, Laptops für HP, Flachbildfernseher für Sony sowie Video-Spielkonsolen des japanischen Konzerns Nintendo. Die Herstellung der meisten Laptops dagegen erfolgt durch den weltgrößten Laptop-Fabrikanten Quanta Computers (zum Beispiel Dell und HP).

Aber die Fremdvergabe der Produktion findet sich nicht nur in der IT/TK Industrie, sondern auch bei der pharmazeutischen Industrie, der Kosmetikindustrie, Textilindustrie, auf dem Gebiet der Lebensmittelproduktion (Handelsmarken) oder der Automobilbranche (zum Beispiel produziert Porsche das Modell Boxter zum Teil bei Valmet Automotive in Finnland oder seit 2010 Aston Martin das Modell Rapide bei Magna Steyr).

Namhafte Unternehmen wie Apple, HP, Porsche, Aston Martin könnten ihre Produkte auch bei anderen OEMs in gleicher Qualität bauen lassen, ohne dass die Akzeptanz ihrer Marken oder der Börsenwert darunter leiden würden. Daraus lässt sich folgern, dass die Herstellung eines Produktes nicht die Kernkompetenz und den eigentlichen Wert eines Unternehmens ausmachen, sondern vielmehr die Entwicklung und die Vermarktung eines Produktes. Dies erscheint auch mehr als schlüssig, da in der Vermarktung die interessanten Gewinnspannen liegen und nicht in der Produktion in China, Taiwan oder Vietnam.

Die erhebliche Bedeutung des geistigen Eigentums für das 21. Jahrhundert wird aber erst richtig erkennbar, wenn bewusst wird, dass die Entwicklung von Produkten durch das Patent-, Geschmacksmuster- und Urheberrecht und die Vermarktung durch das Marken- und Namensrecht geschützt wird. Alle diese Rechtsbereiche zählen zu der Gruppe des geistigen Eigentums.

Geistiges Eigentum

Der Begriff des geistigen Eigentums (intellectual property, kurz IP) erfasst eine Vielzahl von Gruppen und Untergruppen deren Finanzierung nicht immer interessant ist. Grundsätzlich gehören zur Gruppe des geistigen Eigentums: Schutzrechte in all ihren Ausprägungen, Geschäftsgeheimnisse sowie der wettbewerbliche Leistungsschutz.

Interessante Investitionen, die durch das Urheberrecht geschützt werden können, sind in der Regel Softwareprodukte wie die der Firmen SAP AG oder der Oracle Corporation, aber auch sogenannte Individualsoftware von kleineren Anbietern.

Markenrechte, welche durch das Markengesetz (MarkenG) geschützt werden, sind vor allem für Finanzierungskonstruktionen im Rahmen von Sale-and-Lease-Back-Transaktionen interessant. Hierbei muss natürlich die Marke über einen bestimmten Wert verfügen und ein handelbares Gut darstellen. Ein hoher Wert einer Marke ist immer dann gegeben, wenn es sich um eine nachhaltig im Markt etablierte Marke handelt (zum Beispiel Tempo Taschentücher, Nivea et cetera).

Das Namensgesetz (NamenG) schützt nicht Namen im Allgemeinen, sondern auch die Namensvergabe bei sogenannten URLs (Internetseiten), wie etwa www.superbowl. com. Der Wert solcher URLs kann dabei im richtigen Zeitpunkt (etwa des Superbowls) Millionen US-Dollar Beträge ausmachen.

Finanzierung von Patenten mit langer Tradition

Die Finanzierung von Patenten kann sicherlich auf eine lange Tradition zurückblicken. Hierbei haben Finanzinstitute vor allem Patente für Maschinenkonstruktionen und Pharmaprodukte finanziert.

Geschmacksmuster sind durch das Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) geschützt und verleihen dem Inhaber des Geschmacksmusters die ausschließliche Befugnis zur Benutzung einer ästhetischen Gestaltungsform (Design, Farbe, Form). So haben bereits einige Institute Geschäftsmodelle entwickelt, um komplexe IP-Projekte zu finanzieren.

