Aufsätze

Der Verbund der Sparkassen: Nachhaltiger Erfolg durch Netzwerk und Kooperation

Dass die Sparkassen eine anerkannt wichtige Rolle für das deutsche Finanzmarktsystem spielen, ist in erster Linie Resultat ihres nachhaltig orientierten Denkens und Wirtschaftens. Werte wie Sicherheit und Verlässlichkeit sowie das Vertrauen zwischen Kunde und Institut stehen im Vordergrund - verbunden mit der Orientierung jeder Sparkasse an den speziellen Anforderungen ihres regionalen Geschäftsgebietes. Durch die konsequente Ausrichtung auf lokal Nutzen stiftende Aufgaben konnten sich starke und wettbewerbsfähige Sparkassen vor Ort etablieren.1)

Doch auch sie befinden sich wie ihre Mitbewerber in einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld mit stetig wachsenden Herausforderungen: Die Kostenbelastungen nehmen zu und der technologische Fortschritt verändert herkömmliches Kundenverhalten. Damit die einzelne Sparkasse der regionale Marktführer vor Ort bleiben kann, muss sie den aktuellen Rahmenbedingungen erfolgreich begegnen. Ihr strategischer Vorteil dabei ist der Verbund der Sparkassen: Er bietet für gemeinsame Herausforderungen kollektive Lösungen im und durch das Netzwerk an und hält zudem für individuelle Aufgaben einen Pool von gleichgesinnten Kooperationspartnern bereit. Netzwerkarbeit und Kooperationen bieten somit einen vielversprechenden Lösungsansatz für Sparkassen auf die großen Fragen der Zeit.

Erfolgsmodell unter Druck

Das Selbstverständnis der Sparkassen ist heute mehr denn je die Basis ihres Erfolgs: Während viele ihrer Mitbewerber sich aus der Fläche zurückziehen, sind die Sparkassen nahe bei ihren Kunden. Beide Seiten profitieren dabei insbesondere von detaillierten Marktkenntnissen und kurzen Entscheidungswegen. Gerade in der besonderen regionalen Verankerung und der daraus resultierenden Markt- und Kundenkenntnis liegt ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht von ungefähr ist eine starke Sparkasse gut für ihre Region. Das zeigt sich unter anderem in einem umfassenden Service für die Privatkundschaft. So verfügen die Sparkassen über das dichteste Zweigstellennetz in Deutschland, 37 Prozent aller Bankfilialen tragen das rote Sparkassen-S.2) Zudem verantworten die Sparkassen 42,2 Prozent aller in Deutschland an Unternehmen und Selbstständige ausgegebenen Kredite, bei Handwerksbetrieben sind es sogar 68,2 Prozent.3) Umfangreiche Spenden- und Sponsoring-Engagements steigern zudem die Lebensqualität vor Ort. Die Fokussierung auf die Interessen der regionalen Bevölkerung und Wirtschaft ist der Kern der Sparkassenidee und wird das Selbstverständnis der erfolgreichen Sparkasse der Zukunft prägen - was nach den Erfahrungen der Bankenkrise auch ein bewusst gesetzter Gegenpol zur zentralistisch verwalteten Großbank ist.

Doch auch wenn die Philosophie stimmt und die vorgelegten Zahlen eine vermeintlich langfristige Stabilität suggerieren4) - der Druck durch externe Faktoren auf die einzelne Sparkasse steigt und wirft Fragen für die Zukunft auf. Im Vordergrund stehen dabei vor allem wirtschaftliche, regulatorische, politische und technologische Einflussgrößen.

Auf wirtschaftlichem Gebiet zeigt sich: die Margen sinken weiter,5) die in den Krisenjahren zugegangenen Gelder fließen wieder vermehrt an internationale Wettbewerber ab. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Eine der Ursachen liegt ohne Frage in einer verzerrten Marktsituation. Alte wie neue Konkurrenten vertreiben - häufig über das Internet - Grundprodukte wie Girokonten, Konsumentenkredite und Wohnbaufinanzierungen mit Standardausstattung. Neben Banken aus dem Ausland oder deren deutsche Töchter sind darunter auch staatlich geförderte Kreditinstitute. Dabei werden gezielt Niedrigzinsen und staatliche Einlagen zur Neukundengewinnung eingesetzt. Hinzu kommen neue Arten potenzieller Bankakteure, die wie Google bereits eine Banklizenz beantragt haben, und weitere Unternehmen aus dem Social-Media-Bereich, die Interesse daran signalisiert haben, vor allem im Zahlungsverkehrsbereich zu neuen Bankufern aufzubrechen. Beispiele hierfür sind neben Google mit seinem mobilen Bezahlsystem Wallet insbesondere Unternehmen wie Apple, Amazon oder Facebook.6) All diese Entwicklungen treffen die solide wirtschaftenden und dezentral organisierten Sparkassen mit ihrem dichten Filialnetz besonders hart.

