SPEZIALFONDS 2018

Das Family Office als Berater, Sparringspartner und Supervisor

Armin Sabeur Foto: Optinova

Angefangen von Versicherungen über Stiftungen bis hin zu Pensionsfonds und anderen Altersvorsorgeeinrichtungen sind viele institutionelle Investoren von ihren Anlagehorizonten her zwar tendenziell mittel- und langfristig ausgerichtet, stehen angesichts bestehender Renditeversprechen und/oder laufender finanzieller Verpflichtungen aber gleichwohl unter dem Druck, auch in schwierigen Märkten möglichst regelmäßig eine Mindestverzinsung zu erwirtschaften. Auch bei Familienvermögen geht es letztlich um eine Mehrung der Werte, aber der Zeithorizont ist dort noch weiter über Generationen ausgelegt und kann damit auch Phasen überdauern, die sich auf eine Sicherung des Vermögens konzentrieren. Zu den Anforderungen an Family Offices als spezielle Dienstleister für Vermögensinhaber rechnet der Autor neben der fachlichen Kompetenz und einer breiten Beratungs- und Know-how-Vernetzung auch besondere Fähigkeiten als Kommunikator und Sparringspartner für die Familie. (Red.)

Die besonderen Herausforderungen bei der generationenüberdauernden Vermögenssicherung verlangen extrem langfristige Ansätze. Family Offices können bei ihrer Erarbeitung, Umsetzung und Kontrolle einen wertvollen Beitrag leisten. In den vergangenen Jahrzenten haben viele Familienunternehmen die Chancen des Wiederaufbaus, der Wirtschaftswunderjahre und der Globalisierung wahrgenommen und enorme Vermögen für ihre Gesellschaften und Familien geschaffen. Seit Beginn des neuen Jahrtausends sehen sie sich allerdings mit zunehmend komplexen und volatilen Finanzmärkten sowie niedrigen Renditen konfrontiert. Hinzu kommen steigende Anforderungen bei der Liquiditätsplanung, der Einbindung der jüngeren Generation und der Einhaltung immer neuer Rechtsvorschriften.

Integrierte Finanzstrategien gefragt

Allein mit einem Dutzend oder sogar noch mehr nicht verknüpften Beratern aus ganz unterschiedlichen Bereichen sind diese Herausforderungen in der Regel nicht zu bewältigen. Gefragt sind vielmehr integrierte Finanzstrategien. Dies gilt umso mehr, als es sich bei Unternehmern naturgemäß um viel beschäftigte Menschen handelt, deren Zeit und Energie besser bei der Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie als der Auswahl, Koordination und Überwachung von Asset Managern, Steuerberatern, Juristen und sonstigen Experten eingesetzt wird.

Dabei ist es für Firmenbesitzer zwar durchaus verlockend, die im Unternehmen bestehende Infrastruktur auch für private Vermögensfragen zu nutzen, daraus können jedoch schnell Belastungen für das Geschäft und die Familie erwachsen. So müssen die zuständigen Mitarbeiter oft mehrere Hüte tragen und möglicherweise Entscheidungen treffen, die entweder im Widerspruch zu Unternehmenszielen oder der Mehrung des Familienvermögens stehen.

Viele Unternehmer erkennen erst spät, dass der wachsende Wohlstand der Familie die gleiche Professionalität und Aufmerksamkeit wie das Tagesgeschäft benötigt. Auch sehr vermögende Privatpersonen sehen in diesem Bereich nicht immer ihre Berufung. In all diesen Fällen können Family Offices eine große Lücke schließen. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Vermögensinhaber ihre oberste Kontrollbefugnis damit aus der Hand geben.

