Interview

Redaktionsgespräch mit Ulrich Schröder "Förderbanken haben die Chance, wichtige Veränderungsprozesse anzustoßen"

Welche Zukunft sehen Sie für die (nationalen) Förderbanken in Europa und Deutschland? Förderbanken haben immer eine subsidiäre Rolle gegenüber den Geschäftsbanken. Insofern ist ihre Bedeutung immer auch ein Reflex auf die Entwicklung im Bankenmarkt. Der klassische Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dabei in der Langfristfinanzierung. Sie refinanzieren sich langfristig und bieten entsprechende Kredite beziehungsweise in einigen Ländern auch Eigenkapital- und Beteiligungsprodukte an. Gerade der großvolumige langfristige Kredit wird derzeit angesichts der Regulierung und der eingeschränkten Möglichkeiten der Refinanzierung weltweit von den Geschäftsbanken zurückgefahren. Als Reaktion darauf steigt die Bedeutung der Förderbanken. Das ist nicht nur ein Phänomen in Deutschland, sondern in vielen europäischen Ländern. Eine zweite Ursache für die wachsende Rolle der Förderbanken ist das große Interesse vieler Staaten, neue und dringend notwendige Wachstumsimpulse für ihre Volkswirtschaften zu geben. Dabei haben Förderbanken die Chance, wichtige Veränderungsprozesse anzustoßen. Ein Beispiel in Deutschland dafür ist das Engagement der KfW für die Energiewende. Sie bedeutet Veränderung und ist zugleich Wachstumstreiber. Schließlich beobachten wir - weniger in Deutschland, aber sehr wohl in anderen europäischen Ländern -, dass sich Banken aus Risikogründen aus der Unternehmensfinanzierung zurückziehen. Das trifft den so wichtigen Mittelstand besonders hart. Hier sehe ich ein weiteres Feld für die Unterstützung der Geschäftsbanken durch Förderbanken. Auch das ist ein Beispiel für die subsidiäre Funktion von Förderbanken in Europa. Hat die KfW in Europa eine Art Vorbildfunktion? Registrieren Sie in anderen europäischen Ländern den Wunsch nach (weiteren) nationalen Förderbanken? Viele europäische Länder haben schon Förderbanken, in Frankreich ist das im Bereich der Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen die OSEO, deren Aktivitäten neu geordnet werden sollen. In Italien plant die schon lange existierende Cassa Depositi e Prestiti (CDP), sich künftig stärker in Richtung Infrastrukturfinanzierung und Exportfinanzierung zu positionieren. In Spanien will sich das ebenfalls schon etablierte Instituto de Credito Oficial (ICO) stärker in der Mittelstandsfinanzierung engagieren. Einige andere Länder wie Großbritannien, Portugal und Griechenland bauen neue Förderbanken auf. Aber Ihre Antwort klingt eher nach nationalen Insellösungen als nach einem Aufbau einer wirklichen europäischen Förderbankenstruktur ... Es gibt mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) ja längst eine gemeinsame Förderbank der Europäischen Union. Diese nimmt transnationale Aufgaben in Europa wahr und hat dazu erst im vergangenen Jahr eine Kapitalaufstockung von zehn Milliarden Euro erhalten. Aber auch die EIB wird alleine nicht alle Themen bewältigen können, denn auch für sie gilt das Prinzip der Subsidiarität. Deshalb bedarf es flankierend auch nationaler Lösungen, weil die jeweiligen Anforderungen an die Wirtschaftsstruktur - insbesondere die Bedeutung des Mittelstands - und an die Finanzierung von Infrastruktur in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich sind. Insofern haben nationale Förderbanken auch in Zukunft ein wichtiges komplementäres Betätigungsfeld. Das EIB-Geschäftsmodell weist übrigens eine sehr hohe Überschneidung mit dem der KfW auf und ist nicht zuletzt auf der Produktseite sehr ähnlich. Es basiert maßgeblich auf langfristigen Finanzierungen, insbesondere Kreditfinanzierungen. In anderen Ländern gibt es andere Geschäftsmodelle mit Schwerpunkten im Beteiligungsbereich (zum Beispiel Frankreich) oder in der Kommunalfinanzierung (zum Beispiel Italien). Wie steht es um Kooperationen zwischen den europäischen Förderbanken? Es gibt Ansätze dazu. So hat die KfW auf Wunsch der Bundesregierung