Zu den wirtschaftlichen Herausforderungen kommen neue Erschwernisse im Bereich der Regulatorik, deren Folgen gegenwärtig noch nicht vollständig abschätzbar sind. Nach wie vor noch nicht abgesteckt sind weder der generelle Umfang noch die Zeitachse der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften nach Basel III. Zudem ist bereits erkennbar, dass weitere regulatorische Verschärfungen wie die Überarbeitung der MaRisk, eine Novellierung des KWG, MiFID II oder Veränderungen im Bereich des Verbraucherschutzes mit noch schwer abzuschätzender Intensität die Banken belasten werden. Zwar treffen die neuen Regelungen alle Banken, jedoch finden gerade die Besonderheiten der Sparkassen häufig keine hinreichende Berücksichtigung.

Ausgeprägtes Unverständnis in Brüssel

Auf politischem Gebiet hat sich längst gezeigt, dass den Sparkassen aus Brüssel ein ausgeprägtes Unverständnis gegenüber der öffentlichrechtlichen Organisationsform entgegenschlägt. Vor diesem Hintergrund ist es umso erfreulicher, dass mit Unterstützung der deutschen Politik zumindest verhindert werden konnte, die Sparkassen für die Fehler internationaler Großbanken unter dem Stichwort "Europäische Bankenunion" in Haftung zu nehmen. Doch auch wenn die deutschen Sparkassen nicht durch die Europäische Zentralbank beaufsichtigt werden sollen, bleibt weiterhin unklar, in welche Richtung sich die Pläne für eine europaweite Bankenunion entwickeln werden. Die Gefahr, dass die Sparkassen durch eine solche Union Schaden nehmen, besteht nach wie vor - was auch die mit ihnen eng verbundenen Regionen negativ zu spüren bekämen.7)

Auch technologisch ändert sich die Umwelt, in der sich die Sparkassen entwickeln müssen. Viele verbinden schon heute mit Sparkasse weniger die Filiale um die Ecke als vielmehr eine App auf dem Smartphone. Erstere besuchen die netzaffinen Kunden vielleicht zweimal im Jahr, der Blick in die virtuelle Filiale ist für viele - erst recht für die nachwachsende Generation der "Digital Natives" - schon Tagesroutine.8) Dazu kommen eine zunehmende Transparenz auf dem Gebiet der Produkte, Konditionen und Services und damit eine wachsende Informiertheit der Kunden. Was im Blog geschrieben steht wird zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen und diverser Leistungsvergleiche. Hier eröffnen sich für die Sparkassen neue Chancen, aber auch potenzielle erste Luftzüge späterer "Shit-Storms".

Wer sich und sein Geschäftsmodell in dieser Einfluss-Gemengelage nicht ständig selbst mit Blick auf Entwicklungsmöglichkeiten überprüft, der gibt seine Gestaltungsrolle auf und wird zum Opfer äußerer Umstände - und des eigenen Phlegmas. In einer sich verändernden Umwelt will zwar keiner der aussterbende Dinosaurier sein. Die Zeichen des finanzwirtschaftlichen Klimawandels zu erkennen und daraus Konsequenzen abzuleiten ist aber vielfach ein anderes Thema. Dabei steht die Schrift sprichwörtlich schon auf der Wand: Was vormals beispielsweise noch mit den Segnungen der Fristentransformation aufgefangen werden konnte, dringt unaufhaltsam an die Oberfläche der Institutsergebnisse. So zeichnen sich trotz respektabler Gesamtjahresergebnisse bereits sinkende Betriebsergebnisse ab - gleichsam als Menetekel für eine dringend erforderliche Anpassungs- und Gestaltungsbereitschaft.9)

