Aufsätze

Spezialfonds: Zur Lenkungswirkung von Steuern im Fondsgeschäft

Viele Jahre lang wurde der Spezialfonds für tot erklärt. Das hat die institutionelle Anlagevariante für Fondsanleger aber nicht daran gehindert, während der letzten Jahre eine beeindruckende Wachstumsstory zu schreiben - trotz Finanzmarktkrise und Regulierungswelle. Das jüngst verabschiedete AIFM-Steueranpassungsgesetz macht der deutschen Asset-Management-Branche das Leben auch nicht nur leichter.

Es ist eine Binsenweisheit, dass Kapital den Produktionsfaktor mit der höchsten Flexibilität darstellt. Sind die Rahmenbedingungen für die Anlage des Kapitals unterschiedlich, findet das Kapital seinen Weg zu dem vermeintlich besseren Standort. Dieser Lehrsatz der Volkswirtschaft scheint für eine Anlageart nicht zu gelten: den deutschen Spezialfonds. Die Bundesrepublik Deutschland ist weder gezielt steuer- noch aufsichtsrechtlich investorenfreundlich. Wie ist dann der Erfolg der Spezialfondsanlage zu erklären?

Hohe Eingangshürden für ausländische Anbieter

Die mangelnde Förderung von Finanzdienstleistungen durch die Regierungsverantwortlichen wird - trotz unbestreitbar wichtiger Aufgaben, die vom Finanzsektor geleistet werden - häufig beklagt. Und ebenso zweifelsfrei limitiert die mangelnde aktive Förderung deutscher Player auch deren internationale Möglichkeiten. Deutschland als Sitzstaat für Investmentfonds vergleichbar mit Irland oder Luxemburg zu bezeichnen wäre sogar abwegig. Trotzdem oder gerade deswegen hat sich die deutsche Branche besonders differenziert im Bereich der Spezialfonds entwickelt. Ausländische Adressen spielen keine wesentliche Rolle - trotz erheblicher Anstrengungen. Der Wettbewerb um deutsche Spezialfonds ist aus der Sicht eines Ausländers so intensiv wie im deutschen Einzelhandel und stellt eine beträchtliche Eingangshürde dar.

Das zwingt die Marktteilnehmer, ihre Geschäftsmodelle laufend zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Aus dem Druck zur Fortentwicklung ist nicht nur die Master-KVG entstanden. Die nächste Evolutionsstufe, die Service-KVG, klopft schon an die Tür. Damit kommt es dann zur effektiven Entkoppelung von Fondsmanagement, Verwaltung des Spezialfonds (Master-KVG) und Dienstleistungen um das Mandat herum (Service-KVG). Auch die Service-KVG scheint ein rein deutsches Geschäft zu werden. Ob das AIFM-Steueranpassungsgesetz daran etwas ändern wird?

Steuerliche Vorschriften sollten die Fortentwicklung der deutschen Asset-Management-Branche zumindest nicht behindern. Aber was sind eigentlich Steuern? Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein (§ 3 Abgabenordnung). Der Satz nach dem Semikolon ist der wichtigere.

Rechtssicherheit zur Besteuerung entfällt

Wollte man eine besonders einschneidende Änderung des (Steuer-)Rechts mit Wirkung für das Jahr 2014 und darüber hinaus nennen, so wäre dies die Abschaffung des Privilegs deutscher Spezialfonds stets unter das Investmentsteuergesetz zu fallen (formeller Investmentbegriff). Und wie so oft bei Privilegien: man ist sich deren positiver Wirkung für sich selbst erst dann bewusst, wenn sie drohen, wegzufallen. Das Privileg bestand in der Rechtssicherheit, dem Investor eine den Grundsätzen der Transparenz verpflichtete Besteuerung seines Spezialfonds zusagen zu können. Stark vereinfacht ausgedrückt, entsprach die steuerliche Behandlung der Fondsanlage der Direktanlage und war damit kalkulierbar.

Seit Jahren leben ausländische Asset Manager mit der Ungewissheit, ob ihre Fondsprodukte unter das Investmentsteuergesetz fallen oder anderen steuerlichen Regelungen unterliegen. Gerade Edelmetallfonds und Produkte an der Schnittstelle zwischen Hedge- und Private-Equity-Fonds waren gefährdet. Andere alternative Investments im Bereich Infrastruktur ebenso. Die Auswirkungen sind nicht nur formeller Natur und für Steuerberater "interessant". Die Unterschiede zeigen sich ganz plastisch in der Frage, ob Erträge steuerfrei oder steuerpflichtig sind. Auch schwankt das Ergebnis um die ausländische Quellensteuer, die anrechenbar ist oder eben nicht. Auf der Basis dieser Rechtsunsicherheit können Spezialfondsmandate nur schwer erobert werden. Eine Ausweitung dieser "Unsicherheit" auf inländische Spezialfonds kann systematisch begründet werden. Standortpolitisch ist sie nicht förderlich und europarechtlich nicht zwingend. Für die Wahl des geeigneten Fondsvehikels und dessen Sitzstaat wird sie zukünftig entscheidend sein.