Einige Beispiele für eine komplexe IP-Finanzierung im Rahmen von Leasingkonstruktionen sind:

- Die Einführung eines neuen ERP-Systems (Lunar) auf Basis von SAP-Modulen bei der Edeka Handelsgruppe. Hierbei finanziert die Deutsche Leasing Information Technologie einen nicht unerheblichen Anteil.

- Die Finanzierung des Markennamens "Asbach" mittels einer Sale-and-lease-back-Transaktion durch die Deutsche Anlagen Leasing (DAL) und die Nord-LB.2)

- Sowie beispielsweise die Markennamen Closed3) (Firma Closed), Utax (Firma Triumpf Adler), Goool (Firma Borussia Dortmund).

Herkömmliche Finanzierungsmodelle

Möchte ein Unternehmen ein IPR mittels einer Fremdfinanzierung erstellen, wird es in der Regel bei seiner Hausbank hierfür im Wege einer Darlehens- oder Leasingkonstruktion liquide Mittel aufnehmen. Eine Fremdfinanzierung bietet sicherlich dabei einige interessante Aspekte gegenüber der Eigenfinanzierung. So kann durch Einsatz von Fremdkapital die Eigenkapitalrendite einer Investition gesteigert werden. Dies trifft jedoch nur zu, wenn ein Anleger Fremdkapital zu günstigeren Konditionen aufnehmen kann als die Investition an Gesamtkapitalrentabilität erzielt (sogenannter Leverage-Effekt). Zur Absicherung der Finanzierungsforderung (Hedging) kann sich das finanzierende Institut die Nutzungsrechte am IPR entweder als Sicherheit übereignen lassen oder ein Pfandrecht an dem IPR bestellen.4)

Die Absicherung der Finanzierungsforderung mittels eines IPRs macht mit der Einführung der neuen Richtlinien zur Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken (Basel III) besonderen Sinn. Mittlerweile können gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster, Nutzungsrechte an urheberrechtlich geschützten Werken,5) Markenrechte6) und Lizenzen im Rahmen von Basel II grundsätzlich als Kreditsicherheit akzeptiert werden.7)

Sollte es vorkommen, dass ein Finanzierungsinstitut die Finanzierung nicht allein gewährleisten will, so besteht die Möglichkeit eine Finanzierungskonstruktion über syndizierte Kredite (syndicated loans) zu wählen oder Tranchen der Forderung an Refinanzierende Institute zu verkaufen (Forfaitierung). Leider ist aber die Aufteilung der Besicherung nicht so ohne Weiteres möglich, da ein IPR ein unteilbares Recht ist. Um die Besicherung nicht nur einem Institut zukommen zu lassen beziehungsweise um auf eine Besicherung für die anderen Institute nicht zu verzichten, ist es notwendig, ein nichtteilbares Gut (IPR) in ein teilbares Gut zu verwandeln. Dies kann nur im Wege der Metamorphose erfolgen.

SPV-Modelle

Überträgt man ein nichtteilbares Gut in ein teilbares Gut, so ist dieses wiederum teilbar. Konkret würde man das IPR (nichtteilbares Gut) in eine Gesellschaft übertragen. Die Gesellschaft selbst wäre zwar auch nicht teilbar, aber es besteht die Möglichkeit Gesellschaftsanteile (teilbares Objekt) zu erwerben, was für den angestrebten Zweck der Besicherung der Finanzierungsforderung ausreichend wäre.

Der Wert der Gesellschaft würde dem Wert des IPRs entsprechen, daher würden die refinanzierende Unternehmen gemäß ihrem Anteil am Finanzierungsvolumen Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft erhalten. Die Darlehensforderungen der Institute gegen das Unternehmen, welches mittels einer Fremdfinanzierung ein IPR erstellen will, wäre somit durch die entsprechenden Gesellschaftsanteile in einem ausreichenden Maße abgesichert.

Eine Gesellschaft die nur einen Zweck hat, ist eine sogenannte Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, Kurzform SPV).