Fachliche und persönliche Qualifikationen

Doch nicht überall, wo "Family Office" draufsteht, ist auch tatsächlich ein Family Office drin, denn der Begriff ist gesetzlich nicht geschützt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) versteht hierunter Unternehmen jeglicher Rechtsform, die sich mit der bankenunabhängigen Verwaltung großer privater Vermögen befassen. Im Gegensatz zur Erbringung anderer Finanzdienstleistungen kann ein Family Office bei entsprechender Ausgestaltung genehmigungsfrei agieren. Unterschieden wird grundsätzlich zwischen Single und Multi oder auch externen Family Offices.

Letztere sind unabhängig von einzelnen Familien und haben aufgrund der Skaleneffekte geringere Kosten. Sie können damit oft bessere Konditionen bieten. Weitere Vorteile für die betreuten Familien liegen in der unvoreingenommenen Beratung und der weiten Vernetzung. Zudem können ihre Dienstleistungen flexibler in Anspruch genommen werden und ihre Mitarbeiter helfen in vielen Fällen, Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Familie zu überwinden. Single Family Offices sind dagegen weniger stark von Reibungsverlusten betroffen und haben regulatorisch mehr Freiheiten.

Strategische Asset-Allokation als A und O

Unabhängig von der Art sollte ein Family Office aber eine umfassende und koordinierte Palette an Dienstleistungen bieten sowie über hoch qualifizierte Mitarbeiter verfügen. Dabei zählt nicht allein die fachliche Qualifikation in allen relevanten Themengebieten der Vermögensanlage, da diese selbstverständlich ist. Ebenfalls wichtig sind eine breite Beratungs- und Know-how-Vernetzung sowie die persönlichen Stärken, die der Family Officer mitbringen muss. Im Rahmen einer Befragung des Bayerischen Finanz Zentrums (BFZ) in 72 Family Offices werden hier insbesondere Empathie, Geduld, Erfahrung, Einfühlungsvermögen, organisatorische Begabung, Flexibilität, Loyalität, Integrität, Seriosität, Zuverlässigkeit, diplomatisches Geschick und Unabhängigkeit genannt. 1)

Zu den wichtigsten Aufgaben des Family Office gehört die strategische Asset-Allokation. Sie ist der Ausgangspunkt des gesamten Investitionsprozesses. Einerseits zeigen empirische Studien immer wieder, dass rund 80 Prozent der Performance gemischter Portfolios aus der strategischen Vermögensaufteilung resultieren, andererseits kann eine falsche Schwerpunktsetzung gerade in Krisenzeiten aber auch schnell zu einer substanziellen Gefährdung des Gesamtvermögens oder zumindest eines großen Teils davon führen. So ist die über Generationen hinausreichende Sicherung des Vermögens noch vor seiner mittel- und langfristigen Mehrung nicht selten die wichtigste Verpflichtung eines Family Office.

Da aber keine Kapitalmarktprognose den Zustand der Welt in 25 oder 50 Jahren vorhersagen kann, verlangt dieser extrem langfristige Anspruch prognosefreie Strategien abseits des Investment-Mainstreams. Dabei sollte insbesondere auf Sachwerte sowie natürliche Ressourcen gesetzt werden. So hat sich die Bewertung solider, finanzstarker Unternehmen mit gesunder Eigenkapitalquote, innovativen Patenten und weniger zyklischen Geschäftsmodellen bisher noch nach jeder Krise wieder stabilisiert. An natürliche Ressourcen führt auch im Zeitalter der Digitalisierung kein Weg vorbei. Da Essen und Trinken virtuell nun einmal nicht funktionieren, und man auch in der sichersten Cloud niemals wird wohnen können, werden Commodities wie Agrarprodukte und Industriemetalle immer einer stetigen Nachfrage unterliegen.

Anleihen, Spargelder und Barvermögen sind dagegen schon in ihrer Gesamtheit ausgefallen (siehe zum Beispiel Währungsreform von 1948) und das Risiko einer erneuten Währungskrise wird angesichts steigender Staatsschulden und maßloser Ankaufprogramme der Zentralbanken siebzig Jahre später wieder realer als in den Jahrzehnten zuvor.

