Kommunikation

Wettbewerb um Azubis: Herausforderung Employer Branding

Als Reaktion auf den anhaltend heftigen Wettbewerb und das veränderte Kundenverhalten setzte die Nassauische Sparkasse (Naspa), Wiesbaden, in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich einen Prozess der strategischen Neuausrichtung um. Kundenzufriedenheit wurde oberstes Ziel, das Geldinstitut zur Vertriebssparkasse umgebaut. Als eine der größten deutschen Flächensparkassen hat die Naspa den Anspruch, "Deutschlands führende Komfort-Sparkasse" zu sein. "Meine Komfort-Sparkasse" kommt gut an bei den Kunden - gerade die anspruchsvolle Klientel schätzt den Mehrwert der ständig ausgebauten Service- und Komfortleistungen. In Zahlen drückt sich das beispielsweise in einem stetig steigenden Net Promoter Score aus - die Empfehlungsbereitschaft der Kunden steigt kontinuierlich. Und: Als eine der ersten Sparkassen erhielt die Naspa das TÜV-Proficert-Siegel vom TÜV Hessen für Komfort- und Serviceorientierung.

Der Erfolg dieses Vertriebskonzepts hängt vor allem von den Mitarbeitern ab. Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung in der Kundenberatung haben sich auf die aktive Vertriebsausrichtung eingestellt. Neue Mitarbeiter bringen von Anfang an mit, was für die "Komfort-Sparkasse" zählt: kommunikative und soziale Kompetenz, Serviceorientierung und Freude an Beratung und Verkauf. Ebenso wichtig wie die Positionierung im Kundenmarkt ist also die im Arbeitsmarkt mit klaren Botschaften: Wofür steht die Naspa als Arbeitgeber? Was erwartet sie von mir als Arbeitnehmer? Was kann ich von ihr erwarten?

Personalentwicklung von Beginn an

Für die Naspa mit ihrer fast 175-jährigen Tradition sind ihre Auszubildenden von jeher die wichtigste Ressource bei der Gestaltung der Zukunft. Jährlich beginnen rund 50 junge Menschen ihren Berufsweg bei der Sparkasse, und sie bleiben in der Regel Jahrzehnte dort. Viele Fach- und Führungskräfte - bis in den Vorstand - begannen ihre Karriere mit ihrer Ausbildung im eigenen Haus. Es ist also nur konsequent, dass die Entwicklung des Employer Branding genau dort ansetzt, wo der Berufsweg beginnt: bei den Auszubildenden.

Demografische Herausforderung

Ein Blick ins statistische Jahrbuch genügt, um zu sehen, welches Problem grundsätzlich alle ausbildenden Unternehmen beschäftigt: Die Geburtenrate hat sich seit dem Boom der Sechziger halbiert, es gibt schlichtweg immer weniger Nachwuchs, und damit sinkt das Angebot an jungen Talenten. Besonders dramatisch zeigt sich diese Entwicklung in den ländlichen Gebieten. Der Bedarf allerdings hat sich bei einer vertriebsorientierten Sparkasse keineswegs verringert. So klafft die Schere zwischen Bedarf und Angebot allein schon quantitativ betrachtet immer weiter auseinander. Bewarben sich vor fünf Jahren noch rund 1 000 junge Menschen um die 60 Ausbildungsplätze bei der Naspa, sind es heute knapp 700 - und damit steht sie im Wettbewerb nicht einmal schlecht da.

Im Geschäftsgebiet der Sparkasse mit seiner hohen Dichte an Finanzdienstleistern im Rhein-Main-Gebiet macht sich der wachsende Wettbewerb um die schrumpfende Auswahl junger Talente besonders bemerkbar: Die Kreditinstitute müssen jungen Menschen klar vermitteln, warum sie ihren beruflichen Lebensweg gerade in ihrem Haus beginnen sollen.