eine Vereinbarung mit den Verantwortlichen in Portugal getroffen, beim Aufbau der dortigen Förderbank zu helfen. Zusammen mit der EIB haben wir in Griechenland Gespräche aufgenommen, um dort einen Wachstumsfonds zu schaffen. Und wir haben in Kooperation von einigen Förderbanken, etwa aus Frankreich, Italien und Spanien, einen Long Term Investors Club gegründet, der unter anderem einen Personalaustausch vorsieht. Einige Mitglieder des LTIC haben den Fonds Marguerite geschaffen, der Eigenkapitalangebote für europäische Infrastrukturprojekte vorhält. All diese Aktivitäten werden von der Bundesregierung stark befürwortet und befördert. Was ist aus den Aktivitäten in Richtung osteuropäische Förderbanken geworden, die Sie vor einigen Jahren angeregt hatten? Bei Kooperationen spielen immer historische Phasen eine Rolle. So hat sich die KfW schon nach dem Fall der Mauer, also lange vor meiner Amtszeit, stark beim Aufbau von Förderbanken engagiert, etwa in Ungarn, in Kroatien und in den baltischen Staaten. Diese Aufbauphase ist abgeschlossen, die Förderbanken arbeiten. Derzeit ist der Schwerpunkt unserer Aktivitäten stärker auf die südlichen und westlichen Euroländer gerichtet. Wie ist hierzulande die Arbeitsteilung der KfW mit den Förderbanken der Länder? Die KfW ist über zwei Schienen eng mit den Landesförderbanken verbunden. Zum Ersten ist sie in erheblichem Maße deren Refinanzierer. Die Institute können von der KfW Mittel abrufen, die sie für ihre Förderzwecke nach den Vorstellungen der jeweilig zuständigen Landesregierungen einsetzen können. Einige dieser Häuser nehmen dabei nur einen kleinen Teil ihrer Mittel bei uns auf, bei anderen sind es deutlich über 50 Prozent. Das ist insofern sinnvoll, als wir uns in der Regel noch günstiger refinanzieren können. Die zweite Schiene der Zusammenarbeit stellen die gesonderten programmbezogenen Refinanzierungen dar. Die Landesförderinstitute rufen auf diesem Weg Programmkredite von der KfW ab, etwa aus den Mittelstandsprogrammen und verbilligen diese noch einmal aus ihrer eigenen Ertragskraft oder mit Landesmitteln. Darüber hinaus haben die Landesförderinstitute stets Sonderaufgaben, die sich aus der Verbindung zu ihren Landesregierungen ergeben, etwa über eigene Programme zur Förderung von Unternehmensgründungen oder die Innovationsförderung. Das ist durch die förderale Struktur in Deutschland begründet. In den "neuen" Bundesländern werden zudem in erheblichem Maße die EU-Regionalbeihilfen über die Landesförderinstitute vergeben. Wird Ihrem Eindruck nach die eigenständige Kapitalmarktfinanzierung der Landesförderinstitute, wie sie etwa von der NRW-Bank und der L-Bank schon lange praktiziert wird und nun auch von der WI-Bank gestartet wurde, in Zukunft eine größere Rolle spielen? Die Landesförderinstitute sollten grundsätzlich mehrere Refinanzierungsquellen haben. Das ist gutes Finanzmanagement. Die größeren Institute verfügen über die Kraft, den Kapitalmarkt selbst zu nutzen. Man muss dazu ein eigenes Rating etablieren und die notwendige Infrastruktur aufbauen bis hin zu regelmäßigen Roadshows. Ein Kapitalmarktauftritt braucht allerdings eine gewisse Stetigkeit und Größe. Wer nur alle paar Jahre aktiv wird, hat keine Chance. Die KfW unterstützt solche Bestrebungen der Landesförderbanken, eigene Refinanzierungsmöglichkeiten aufzubauen. Wir haben kein Interesse daran, die Institute in eine Abhängigkeit von uns zu bringen. Für die kleineren Landesförderbanken sind allerdings andere Wege der Refinanzierung wichtiger, etwa bilaterale Kreditverbindungen mit Versicherungsgesellschaften, Schuldscheindarlehen und natürlich der Weg über die Haushalte der einzelnen Bundesländer. Stichwort Förderbanken und Bankenaufsicht: Welche Förderbanken gehören unter das Aufsichtsregime der EZB? Gibt es dafür eine Richtschnur? Ja, die gibt es. Kern ist hierbei die Beachtung der Besonderheiten des Auftrags der Förderbanken. Bisher unterliegen die nationalen Förderbanken nicht dem Bankenaufsichtsrecht, denn die