Asset-Allokation: immer im Einklang mit der betreuten Familie

Formuliert und festgelegt werden sollte die Asset-Allokation immer durch den Vermögensinhaber zusammen mit dem Family Office im Einklang mit den Zielvorgaben der betreuten Familie. Dazu wird zu Beginn der Zusammenarbeit ein Investment-Policy-Statement zwischen der Familie und dem Family Office erstellt. Einerseits dient es dem Family Office als Grundlage zur Bestimmung der strategischen Asset Allocation, andererseits verhindert es aber auch, dass die Familie gerade in Zeiten volatiler Märkte und politischer Unruhe versucht, von der langfristigen Vermögensstrategie abzuweichen oder emotionale Investmententscheidungen zu treffen. Wird laut Investment-Policy-Statement langfristig beispielsweise ein Immobilienanteil von 20 Prozent weltweit angestrebt, so ist bei einem Immobilienanteil von 10 Prozent in Deutschland von weiteren Akquisitionen in dieser Region, unabhängig von kurzfristigen Erwartungen, abzuraten und der Fokus bei Neuengagements auf andere Regionen in der Welt zu richten. Entsprechendes gilt natürlich auch im Wertpapierbereich, in dem emotionale Faktoren oft sogar noch stärker negativ zum Tragen kommen.

Ideengeber und Sparringspartner

Grundsätzlich sollte der Family Officer in allen Bereichen als Ideengeber und Sparringspartner dienen, keinesfalls jedoch als aktiver Vermögensverwalter agieren. Dispositionsvollmachten gehören ausnahmslos in die Hand der Familien und deren Bankberater oder -verwalter. So kommt es regelmäßig zu Problemen, wenn Controller und strategische Berater die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten, die mit dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder Immobilien verbunden sind, für sich entdecken und damit neben der kontrollierenden und strategischen Aufgabe auch noch die Vermögensverwaltung beziehungsweise -beratung in Personalunion wahrnehmen.

Dass hier sofort unnötige Interessenkonflikte entstehen, liegt auf der Hand. Genau wie in jeder Aktiengesellschaft, die sich den Regeln guter Corporate Governance unterwirft und in der Aufsichtsrat und Vorstand klar getrennt sind, muss auch das Familienvermögen durch den Verwalter vermehrt und dies durch den Family Officer kontrolliert werden.

Auswahl der Asset Manager

Zu den Aufgaben des Family Office gehört allerdings wiederum die Bestimmung geeigneter Vermögensverwalter und sonstiger Experten beziehungsweise die Beratung der Familie bei diesen Entscheidungen. Die einfachste und am meisten genutzte Variante ist hierbei die Auswahl anhand historischer Performancedaten. So gaben in der BFZ Family Office Studie 2017 2) mehr als drei Viertel der befragten Family Offices den Track Record als wichtiges Kriterium bei der Wahl von Asset Managern an. Besonders verbreitet ist diese Vorgehensweise bei der Vergabe von Vermögensverwaltungs- und Fondsmandaten. Die benötigten Kennziffern sind meist öffentlich verfügbar, die Auswahlkriterien liegen auf der Hand und Vergleiche sind relativ einfach durchzuführen.

Hinzu kommt die hohe Transparenz dieses Verfahrens, die dem Family Office gleichzeitig auch einen starken Rechtfertigungsgrund liefert, sollte die ausgewählten Manager die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Entsprechend werden die Entscheidungen primär davon abhängig gemacht, wer in den letzten Jahren eine Outperformance gegenüber einer Benchmark oder gegenüber Mitbewerbern erbracht hat. Man konzentriert sich also auf die ersten Plätze der zusammengestellten "Rennlisten" und überträgt dem Führenden oder auch den besten zwei oder drei Anbietern das beziehungsweise die Mandat(e).

