Aufsätze

Recruiting 2.0 - soziale Medien als (zukünftige) Rekrutierungs- und Weiterbildungsplattform in Banken

Unternehmen agieren nicht erst seit der Wirtschafts- und Finanzkrise unter verschärften Bedingungen am Arbeitsmarkt. Mitarbeiterrekrutierung und -bindung werden bedingt durch den demografischen Bevölkerungswandel, den Fachkräftemangel und die rasche Entwicklung der Kommunikationstechnologie, schwieriger. Unternehmen konkurrieren nicht mehr nur verstärkt um Kunden, sondern auch um potenzielle Mitarbeiter und Talente.

Eine Studie der Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit der Monster Worldwide Deutschland GmbH unter 1 000 deutschen Unternehmen bestätigt: Zu den größten Herausforderungen im Jahr 2012 zählen der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sowie die Bindung von Mitarbeitern und damit einhergehend der Aufbau beziehungsweise Erhalt eines positiven internen Arbeitgeberimages. Es ist für ein Unternehmen heute daher bedeutender denn je sich im "War for Talents" als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Dies gilt auch für die Unternehmen der Finanzbranche, die darüber hinaus vor der Aufgabe stehen, das in der Finanzkrise verlorene Vertrauen wieder aufzubauen.

Employer Branding in den sozialen Medien

Die Positionierung eines Unternehmens als attraktiver und glaubwürdiger Arbeitgeber sowie die Entwicklung einer Arbeitgebermarke als strategisches Dach, unter dem die Maßnahmen der Beziehungspflege und die Kommunikation zwischen Unternehmen, aktuellen Mitarbeitern und potenziellen, zukünftigen Mitarbeitern erfolgen können, wird als Employer Branding bezeichnet (DEBA Deutsche Employer Branding Akademie, 2006). Mit dem Fortschritt der Kommunikationstechnologie verlagerte sich auch die Relevanz der Kommunikationsmedien innerhalb des Employer Branding. Um von möglichen zukünftigen Mitarbeitern überhaupt wahrgenommen zu werden, müssen Unternehmen dort auftreten, wo diese ihre Zeit verbringen und sich austauschen.

In den letzten Jahren wurde das Internet zu einem solchen Ort. Ehemals ein Informationsraum für einen kleinen Personenkreis, entwickelte sich das Internet zu einem Kommunikations- und Interaktionsraum für die Masse. 76 Prozent der Deutschen sind mittlerweile regelmäßig online (ARD/ZDF Onlinestudie 2012). Bis dato private Kommunikation verlagert sich zunehmend in den öffentlichen Raum und wird im Netz zu einem offenen Dialog, an dem sich jeder an jedem Ort der Welt und zu jeder Zeit beteiligen kann. Soziale Medien ermöglichen dabei eine Interaktion der Nutzer und die gemeinsame Gestaltung medialer Inhalte. Wie bedeutend dieses Kommunikationsmedium für Unternehmen ist und welches Potenzial es dadurch auch für eine Positionierung als Arbeitgeber bietet, zeigt, dass 93 Prozent der Nutzer die Präsenz von Unternehmen dort erwarten und sich 85 Prozent sogar eine direkte Kommunikation wünschen.

Information und Austausch

Doch unabhängig davon, ob sich Unternehmen nun für oder gegen einen Auftritt als Arbeitgeber in diesen Medien entscheiden, muss ihnen eines bewusst sein: Potenzielle Bewerber nutzen das Netz, um sich über das Unternehmen als Arbeitgeber zu informieren und auszutauschen. Bewerbern steht im Web 2.0 eine Vielzahl an Möglichkeiten der Informationssuche zur Verfügung.

Sie können beispielsweise über Xing an ehemalige Mitarbeiter, Kunden oder Geschäftspartner eines Unternehmens herantreten. Darüber hinaus gibt es Foren und sogar Portale, die ausschließlich der Arbeitgeberbewertung dienen. Bewerber müssen nicht mehr zwangsläufig jemanden aus dem Unternehmen kennen, das sie interessiert, oder sich mit unternehmenseigenen Informationen begnügen, um sich ein Bild zu machen. Daher ist es sinnvoll, sich als Arbeitgeber in den sozialen Medien strategisch zu positionieren und zu kommunizieren, da sich auch die relevante Zielgruppe dort aufhält.

