Kreditwesen-Weintipp

Winninger Uhlen Rot Lay

In der Uhlener Roth Lay, einem Weinberg Erster Lage vom Weingut Heymann- Löwenstein an der Mosel, dominiert der Rotschiefer. Er zwingt die Rieslingrebe, mit Wasser und Nährstoffen die Nuancen des teilweise quarzithaltigen Gesteins in die Traube und damit in den Wein zu transportieren. Bis zu zwölf Meter tief wurzeln die Reben und ermöglichen im späteren Wein Aromen, die an Pfirsich, Quitte, Honigmelone und später im Jahr - gegen November - an Nougat oder gar Schokolade erinnern.

Trotz einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Erklärungen bleibt dieser Boden in gewisser Weise ein unbekanntes Wesen: So lässt sich beobachten, dass hier die feineren, eleganteren Weine wachsen und dass nach mehr als zwanzig Jahren Verzicht auf synthetischen Dünger ihre Mineralität und Salzigkeit zunimmt. Die Düngung erfolgt ausschließlich über den weinguteigenen, verkompostierten Trester. Je höher bei alten Reben die Pflanzdichte ist, desto stärker werden die Bodennährstoffe in die Trauben transportiert. Mindestens 7 000 Reben pro Hektar sind Löwensteins Betriebsmaxime.

Auf den leichteren, sandigeren Böden reifen eher fruchtige, blumige Weine, während die Aromen aus ton- und damit wasserhaltigeren und kühleren Böden geschmacklich eher im klareren und mineralischeren Bereich liegen. Aber wie sich seine unnachahmliche Würze entfaltet, warum der Uhlen nach Uhlen schmeckt, ist nach wie vor ein Rätsel. Der große Vorteil der terrassierten, nach Süden ausgerichteten Weinberge des Weinguts Heymann-Löwenstein besteht darin, dass sie ausschließlich durch die Verwitterung des Schiefers entstanden. Die sechs Hektar große Lage ist von oben durch einen Sträucher- und Baumgürtel, von unten durch die Mosel vor allzu starken Witterungsschwankungen geschützt. Außerdem profitieren die Weine von dem ganzjährig optimalen Klima: Die Sommer sind vergleichsweise kühl und feucht.

"Aromatischer Wein reift, wenn die Frucht nicht geröstet, sondern auf kleiner Flamme gegart wird", erklärt Reinhard Löwenstein. Besonders der Temperaturwechsel von Tag und Nacht im November, gegen Ende der Reifeperiode, scheint die Aromenentwicklung deutlich zu beeinflussen. Nach den ersten Nachtfrösten gelangen die Trauben im Wechselspiel von warmen Sonnenstrahlen, kühlem Wind und kalten Nächten zur optimalen Reife. Das sind für den Riesling einzigartige Bedingungen: Bedingungen für Weine mit Charakter. Löwenstein gibt seinen Rieslingreben von der Blüte an nicht - wie sonst üblich nur 80 bis 100 Tage -, sondern bis zu 160 Tage Zeit, ihre Aromen ausreifen zu lassen und die Mineralien der Schiefer einzulagern. Dabei gilt er auch heute noch, trotz eines Vierteljahrhunderts Winzertätigkeit, als Weinbaurebell, als "Terroirist", weil er einen im 20. Jahrhundert unpopulär gewordenen Anbaustil vertritt. Er ist dagegen, dass man den Most konzentriert. Er ist gegen den Zusatz von Enzymen und lässt den Most ausschließlich mit den eigenen Hefen gären: die, die auf den Trauben sitzen, und die, die im Keller wohnen. Die üblichen Reinzuchthefen aus dem Labor lehnt er ab.

Diesen Stil hat er von seinem Großvater übernommen. So wie dieser damals will Löwenstein heute, dass sein Wein sich holt, was er vom Terroir bekommen kann. Und so eine Seele gewinnt.

Weintipp aus dem Buch: 100 Meisterwerke des Weines - Deutschland

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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