Die Kunst einer zukunftsgerichteten Betrachtung

Die Auswahl von Vermögensverwaltern oder Fonds aufgrund ihrer historischen Performance greift jedoch deutlich zu kurz und bringt für die Zukunft nur selten gute Ergebnisse. Dies hat Matthew R. Morey schon 2003 mit seiner Untersuchung "The Kiss Of Death: A 5-Star Morningstar Mutual Fund Rating?" nachgewiesen.3)

Während die Information Ratio (Verhältnis der Überschussrendite zum Fondsrisiko) der betrachteten aktiv gemanagten Fonds (N = 251) in den 36 Monaten vor ihrer ersten Auszeichnung mit fünf Morningstar-Sternen noch positive 0,3958 betragen hat, kehrte sie sich in den drei folgenden Jahren um und lieferte mit minus 0,4414 dann einen deutlich negativen Wert und somit eine klare Underperformance. Dabei wurde das sehr signifikante Ergebnis auch keineswegs von wenigen Ausreißern bestimmt. Vielmehr war bei 85 Prozent der Fonds ein Performanceabfall festzustellen (Abbildung).

Intensive Vorbereitung der Auswahlprozesse

Da die Kriterienauswahl denen von Fonds entspricht, lassen sich die Untersuchungsergebnisse auch auf den zugegebenermaßen intransparenteren Markt der Vermögensverwalter übertragen. Selbst für Immobilien- und Beteiligungsmanager dürften ähnliche Überlegungen gelten, auch wenn für diese Bereiche keine validen Untersuchungen vorliegen.

Um den aufgezeigten Fehler zu vermeiden müssen gerade Family Offices mit dem Anspruch des generationenüberdauernden Vermögenserhalts sehr viel intensivere Untersuchungen anstellen. Diese können oftmals sogar die eigenen ökonomischen Personalressourcen übersteigen. So sind in diesem Zusammenhang Themen wie Manager Due Diligence, Flagship-Fonds-Vermeidung, Managerwechsel, Asset Styles, Diversifizierung, zeitlicher Managementansatz, regelbasierte Anlagen tiefgehend zu berücksichtigen, um nur einige Punkte beispielhaft anzuführen.

Beim generationenüberdauernden Vermögenserhalt können qualifizierte Family Offices eine wichtige Funktion übernehmen. So gehört es unter anderem zu ihren Aufgaben, den gesamten Auswahl-, Anlage- und Kontrollprozess klar zu strukturieren und auf eine professionelle Ebene zu heben, wie sie auch im klassischen Unternehmensbereich zum erfolgreichen Agieren erforderlich ist. Hinzu kommen die Koordination und Überwachung der verschiedenen Investmentexperten und sonstigen Berater.

Auch die Auswahl geeigneter Vermögensverwalter und Fondsmanager kann in den Aufgabenbereich des Family Office fallen. Entgegen der vorherrschenden Praxis (Auswahl anhand historischer Performancekennzahlen) sind hierzu intensive Untersuchungen anzustellen sowie eine ganze Reihe von Aspekten tiefgehend zu berücksichtigen.

Um den Vermögensinhabern darüber hinaus jederzeit auch als Kommunikator und Sparringspartner zur Verfügung stehen zu können, sind neben der fachlichen Kompetenz eine breite Beratungs- und Knowhow-Vernetzung sowie diverse persönlichen Stärken zwingend erforderlich.

Fußnoten

1) Breuer, Gerke, Hübner, Peter, Schulz (2017): BFZ Family Office Studie 2017: Anlage im Niedrigzinsumfeld

2) BFZ Family Office Studie 2017

3) Matthew R. Morey (2003): The Kiss of Death: A 5-Star Morningstar Mutual Fund Rating? (https://papers.ssrn.com)

Armin Sabeur CFA, Geschäftsführer, Optinova Asset Management GmbH, Oberursel
Armin Sabeur , CFA, Vorstand und Portfoliomanager, OPTINOVA, Königstein

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