Zehn-Prozent-Grenze für nicht qualifizierende Investments

Für (in- und ausländische) Spezialfonds ist in einer neunstufigen Prüfung zu untersuchen, ob a) das Investmentsteuergesetz mit seinen Transparenzvorschriften oder b) die Behandlung wie bei einer Kapitalgesellschaft oder c) wie bei einer Personengesellschaft anzuwenden ist. Welches Besteuerungsregime für den Investor vor- beziehungsweise nachteilig ist, kann pauschal nicht beantwortet werden; die Unterschiede können gravierend sein. Das Prüfverfahren ist nicht in allen neun Punkten kompliziert. Dreh- und Angelpunkt sind zwei Voraussetzungen.

Erstens: Fallen die Investments in den abschließenden Katalog der qualifizierenden Vermögensgegenstände. Und zweitens: Liegen die nicht qualifizierenden Investments unter zehn Prozent des Fondsvermögens? Diese Prüfung ist inhaltlich nicht einfach. Dazu ist sie de facto nicht nur täglich durchzuführen. Bereits vor dem Erwerb neuer Assets muss eine Prüfung verbindlich abgeschlossen sein. Die Nichteinhaltung der als Schrottquote bekannt gewordenen Grenze führt bei einem wesentlichen Verstoß zu einem Ausschluss der transparenten Besteuerung des Investmentsteuergesetzes. Die Rechtsfolge liegt für Sondervermögen in einer eigenen (zusätzlichen) Körperschaftsteuerpflicht in Höhe von 15 Prozent. Ausschüttungen sind - unabhängig ihres materiellen Ursprungs - als Dividenden zu behandeln. Diese nicht anrechenbare steuerliche Zusatzbelastung ist offensichtlich für keinen Investor akzeptabel.

Das Damoklesschwert der 15-Prozent-Steuer schwebt nunmehr über deutschen Spezialfonds. Auch für ausländische Spezialfonds ist die Schrottquote einzuhalten. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Zehn-Prozent-Grenze sind im Regelfall deutlich milder. Die 15-prozentige Körperschaftsteuer kann nicht von ausländischen Spezialfonds erhoben werden. Allerdings ist das Außensteuergesetz anwendbar, welches aber bei den im Regelfall aktiven Einkünften ins Leere läuft und es bleibt bei der Behandlung der Ausschüttung als Dividende. An diesem Punkt liegt der Schluss nahe, dass die Auflage von Spezialfonds im Ausland neu überdacht werden wird. Es lohnt sich aber die Überlegung, wie man mit dieser Herausforderung als inländischer Anbieter umgehen kann.

Unter dem Druck, laufende (ausschüttbare) Renditen zu erwirtschaften, greifen institutionelle Investoren vermehrt zu alternativen Anlageklassen. Den Erwerb dieser oftmals nicht qualifizierenden Vermögensgegenstände auszuschließen erscheint lediglich als theoretische Möglichkeit für die Geschäftsleitung eines Asset Managers. Es können juristische Regelungen angestrebt werden, die den Asset Manager vor einem Regress durch den Spezialfondsinhaber schützen. Vor dem Hintergrund der vom Kapitalanlagegesetzbuch geforderten besonderen Verhaltensregeln für Asset Manager muss erst noch "getestet" werden, ob ein Haftungsausschluss auch gerichtlich anerkannt wird.

Das verwaltete Fondsvolumen ist entscheidend für die Risikoabschätzung. Geht man von einer zweiprozentigen steuerlichen Mehrbelastung auf einen Spezialfonds im Wert von 2,4 Milliarden Euro aus, dürften 48 Millionen Euro für die Mehrzahl an Kapitalverwaltungsgesellschaften das Aus bedeuten. Das Vertrauen auf eine ausschließlich juristische Lösung ist wohl nicht ausreichend, aber eine Überarbeitung der Vertragsbedingungen und Aufnahme der Thematik im Anlageausschuss und zusätzlich eine Haftungsvereinbarung sind in jedem Fall empfehlenswert.