SPV-Modell #1: Beim SPV-Modell #1 würde ein Institut mit einem Kunden eine herkömmliche Finanzierung Darlehens- oder Leasingskonstruktion gestalten. Zur Refinanzierung würde das Institut ein SPV gründen und die Rechte an dem IPR auf diese Gesellschaft übertragen. Das SPV würde die einfachen Nutzungsrechte in einer besitzerähnlichen Stellung dem Darlehens- oder Leasingnehmer zur Nutzung übertragen und gleichzeitig als Absicherung und die ausschließlichen Nutzungsrechte in einer eigentümerähnlichen Stellung behalten.

Als SPV würde man zum Beispiel eine deutsche GmbH oder zum Beispiel eine angelsächsische Limited verwenden. Gerne wird im deutschen Raum auch auf eine GmbH & Co. KG zurückgegriffen. Anders als bei einer typischen Kommanditgesellschaft ist hier der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) keine natürliche Person, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Ziel dieser gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ist es, Haftungsrisiken für die hinter der Gesellschaft stehenden Personen auszuschließen oder zu begrenzen. Die Vorteile einer GmbH & Co. KG gegenüber einer klassischen GmbH sind vor allem in einfacheren gestaltungsrechtlichen Möglichkeiten zu suchen. Denkbar ist im Übrigen auch eine Limited & Co. KG (Abbildung 1).

Vereinbarungen im Vorfeld

Die Gesellschaftsanteile der refinanzierenden Institute an dem SPV richten sich nach dem jeweiligen Anteil an der Refinanzierung, sprich an der zu leistenden Einlage in das SPV. Die refinanzierenden Institute gewähren dem SPV ein Darlehen (Loan) i. S.v. §§ [488]ff. BGB zum Erwerb der ausschließlichen Rechte an dem IPR und erhalten durch die Rückzahlung des Darlehens ihre Erträge.

Sofern eine Mehrheitsbeteiligung für ein Refinanzierungsinstitut besteht, muss dieses auch für das SPV nach § 302 Abs.1 AktG haften. Die Fragen zur Bilanzierung von SPVs ergeben sich aus den Konsolidierungsvorschriften des IAS 27 "Konzern- und separate Einzelabschlüsse nach IFRS" und SIC 12 "Konsolidierung - Zweckgesellschaften" (siehe Bilanzierung).

Für das Finanzierungsinstitut handelt es sich um ein "gewöhnliches" Finanzierungsgeschäft, wobei die Darlehens- beziehungsweise Leasingforderung gegen den Kunden nicht an ein Refinanzierungsinstitut abgetreten wird, sondern an das SPV. Die Übertragung der Forderung bedarf gemäß §§ [415]ff. BGB der Zustimmung des Kunden, was regelmäßig schon in den Darlehens- beziehungsweise Leasingverträgen im Vorfeld vereinbart werden sollte.

2. SPV-Modell #2: Bei der Gestaltung der Absicherung der Refinanzierung mittels einer SPV-Konstruktion zeigen sich einige interessante Nebeneffekte.

Unterstellt man, dass das SPV-Modell nicht nur einen oder zwei Gesellschafter hat, sondern mindestens drei Gesellschafter, von denen keiner Mehrheitsbeteilter ist oder einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag i. S.v. § 291 Abs. 1 AktG mit dem SPV abgeschlossen hat, so würde sich eine Reihe von interessanten Effekten ergeben. Besteht nämlich keine solche Verbindung, hätte dies den Vorteil, dass gemäß § 302 Abs. 1 AktG von den Refi-nanzierungs-Instituten auch keine Verpflichtung zum Ausgleich von Jahresfehlbeträgen besteht. Außerordentliche Jahresfehlbeträge des SPV könnten zum Beispiel dann bestehen, wenn das SPV gemäß § [1]ff. ProdHaftG oder gemäß § [1]ff. UmweltHG als Inhaber der Nutzungsrechte an dem IPR haften müsste. Des Weiteren würde gegebenenfalls auch keine Konsolidierungspflicht aus IAS 27 besteht.