Die Führung eines jeden einzelnen Instituts steht vor der Frage, wie sie betriebswirtschaftlich und strategisch mit den aktuellen Herausforderungen umgeht. Am Ende deuten alle Überlegungen in dieselbe Richtung: Es geht um die Notwendigkeit höherer Effizienz und Effektivität der Sparkassen, um die erforderliche, kontinuierliche Eigenkapitalstärkung zu erreichen. Im Kern drehen sich dabei die Optimierungs-Optionen immer um dieselben Themen: Erträge steigern, indem die Kernkompetenzen im Vertrieb weiter ausgebaut werden, Kosten senken mit Blick auf Produktions- und Risikokosten und die Optimierung des Treasury durch eine adäquate und effiziente Vermögensallokation. Dies ist keine triviale Aufgabe, zumal die Sparkassen in den vergangenen Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und die Möglichkeiten der Eigenoptimierung bereits weitgehend ausgeschöpft haben. Doch die Institute können darauf bauen, dass ihre Optimierungsmaßnahmen von einem zwei fachen Wettbewerbsvorteil begleitet werden: Ihnen stehen durch ihre Mitgliedschaft im Sparkassenverbund sowohl Netzwerk- als auch Kooperationspotenziale zur Verfügung, die entsprechend gehoben werden können (vergleiche Abbildung 1).

Zusammenarbeit im Netzwerk und institutsindividuell

So erarbeitet der Verbund der Sparkassen als funktionierendes Netzwerk der Zukunft fortlaufend Konzepte und Maßnahmen für viele aktuelle Fragestellungen der Bankwirtschaft und stellt diese seinen Mitgliedern zur Verfügung. Durch diese Hilfestellungen werden somit wichtige und gegebenenfalls auch anderweitig unabkömmliche Ressourcen einzelner Institute nicht in dem Maße in Konzeptionierungsaufgaben gebunden, wie dies bei Einzelkämpfern der Fall ist. Die Weiterentwicklung der bewährten Sparkassen-Modellorganisation auf regionaler wie nationaler Ebene ermöglicht somit, Ressourcen zu schonen und Kosten zu reduzieren, wovon insbesondere kleinere und mittlere Institute profitieren. Immer exaktere Betriebsvergleiche innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe bieten zudem Einblicke in Best Practices und ermöglichen ein Benchmarking mit vergleichbaren Instituten - ganz eindeutige Vorteile eines zukunftsfähigen Netzwerks, das in 2013 insbesondere vor den folgenden drei Herausforderungen steht:

1. Gemeinsame Erfüllung von neuen Anforderungen im Bereich der Regulatorik: Die bereits angesprochenen Vorgaben im Bereich der Regulatorik erforderten in den letzten Jahren immer stärkere und höchst spezialisierte Ressourcen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes. Und ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht in Sicht. Dass sich die Vorgaben und Rahmenbedingungen in immer kürzeren Abschnitten ändern und immer komplexer werden, bedeutet laufend steigende Kosten. Bankenunion, Basel III und Einlagensicherung - um nur einige Stichworte aus dem Jahr 2012 zu nennen - haben deutlich gezeigt, dass die anstehenden Diskussionen um Veränderungen und Anpassungen im Bereich der Regulatorik nur durch die Sparkassen begleitet werden können, wenn diese als geschlossene Einheit und mit Beharrlichkeit auftreten. Hier arbeitet also das Netzwerk der Sparkassen für seine einzelnen Institute. Denn gemeinsam können sie mehr sein als jedes Institut für sich allein.

2. Kooperatives Risiko- und Haftungsmanagement: Auf diesen Erfahrungen aufbauend werden neue Wege zum Beispiel auch in der Zusammenarbeit bei einem gemeinsamen Risiko- und Haftungsmanagement möglich, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. So lassen sich über das gemeinschaftliche Haftungssystem hinaus auch Erfahrungen im Umgang mit Risikopositionen gemeinsam besser koordinieren und steuern. Voraussetzung hierfür wäre neben einer verstärkten informellen Zusammenarbeit auch eine institutionelle Basis. Bedenken auf Seiten einzelner Institute sind hier verständlich, lassen sich aber durch positive Erfahrungen aus dem genossenschaftlichen Sektor entkräften, wo einige Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt wurden. Zu nennen sind hier insbesondere eine einzige zentrale Sicherungseinrichtung sowie ein Verbundrisikobericht. Beides führt bei den Genossen zu einer erhöhten Einheitlichkeit und Verbindlichkeit. Auch etwa durch risikoadjustierte Beiträge zur Sicherungseinrichtung wäre eine Aufwertung des immer wichtiger werdenden Präventionsgedankens möglich. Für die Sparkassen sind dies alles klassische Netzwerkchancen, die die gemeinsame Stellung im Markt und gegenüber Begehrlichkeiten von außen festigen und nicht zuletzt auch die Position der gesamten Sparkassen-Finanzgruppe innerhalb des europäischen Bankensektors stärken können.

