Alternative Anlagen: Mit gebotener Sorgfalt in Komplexität investieren

Michael Schmidt, Mitglied der Geschäftsführung, und Joachim Leissner, Leiter Alternative Investments im Geschäftsfeld Wertpapiere, beide Deka Investment GmbH, Frankfurt am Main - Der wachsende Zuspruch für Alternative Investments speist sich aus zwei Quellen. Zum einen fällt es unter den heutigen Marktbedingungen vielen institutionellen Investoren bekanntermaßen schwerer, mit den Erträgen aus traditionellen Vermögensanlagen die finanziellen Zusagen an ihre Kunden zu erfüllen. Zum andern haben sich aus Sicht der Autoren aber inzwischen auch die Rahmenbedingungen für entsprechende Produktangebote verbessert. Sie nennen an dieser Stelle nicht zuletzt die Novellierung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und die Anpassung der Anlageverordnung. Bei der Ausschöpfung der sich bietenden Möglichkeiten verweisen sie gleichwohl auf arbeitsintensive Abläufe, angefangen bei der Due Diligence von Anlagestrategie, Investmentprozess und Portfoliokonstruktion über die fachliche Durchdringung der teils komplexen Anlagestrukturen der Investmentvehikel bis hin zur Klärung des rechtlichen Umfeldes und der Güte des Risikomanagements. (Red.)

Auf über 3,6 Billionen US-Dollar summieren sich die Vermögenswerte, die von den 100 größten Asset Managern von alternativen Investments im Jahr 2015 verwaltet wurden. Das, so die Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson in ihrer vor Kurzem veröffentlichten "Global Alternatives Survey 2016", sei eine Steigerung gegenüber 2014 um 3 Prozent. Insgesamt verwalteten die 602 in der Marktübersicht erfassten Asset Manager für ihre Kunden Alternative Investments in Höhe von 6,2 Billionen US-Dollar. Der größte Teil davon, nämlich 50 Prozent, wurde in Nordamerika investiert. Auf Europa entfallen zwei Drittel (37 Prozent), der Rest verteilt sich auf den Raum Asien-Pazifik (8 Prozent) und Sonstige (5 Prozent).

Keine ausreichenden Renditen mehr

Diese Studie ist ein weiterer Beleg dafür, dass im Zuge des anhaltenden Niedrigbeziehungsweise Nullzinsumfeldes das Interesse an Alternative Investments in den vergangenen Jahren immer größer geworden ist - und eine Trendwende ist nicht abzusehen. Denn vielen institutionellen Anlegern wie Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen fällt es immer schwerer, mit den Erträgen aus traditionellen Vermögensanlagen die finanziellen Zusagen an ihre Kunden zu erfüllen, etwa Renten, Pensionen oder Versicherungsleistungen: Einerseits werden sie durch Altverträge mit hohem Rechnungszins noch bis weit in die Zukunft belastet. Andererseits erzielen die gewohnten Kapital anlagen nach "altem Muster" keine aus reichenden Renditen mehr. Verschärfend kommt hinzu, dass es inzwischen für institutionelle Anleger zunehmend zur Herausforderung geworden ist, in der Liquiditätshaltung negative Zinsen zu vermeiden.

In Deutschland sah sich das Portfoliomanagement in Bezug auf die Vermögensanlage bei Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen relativ engen Grenzen ausgesetzt und so wurde der Ruf nach Flexibilisierung und Ausweitung immer lauter. Zwar gab es im Zeitverlauf Lockerungen, doch gingen diese nach Auffassung vieler Marktteilnehmer noch nicht weit genug. In der Folge wurde das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) novelliert und trat Anfang 2016 in Kraft. Auch die Anlageverordnung (AnlV) wurde angepasst und liegt seit dem 18. April 2016 als "Verordnung über die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen" vor.

Damit wurde das Feld für die Anlage des Sicherungsvermögens in Alternative Investments deutlich erweitert. Die neuen Investitionsmöglichkeiten sind dabei sehr attraktiv, gleichzeitig jedoch für institutionelle Anleger mit neuen Herausforderungen verbunden. Denn die Umsetzung einer entsprechenden Anlagestrategie ist eher langfristiger Natur. Um im Gesamtportfolio neue Anlageklassen und -vehikel aufzubauen, sind umfangreiches Spezialwissen und viel Zeit erforderlich. Zumeist gehen damit auch die Einrichtung oder Erweiterung entsprechender Anlage- und Risikomanagementprozesse einher.

