Aufsätze

Verbriefung in Deutschland - die Sicht der Realwirtschaft

Die Verbriefung von Forderungen wurde in den letzten Jahren, ausgelöst durch die Finanzkrise, von vielen Seiten per se als etwas Schlechtes, ja sogar Unmoralisches betrachtet. Bei genauerem Hinsehen geschieht dies zu Unrecht, ist doch die Verbriefung für die Finanzwirtschaft eine wichtige Quelle der Refinanzierung und damit auch Motor des wirtschaftlichen Wachstums mit einer Reihe von Vorteilen für die Realwirtschaft.

Beispiel Automobilsektor

Als Beispiel sei die Rolle der Finanzdienstleistungen im Automobilbereich betrachtet. 70 bis 80 Prozent aller verkauften Fahrzeuge werden heute finanziert. Davon sind mit einem Marktanteil von deutlich über 60 Prozent die Autobanken unangefochtener Marktführer bei den automobilen Finanzdienstleistungen. Als Katalysatoren in prosperierenden Märkten und als Stabilisatoren in stagnierenden oder rückläufigen Märkten tragen die Banken der Automobilwirtschaft wesentlich zur Sicherstellung der automobilen Wertschöpfungskette bei (Abbildung 1). Sie sind: (1) Absatzförderer der von ihnen vertretenen Fahrzeugmarken, (2) Garanten für die hohe Markentreue der Automobilkunden, (3) wichtigste Kreditversorger des Automobilhandels.

Dank der engen Partnerschaft mit Herstellern und Handel können die Autobanken ihre Finanzdienstleistungen mit zahlreichen Service- und Versicherungsleistungen kombinieren und dem Kunden somit ein lückenloses Produktportfolio rund um automobile Mobilität bieten. Kunden, die heute einen Finanzdienstleistungsvertrag abschließen, wollen nicht mehr nur ein Auto erwerben, sondern die Gesamtkosten ihres Fahrzeugs in einer monatlichen Rate überschauen können. Dadurch tritt der Fahrzeugpreis in den Hintergrund, Mobilität und der damit verbundene finanzielle Aufwand in Form der Monatsrate werden wichtiger. Entsprechend sind die finanzierten oder geleasten Fahrzeuge deutlich besser ausgestattet (Abbildung 2).

Volkswirtschaftlich betrachtet, steigert die Nutzung von Finanzdienstleistungen zunächst den Umsatz und führt zu entsprechender Mehrbeschäftigung bei den automobilen Finanzdienstleistern und Fahrzeugherstellern. Die Absatzsteigerung der Fahrzeuge resultiert in einer kürzeren Haltedauer. Dies wiederum hat eine schnellere Diffusion innovativer Technologien in die Märkte zur Folge. Entsprechend erhöht sich die Verkehrssicherheit und vermindert sich die Umweltbelastung. Eine wahre Kettenreaktion von positiven Impulsen (Abbildung 3).

Auch von der Kreditrisikoseite betrachtet ist dieser Ansatz attraktiv. Die Mobilitätspakete der Autobanken führen zu einem deutlich höheren Maß an Loyalität. Während ein Barzahler sein Fahrzeug einfach an jeden x-beliebigen Käufer veräußern kann, muss ein Kunde mit Finanzierung und Versicherungskomponente wieder zurück zum Händler, um einen Vertrag ändern oder vorzeitig beenden zu können. Dies eröffnet wieder eine neue Vertriebschance für den Autohändler. Genau dies ist auch das Ziel der Automobilbanken: Kundenbindung und Wiederholungsgeschäft. Dies bringt mit sich, dass die Autobank ihre Finanzierungskunden und ihr Zahlungsverhalten besser kennt und das damit verbundene Risiko sehr gut einschätzen kann. Entsprechend niedrig sind die in diesen Portfolios entstehenden Kreditverluste, was sich auch in den Kundenkonditionen widerspiegelt.

Einfaches und nachhaltiges Geschäftsmodell mit granularen Risiken

Genau aus diesem Grund sind Verbriefungen von Fahrzeugfinanzierungen "Made in Germany" auch der momentane Anlagefavorit zahlreicher Investoren. Die Autobanken verkörpern ein einfaches und nachhaltiges Geschäftsmodell. Die Kreditrisiken sind höchst granular, die Transaktionsstrukturen sehr einfach und transparent, gepaart mit niedrigen Kreditausfallraten. Aus Sicht der Investoren also ein sicherer Hafen in Zeiten starker Volatilität an den weltweiten Kapitalmärkten.