Vorabuntersuchung neuer Assets

Beim Prozess zum erstmaligen Erwerb eines Wirtschaftsguts kann ebenfalls regulierend eingegriffen werden. Als Standardvorgehen ist eine Untersuchung neuer Assets auf ihre Einsortierung als gegebenenfalls nicht qualifizierend vorzusehen. Die Durchführung einer Transaktion ohne vorherige Erkenntnis ist nur noch dann akzeptabel, wenn die Zehn-Prozent-Grenze offensichtlich nicht überschritten ist. Im Idealfall wird bereits bei der Asset Allokation die notwendige Sensibilität geschaffen werden müssen. Insbesondere für eine Master-KVG stellt dieser neue Prozess eine große Herausforderung dar. Neben dem Erwerbsprozess ist die Zehn-Prozent-Grenze auch unterjährig zu überwachen. Wertveränderungen von Assets und Ausschüttungen sind in die Überwachung einzubeziehen.

Bereits heute ist klar, dass es alternative Spezialfonds, die unter das Transparenzregime des Investmentsteuergesetzes fallen, nicht geben kann. Wer seine alternativen Investments gerne in einem Spezialfonds gepoolt hätte, um beispielsweise Konzerngesellschaften die Möglichkeit des Co- Investment zu geben, ist auf ausländische Lösungen angewiesen. Als Beimischung bleiben sie denkbar. Die Frage bleibt aber, wer für diese besondere Grenze zukünftig wie verantwortlich zeichnet.

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, einen abschließenden Katalog qualifizierender Vermögensgegenstände aufzustellen. Das mit dieser Einschränkung zu erreichende Ziel hat er nicht formuliert. Daraus ergibt sich eine weitere Möglichkeit, dem Verlust des transparenten Steuerstatus entgegen zu wirken. Nicht qualifizierende Vermögensgegenstände werden durch qualifizierende Vermögensgegenstände "verpackt". Bei internationalen Real-Estate-Strukturen sind eigene Erwerbsstrukturen üblich und bei Private Equity ist das sehr oft der Fall. Im Hedgefonds- Bereich sind sie wegen der relativ kleinen Ticketgrößen für deutsche Investoren eher seltener anzutreffen. Leider gibt es keine deutschen Vehikel, aber das Luxemburger Verbriefungsvehikel erfreut sich weiter großer Beliebtheit.

Managed Accounts und inländische Personengesellschaften als Alternative

Die Identifikation des "richtigen" Mantels ist bisher eher eine Domäne von Investmentbanken und spielt auch für andere Rechtsgebiete eine wichtige Rolle. So zum Beispiel für die Beurteilung eines Investments eines Versicherers im Lichte des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Für deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften bietet sich insoweit die Möglichkeit, der Gefahr des Verlusts des transparenten Status des Spezialfonds entgegenzuwirken. Allerdings veränderte sich dadurch das Geschäftsmodell der KVG stärker als es auf den ersten Blick erscheint. Neben einem Standarddurchführungsweg (Spezialfonds) gäbe es zahlreiche unterschiedliche und individuelle Einzellösungen, die kaum skalierbare Ergebnisse lieferten.

Wer auf juristische Lösungen nicht vertrauen mag, die Anpassung der internen Prozesse ebenfalls als für nicht ausreichend sicher erachtet und an Verpackungslösungen nicht glaubt, kommt unweigerlich zu Managed Accounts und inländischen Personengesellschaften als ernsthafte Alternative. Als Durchführungswege der Direktanlage sollten sie nicht vorschnell verworfen werden. Steuerlich sind keine gravierenden Nachteile verbunden. Bilanziell entfällt allerdings die "Hülle" des Spezialfonds und die einzelnen Wirtschaftsgüter sind separat zu bilanzieren. Damit entfällt ein wesentliches Steuerungsinstrument und erklärt auch, warum bisher vor allem wenig schwankungsanfälliges Geschäft über die Direktanlage durch Asset Manager verwaltet wurde. Der Einsatz von Durchführungswegen der Direktanlage erscheint für langfristige alternative Investments eher unwahrscheinlich.

Thesen zum Weiterdenken

Das Geschäftsmodell der Master-KVG wird um das wesentliche Risiko reicher, unfreiwillig für den Wechsel des Steuerstatus eines Spezialfonds verantwortlich gemacht zu werden. Die Markteintrittshürde für ausländische Anbieter von Administrationsdienstleistungen wird insoweit noch höher. Spezialfonds, die mit dem Ziel aufgelegt werden, in alternative Investments zu investieren, werden wohl auch in Zukunft außerhalb Deutschlands aufgelegt werden.

Die Beimischung von alternativen Investments wird von Investoren immer stärker eingefordert werden. KVGen werden sich juristisch und prozessual darauf einzustellen wissen. Ob der Schritt zu einem heterogenen Geschäftsmodell gewagt wird, individuelle Verpackungslösungen unterhalb der Ebene des Spezialfonds anzubieten, steht wohl nur wenigen Häusern offen.

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