Green Bonds - die Lösung im Kampf gegen den Klimawandel?

Martin Wagenknecht Foto: Société Générale

Auf dem Kapitalmarkt steht das Thema Nachhaltigkeit seit Langem weit oben auf der Agenda und der Investitionsdruck auf die Banken nimmt zu, ihrerseits einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Neben nachhaltigen Krediten sind zunehmend auch Green Bonds ein wesentliches Instrument. Der Autor sieht dabei die Vorteile der Banken als Mittler nicht nur in der Verbreiterung ihrer Investorenbasis und einem möglichen Preisvorteil für den Emittenten, sondern auch in der Funktion grüner Anleihen als Instrument einer sehr positiven öffentlichen Wahrnehmung. Als unerlässlich für den Erfolg eines Green Bonds ist es, laut dem Autor, diesen gut in die Unternehmensstrategie und externe Kommunikation einzufügen. Als aktuelle Herausforderungen der Entwicklung registriert er die Identifizierung nachhaltiger Finanzierungen und den allgemeinen Ruf nach mehr Transparenz und Standardisierung. (Red.)

Auf dem Kapitalmarkt steht das Thema Nachhaltigkeit seit Langem weit oben auf der Agenda, aber erst in den letzten Jahren haben Vielfalt und Professionalität der Produkte und Dienstleistungen deutlich zugenommen. Startschuss für diesen Wachstumsschub war das Pariser Klimaabkommen, das 2015 von annähernd 200 Regierungen beschlossen wurde. Damit verschrieben sich die Staaten der Erde erstmals mehrheitlich dem Kampf gegen den Klimawandel und stellten das bekannte Zwei-Grad-Ziel in den Mittelpunkt der gemeinsamen Anstrengungen.

Investitionsdruck steigt

Doch wenn man sich die tatsächlich getätigten Investitionen der letzten Jahre anschaut, hinken wir den Zielen deutlich hinterher. Den Worten müssen nun Taten folgen. Nach Schätzung der UN, UNEP (United Nations Environment Programme) und IEA (International Energy Agency) sind weltweit Investitionen von bis zu 9 Billionen US-Dollar pro Jahr notwendig - zu viel, um allein von Regierungen und internationalen Organisationen getragen zu werden. Der Investitionsdruck im Kampf gegen den Klimawandel steigt somit stetig, und auch der Druck auf die Banken nimmt zu, ihrerseits einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Banken und Förderbanken haben bereits in den vergangenen Jahren eine zentrale Rolle in der Finanzierung nachhaltiger Projekten gespielt: Sei es bei der Finanzierung von erneuerbaren Energien oder energieeffizienten Gebäuden. Neben nach haltigen Krediten sind zunehmend auch Green Bonds ein wesentliches Instrument, was deren beeindruckende Erfolgsstory der letzten Jahre erklärt. Mit einem Emissionsvolumen von 137 Milliarden Euro 2017 ist das Segment ein Wachstumstreiber des Anleihemarktes, insbesondere in Europa: Innerhalb von nur vier Jahren wuchs das Green-Bond-Volumen hier um mehr als das Zwölffache, im Vergleich zu lediglich 11 Milliarden Euro 2013. Allein 2017 war das Volumen neuer Emissionen um 55 Prozent höher als im Jahr zuvor.

Die derzeitige Konsolidierung des Segments nach Jahren starken Wachstums ist sicherlich auch ein Signal dafür, dass Investoren zunehmend höhere Ansprüche an Qualität und Vielfalt der Neuemissionen stellen. Das geplante System der "EU taxonomy" kann in Zukunft Finanzinstituten zusätzliche Gewissheit bei Projekten abseits der klassischen Kategorien geben, was das Wachstum der nachhaltigen Anleihen langfristig unterstützen sollte.

Green Bonds werden vielfältiger

Derzeit sind 55 Prozent des Marktes durch Staatsanleihen und Papiere staatsnaher Emittenten wie Förderbanken geprägt, die Vorreiter des Segments. So wurde der erste "Climate Awareness Bond" 2006 von der EIB aufgelegt. Inzwischen zeichnet sich neben zunehmender Aktivität von Banken und Unternehmen auch eine höhere Bandbreite an Kreditqualitäten und Herkunftsländern ab. Größte Green-Bond-Investoren sind Asset Manager sowie Pensionsfonds, Banken und Versicherer. Steigende Volumina und eine immer größere Branchenauswahl wirken sich positiv aus. Gesetzliche Regelungen wie in Frankreich wirken ebenfalls: Dort werden institutionelle Anleger und Vermögensverwalter ab einer Bilanzsumme von 500 Millionen Euro unter anderem dazu verpflichtet, Risiken aus CO 2-Emissionen zu bewerten und darzulegen, wie sie mit ihren Investments zur Erreichung der Klimaziele beitragen.

Green Bonds, deren Mittel nur für umweltfreundliche Zwecke verwendet werden dürfen, erlauben es den Banken, ihren eigenen aktiven Beitrag zur Erreichung der Klimaziele auch gegenüber ihren Anleiheinvestoren zu dokumentieren. Nachhaltige Darlehen werden in Form von Green Bonds am Markt finanziert: So wurden 2017 rund 89 Prozent aller nachhaltigen Bankanleihen zur Finanzierung rein grüner Projekte aufgelegt. Allein 65 Prozent aller finanzierten Darlehen dienten der nachhaltigen Energieerzeugung, gefolgt von Darlehen zur energetischen Sanierung oder dem Neubau von Immobilien mit einem Anteil von 24 Prozent. Der Rest verteilte sich gleichmäßig auf soziale Projekte oder diente der Finanzierung eines Portfolios von Projekten aus beiden Kategorien.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade die Identifizierung nachhaltiger Finanzierungen in den Büchern der Banken eine Herausforderung ist. Eine Aufbereitung des bestehenden Portfolios und eine systematische Kategorisierung des Neugeschäftes erleichtern die zukünftig regelmäßige Emission von nachhaltigen Anleihen. Dies lässt sich am besten mithilfe eines Structuring Agents bewerkstelligen, der hilft, die internen Projekte anzustoßen und dabei die wesentlichen Kriterien der Selektion zu definieren.