Bankenrichtlinie in Europa nimmt sie von der Anwendung aus. Das gilt nicht nur für die KfW, sondern beispielsweise auch für die Schwesterinstitute in Spanien, Italien und in Frankreich. Die KfW hat zentrale Bestandteile des KWG bereits seit vielen Jahren freiwillig entsprechend angewandt. Hierzu gehören insbesondere die Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung (SolvV) und die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Zudem unterliegt die Tochter KfW Ipex-Bank bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2008 dem KWG und der Prüfung durch die BaFin. Weiter wurde kürzlich eine Änderung des KfW-Gesetzes auf den Weg gebracht, die die entsprechende Anwendung ausgewählter KWG-Normen auf die KfW sowie eine Prüfungsermächtigung der BaFin zum Ziel hat. Die KfW hat dies ausdrücklich begrüßt, da diese Regelung ihren Förderauftrag stärkt und die weitere Modernisierung und Professionalisierung der KfW unterstützt. Zudem stellt sie eine Entlastung der Eigentümer dar, wenn die Deutsche Bundesbank und die BaFin in vielen Bereichen ihre normalen KWG-Prüfungsaufgaben wahrnehmen. Die KfW wird aber auch zukünftig keine "normale" Bank sein, sondern bleibt ein Förderinstitut, dessen Aufgaben im KfW-Gesetz im Einzelnen beschrieben sind. Die Änderung des KfW-Gesetzes sieht daher auch vor, dass bei der Auswahl der auf die KfW entsprechend anzuwendenden bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften der gesetzliche Förderauftrag zu berücksichtigen ist. Insofern ist mit der jetzt gefundenen Regelung eine gute Lösung gefunden worden. Hätte die KfW im Zuge der Finanzkrise das von der Bundesregierung initiierte Konjunkturprogramm bei völliger Unterstellung unter das KWG so durchführen können, ohne das Gesetz zu verletzen? Solche Maßnahmen in Form einer Zuweisung der Bundesregierung sind in der Tat ein gutes Beispiel für die Besonderheiten der Förderbanken bei der Anwendung des KWG. Und es ist die feste Absicht der Bundesregierung, solche Sonderprogramme und -themen, die im Kontext bestimmter Ausnahmesituationen entstehen, von den aufsichtsrechtlichen Vorgaben auch zukünftig auszunehmen. In diesem Bereich wären die allgemeinen regulatorischen Bestimmungen einfach nicht angemessen. Welche Ausnahmetatbestände sind Ihnen dabei wichtig? Geschäftsbanken sind beispielsweise künftig gehalten, ein sogenanntes Testament zu machen, sprich einen Auflösungs- und Sanierungsplan aufzulegen. Für Förderbanken wie die KfW wäre diese Auflage nicht zielführend, da die Bundesrepublik ihren Bestand garantiert. Ein anderes Beispiel sind die Liquiditätsvorschriften. Wenn die KfW keine Liquidität mehr auf dem Markt aufnehmen könnte, dann bekäme wegen der staatlichen Garantie auch die Bundesrepublik keine Gelder mehr. Wie Sie sehen, bedarf es auch hier einer spezifischen, angemessenen Regelung. Wieso hat dann aber die Deutsche Kreditwirtschaft in einer Stellungnahme aus dem Frühjahr die völlige Unterstellung unter das KWG gefordert? Weiß man dort nicht um die besonderen Aufgaben einer Förderbank? Die Bankenverbände haben sich unterschiedlich zum Vorschlag der Bundesregierung geäußert, der VÖB beispielsweise ganz ähnlich wie wir. Dass die anderen Bankengruppen, sprich die Sparkassen, die Genossenschaftsbanken und die privaten Banken, für eine volle Unterstellung plädiert haben, schreibe ich einer Befürchtung zu, die KfW könne den Geschäftsbanken Konkurrenz machen. Dabei dürfen und wollen wir das aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen gar nicht. Spüren Sie derzeit verstärkt Reibungspunkte mit den drei großen Bankengruppen hinsichtlich der aktuellen Tätigkeitsfelder der KfW beziehungsweise der KfW Ipex-Bank? Nein, ich stufe das momentane Verhältnis als enge Kooperation und komplementär ein. Vor allem in der akuten Krise der letzten Jahre - wenn es also darauf ankommt - war die Zusammenarbeit besonders konstruktiv. Stichwort Derivategeschäfte: Welche Risiken bergen reine Absicherungsgeschäfte für die KfW? Wieso ist es selbst