Beispiel Infrastrukturinvestments

Beispielsweise sind Infrastrukturinvestments über mehrere der gemäß Anlageverordnung erlaubten Anlageformen möglich, je nach Ausgestaltung des geplanten Investments als Eigen- oder Fremdkapital beziehungsweise des gewünschten Anlagevehikels, also als Direktanlage oder über einen Alternativen Investmentfonds (AIF). Zulässig sind demnach Darlehen an die öffentliche Hand oder an Unternehmen, börsennotierte oder andere Schuldverschreibungen, Asset-Backed Securities (ABS) und Credit Linked Notes (CLN), Beteiligungen, Spezial-AIFs sowie sonstige Investmentvermögen. Doch wie auch immer die Entscheidung ausfällt: Wesentlich ist nicht, ob ein bestimmtes Investment generell attraktiv ist, sondern ob es die individuellen Bedürfnisse eines Investors erfüllt.

Anlagen in Alternative Investments haben nichts "Mystisches" an sich. Vielmehr sind sie mit erhöhtem Arbeitsaufwand verbunden, vor allem (aber nicht nur) im Rahmen der finalen Entscheidungsfindung. Dabei sollte man insbesondere die - auf umfangreicher Erfahrung beruhende - Kunst beherrschen, die richtigen Fragen zu stellen. Denn ein Investor sieht sich bei Alternative Investments mit der Herausforderung konfrontiert, die zum Teil komplexen Anlagestrukturen der Investmentvehikel zu durchdringen. Er muss das individuelle - oft fremdsprachige, mehrteilige und viele hundert Seiten starke - Vertragswerk eines jeden Anlagevehikels verstehen, um es dann auf Konformität mit seiner individuellen Anlagestrategie abgleichen zu können. Nicht vergessen darf er dabei die hohen regulatorischen Anforderungen, denen er in der Regel zusätzlich gerecht werden muss. Und nicht zuletzt müssen Zweifel an der investmentrechtlichen Erwerbbarkeit ausgeräumt und die Gefährdung des vorhandenen Steuerstatus gezielt ausgeschlossen werden können.

Gesetzliche Begrenzungen und ethische Anlageaspekte beachten

Daher stehen am Anfang der Due Diligence (Sorgfältige Prüfung) die Anlagestrategie, der Investmentprozess und die Portfoliokonstruktion des potenziellen Investments im Fokus des Anlegers. Zu den wichtigsten Aspekten gehört in diesem Zusammenhang das aktuelle sowie das angestrebte Gesamtinvestmentvolumen - und über welche Distributions- und Akquisitionsaktivitäten es aufgebaut werden soll. Als Anleger sollte man sich vom Manager die geplante Asset Allocation en détail erklären lassen, etwa unter geografischen, sektorspezifischen oder gegebenenfalls anderen Gesichtspunkten wie Diversifikation, Konzentration und Liquidität. Von Interesse sind darüber hinaus Höhe, Art, Anzahl und Häufigkeit der einzelnen Transaktionen sowie deren jeweilige Haltedauer.

Darüber hinaus ist es wichtig herauszufinden, ob bestimmte Investments gezielt unterbleiben sollen beziehungsweise unter Umständen sogar verboten sind. Jenseits der gesetzlichen Begrenzungen sollten auch etwaige ethische Anlageaspekte, die für den Anleger eine besondere Bedeutung haben können, entsprechende Berücksichtigung finden.

Der Mensch im Mittelpunkt

Dem Management-Team - genauer gesagt: den Menschen, denen man sein Geld anvertraut - kommt eine besondere Bedeutung zu. Ihr Handeln entscheidet maßgeblich über die Wertentwicklung des eingesetzten Kapitals und damit darüber, ob die Erwartungen der Investoren erfüllt werden. Insofern ist eine genaue Prüfung der Geschäftspartner elementar, angefangen von der generellen fachlichen Eignung und beruflichen Erfahrung über die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Verfügungsberechtigungen bis hin zu Fragen der persönlichen Integrität und der Vergütungssysteme zur Vermeidung von Fehlanreizen. Ebenfalls wichtig sind die internen Kommunikations- und Abstimmungsprozesse des Managers, seine Personalpolitik sowie Details und Hintergründe zu Schlüsselpersonen, die für einen erfolgreichen Verlauf des Investmentvorhabens von großer Bedeutung sind.