Neue Plattformen wie Lumo bieten zusätzliche Wege, die Finanzierung nachhaltiger Projekte zu gewährleisten. Hierbei handelt es sich um ein Crowdfunding-Fintech, das es Privatanlegern - bisher noch ausschließlich in Frankreich - ermöglicht, mit Beträgen ab 25 Euro direkt in Projekte ihrer Wahl aus dem Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren. Die Einnahmen aus dem gewählten Energieprojekt zahlen sich für den Investor über jedes Jahr seines Anlagehorizonts von 10 bis 20 Jahren mit einem Zins zwischen 2 und 5 Prozent brutto jährlich aus.

Ruf nach Transparenz

Seit 2012 konnte auf diesem Wege ein Volumen von 5 Millionen Euro für rund 40 Wind-, Solar- und Wasserkraftprojekte mit einer Gesamtleistung von über 260 Millionen Kilowattstunden finanziert werden. In Frankreich ist die Lumo-Plattform, die 2018 von der Société Générale erworben wurde, ein Vorreiter bei der Finanzierung nachhaltiger Energieprojekte mittels Anleihen. Klar ist, dass Crowdfunding nicht die Banken verdrängen wird, sondern dabei hilft, die bestehenden Finanzierungslücken zu verringern und vor allem das Bewusstsein und die Akzeptanz nachhaltiger Finanzierungen und Projekte in der Gesellschaft zu fördern.

Angesichts des rasanten Wachstums der letzten Jahre und der zunehmenden Vielfältigkeit des Green-Bond-Marktes wird nun der Ruf nach mehr Transparenz und Standardisierung lauter. Durchgesetzt hat sich bisher ein freiwilliger Marktstandard durch Überprüfung einer externen Agentur, der sogenannten "Second Party Opinion" (SPO) in Kombination mit jährlichen Berichten über die Mittelverwendung. Aufgabe der SPO ist es, die Übereinstimmung der Auswahlkriterien für die zu finanzierenden Projekte mit den "Green Bond Principles" der International Capital Market Association (ICMA) zu bestätigen, die allgemein als Standard akzeptiert werden.

Zwar verfügen einige wenige Investoren über die notwendige Expertise, verschiedene Green Bonds anhand der ESG-Kriterien selbst zu beurteilen und sind in der Lage, Investitionsentscheidungen unabhängig zu treffen. Das trifft jedoch nicht auf alle zu. Es überrascht also nicht, dass gleich mehrere Initiativen zur Zertifizierung und Standardisierung ins Leben gerufen wurden, um der Mehrheit der Investoren Entscheidungshilfen an die Hand zu geben. So bietet die "Climate Bonds Initiative" ein Zertifizierungsverfahren an, das Investoren Gewissheit über die Konformität der Anleihe mit dem Zwei- Grad-Klimaziel des Paris-Abkommens von 2015 gibt. Die Weltbank und andere Förderbanken konnten sich als Meinungsführer bei Standards für nachhaltige Projekte etablieren und viele Initiativen greifen diese Vorgaben auf. Im Mai 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission den Entwurf einer "EU taxonomy". Das soll in einen EU-weiten Green-Bond-Standard münden; ein "Green Supporting Factor" in der Eigenkapitalgewichtung von Banken ist ebenfalls im Gespräch.

Investoren erwarten Informationsfülle

Nicht minder wichtig ist die Berichterstattung der Banken zu den Green Bonds, nicht nur zu den finanzierten Projekten, sondern auch zu den ermöglichten Energieersparnissen und vermiedenen CO2- Emissionen. Investoren sind zunehmend anspruchsvoll was Informationsfülle und -details betrifft: Welcher Nutzen wurde mit der jeweiligen Finanzierung erzielt? Dies stellt ganz neue Herausforderungen an die internen Prozesse und Systeme der Banken und wird deshalb oft zunächst als Hürde wahrgenommen. Am Ende ist ein Wandel jedoch alternativlos, da Erfolg für die Banken in der öffentlichen Wahrnehmung nur auf Transparenz, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit aufbauen kann.

Aus einem Nischensegment ist in wenigen Jahren ein etablierter Markt geworden. Aus Sicht der Banken als Mittler liegen die Vorteile nicht nur in der Verbreiterung ihrer Investorenbasis und einem möglichen Preisvorteil für den Emittenten, sondern auch in der Funktion grüner Anleihen als Instrument einer sehr positiven öffentlichen Wahrnehmung. Für den Erfolg muss ein Green Bond deshalb gut in die Unternehmensstrategie und externe Kommunikation eingefügt werden. Banken spielen eine zentrale Rolle in der Finanzierung nachhaltiger Projekte und damit im Kampf gegen den Klimawandel. Die Emission von Green Bonds erlaubt es, dies auch nach außen zu tragen und es in der Wahrnehmung durch Investoren entsprechend zu positionieren. Nachhaltige Anleihen unterstützen daher nicht nur, das Erreichen des Klimaziels zu unterstützen, sie unterstützen auch eine positive öffentliche Wahrnehmung der finanzierenden Finanzhäuser.

Martin Wagenknecht Head of Debt Capital Markets für Deutschland, Österreich und die Schweiz, Société Générale Corporate & Investment Banking, Frankfurt am Main
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