3. Digitalisierung: Neben diesen beiden Schwerpunkten wird in 2013 und den kommenden Jahren dem weiten Themenfeld der Digitalisierung nur gemeinsam durch das Netzwerk der Sparkassen zu begegnen sein: Denn schließlich geht es um einen gemeinsamen Ansatz zur digitalen Evolution der Sparkassenorganisation. Im Fokus für alle Beteiligten stehen erhöhte Anforderungen an Transparenz sowie an zielgruppengerechte Ansprachen und Angebote, die dem geänderten Kundenverhalten Rechnung tragen. Wenn die heranwachsende Internet-Generation von den Sparkassen keine Antworten im Netz findet, werden diese dort schon bald nicht mehr gefragt sein. Herausforderung hier ist der breite Kommunikationsbogen vom persönlichvertrauensvollen Kontakt in der Filiale bis hin zur virtuellen Begegnung mit der Sparkasse - 24 Stunden am Tag mit flexiblen Lösungen im Internet. Nähe ist bekanntlich nicht nur die Filiale um die Ecke. Nähe bedeutet auch die kürzeste Entfernung zu den Lebens- und Kommunikationsgewohnheiten der Menschen.

Schon heute stimmen die Kunden mit den Füßen und Klicks über den richtigen Mix ab. Persönliche Beratung und virtuelle Begleitung sind dabei keine Gegensatzpaare, sondern nur zwei Seiten derselben Medaille "Kundenbedürfnis". Die Weiterentwicklung einer zeitgemäßen Internetpräsenz mit Beantwortung der dahinter liegenden Fragen der Online-Kommunikation sowie des Online-Vertriebs und des Online-Monitorings bindet Ressourcen und stellt die Sparkassen vor ganz neue Herausforderungen, die zu großen Teilen nur durch ihr Netzwerk gelöst werden können. Erste Schritte in diese Richtung sind unternommen. Joko und Klaas können das sicher bestätigen. Aber es bleibt noch viel zu tun, damit alle Sparkassen von einem modernen Image und zielgruppengerechter Kommunikation im Netz profitieren können. Veränderungsprozesse können jedoch nicht nur als Konzeptionsaufgabe des übergeordneten Netzwerks verstanden werden. Vordenken ist eben kein Privileg, sondern Gemeinschaftsaufgabe aller und Einzelauftrag eines jeden Instituts zugleich. Neben den aufgezeigten Herausforderungen, die im und durch das Netzwerk angegangen werden können, steht jedes Institut demnach permanent vor der Frage, welche Unternehmensaktivitäten im Alleingang, welche durch Fusionen oder Zukauf auf dem Markt und welche über eine Zusammenarbeit mit anderen optimal bereitgestellt werden können. Dabei haben Kooperationen mit anderen das Potenzial, sich zu einem zentralen Element der Sparkassen-Geschäftspolitik zu entwickeln - vorausgesetzt, den Sparkassen gelingt es, die Erfolgsfaktoren von Kooperationen entsprechend umzusetzen. Es darf folglich nicht aus dem Grunde kooperiert werden, weil Kooperationen derzeit en vogue sein mögen, sondern weil der Weg der Kooperation für eine bestimmte Transaktion Ergebnis eines rationalen, einzelwirtschaftlichen Kalküls ist.