Frage der Aktivierung

Bei einem SPV in Form einer GmbH, GmbH & Co. OHG oder Limited haften die refinanzierenden Institute gemäß GmbHG nur in Höhe der von den refinanzierenden Instituten geleisteten Einlage in das SPV (was dem Finanzierungsvolumen des jeweiligen Refinanziers entsprechen dürfte). Die unternehmerische Führung des SPV wird von einem Treuhänder wahrgenommen, der nicht zwingend über Gesellschaftsanteile verfügen muss. Die Rechte und Pflichten des Treuhänders (zum Beispiel externer Rechtsanwalt) können über eine entsprechende Satzung eingeschränkt werden. Eine Änderung der Satzung ist nur mit der Mehrheit der Shareholder, sprich der refinanzierenden Institute, in einer Gesellschafterversammlung möglich. Das finanzierende Institut wie auch der Kunde, sind nicht an dem SPV beteiligt (Abbildung 2).

Wie in Abschnitt Bilanzierung dargestellt, würde bei der Konstruktion des SPV-Modells #2 gemäß den IFRS Konsolidierungsvorschriften des IAS 27 "Konzern- und separate Einzelabschlüsse nach IFRS" und SIC 12 "Konsolidierung - Zweckgesellschaften voraussichtlich keine Pflicht zur Konsolidierung der Zweckgesellschaften bei den Refinanzierungsinstituten bestehen. Eine Konsolidierungspflicht beim Finanzierungsinstitut würde sich allein deshalb ausschließen, da das Finanzierungsinstitut überhaupt keine Gesellschaftsanteile am SPV halten würde.

Ein weiterer interessanter Aspekt des SPV-Modells #2 wäre, dass über die Konstruktion der Sicherungsübereignung oder tatsächlichen Übertragung (schuldrechtlicher Kauf § [433]ff. BGB) gewählt werden kann, wo das IPR aktiviert wird. Sprich die Aktivierung und Abschreibung könnte bei einem Kauf des IPRs vom Kunden durch das SPV beim SPV erfolgen. Hierbei sollte die kaufrechtliche Transaktion aus umsatzsteuerlicher Sicht nicht direkt mit dem Finanzierungsinstitut erfolgen, wenn das Finanzierungsinstitut i. S.v. § 4 Nr. 8 UStG nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.8)

Ansonsten wären die aktuellen 19 Prozent Umsatzsteuer zum Kaufpreis zu kumulieren. Daher empfiehlt es sich im Falle, dass das Finanzinstitut nicht i. S.v. § 4 Nr. 8 UStG vorsteuerabzugsfähig, dass das IPR nicht an das Finanzinstitut übertragen wird, sondern direkt an das SPV, welches regelmäßig keine Bankdienstleistungen erbringt und daher vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Sicherungsübereignung

Bei einer Sicherungsübereignung des IPRs vom Kunden auf das SPV, würde die Aktivierung und Abschreibung weiterhin beim Kunden erfolgen. Grundsätzlich sind nach deutschem Handelsrecht (§ 242 Abs. 1 und § 246 Abs. 1 HGB) sämtliche Vermögensgegenstände zu bilanzieren. Dabei ist aber der Herausgabeanspruch eines rechtlichen Eigentümers wirtschaftlich bedeutungslos.

Danach wird die sicherungsübereignete Sache nicht beim Finanzierungsinstitut bilanziert, sondern beim Kunden, weil er handelsrechtlich als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen wird. Die wirtschaftliche Sichtweise hat bei der Bilanzierung Priorität vor Formfragen. Die Bank bilanziert die durch das Sicherungsgut abgesicherte Forderung. Die IFRS/IAS priorisieren ebenfalls die wirtschaftliche Betrachtungsweise in ihrem zentralen Bilanzierungsgrundsatz "substance over form", wonach bei der Beurteilung eines Sachverhalts primär nicht auf seine rechtliche Gestaltung, sondern auf die wirtschaftlichen Auswirkungen abzustellen ist (IAS 17).