Gerade jungen Marken wie der Targobank bietet dieser Kommunikationskanal die Möglichkeit, ihr Profil als interessanter Arbeitgeber zu schärfen und sich im Wettbewerb zu positionieren. Der dialogische, interaktive Charakter sowie die Dynamik der sozialen Medien stellen dabei gleichzeitig Herausforderung und Chance für Unternehmen dar. In der direkten Interaktion mit potenziellen Mitarbeitern kann die Bank zum einen ihre Expertise unter Beweis stellen und zum anderen einen lebendigen, unkonventionelleren Blick hinter die Kulissen des Unternehmens ermöglichen, als es andere Kommunikationsmedien erlauben. Die Herausforderung eines Auftritts etwa bei Facebook oder Twitter besteht dabei in einer transparenten, glaubwürdigen und authentischen Kommunikation sowie im Aufbau einer lebendigen Community.

Die Bank als Arbeitgeber in den sozialen Medien

Im Jahresvergleich 2011/2012 ist der Einsatz von sozialen Medien im Rahmen der Personalbeschaffung gestiegen. Rund 27,6 Prozent der 1 000 größten deutschen Unternehmen verfolgen in diesem Zusammenhang bereits eine explizite Strategie (CHRIS/Monster Worldwide Deutschland GmbH), so auch die Targobank. Um die Aktivitäten im Rahmen des Employer Branding zu steuern, wurden die relevanten Prozesse der Bank auch in den sozialen Medien abgebildet. Neben der Unternehmenskommunikation sind so beispielsweise auch die Personalabteilung und das Marketing in die Kommunikation involviert. Auf diese Weise werden Kompetenzen gebündelt, und Fragen von potenziellen Mitarbeitern können schnell von den entsprechenden Experten beantwortet werden.

Soziale Medien werden dadurch zu einer Informationsquelle abseits von "offiziellen" Aussagen und helfen gleichzeitig bei ihrer Überprüfung. Gleichzeitig dienen sie als direkte Anlaufstelle und Dialogmöglichkeit für Bewerber und Interessierte mit der Bank. Die Kommunikation in den sozialen Medien erfolgt dabei über die glaubwürdigsten und authentischsten Botschafter, die ein Unternehmen im Rahmen des Employer Brandings einsetzen kann - über die Mitarbeiter der Bank. Diese arbeiten als Redakteure an den Inhalten der Kommunikation mit und können zum einen einen echten "Blick hinter die Kulissen" der Bank geben und zum anderen einen realen Einblick in ihren Alltag.

Gerade deshalb bilden Mitarbeiter auch die erste und wichtigste Zielgruppe, die involviert werden muss, um Employer Branding erfolgreich im Unternehmen zu verankern. Die Bank bindet ihre Mitarbeiter deshalb konsequent in ihre Maßnahmen in den sozialen Medien mit ein. Alle Redakteure werden in einer spezifischen Schulung ausgebildet und erhalten so kommunikative Prokura für die Kommunikation in den sozialen Medien im Namen der Bank. Dabei erfolgt die Kommunikation im Rahmen zuvor festgelegter Richtlinien.

Um sich als potenzieller Arbeitgeber vorzustellen, werden von der Bank verschiedene Plattformen genutzt. Neben Facebook ist sie auch auf Xing und Twitter aktiv und unterhält einen eigenen Ausbildungsbereich, der mit Facebook und Twitter vernetzt ist. Das Ziel der Kommunikation als Arbeitgeber in den sozialen Medien ist, einen transparenten Einblick in das Unternehmen zu gewähren, direkter und unbürokratischer Ansprechpartner für potenzielle sowie aktuelle Mitarbeiter zu sein und so letztendlich positiv auf das Recruiting einzuwirken.