Besondere Relevanz hat darüber hinaus die bisherige Erfolgsbilanz (Track Record) des Managers. Wenngleich eine erfolgreiche Historie keine Garantie für aktuelle oder zukünftige Vorhaben ist, können doch wichtige Erkenntnisse aus ihr gezogen werden. Dies gilt insbesondere auch für den richtigen Umgang mit Misserfolgen, die - sofern sie auf Ausnahmen beschränkt bleiben - durchaus dazu beitragen können, Investitionsstrategien anzupassen und in einem positiven Sinne weiterzuentwickeln.

Prüfung der Güte des Risikomanagements

Weiterhin ist zu bewerten, wie gut die Pipeline des Asset Managers gefüllt ist, also welche Vorhaben demnächst angegangen beziehungsweise geplant werden. Daraus lässt sich ein Eindruck gewinnen über das Netzwerk sowie die Robustheit und Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells eines potenziellen Partners.

Das Risikomanagement ist ebenfalls ein Punkt von essenzieller Bedeutung in der Due Diligence. Schließlich möchte man sich als Anleger nicht plötzlich mit unerwarteten Verpflichtungen oder finanziellen Forderungen konfrontiert sehen. Geprüft werden sollte unter anderem, welchen Risiken das Investitionsvorhaben ausgesetzt sein könnte, beispielsweise politischen, ökonomischen, finanziellen, technologischen, konjunkturzyklischen oder sonstigen speziellen Risiken, darunter nicht zuletzt Reputationsrisiken. Zur umfassenden Risikobetrachtung gehören ferner Erläuterungen, wie man mit diesen Risiken umgeht, also wie man sie vermeiden beziehungsweise professionell managen will.

Die formale Struktur

Die Struktur des betreffenden Investitionsvorhabens ist in der Regel sowohl dessen formale und rechtliche Ausgestaltung als auch die unerlässliche Plattform zu seiner Umsetzung. Daher kommt man bei Alternative Investments nicht umhin, deren zumeist sehr komplexe Rechtsstrukturen im Detail nachzuvollziehen. Nicht selten handelt es sich dabei um länderübergreifende und mehrstufige Beziehungen zwischen Gesellschaften - und dahinterstehenden handelnden Personen -, die häufig ihren Sitz in unterschiedlichen Staaten haben. Es ist keine Seltenheit, dass die Liste der beteiligten Parteien ein Dutzend und mehr Einträge umfasst. Entsprechend umfangreich kann dann auch die Dokumentensammlung werden, die im Rahmen dieses Teils der Due Diligence zu sichten ist.

Als Anleger sollte man dabei darauf achten, dass das Beziehungsgeflecht frei von Interessenkonflikten ist. Beispiele hierfür wären, dass wesentliche Akteure weiteren geschäftlichen Aktivitäten nachgehen und sich daraus negative Effekte für das Investment entwickeln oder ausgewählte Mit-Investoren einseitig eine präferierte Behandlung etwa in Form von Vorzugskonditionen oder Co-Investments erfahren.

Um nachzuvollziehen, wie man mit der betreffenden Konstruktion die Investmentidee in die Tat umsetzen will, sollte die Analyse nicht nur Rechte und Pflichten sowie delegierte Aufgaben und Verantwortlichkeiten umfassen, sondern auch damit einhergehende Zahlungsströme. Beispiele hierfür sind verschachtelte oder gegenseitige Darlehensgewährung, Dividendenzahlung oder Gewinnabführung, was wiederum Auswirkungen auf anfallende Steuerlasten haben kann. Ohne umfassende Kenntnis der jeweiligen nationalen - aber auch supranationalen - Gesetzeslage ist es unmöglich, die investmentrechtlichen und steuerlichen Auswirkungen solcher Strukturen zu verstehen.

Erträge und Kosten

Damit zusammenhängend spielen auch Gebühren eine Rolle, die in verschiedenen Formen auftreten können. Gegebenenfalls sind hier zusätzlich unterschiedliche Anteilsklassen beziehungsweise Staffelungen zu beachten, die sich nach der Höhe des jeweiligen Investments eines Anlegers richten.