Strukturierte Entwicklung der Kommunikation

Die notwendige Anzahl geeigneter Bewerber für den Bankberuf zu finden ist aber nicht nur ein quantitatives Problem. Kunden sind heute informierter und anspruchsvoller, Vertriebsziele ambitionierter. Auch die Anforderungen an künftige Auszubildende werden komplexer. Gefragt sind daher neben guten Schulnoten vor allem auch ausgeprägte "Soft Skills": Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Selbstorganisation und andere Eigenschaften, die leider keine Schule lehrt. Ein fünfstufiges Auswahlverfahren filtert aus vielversprechenden Schulabgängern die aussichtsreichsten Kandidaten für eine Ausbildung heraus. Umso wichtiger ist es, Bewerbern bereits im Vorfeld zu vermitteln, was von ihnen erwartet wird, und ihnen gleichzeitig zu zeigen, was ihnen die Naspa bietet.

Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, stehen grundsätzlich fünf Felder der Positionierung zur Verfügung. In allen sollten die Mindeststandards erfüllt sein. Doch ein "von allem etwas" verfehlt eine klare Position, der Arbeitgeber wird so für mögliche Bewerber austauschbar. Eine relevant unterscheidende und damit attraktive Botschaft als Arbeitgebermarke gelingt dann, wenn ein einzelner Bereich mit Inhalten gestützt im Fokus steht.

Fünf Positionen als Arbeitgebermarke

Mögliche Positionen einer Arbeitgebermarke sind grundsätzlich:

Angebote des Unternehmens an die Mitarbeiter (zum Beispiel Vergütung oder Sozialleistungen);

das Unternehmen selbst und seine Produkte (zum Beispiel Marktstellung, Alleinstellung der Angebote);

Werte, die Unternehmen und Mitarbeiter verbinden (zum Beispiel Kultur, Vision und Leitbild);

Persönlichkeitsmerkmale, die Marke und Mitarbeiter verbinden (zum Beispiel Begeisterung oder Ehrgeiz);

Aufgaben und Inhalte (zum Beispiel Herausforderung und Entwicklungsmöglichkeiten).

Im Außenverhältnis ist die Naspa als Sparkasse dem öffentlichen Auftrag und damit dem Gemeinwohl verpflichtet. Das Kundenversprechen der Naspa als "Komfort-Sparkasse" bedeutet im Innenverhältnis für Mitarbeiter eine aktive Vertriebsorientierung. So ergeben sich die Schwerpunkte der Positionierung als Arbeitgebermarke zunächst in den Bereichen "Werte" und "Aufgaben". Wir suchen Menschen, die unsere Werte als ein auf besondere Weise mit der Region verbundenes Unternehmen teilen. Und wir suchen Menschen, die sich mit Begeisterung den Aufgaben stellen, die ihnen anvertraut werden. Beide Bereiche verbindet ein zentraler Wert, der als Leitwert bei der Entwicklung der Kommunikation als Arbeitgeber dient.

Verantwortung als Leitwert

"Verantwortung" prägt den Wertekodex der Naspa nach außen und innen - Verantwortung für die Region und ihre Menschen, für die Kunden und natürlich Verantwortung für die Mitarbeiter. Alle diese Dimensionen sind durch vielfältige Angebote und Aktivitäten mit Leben gefüllt. Auf diese Weise entspricht die Naspa als Arbeitgeber neben den wichtigen Kriterien wie Fairness und Glaubwürdigkeit auch dem Wunsch, stolz auf den Arbeitgeber und den eigenen Leistungsanteil an seinem Erfolg sein zu können.

"Verantwortung" ist aber auch das prägende Motiv im Positionierungsfeld der Aufgaben. Präsenz und Kompetenz müssen Hand in Hand gehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort sind deshalb mit weitgehenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattet. Verantwortung für die gestellten Aufgaben zu übernehmen - gegenüber den Kunden und gegenüber dem Unternehmen - lernen Auszubildende vom ersten Tag an. Selbstverständlich übernimmt dabei auch der Arbeitgeber Verantwortung. Die Auszubildenden werden intensiv gecoacht und unterstützt.