Die Kernstrategie ist dabei, über das "Expertenkonzept" einen "Blick durch das Schlüsselloch" zu ermöglichen, dabei die Personen hinter den anonymen Bankprozessen sichtbar zu machen und somit Transparenz und Sympathie aufzubauen. Aus diesem Grund sind die Mitarbeiter, die in den sozialen Medien für die Bank unterwegs sind, für jeden mit Bild und Namen sichtbar. Sie sind reale Ansprechpartner und informieren über aktuelle Themen und Ereignisse aus der Bank, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich wären. Letztendlich unterstützt dieses Konzept damit auch die Effizienz des Recruiting-Prozesses, da Informationswege verkürzt werden und sowohl Bank als auch Bewerber sich vorab besser kennenlernen können.

Auszubildende als Kernzielgruppe

Auszubildende, Hochschulabsolventen und Young Professionals sind eine wichtige Kernzielgruppe für das Recruiting und Employer Branding in sozialen Medien. Über 96 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sind regelmäßig online. Bei der Targobank schreiben deshalb Auszubildende und ihre Ausbilderin in einem eigenen Bereich, der mit Facebook und Twitter gekoppelt ist, über aktuelle Themen rund um die Ausbildungsmöglichkeiten und die persönlichen Erfahrungen der Auszubildenden bei der Bank. Aufgrund des großen Erfolgs und der hohen Akzeptanz in der Community wird dieser Bereich in Kürze zu einem eigenen Azubi-Blog ausgebaut. Dort wird dann etwa ein Einblick in den Bankalltag gegeben, Weiterbildungen werden dokumentiert, Ausbildungsstationen und -inhalte vorgestellt, neue Bewerbungsfristen bekanntgegeben oder Glückwünsche für bestandene Prüfungen gepostet.

Auf diese Weise bekommen Außenstehende ein Gefühl für das Unternehmen, bekommen "live" mit, was die Ausbildung der Bank bietet und was anders oder auch besser ist als bei anderen Unternehmen. Abläufe und Zusammenhänge werden transparent. Der Leser hat das Gefühl, wirklich "dabei zu sein". Alle Botschafter stehen der Community zudem für Fragen und Anregungen zur Verfügung.

Soziale Medien ermöglichen es der Bank, näher an ihrer Zielgruppe zu sein und nicht nur Daten und Fakten, sondern Gefühle und Erlebnisse zu vermitteln. Durch Bilder und Videos können Botschaften zudem lebendiger und authentischer vermittelt werden, als es andere Kommunikationsmedien ermöglichen. Kurz gesagt: Das Unternehmen wird menschlich. Nutzer sollen das Gefühl haben: "Das ist meine Bank. Ich weiß, wie die Menschen dort sind und wie die Arbeit ist."

Mitgestaltung des Arbeitgeberimages

Ergänzt wird der Facebook-Auftritt, der einen Eindruck der Abläufe und der Arbeit des Unternehmens erlaubt, durch ein Xing-Profil, auf dem aktuelle Stellenanzeigen veröffentlicht werden, sowie einen Twitteraccount, auf dem sowohl Kundenfragen beantwortet werden als auch Tweets zu Finanzthemen und allgemeine Verbrauchertipps erscheinen. Der Karrierebereich auf der Internetseite der Bank stellt zudem als "Heimathafen" für die Social-Media-Aktivitäten das entsprechende Online-Bewerbungsformular sowie ausführliche Hintergrundinformationen zur Verfügung.

Die aufgeführten Maßnahmen ermöglichen es der Bank, wie zu Beginn bereits erwähnt, sich dort zu positionieren, wo sich potenzielle Bewerber aufhalten und austauschen. Dadurch erhält sie die Möglichkeit, in den Dialog, der über sie geführt wird, einzusteigen und in der Interaktion positive Bezugspunkte zu setzen. Auf diese Weise kann die Bank ihr Arbeitgeberimage mitgestalten und darauf hinarbeiten, von möglichen Bewerbern als potenzieller Arbeitgeber in Betracht gezogen zu werden. Darüber hinaus erhalten Bewerber durch die von der Bank veröffentlichten Inhalte ein besseres Bild des Unternehmens und können sich gezielter bewerben. Im Gegenzug erhalten Unternehmen passgenauere Bewerbungen, da den Leuten bewusst ist, was die Bank ausmacht und welche Art von Mitarbeiter gesucht wird. Dies unterstützt die Effizienz des Recruiting-Prozesses.