Erfolgsfaktoren

Auch hier gilt die Binsenweisheit: Erfolg stellt sich nicht automatisch ein, nicht innerhalb der Zusammenarbeit im Netzwerk der Sparkassen und erst recht nicht bei institutsindividuellen Kooperationen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Kooperationen ist auch in Phasen des Umbruchs und der Neugestaltung das Festhalten an einer wertorientierten Unternehmensführung. Das bedeutet: Kooperation darf nicht auf das Outsourcing von wertvollem Mitarbeiter-Kapital reduziert werden. Vielmehr geht es um eine strategisch-betriebswirtschaftlich sinnvolle Balance der Menschen, die mit Erfahrung und Kompetenz das Herz der Sparkasse ausmachen, und prozessoptimierenden Synergieüberlegungen.

Daneben sollten sich zunächst alle Partner darüber einig sein, welche Ziele mit der Zusammenarbeit erreicht werden sollen, welche Beiträge von den einzelnen Parteien eingebracht werden können und müssen, aber auch welche Hürden auf dem Weg zu nehmen sind. Nur durch eine offene Arbeitsatmosphäre und das Einbringen des entsprechenden Knowhows aller Beteiligten lassen sich die erwarteten Synergien heben. Ein besonderes Augenmerk gilt deshalb der Organisation und dem Prozess der Kooperationsanbahnung und -umsetzung. Klare Entscheidungsstrukturen, eindeutige Verantwortlichkeiten und feste Ansprechpartner sind unabdingbar für den Erfolg eines Kooperationsprojektes. Parallel wird Verständnis und Akzeptanz aller Beteiligten nur durch eine frühzeitige und regelmäßige Information erreicht. Hier geht es insbesondere um das richtige Maß an Transparenz mit Hilfe der internen und externen Kommunikation. Am Ende geht es immer um den gleichen Ausgangspunkt: nämlich um die gemeinsame Überzeugung, dass man zusammen mehr erreichen kann, als in einer Ansammlung von Einzelkämpfern. Gelungene Pionier-Beispiele generieren dann positive Schneeballeffekte. Nichts ist wohl überzeugender als die Kraft eines positiven Beispiels.

Diese Erfolgsfaktoren sind von grundlegender Bedeutung dafür, dass man sich mit dem rechten Augenmaß auf die richtigen Felder der Zusammenarbeit konzentriert. Welche Leistungen sind so wichtig, dass man sie selbst erbringen muss? Welche Aufgaben könnte man gemeinsam bewältigen oder von Dritten bewältigen lassen? Eine Entscheidungshilfe zur Beantwortung dieser Fragen kann das Raster der Ab bildung 2 mit folgenden Fragen liefern: Wie sehr ist der Kunde in die jeweilige Dienstleistung involviert (Integrativität)? Wo liegen Verhaltensunsicherheiten, die aus unterschiedlichen Informationsständen zwischen Kunde und Sparkasse resultieren? Welchen Grad der Individualisierung hat die Dienstleistung?

Standardisierung und Industrialisierung

Denn grundsätzlich lässt sich festhalten: Je näher die jeweilige Dienstleistung am Kunden erbracht wird, je spezifischer beziehungsweise individueller sie ist, desto weniger eignet sie sich für das Feld der Kooperation. Damit bleibt klar, dass Marktnähe und Kundenkenntnisse als wesentliche Assets der Sparkassenorganisation von sinnvollen Kooperationsansätzen nicht tangiert werden. Stattdessen geht es um Prozesse in der Regel mit hohem Standardisierungsgrad, die so oder ähnlich im Hintergrund einer jeden Sparkasse ablaufen.

Die Standardisierung und nachfolgend die Industrialisierung von Prozessen ist das klassische Beispiel für Zusammenarbeit. Die Bündelung - etwa von Backoffice-Prozessen - ist eines der wesentlichen Elemente erfolgreicher Kooperationen zwischen einzelnen Mitgliedern des Verbundnetzwerkes. Zielsetzung dabei ist die Reduktion und Flexibilisierung von Kosten bei gleichzeitiger Reduktion der operationellen Risiken und Steigerung der Qualität. Hier kann die Aufgabenübertragung an zentrale Dienstleister genauso eine Lösung für die Mengenbündelung sein wie die Gründung eines regionalen gemeinschaftlichen Dienstleistungsunternehmens. Die zweite Variante bietet den Vorteil, dass die einzelnen Sparkassen ihre Prozess- und Gestaltungshoheit behalten und weiterhin Einfluss auf die Effizienz und Qualität der erbrachten Leistungen sowie auf die Schnittstellen zum eigenen Haus nehmen können.