Auszubildende als Helden

Analog zur Kundenkommunikation, in der authentische Kunden für "Meine Komfort-Sparkasse" stehen, sind echte Auszubildende der Naspa die Gesichter der Kommunikation im Markt. "Ausbildung mit Verantwortung" ist das Leitmotiv der Kommunikation mit künftigen und derzeitigen Auszubildenden. Doch was genau verstehen Jugendliche unter "Verantwortung" in Bezug auf ihren künftigen Ausbildungsplatz? Wie ist ihr Verhältnis zu diesem Leitwert? Um das genauer herauszufinden, überprüften wir unsere Positionierung anhand erster Umsetzungen.

Zusammen mit Rheingold, dem Kölner Institut für morphologische Marktforschung, wurden die Motive und etwaigen Vorbehalte von Jugendlichen erforscht, die vor der Frage stehen, welchen Beruf sie wählen sollen. Welches Bild haben sie vom Beruf des Bankkaufmanns? Welches Bild haben sie von der Naspa? Wie stehen sie zu Verantwortung? Fragen wie diese ergründeten tiefenpsychologisch geführte und ausgewertete Gruppendiskussionen - mit Schülern aus den Abschlussjahrgängen von Gymnasien und Realschulen aus dem städtischen und ländlichen Bereich, allesamt mit dem Wunsch, eine Ausbildung als Bankkaufmann oder Bankkauffrau zu beginnen.

Bilder im Kopf erzeugen

Dabei zeigte sich, dass selbst bei Jugendlichen, die bereits einen Ausbildungsvertrag in der Tasche hatten, nur ein sehr undeutliches Bild von diesem Beruf vorhanden war. Jeder noch so kleine konkrete Einblick in den Arbeitsalltag war ein motivierendes Aha-Erlebnis. Aus diesem Grund zeigen wir - besonders auf unserer Homepage und über die Social-Media-Aktivitäten Gesicht - Innensichten des Arbeitsalltags auf den Kanälen, die auch unsere Zielgruppe bevorzugt nutzt. Die grundsätzliche Erkenntnis: Je näher mit die Beiträge an den praktischen Alltag rücken, desto höher ist die Aufmerksamkeit.

"Generation Biedermeier" ist ein nicht ganz schmeichelhaftes Etikett, mit dem Trendforscher die derzeitige Auszubildendengeneration versehen haben. Und in der Tat fanden die Rheingold-Forscher bei den Probanden einen Hang zu konservativen, eher bürgerlichen Vorstellungen und Werten: Man schätzt die Sicherheit in der Familie und der Clique und möchte sie gern auch im Berufsleben wiederfinden. Ob in der Stadt oder auf dem Land: Die Jugendlichen sind buchstäblich bodenständig.

Für die Naspa ist diese Verbindung von Regionalität und Suche nach einem sicheren, stabilen Umfeld durchaus positiv zu bewerten. Die team orientierte, familiäre Unternehmenskultur einer Sparkasse bietet den gewünschten Halt. Als Flächensparkasse brauchen wir Auszubildende, die mit uns Verantwortung vor Ort übernehmen. In der Rheingold-Studie bestätigten Jugendliche das verbreitete Bild von der "bürokratischen" Sparkasse - allerdings mit einer durchaus positiven Note. Jugendliche suchen Solidität - suchen einen Ausbildungsplatz, der langfristig zuverlässig ihr Arbeitsplatz wird. Die Ausbildung ist für sie kein Sprungbrett, sondern der Start auf einer möglichst langen, möglichst geraden Bahn. Gesicherte Übernahme bei entsprechender Leistung und vielfältige Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten sind entscheidende Pluspunkte bei der Wahl des künftigen Berufsweges.