Wesentlich für einen Investor sind natürlich auch die Bestimmungen in Bezug auf seine Einzahlungen und Erträge - insbesondere jene, welche die Reduktion oder Beendigung seines Engagements betreffen. Es ist wichtig, in welchem Zeitraum ein Anleger sein Commitment erfüllen muss, außerdem wie oft, in welcher Höhe und mit welchen Fristen er Kapitalabrufen Folge leisten muss. Auch sollte geklärt sein, ob man als Anleger Über-Commitments erfüllen beziehungsweise Nachschusspflichten akzeptieren muss. Zudem sind die Konsequenzen im Falle von Versäumnissen zu beachten, die von Verzugszinsen oder dem Ausschluss von weiteren Anteilserwerben bis hin zur Rückabwicklung aller getätigten Investments reichen können. Weiterhin muss fixiert sein, was als Ertrag definiert wird und wann beziehungsweise in welcher Höhe Erträge den Investoren und dem Manager zufließen.

Liquidität im Auge behalten

Die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals erfolgt heute mehrheitlich analog zu der erfolgreichen Veräußerung der erworbenen Vermögenswerte durch den Manager. Losgelöst davon müssen Investoren auch die Auswirkungen von Mittelrückflüssen im Rahmen eventueller vorzeitiger Anteilsrückgaben in ihre Überlegungen einbeziehen. Deren Auswirkungen gelten nicht nur für das eigene Investment, sondern auch in Bezug auf die Anleger. Insbesondere führen Zwangsverkäufe illiquider Assets in schwierigen Marktsituationen zu signifikanten Abschlägen beim Verkauf der jeweiligen Vermögenswerte. Und: Die restlichen Assets sind für gewöhnlich noch illiquider, was sich nachteilig beim Ausstieg der verbleibenden Investoren auswirken kann.

Die vorausgegangenen Ausführungen geben lediglich einen groben Überblick über ausgewählte Schwerpunkte, die man als Anleger im Vorfeld eines Engagements in Alternative Investments beachten sollte. In der Praxis sind umfangreiche Due Diligence Questionnaires mit detaillierten Fragen zu diesen und anderen Themenkomplexen üblich. Wichtig ist dabei, dass ein Anleger insbesondere die Punkte prüft, die für seine spezifische Situation, aber auch für jedes individuelle Investment adäquat sind. Jede Struktur, jede Strategie und jedes Vorhaben haben ihre jeweiligen Vorund Nachteile. Es gilt, sie von allen denkbaren Seiten her zu beleuchten und sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen.

Optimale Administration: Masterfonds

Kapitalverwaltungsgesellschaften können dabei einen bedeutenden Mehrwert schaffen, weil sie nicht nur für die Due Diligence, sondern auch für die Administration solcher Investments ein hochprofessionelles Umfeld bieten. Eine für viele institutionelle Anleger optimale Lösung ist beispielsweise ein individuelles Strukturierungs- und Pooling-Vehikel, wie es die Deka über die vergangenen Jahre entwickelt hat. Dabei investiert ein institutioneller Anleger zunächst in einen Masterfonds in Gestalt eines klassischen Spezial-AIF. Dieser legt das Fondsvermögen einerseits in "traditioneller" Form an, etwa in Aktien, Renten oder Derivaten. Zusätzlich kann der Spezial-AIF Anteile des "DALI" genannten Strukturierungsvehikels erwerben. DALI steht für Deka Alternative Investments und ist ein in Luxemburg aufgelegter börsennotierter Spezial-AIF mit Wertpapierqualität.

Über Teilfonds von DALI können Investoren nach ihren individuellen Vorstellungen in Private-Equity-, Mezzanine-, Hedgefonds, aber auch in Real-Estate-, Infrastruktur-, Private-Debt- und auch Erneuerbare-Energien-Fonds investieren und somit ihr Portfolio strategisch ergänzen und weiter diversifizieren. Im Gegensatz zur Direktanlage gestattet die DALI-Plattform institutionellen Anlegern eine Einbindung dieser hochkomplexen Assetklassen in eine ganzheitliche Portfoliostrategie. Weiterer Vorteil: Die Anlagen werden transparent in das Gesamtreporting einbezogen.

Abschließend bleibt festzuhalten: Alternative Investments sind für institutionelle Anleger eine attraktive Lösung zur Erreichung ihrer Renditeziele in einem anhaltend herausfordernden Kapitalmarktumfeld. Die Heterogenität der potenziellen Zielinvestments und die Komplexität der administrativen Prozesse stellen allerdings bei der Umsetzung in konkrete Anlagen regelmäßig große Hürden dar.

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