Für die Volkswagen Financial Services AG ist ABS erklärtermaßen eine strategisch wichtige Refinanzierungsquelle. Gemeinsam mit den Kundeneinlagen und unbesicherten Kapitalmarktanleihen bilden die ABS-Transaktionen die wichtigsten Kapitalbeschaffungsmaßnahmen. Wesentliche Gründe für die Nutzung des ABS-Marktes sind für das Unternehmen die Verbreiterung der Investorenbasis, die vergleichsweise günstigen Refinanzierungskosten, die Unabhängigkeit dieser Refinanzierungsquelle vom Kreditrating der Volkswagen Financial Services AG sowie die fristenkongruente Refinanzierung.

Volkswagen Financial Services ist bereits seit 1996 im Verbriefungsmarkt aktiv. Damals ist die erste öffentliche Verbriefungstransaktion mit Leasingforderungen VCL1 begeben worden. 2004 folgte dann mit Driver One die erste Transaktion, die mit deutschen Autokrediten besichert war. Sie war gleichzeitig auch die erste Transaktion überhaupt, die über die TSI Verbriefungsplattform begeben wurde.

Langjährige internationale Verbriefungserfahrungen

Seitdem hat Volkswagen Financial Services bereits mehr als 20 öffentliche und zahlreiche private Verbriefungstransaktionen mit Investoren platziert. Darunter auch Transaktionen in Großbritannien, Japan, den Niederlanden und Spanien. Weitere Projekte in anderen ausländischen Märkten, wie zum Beispiel Australien, China, Brasilien und Frankreich werden derzeit umgesetzt. Dabei ist es insbesondere wichtig, dass jede Transaktion den gleichen hohen Qualitätsanforderungen entspricht.

Entsprechend lang und aufwendig sind die Projektumsetzungen der neu zu etablierenden Verbriefungsmärkte. Intensives Testen der Systeme, eine genaue Untersuchung der landestypischen Regularien und Gesetze sowie eine tief detaillierte Kenntnis der Produkte und Prozesse sind nötig, um am Ende sicherstellen zu können, dass jede Transaktion den Namen einer VW-Transaktion verdient hat. Auch die Investoren schätzen die Zuverlässigkeit und das umfangreiche Reporting der VCL- und Driver-Transaktionen, welches von der Ratingagentur Fitch mit fünf Sternen bewertet wird.

Darüber hinaus erfüllen alle Transaktionen der Volkswagen Financial Services AG die Anforderungen des TSI-Qualitätssiegels "TSI-Deutscher Verbriefungsstandard". Dieses Siegel dokumentiert schon im Namen, dass deutsche Verbriefungen in Sachen Qualität und Sicherheit eine herausgehobene Stellung im europäischen Verbriefungsmarkt genießen.

Insofern ist von politischer und regulatorischer Seite schon viel bewirkt worden. § 18a KWG mit der Rückbehaltsklausel sichert beispielsweise ab, dass ein signifikanter Anteil von fünf Prozent des Risikos beim Originator verbleiben muss.

Funktionierender Markt

Die Verbriefungsindustrie hat mit Initiativen wie zum Beispiel dem TSI-Qualitätssiegel reagiert, um ein gutes Produkt für die Refinanzierung und den Risikotransfer noch transparenter und sicherer zu machen.

Auch auf Investorenseite sind die Anforderungen an die Analyse des Investments deutlich gestiegen, und der Markt insgesamt hat einige nützliche Lehren aus der Finanzkrise gezogen. Dazu gehört die bessere Differenzierung der Risiken. Transaktionen mit schwächerem Originator oder nur rudimentären Informationen über die zu verkaufenden Risiken werden deutlicher als vor einigen Jahren zur Kasse gebeten und mit höheren Risikoaufschlägen bestraft.

Der Markt funktioniert also und wird sich auch in Zukunft mit Verbriefungstransaktionen befassen und kritisch auseinandersetzen. Am Ende fällt jeder Investor selbst gemäß seinem eigenen Risikoappetit die Kaufentscheidung. Für Verbriefungen deutscher Institute mit deutschen Assets sehen die Aussichten für die Zukunft gut aus; Investoren schätzen ihre Werthaltigkeit und Solidität. Bleibt zu hoffen, dass die Politik ein ebenso gutes Augenmaß und die Fähigkeit zur Differenzierung unter Beweis stellt, wie es die anderen Marktteilnehmer tun.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X