Auch das Steuerrecht wird das sicherungsübereignete IPR nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht dem Finanzierungsinstitut als rechtlichem Eigentümer, sondern dem Kunden (Verwender/Nutzer) zurechnen, da er im Gegensatz zum Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer (Finanzierungsinstitut) im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (wirtschaftlicher Eigentümer). In der Praxis ist es gerade Ziel der Sicherungsübereignung, dass der Pfandgeber und Nutzer die Sache weiterhin für seinen Betrieb verwenden und damit Gewinn erzielen kann, um den Kredit zurückzuzahlen. Das Steuerrecht berücksichtigt damit das tatsächliche wirtschaftliche Eigentum und räumt diesem gegenüber der abstrakten, rein rechtlichen Eigentumslage den Vorrang ein.9)

Wirtschaftliche Sichtweise vor Formfragen

Bei der Konstruktion, in dem lediglich die Rechte an dem IPR im Rahmen einer Sicherungsübereignung vom Kunden auf ein Finanzierungsinstitut übertragen werden, dürfte grundsätzlich keine Umsatzsteuer anfallen. Zwar sind nach dem deutschem Handelsrecht (§ 242 Abs. 1 und § 246 Abs. 1 HGB) sämtliche Vermögensgegenstände zu bilanzieren, jedoch ist der Herausgabeanspruch eines rechtlichen Eigentümers wirtschaftlich bedeutungslos und tritt gegenüber der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Sache zurück.

Danach wird die sicherungsübereignete Sache nicht beim Finanzierungsinstitut bilanziert, sondern beim Kunden, weil er handels- und steuerrechtlich als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen wird. Die wirtschaftliche Sichtweise hat bei der Bilanzierung Priorität vor Formfragen. Die Bank bilanziert die durch das Sicherungsgut abgesicherte Forderung.

3. SPV-Modell #3: Das SPV-Modell #3 verwendet auch die positiven Effekte der ersten beiden Modelle und fügt einen weiteren interessanten Aspekt hinzu. Während in Modell #1 und Modell #2 die refinanzierenden Institute ihre Erträge durch die Vergabe eines Darlehens an das SPV erwirtschaften, ist an dieser Stelle durch ein forderungsbesichertes Wertpapier (englisch: "Asset Backed Security", kurz "ABS") eine weitere Möglichkeit der Erwirtschaftung von Erträgen für die refinanzierenden Institute denkbar.

Ein ABS ist ein verzinsliches Wertpapier, welches Zahlungsansprüche gegen die Zweckgesellschaft (SPV) zum Gegenstand hat. Die Zahlungsansprüche werden durch den Bestand an Forderungen (Assets) gedeckt (Backed), die auf die Zweckgesellschaft übertragen werden. Zusätzlich können die Forderungen durch die jeweils eingeräumten Sicherheiten, die über einen Treuhänder zugunsten der Inhaber des forderungsbesicherten Wertpapiers gehalten werden, besichert sein. Die Forderung des SPV gegen den Kunden (gegebenenfalls über das Finanzierungsinstitut) stellt eine stabile Forderung dar, welche grundsätzlich keinen äußeren Einwirkungen (zum Beispiel Währungsschwankungen, Volatilität des Aktienkurses) unterliegt. Lediglich das Solvenzrisiko wird vom SPV getragen und stellt ein übersichtliches Risiko dar, wenn der Kunde über eine gute Bonität verfügt (Abbildung 3).

Somit würde grundsätzlich für die refinanzierenden Institute die Möglichkeit bestehen, einzelne ABS mit anderen Wertpapieren (gegebenenfalls risikoreichere Wertpapiere) in einem dann "ausgeglichenen" Wertpapierfonds zusammenzufassen und den Kunden der refinanzierenden Institute zum Kauf anzubieten. Die Ausgeglichenheit ergibt sich dann durch die Zusammenfassung von risikoreichen Wertpapieren mit sicheren Wertpapieren (backed) Forderungen gegen das SPV.