unter Fachleuten so schwer, den Einsatz von Derivaten sauber in der Öffentlichkeit zu kommunizieren? Zunächst einmal sind Absicherungsgeschäfte, ähnlich wie Verbriefungen, derzeit mit einem negativen Image belegt. Das rührt zum einen aus dem Missbrauch beider Instrumente in der Finanzkrise. Und generell haben Derivate wie viele andere Bankinstrumente auch insofern eine ambivalente öffentliche Wahrnehmung, als man sie nämlich zu Sicherungszwecken genauso wie zu spekulativen Zwecken nutzen kann. Derivate haben bei der KfW ein großes Volumen. Das ist aber ausschließlich dem großen Geschäftsvolumen der KfW geschuldet. Wir können an dieser Stelle nur immer wieder erklären, dass wir Derivate als reine Absicherung einsetzen, dass wir also keinen Handel damit betreiben. Als Nicht-Handelsbuchinstitut dürfen und wollen wir keine offenen Handelspositionen eingehen. Derivate dienen daher - und ausschließlich - zur Absicherung unserer Zins- und Währungsrisiken. Von den jährlich etwa 70 Milliarden Euro an Mittelaufnahmen - im vergangenen Jahr waren es sogar 78 Milliarden Euro - entfällt ein großer Teil von 40 bis 50 Prozent auf Fremdwährungen. Da wir aber auf der Aktivseite unserer Bilanz fast nur in Euro tätig sind, swappen wir zur Absicherung alle Fremdwährungsanleihen in Euro. Zudem sichern wir den größten Teil unserer Festzinspositionen auf Aktiv- und Passivseite mit Zinsswaps ab. Mit diesen beiden Maßnahmen bewegen wir über die gesamte Bilanz ein Derivatevolumen von aktuell rund 700 Milliarden Euro, also eine Größenordnung, die dem unbefangenen Beobachter zunächst einmal Sorge bereitet. ... weil sie trotz der reinen Absicherung auch Risiken beinhaltet! In gewissem Umfang ja. Dabei sind insbesondere Kontrahenten-, Settlement- und operative Risiken zu nennen. Für Transaktionen, die wir ja meist für lange Laufzeiten abgeschlossen haben, darf der Partner nicht ausfallen. Und an dem Tag, an dem die Währung zurückgetauscht wird, muss er noch verfügbar sein. Damit haben wir bekanntlich im Falle Lehman schlechte Erfahrungen gemacht. Und wir müssen zudem eine ordnungsgemäße Umsetzung von Verträgen sowie andere operative Risiken im Blick haben. Dementsprechend brauchen wir für das Derivategeschäft Partner, die über vergleichsweise lange Laufzeiten von uns als sicher eingestuft werden. Die Zahl der Banken, mit denen wir solche Geschäfte machen können, ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Umso mehr achten wir auf die Auswahl der Derivatepartner. Wir steuern die Risiken sehr genau und haben eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, sie zu minimieren. Wie frei ist die KfW in ihrer Geschäftsausrichtung? Inwieweit wandeln sich die Ansprüche oder Vorgaben der Politik mit der Entwicklung der Ertragslage der KfW? Ich registriere ein sehr ausgewogenes Verhältnis zur Politik. Natürlich müssen die Eigentümer und der Verwaltungsrat die Strategie der KfW genehmigen und ihre Planung beschließen. Das ist das Recht jedes Eigentümers. Und wir müssen umgekehrt beim Einsatz von Bundesmitteln unsere relevanten Programme mit den Ministerien abstimmen. Große Zuschussgeber sind dabei zum Beispiel das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit den Programmen für energieeffizientes Bauen und Sanieren und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit der Entwicklungsfinanzierung. Aber in diesem Rahmen lässt uns die Politik einen großen operativen Spielraum und macht uns keine Vorgaben im Tagesgeschäft. Wie ist das rückblickend zu beurteilen? Es ging ja zeitweise das geflügelte Wort um, immer wenn ein politisches Problem auftritt, prüft die Politik, inwieweit die KfW zur Lösung mit herangezogen werden kann. Hat sich das geändert? Erst einmal freuen wir uns, dass die Lösungskompetenz der KfW ergänzen und unterstützen kann. Schließlich versuchen wir, gesellschaftliche Veränderungen etwa im Bereich der Umwelt- und Klimafinanzierung verantwortungsvoll zu begleiten. Am Ende zählt auch, dass die Risiken zwischen Bundesregierung und