Ambivalentes Thema Verantwortung

Verantwortung, so stellte sich in den Interviews heraus, ist für die jungen Schulabgänger ein höchst ambivalentes Thema. Einerseits möchten sie möglichst früh viel bewegen. Andererseits fürchten sie, den Anforderungen, die an sie gestellt werden, nicht gewachsen zu sein. Aufstiegschancen sind erwünscht, aber so, dass man realistische Chancen hat, die Ziele zu erreichen. Und dabei seitens der Ausbilder "an die Hand genommen" und unterstützt wird.

Um klarzumachen, dass bei der Naspa niemand alleingelassen wird, werden den "Helden" der Kampagne stets Kolleginnen und Kollegen im Bildhintergrund zur Seite gestellt. Das zeigt, was künftige Auszubildende erwarten und was die Sparkasse genau so erfüllt: Der einzelne Auszubildende steht als Persönlichkeit verantwortlich für seine Aufgaben - und der ausbildende Betrieb übernimmt Verantwortung, indem er ihn dabei nie allein lässt.

Auszubildende als Sprecher in eigener Sache

Die Auszubildenden zeigen nicht nur Gesicht für ihren Ausbildungsbetrieb in der werblichen Kommunikation - sie gehen auch aktiv auf ihre künftigen Kollegen zu. So ist es fester Bestandteil der Ausbildung bei der Naspa, sie mehrmals im Jahr in der Öffentlichkeit aktiv zu vertreten. Das kann zum Beispiel auf Ausbildungsmessen sein, wo die Auszubildenden Schüler über den Beruf, über die Sparkasse und über Bewerbungsverfahren aufklären. Einen Schwerpunkt der Ausbildung bilden Bewerbertrainings, mit denen die Auszubildenden aktiv an der Gestaltung der Arbeitgebermarke mitwirken: Sie stehen für soziale Verantwortung in der Region, indem sie an Schulen Aufklärungsarbeit rund um die Themen Berufswahl und Bewerbungsverfahren leisten. Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Bewerbertrainings liegt dabei ganz in den Händen der Auszubildenden. Die Er fahrungen geben die Auszubildenden jeweils an den nachrückenden Jahrgang weiter. Die Bewerbertrainings haben sich mittlerweile zu einem der effektivsten Recruiting-Kanäle für neue Bewerber entwickelt. Auch hier bestätigt sich, was die Studie feststellte: Der direkte, authentische Einblick in das Berufsbild und in das Unternehmen ist für Jugendliche die wichtigste Orientierungshilfe bei der Berufswahl.

Das Employer Branding der Naspa liefert eine grundsätzliche Orientierung für die Kommunikation. Die Details allerdings sind im praktischen Einsatz ständig zu überprüfen und zu verbessern. Das geschieht parallel auf unterschiedlichen Ebenen. Social Media etwa sind für die Naspa nicht nur ein wertvolles Dialoginstrument - der unmittelbare Kontakt liefert auch permanent Hinweise zur Optimierung der Kommunikation, die direkt umgesetzt werden.

Doch auch das größere Bild verbessern wir kontinuierlich und passen die Kommunikationsstrategie an. Derzeit ist eine weitere Erhebung mit den psychologischen Marktforschern von Rheingold in Planung, um Jugendliche noch gezielter bei ihren Motiven hinsichtlich der Berufswahl abholen zu können. Unterschiede in der Wahrnehmung in den verschiedenen Lebensräumen des Geschäftsgebietes wie Stadt - Land, "Speckgürtel" des Rhein-Main-Gebiets - Stammsitz Wiesbaden, interessieren dabei ebenso wie Veränderungen im Image des Bankberufs an sich, beispielsweise durch Finanzkrisen. Die Vorstellungen der Jugendlichen ernst zu nehmen und auf sie zu antworten gehört eben auch zu dem, was die Arbeitgebermarke auszeichnet: Vertrauen durch Verantwortung.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X