Bilanzierung

Wie bereits dargestellt, handelt sich es bei dem SPV um eine Minderheitsbeteiligung der refinanzierenden Institute. Daher stellt sich aus der Sichtweise der Bilanzierung die Frage, ob solche Zweckgesellschaften in der Konzernbilanz konsolidiert werden müssen. In den IFRS-Konsolidierungsvorschriften des IAS 27 "Konzern- und separate Einzelabschlüsse nach IFRS" und SIC 12 "Konsolidierung - Zweckgesellschaften" sind die Regelungen zur Konsolidierung von Zweckgesellschaften definiert. Ein Konzernabschluss schließt zunächst gemäß IAS 27.12 sämtliche Tochterunternehmen des Mutterunternehmens ein. Daher muss zunächst geprüft werden, ob die Zweckgesellschaft in einer Verbriefungstransaktion als Tochterunternehmen in einem Konzernabschluss des Originators zu berücksichtigen ist. Ein Tochterunternehmen ist ein Unternehmen, das von einem anderen Unternehmen beherrscht wird. Beherrschung ist definiert als die Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens so zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeit Nutzen zu ziehen.

Dabei schreibt IAS 27.13 vor: "Eine Beherrschung wird dann angenommen, wenn das Mutterunternehmen entweder direkt oder indirekt über das Tochterunternehmen über mehr als die Hälfte der Stimmrechte an einem anderen Unternehmen verfügt; dies gilt nicht, wenn sich in außergewöhnlichen Umständen eindeutig nachweisen lässt, dass ein derartiger Besitz keine Beherrschung begründet." Diese Voraussetzungen dürfte das in Ziffer III. dargestellte Refinanzierungsvehikel regelmäßig nicht erfüllt sein, da keines der Refinanzierungsinstitute eine Mehrheit an dem SPV erhalten wird.

Eine Beherrschung liegt gemäß IAS 27.13 ebenfalls vor, wenn das Mutterunternehmen die Hälfte oder weniger als die Hälfte der Stimmrechte an einem Unternehmen hält, sofern Folgendes erfüllt ist:

- Die Möglichkeit, über mehr als die Hälfte der Stimmrechte kraft einer mit anderen Anteilseignern abgeschlossenen Vereinbarung zu verfügen; - die Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens gemäß der Satzung oder einer Vereinbarung zu bestimmen;

- die Möglichkeit, die Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgane zu ernennen oder abzuberufen, wobei die Verfügungsgewalt über das andere Unternehmen bei diesen Organen liegt; oder

- die Möglichkeit, über die Mehrheit der Stimmen bei Sitzungen der Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgane oder eines gleichwertigen Leitungsgremiums zu verfügen, wobei die Verfügungsgewalt über das andere Unternehmen bei diesen Organen liegt.

Bei vielen Verbriefungen wird jedoch keines der oben genannten Kriterien erfüllt sein, da die Zweckgesellschaft normalerweise vom Originator rechtlich getrennt sein wird und die vertraglichen Vereinbarungen keines der oben erwähnten Kriterien der Beherrschung erfüllen Auch ist darin für die Refinanzierungsinstitute kein echter Vorteil zu sehen, da die Kriterien bei der in Ziffer III. beschriebenen Konstruktion regelmäßig auch nicht erfüllt sein dürften.

Beherrschung einer Zweckgesellschaft

Zusätzlich zu IAS 27 enthalten SIC 12 ergänzende Entscheidungshilfen bezüglich der möglichen Konsolidierungspflicht von SPVs. Während der Fokus in IAS 27 eher auf den rechtlichen Beziehungen zwischen den Unternehmen liegt, stellt SIC 12 bei der Frage, ob eine Zweckgesellschaft von einem anderen Unternehmen beherrscht wird, stärker auf die wirtschaftliche Betrachtung der Beziehungen zwischen einem Unternehmen und einer Zweckgesellschaft in den Vordergrund stellt. Folgende Umstände können auf ein Verhältnis hinweisen, bei dem ein Unternehmen eine Zweckgesellschaft beherrscht:

- Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird die Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft zugunsten des Unternehmens entsprechend seiner besonderen Geschäftsbedürfnisse geführt, sodass das Unternehmen Nutzen aus der Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft zieht; - bei wirtschaftlicher Betrachtung verfügt das Unternehmen über die Entscheidungsmacht, die Mehrheit des Nutzens aus der Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft zu ziehen, oder das Unternehmen hat durch die Einrichtung eines "Autopilot"-Mechanismus diese Entscheidungsmacht delegiert;

- bei wirtschaftlicher Betrachtung verfügt das Unternehmen über das Recht, die Mehrheit des Nutzens aus der Zweckgesellschaft zu ziehen, und ist deshalb unter Umständen Risiken ausgesetzt, die mit der Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft verbunden sind; oder

- bei wirtschaftlicher Betrachtung behält das Unternehmen die Mehrheit der mit der Zweckgesellschaft verbundenen Residual- oder Eigentumsrisiken oder Vermögenswerte, um Nutzen aus ihrer Geschäftstätigkeit zu ziehen. Bei der Gestaltung des Refinanzierungsvehikels in Ziffer III. müssen selbstverständlich diese Anforderungen von SIC 12 berücksichtigt werden. Dies scheint grundsätzlich möglich zu sein, da diese Anforderungen der SPV-Konstruktion in den Modellen 1 bis 3 nicht widersprechen.

Offshore

Während die aufgezeigten SPV-Modelle im Heimatland wie Deutschland ansässig sind (Onshore), stellt sich die Frage, ob durch eine IPR-Finanzierung aus anderen Ländern (Offshore) heraus, weitere Vorteile generiert werden können.

So wäre denkbar, mittels einer Offshore-Substanzgesellschaft IPRs wie Patente und Nutzungsrechte zu verwalten und von dort aus Lizenzen in andere Regionen zu erteilen, ohne dass in der Onshore-Region die Substanzgesellschaft eine eigene Vertriebsaktivität betreibt.

Auch durch die Weitergabe einzelner Rechte mittels Internet, kann ohne eine Niederlassung im Vertriebsland erfolgen kann. So könnte zum Beispiel ein Musik-Store über das Internet Musik zum Download anbieten, ohne in dem Absatzland tatsächlich eine Betriebsstätte zu unterhalten.

Fußnoten

1) Unter OEM versteht man einen Hersteller, der seine Produkte nicht selbst in den Handel bringt (siehe Definition von Microsoft). Die Definition wird in der Branche nicht ganz einheitlich verwendet.

2) Natusch Intellectual Property Rights (gewerbliche Schutzrechte) im Rahmen der Unternehmensfinanzierung, Mitt. 2010, 118.

3) Friemle/Rabenau, Verborgene Schätze - Die Modemarke Closed braucht Geld für ihren Wachstumsmarkt, Brand-Eins 3/2009, Seite 89-101.

4) Vgl. Linneweber, VDI Nachrichten 23. Juni 2004; Schönebohn, Business Angel Venture Frühjahrsausgabe 2006, 2-3; ders., Gewerbliche Schutzrechte als Kreditsicherheit, Vortrag im Rahmen der WM-Tagung zum Kreditsicherungsrecht am 6. November 2007.

5) Vgl. Klawitter/Hombrecher, WM 2004, 1213-1219 und Schmidt, WM 2003, 461-473.

6) Zur Gestaltung von Sicherungsverträgen siehe Albrecht/Hombrecher Wm 2005, 1689-1695; Brämer, Die Sicherheitsabtretung von Markenrechten 2005.

7) Natusch Intellectual Property Rights (gewerbliche Schutzrechte) im Rahmen der Unternehmensfinanzierung, Mitt. 2010, 118ff.

8) Dies ist regelmäßig bei Bankinstituten im Sinne von § 1 KWG gegeben, lediglich Leasinggesellschaften sind weiterhin vorsteuerabzugsberechtigt.

9) Pricewaterhouse-Coopers, "IFRS - Aspekte der Rechnungslegung und Konsolidierung für den Originator und die Zweckgesellschaft", Juni 2008.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X