KfW richtig verteilt sind. Es hilft dem Bund als Eigentümer am Ende nicht, die KfW mit Risiken zu überlasten. Bei der Umsetzung solcher Projekte achten wir daher darauf, klare Haftungsregeln zu vereinbaren, um ein gutes eigenes Risikomanagement sicherstellen zu können. Das war früher also nicht der Fall ...? Teilweise nicht: Bei den Platzhaltergeschäften von Telekom und Post, bei denen die KfW Aktien für den Bund hält, war dieses Prinzip schon immer gewährleistet. Der Bund hat also immer die Risiken, etwa aus Kursverlusten oder Dividendenausfällen, getragen. Bei EADS war das ursprünglich nicht der Fall und ist erst im Rahmen der Neuordnung zur Geschäftsgrundlage geworden. Heute gilt grundsätzlich: Wenn es Zuweisungen von Sonderaufgaben für die KfW durch den Bund gibt, dann trägt dieser auch die Risiken, kann dann allerdings auch die Vorteile aus einer Transaktion nutzen, etwa Dividendeneinnahmen. In der Berichtsperiode 2012 ist einmal mehr der vergleichsweise üppige Gewinn der KfW ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. Gibt es keine Möglichkeiten, diese Größe im Hintergrund zu halten? Und wie lässt sich in diesem Zusammenhang vermeiden, dass die Ausschüttungsdiskussion ständig wieder aufkommt? Von einer Geschäftsbank oder einem Wirtschaftunternehmen unterscheiden wir uns insofern, als Profitmaximierung nicht unser vorrangiges Ziel ist. Das bleibt so, auch wenn wir in den vergangenen drei Jahren eine außerordentlich gute Ertragslage hatten. Diesbezüglich werden wir uns aus meiner Sicht schon in diesem Jahr wieder einer Normalität nähern. Die Ergebnisse zu Beginn dieses Jahres deuten schon in diese Richtung. Wenn wir eine Ausschüttung in den Mittelpunkt unserer Geschäftsausrichtung stellen würden, wäre zumindest die Gefahr gegeben, doch eine Profitmaximierung zu verfolgen. Als Förderbank sollen wir aber Fördermaximierer sein und in diesem Sinne möglichst viel Geld für die subsidiären Förderzwecke zur Verfügung stellen. Erst wenn dann noch etwas überbleibt, fällt Gewinn an, der in die Rücklagen gelegt wird. Zurück zu den Geschäftsfeldern beziehungsweise einzelnen Segmenten der KfW: Sehen Sie die Schiffsfinanzierung in Deutschland derzeit generell als Problembereich an? Und wie ist die künftige Aufstellung der KfW beziehungsweise der KfW Ipex-Bank in diesem Geschäftsbereich? Die Schiffsfinanzierung ist eines der definierten Geschäftsfelder unserer Tochter KfW Ipex-Bank, und sie wird auch ein Kerngeschäft bleiben - neben der Flugzeugfinanzierung, der Finanzierung erneuerbarer Energien, der Rohstofffinanzierung sowie allgemeiner Industrie- und Projektfinanzierungen, also kurzum, Finanzierungen im großvolumigen, langfristigen Bereich. Mit Blick auf die Schiffsfinanzierung halten wir Kontinuität für wichtig und ziehen uns deshalb anders als andere Institute nicht aus diesem Bereich zurück. Gleichwohl sind wir von dem extremen Einbruch, den die Schiffsindustrie derzeit weltweit durchläuft, betroffen. Gibt es im Geschäftsfeld Kommunalfinanzierung derzeit eine Entspannung? Kommunalfinanzierung ist und bleibt ebenfalls ein Geschäftsfeld der KfW, das innerhalb der Muttergesellschaft betrieben wird. In diesem Bereich haben wir aber in den vergangenen Jahren zwei wesentliche Änderungen vorgenommen. Zum einen haben wir eine Begrenzung der Kredite durchgeführt, und zwar nicht auf Risikobasis, sondern auf Einwohnerbasis, auch um unserem Auftrag einer bundesweit einheitlichen Förderung besser nachkommen zu können. Zweitens haben wir uns von den allgemeinen Kommunalkrediten wegbewegt, hin zu stärker zweckgebundenen Finanzierungen. Wir wollen unsere Mittel auch im kommunalen Bereich zielgerichteter einsetzen und fördern beispielsweise verstärkt Barrierefreiheit, Energieeffizienz, Kinder tages stätten und andere soziale Einrichtungen. Kann es auf Dauer in Deutschland ein Ziel der Förderbanken sein, die Erhaltung mittelständischer Strukturen zu fördern und in Europa nicht oder weniger? Allgemein gesprochen: Muss es in Europa eine