Zukünftige Entwicklungen und Trends im Recruiting

Bisher stellen sich eher große Unternehmen den Herausforderungen der sozialen Medien im Employer Branding. Doch die mittelständischen Unternehmen haben den Trend und die Möglichkeiten dieses Kommunikationsmediums erkannt. In Zukunft werden auch sie daher verstärkt auf soziale Medien setzen. Diese bieten ihnen die Möglichkeit, an Bewerber heranzutreten, die sie sonst nicht erreicht hätten, weil sie nicht über das Budget für aufmerksamkeits- und reichweitenstarke Arbeitgeberkampagnen verfügen.

Des Weiteren wird das Thema "Einsatz von sozialen Medien im Recruiting" unternehmensübergreifend weiter an Bedeutung gewinnen, wodurch das Management dieses Kommunikationsmediums in Unternehmen eine weitere Professionalisierung erfahren wird. Zukünftig wird dieser Kommunikationskanal strategisch stärker in die Gesamtkommunikation der Unternehmen eingebunden werden. Schon heute lässt sich diese Entwicklung erkennen, da verstärkt Fachkräfte für dieses Themenfeld eingestellt werden.

Denkbar ist auch, dass es in Zukunft eine Art "Social Recruiting" über soziale Netzwerke geben wird, das Teile des Bewerbungsprozesses in diese integriert. Es zeichnet sich unter Bewerbern bereits der Trend ab, seinen "sozialen Lebenslauf" in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Gerade die Facebook-Chronik oder Xing eignen sich für diesen Zweck. Auch bislang eher zurückhaltender bearbeitete soziale Medien werden verstärkt in die Rekrutierung eingebunden werden. Vor allem große Unternehmen, die sich bereits stark in den sozialen Medien engagieren, werden ihren Fokus zukünftig verstärkt auf die interne Anwendung des Employer Brandings legen.

Ergänzung des Intranets mit Social-Media-Elementen

Um auch intern eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen, werden sich die Bemühungen hierbei darauf konzentrieren, das Intranet mit Elementen der sozialen Medien auszustatten. Dazu gehört beispielsweise, Mitarbeiterblogs oder virtuelle Portale mit Chat- oder Forenfunktionen einzurichten. Eine Erweiterung der internen Nutzung von sozialen Medien wird sich bei der Weiterbildung von Mitarbeitern vollziehen. Virtuelle Maßnahmen in diesem Bereich, wie etwa Webinare und Fortbildungsplattformen, werden von den Unternehmen weiterentwickelt werden.

Fest steht - das Themenfeld "soziale Medien" ist kein flüchtiger Trend, sondern muss von Unternehmen ernst genommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine strategische Einbindung des Themas in die Gesamtkommunikation des Unternehmens unabdingbar ist und ausreichend Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Denn:

So viele Chancen soziale Medien im Recruiting-Prozess auch bieten, stellen sie durch ihre Dynamik, Dialogorientiertheit und Interaktivität eine Herausforderung für Unternehmen dar. Wird diese Herausforderung geplant angegangen, geben soziale Medien Unternehmen die Chance, sich schnell, einfach, transparenter und authentischer einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen und auf dem "kurzen Dienstweg" mit ihr und potenziellen Bewerbern in Kontakt zu treten. Das Unternehmen bekommt eine menschliche Seite.

Quellen

ARD/ZDF Onlinestudie 2012: http://www.ard-zdfonlinestudie.de/index.php?id=372

Centre of Human Resources Informations System (CHRIS)/Otto-Friedrich-Universität Bamberg/Goethe-Universität Frankfurt am Main: recruitingtrends 2012

Thomas Geiger/Matthias Wagner/Andrea Weiß 2011: Social Media und Employer Branding, in: Lars Dörfel/ Theresa Schulz (Hrsg.): Social Media in der Unternehmenskommunikation, Berlin, S. 327-350

Noch keine Bewertungen vorhanden


X