Finanzstabilitätsbericht 2017 der Bundesbank

Quelle: Deutsche Bundesbank

Die deutsche Wirtschaft wächst bereits das achte Jahr in Folge. Unternehmen und Haushalte können sich günstig finanzieren und die Volatilität an den Märkten ist gering. Niedrige Zinsen und die günstige konjunkturelle Lage in Deutschland bergen aber die Gefahr, dass Marktteilnehmer Risiken unterschätzen. Diese haben sich nicht zuletzt in der lang anhaltenden Phase niedriger Zinsen aufgebaut: Die Bewertungen vieler Kapitalanlagen sind sehr hoch; der Anteil niedrig verzinster Anlagen in den Bilanzen der Banken und Versicherer ist stetig gestiegen. In diesem vorteilhaften Umfeld sind die Marktteilnehmer anfällig gegenüber unerwarteten Entwicklungen. Dies alles sind Kernaussagen aus dem Finanzstabilitätsberichts 2017 der Deutschen Bundesbank.

Laut dem Bericht könnten unerwartete Entwicklungen, wie ein abrupter Zinsanstieg oder weiter anhaltend niedrige Zinsen, das Finanzsystem empfindlich treffen. Von solchen negativen Entwicklungen wäre eine Reihe von Marktteilnehmern betroffen." Risiken aus Neubewertungen, Zinsänderungen und Kreditausfällen können gleichzeitig eintreten und sich gegenseitig verstärken.

Die Bundesbank legt dementsprechend den Banken nahe, sich vor allem für den Fall eines Zinsanstiegs rechtzeitig zu wappnen. Wenn die Zinsen steigen, so die Bestandsaufnahme der Bundesbank, wird dies die Stabilität des deutschen Finanzsystems mittelfristig stärken; steigen sie jedoch unerwartet stark und schnell, könnte dies das deutsche Finanzsystem empfindlich treffen. Insgesamt schätzt der Bundesbankbericht die Risikotragfähigkeit der Banken in Deutschland zwar als gut ein. Weiterhin im Blick behalten will sie aber die niedrige Ertragskraft vieler deutscher Banken und Sparkassen, die mit einer Eigenkapitalrentabilität von 2,1 Prozent im Jahr 2016 im europäischen Vergleich am unteren Ende rangieren. Diese geringe Ertragskraft könnte den Anreiz erhöhen, vermehrt Risiken einzugehen, um so höhere Erträge zu erwirtschaften, wird befürchtet.

Würde die Niedrigzinsphase unerwartet lange andauern, kämen dem Bericht zufolge insbesondere kleine und mittelgroße Banken sowie Lebensversicherer unter Druck. Die Anreize erhöhen sich dann, vermehrt Risiken einzugehen. Die Risikotragfähigkeit des Finanzsystems könnte überschätzt werden.

Die anhaltend niedrigen Zinsen und die gute konjunkturelle Lage, so wird befürchtet, könnten Marktteilnehmer dazu verleiten, ihre Schuldentragfähigkeit zu positiv einzuschätzen. Gerade der Markt für Wohnimmobilien wird in dem Bericht als ein wichtiges Feld für die Finanzstabilität identifiziert: Deren Finanzierung macht die Hälfte aller Kredite deutscher Banken an den Privatsektor aus und mehr als zwei Drittel der Verschuldung privater Haushalte. Zwar ergaben Modellrechnungen der Bundesbank für das Jahr 2016, dass Wohnimmobilien in den Städten zwischen 15 und 30 Prozent überbewertet sein könnten. Aber andere für die Risikobewertung wichtige Indikatoren, wie das Kreditwachstum und die Kreditvergabestandards, entwickeln sich derzeit eher unauffällig. Insgesamt scheinen die Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung laut Bundesbank noch begrenzt zu sein. Finanzierungen könnten sich jedoch als nicht nachhaltig erweisen, so der Hinweis, wenn die Zinsen steigen oder sich die dynamische Preisentwicklung umkehrt und so die Sicherheiten an Wert verlieren, so wurde mit Verweis auf die Erkenntnisse eines Stresstests im Rahmen der diesjährigen Niedrigzinsumfrage der Bundesbank angemerkt. Die Risiken, die in einer solchen Situation entstehen können, sind für Banken sehr relevant, so der Bericht, und sollten von ihnen daher genau im Blick behalten werden.

Mit Blick auf die Wirkung der Regulierung räumt der Bericht ein, dass seit Beginn der globalen Finanzkrise zahlreiche Finanzmarktreformen auf den Weg gebracht wurden. Nun sei es wichtig zu prüfen, ob die umgesetzten Reformen die beabsichtigten Wirkungen entfalten. Der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB) hat während der deutschen G20-Präsidentschaft ein Rahmenwerk für Auswirkungsstudien entwickelt. Nur durch eine strukturierte Evaluierung hält die Bundesbank es für möglich, Kosten und Nutzen der Reformen für die Gesellschaft offenzulegen. Denn nicht alle in der Öffentlichkeit diskutierten Kosten seien tatsächlich gesamtwirtschaftliche Kosten: Ein erklärtes Ziel der Reformen ist nach wie vor, dass Kosten von Krisen künftig nicht durch den Steuerzahler, sondern durch die Eigentümer und Kreditgeber getragen werden müssen. Die Evaluierung dürfe aber nicht zum Vorwand genommen werden, die Reformen zu verwässern und die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu schwächen.

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