Angleichung der Förderziele in den einzelnen Nationen geben? Die Mittelstandsförderung ist für Deutschland mit seiner entsprechend geprägten Wirtschaftsstruktur ein elementares Geschäftsfeld. Das gilt grundsätzlich auch für Europa. In anderen Ländern beneidet man Deutschland gerade um den Mittelstand. Der Grund, weshalb sich diese sehr stark um den Aufbau und Ausbau von Förderbanken bemühen, ist ja nicht zuletzt die Sicherstellung der Mittelstandsfinanzierung. Insofern hat gerade hier die KfW durchaus eine Vorbildfunktion für die anderen europäischen Länder und hilft ja auch tatkräftig, wie wir das bereits besprochen haben. Die Europäer müssen darüber hinaus einen Weg finden, ihren Mittelstand noch stärker und erfolgreicher in den internationalen Wettbewerb zu führen. Dabei können Förderbanken zwar auch helfen, aber hier müssen in jedem Land entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt werden, um eine Volkswirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. Wie wird die KfW auf der Ertragsseite wie auf der Refinanzierungsseite durch das Niedrigzinsumfeld tangiert? Zunächst einmal profitieren wir von niedrigen Zinsen, weil wir uns dadurch sehr günstig refinanzieren können. Als Folge der Finanzkrise hat sich dank der Garantie des Bundes der relative Finanzierungsabstand gegenüber den Geschäftsbanken deutlich ausgeweitet. Zwar ist der Spread nicht mehr so groß wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, aber er ist noch beachtlich. Im Gegensatz zu einigen Geschäftsbanken haben wir zudem eine vorsichtige Kongruenzpolitik betrieben und uns so weit wir möglich laufzeitgerecht refinanziert. Negativ tangiert uns lediglich die Anlage unseres erfreulich gewachsenen Eigenkapitals. An dieser Stelle leiden auch wir unter den niedrigen Zinsen des derzeitigen Marktumfeldes. Inwieweit beeinflusst die Geldpolitik der EZB das Geschäft? Darf (will) sich eine Förderbank wie die KfW dazu überhaupt äußern? Wenn ich von der Politik erwarte, nicht in die operativen Geschäftsfelder einzugreifen, dann sollte ich mich umgekehrt in (geld-)politischen Themen zurückhalten. Welche Position hat die KfW zu einer Wiederbelebung/Weiterentwicklung des Verbriefungsmarktes, die beispielsweise im EU-Grünbuch zur langfristigen Finanzierung gefordert wird? Wenn sich Banken angesichts der Regulierungsvorgaben aus der langfristigen Finanzierung zurückziehen, dann muss man sich überlegen, welche neuen Investoren in diesen Markt einsteigen sollen. Wenn man ordnungspolitisch fokussiert bleibt und den Grundsatz der Subsidiarität ernst nimmt, können das nur zum Teil Förderbanken sein. Also muss man überlegen, wie man andere Investoren für den langfristigen Finanzierungsmarkt gewinnen kann, etwa in den Bereichen Energie und Infrastruktur. Diese Grundüberlegung des Papiers ist ebenso richtig wie einige der dort angesprochenen Lösungsansätze. Einer ist die stärkere Öffnung des Kapitalmarktes für die Langfristfinanzierung, also eine Entwicklung, die im angelsächsischen Markt schon heute deutlich stärker ausgeprägt ist. Und man kann den Kapitalmarkt natürlich mit der Emission von kapitalmarktfähigen Papieren öffnen, zum Beispiel mit Verbriefungspapieren oder bis zu einem gewissen Umfang auch mit den vieldiskutierten Project Bonds. Hat die KfW mit Blick auf die Zeit nach der Bundestagswahl Wünsche an eine neue Regierung? Es hängt immer von einer Bundesregierung ab, wie stark sie die KfW in ihre Tätigkeit einbeziehen will. Wir stehen wie in der Vergangenheit bereit, in unseren Geschäftsfeldern zum Beispiel der Mittelstandsfinanzierung und der Energiewende tätig zu werden. Und international sehen wir weiterhin die Entwicklungsfinanzierung und die Begleitung der deutschen Industrie ins Ausland als große Themenfelder. Dass eine neue Bundesregierung, wie immer sie auch aussieht, diese Themenschwerpunkte verändern wird, kann ich mir nicht vorstellen. Zu den Bilanzen großer Förderbanken siehe Seite 632 ff.

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