Bankenchronik Ausgabe 22/2016

22. Oktober 2016 bis 8. November 2016

Nachdem die Verbraucherzentralen in unterschiedlichen Verfahren zu Überziehungsgebühren gegen die Deutsche Bank und die Targobank vorgegangen waren, fällte nun der Bundesgerichtshof ein Urteil (siehe auch Gespräch des Tages). Banken und Sparkassen dürfen demnach keine Mindestgebühren für geduldete Überziehungen mehr erheben. Der Aufwand der Kreditbearbeitung darf künftig nur in Form von "laufzeitabhängigen Vergütungen der Kapitalüberlassung" auf den Kunden umgelagert werden, so das Urteil. Mit dieser Entscheidung knüpften die Richter an Grundsatzurteile aus dem Jahr 2014 an, als der Senat die laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelte kippte.

Der französiche Finanzdienstleister Oddo & Cie, der in den vergangenen Jahren die hiesigen Finanzdienstleister Seydler in Frankfurt, Meriten Investment Management in Düsseldorf sowie die BHF-Bank übernommen hat und seinem Selbstverständnis nach zu einer deutsch- französischen Bankengruppe werden will, hat sich mit dem Schweizer Technikanbieter Avaloq geeinigt, die geplante Implementierung des BHF-Bank- Kernbankensystems zu beenden. Hintergrund dieser Entscheidung Oddos ist der Entschluss der Gruppe, eine einzigartige und vergleichbare IT-Plattform in Deutschland und Frankreich aufzusetzen.

Im Zuge ihrer strategischen Neuausrichtung hat die Raiffeisen Bank International AG (RBI), Wien, mit der PKO Leasing S.A., Lodz, eine Einigung über den Verkauf ihrer polnischen Leasinggesellschaft Raiffeisen Leasing Polska S.A. getroffen. Der Kaufpreis soll umgerechnet rund 200 Millionen betragen. Das noch für 2016 erwartete Closing soll einen positiven Effekt auf das RBI-Konzernergebnis von rund 30 Millionen Euro bringen. Auf die CET1 Ratio (fully loaded) der RBI wird mit einem positiven Effekt von rund 33 Basispunkten gerechnet. Die fusionierte Einheit aus Raiffeisen Zentralbank Österreich AG und RBI erwartet einen Effekt von rund 28 Basispunkten.

Die italienische Großbank Unicredit hat den Verkauf ihrer ukrainischen Tochter Ukrsotsbank, Kiew, an die Luxemburger ABH Holdings abgeschlossen. Im Zuge der Transaktion, die die Bank als weitere Annäherung an das Ende des Konzernumbaus in Mittel- und Osteuropa verstanden wissen will, erhält die Muttergesellschaft der Hypovereinsbank 9,9 Prozent an der ABH Holdings. Die Auswirkungen auf die Bilanz der Unicredit wurden im Abschluss bereits 2015 berücksichtigt.

Laut einem Urteil des High Court in London von Anfang November darf die britische Regierung den Ausstieg aus der EU nur mit Zustimmung des Parlaments beantragen. Das Gericht vertritt damit eine andere Rechtsauffassung als die britische Regierung. Diese wollte das formale Austrittsverfahren nach Artikel 50 des EU-Vertrags bis Ende März kommenden Jahres ohne formellen Parlamentsbeschluss einleiten und will nun zur Klärung der Frage als nächste Instanz das oberste britische Gericht anrufen.

Nach der zähen Einigung der belgischen Konfliktparteien und der verspäteten Unterzeichnung des Handelsabkommens Ceta auf dem EU-Kanada-Gipfel stehen die Chancen gut, dass die Vereinbarungen im Januar 2017 in großen Teilen vorläufig in Kraft treten können. Am 5. Dezember 2016 soll zunächst der Handelsausschuss des EU-Parlaments darüber abstimmen, danach müssen jedoch noch insgesamt 42 nationale und regionale Parlamente befragt werden und grünes Licht geben.

Die Volkswagen Financial Services AG hat eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung eingeleitet. Geplant ist, die Volkswagen Bank GmbH zu einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Volkswagen AG zu machen. Durch die Umstrukturierung soll das europäische Kredit- und Einlagengeschäft zukünftig getrennt von den anderen Finanzdienstleistungsaktivitäten des Konzerns aufgestellt werden. Die Aufsicht der Europäischen Zentralbank wird sich nach der Neuaufstellung zukünftig auf die Volkswagen Bank GmbH beschränken.

Die Deutsche Bank hat die Genehmigung der chinesischen Bankenaufsicht für den Verkauf von 19,99 Prozent ihrer Anteile an der chinesischen Bank Hua Xia bekommen. Das größte deutsche Geldhaus war sich bereits vor zehn Monaten mit dem chinesischen Versicherer PICC Property and Casualty einig geworden (ZfgK 2-2016). Durch die Trennung von den Chinesen wird die harte Kernkapitalquote um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte steigen.

Die Hamburger Sparkasse plant bis 2019 mehr als 200 Millionen Euro in die Neugestaltung der Filialen, die Erweiterung digitaler Angebote sowie der Ausbau der Kooperation mit der Finanz Informatik (FI), dem zentralen IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe, zu investieren. Im Zuge dessen stellt die Haspa als letzte Sparkasse in Deutschland auf das Kernbanksystem OS-Plus um.

Nach der Aufsicht über die Großbanken weitet die Europäische Zentralbank (EZB) die Harmonisierung der Aufsichtsregeln auch auf kleinere Institute aus, die bisher primär den nationalen Behörden unterstehen. Dafür stellen die europäischen Bankenaufseher bindende Leitlinien für sieben nationale Optionen und Wahlrechte sowie gesetzlich nicht bindende "Empfehlungen" an nationale Aufseher für 43 weitere Sonderregeln zur Konsultation bis 5. Januar 2017. Nach einer öffentlichen Anhörung Mitte November sollen die neuen Vorgaben im Frühjahr des kommenden Jahres publiziert werden.

In der Diskussion um die Ausgestaltung einer künftigen europäischen Einlagensicherung kommt vom Europaparlament ein Kompromissangebot. Der Bericht der niederländischen Berichterstatterin im Europäischen Parlament, Esther de Lange, schlägt in einer ersten Stufe eine gegenseitige Liquiditätsunterstützung zwischen den nationalen Sicherungssystemen sowie in einer zweiten Stufe ihre teilweise Vergemeinschaftung (50 Prozent) ab 2024 vor. Der Übergang in die zweite Stufe soll jedoch nicht automatisch erfolgen, sondern an eine Reihe von verbindlichen Voraussetzungen und Kriterien geknüpft werden. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) begrüßen den Bericht als ein Schritt in die richtige Richtung. Unverändert berge aber die mittelfristige Zielvorstellung, Sicherungssysteme schrittweise miteinander zu verbinden und so neue Abhängigkeiten und Ansteckungsgefahren zu schaffen, mehr Schaden als Nutzen.

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