In der Praxis gibt es erste erfolgreiche Ansätze für diese Art der Mengenbündelung, zum Beispiel das 2012 gegründete Sparkassen-Dienstleistungszentrum SDZ Westfalen-Lippe GmbH, das mit über 300 Mitarbeitern bereits heute mehr als 50 Mandanten aus der Sparkassen-Finanzgruppe in verschiedenen Themenfeldern unterstützt. Als Kooperation der Sparkasse Münsterland Ost mit der S-Servicepartner GmbH, einem spezialisierten und erfahrenen Bankdienstleister, bietet sie unter Federführung der Sparkasse Gesamtpakete oder Modullösungen im Bereich der Marktfolge für Kredit- und Kontoservices, des Zahlungsverkehrs und Personalservices an. Über klassische Marktfolge-Prozesse hinaus ist die Anwendung dieses Ansatzes auch für spezialisierte Steuerungs- oder Stabsbereiche denkbar. Insbesondere kleinere Institute haben so die Chance, sich voll auf den Vertrieb zu konzentrieren, Kosten zu sparen und Prozesse zu optimieren. Modellrechnungen hierzu zeigen, dass sich deutschlandweit durch solche Formen der Kooperation im Verbund Potenziale im Milliardenbereich heben ließen.11)

Perspektiven

Zusammenarbeit untereinander hat das Potenzial, elementarer Bestandteil der Geschäftspolitik der deutschen Sparkassen zu werden und diese nachhaltig zu verändern - ohne dabei an der Idee einer starken, eigenständigen Sparkasse vor Ort zu rütteln. Im Gegenteil liegt gerade in der Kraft aus dem Verbund als Alternative zur Fusion und über die Grenzen möglicher Eigenoptimierungen hinaus ein wichtiger Schlüssel dafür, dass Sparkassen in einem sich verändernden Umfeld erfolgreich bleiben können. Das Netzwerk der Sparkassen und individuelle Kooperationsmöglichkeiten beziehen ihre Kraft aus einem planvollen, aufeinander bezogenen und gleichgerichteten Zusammenwirken. Dieses zu organisieren ist für die Sparkassen eine der Hauptaufgaben der Zukunft.

Fußnoten

1) Vgl. diffferent Markenkraffft - die Markenstudie für den Bank-Markt (2010).

2) Vgl. Deutsche Bundesbank (2012): Bankstellenbericht 2011: Entwicklung des Bankstellennetzes im Jahr 2011.

3) Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2011): Sparkassen und Mittelstand für eine starke Wirtschaft: Informationen zum Firmenkundengeschäft, S. 3 und 8.

4) Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2012): Bilanzpressekonferenz, 7. März 2012, S. 5ff.

5) Vgl. zeb/rolfes.schierenbeck.associates (2010): Privatkundenstudie, S. 13.

6) Vgl. Terliesner, S. (2011): Banken und ihre Wettbewerber: Neuvermessung des Spielfelds. In: Bankenmagazin Ausgabe 6/2011, S. 8-12.

7) Burghof, H. (2012): Bankenunion: Ist eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht ein neues Instrument der Bankenrettung? In: Ifo Schnelldienst Ausgabe 65/2012, S. 3.

8) Grote, A. (2012): Sparen per Handy-Klick. Sparkassenzeitung vom 2. Oktober 2012.

9) So gehen aktuelle Prognosen davon aus, dass sich die Zinsspanne im DSGV insbesondere durch eine abflachende Zinsstrukturkurve und die damit verbundenen sinkenden Fristentransformationserträge bis 2015 um bis zu 35 Basispunkte vermindern könnte. Dies könnte unter anderem zur Folge haben, dass das operative Ergebnis vor Bewertung der davon betroffenen Sparkassen um bis zu 40 Prozent sinkt. Vgl. zeb/rolfes.schierenbeck.associates (2012): Aktuelle Prognoserechnung DSGV. (Unveröffentlichte Quelle).

10) In Anlehnung an Stöppel, J. (2008): Strategische Preispolitik im Retailbanking, S. 68.

11) Vgl. Tegeder, P. (2009): Aktuelle Markttrends - Kooperationen im Sparkassensektor. Vortrag anlässlich des Finanz Informatik Management Kongress 2009. Münster, 3. November 2009, S. 11.

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