Konsultation zur Institutsvergütungsverordnung - ein Überblick

Dr. Hendrik von Mellenthin, Foto: ARQIS Rechtsanwälte

Mit dem teilweisen Inkrafttreten der Vorschriften des Risikoreduzierungsgesetzes Ende vergangenen Jahres wird in naher Zukunft die Dritte Verordnung zur Änderung der Institutionsvergütungsverordnung veröffentlicht. Darin enthalten sind Regelungen, zusätzliche Anforderungen und sogar neue Thematiken, die bei der Vergütungsthematik in Zukunft zu beachten sind. Die Novellen umfassen unter anderem die nähere Definition "bedeutender Institute", die Einführung einer Risikoträgeranalyse für sämtliche Institute, den Versuch der Wahrung der Proportionalität sowie nun neu die Verpflichtung der Geschlechtsneutralität bei Vergütungen. Der Autor des vorliegenden Beitrags nennt die wesentlichen Bestandteile der Dritten sowie der erst 2023 erwarteten Vierten Verordnung, legt diese aus und diskutiert sie im Hinblick auf mögliche Folgen. (Red.)

Am 12. November 2020 initiierte die BaFin das Konsultationsverfahren bezogen auf die Dritte und Vierte Verordnung zur Änderung der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) (nachfolgend auch "Dritte Verordnung"/"Vierte Verordnung" genannt). Die Konsultation endete am 4. Dezember 2020.

Die Vierte Verordnung betrifft den zusätzlichen Puffer der Verschuldensquote für global systemrelevante Institute und wird entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben nicht vor dem 1. Januar 2023 in Kraft treten. Das Inkrafttreten der Dritten Verordnung ist indes in absehbarer Zeit zu erwarten, das heißt in zeitlicher Nähe zu den am 29. Dezember 2020 in Kraft getretenen, korrespondierenden Vorschriften des Risikoreduzierungsgesetzes (nachfolgend auch "RiG" genannt).

Beide Verordnungen dienen der näheren Ausgestaltung des RiG, welches wiederum das sogenannte EU-Bankenpaket, das heißt insbesondere die korrespondierenden Änderungen der Capital Requirements Regulation und der Capital Requirements Directive (CRR II und CRD V) , umsetzt beziehungsweise reflektiert. Wesentlicher Zweck dieser regulatorischen Neuauflage ist es, die Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Finanzsektors zu perpetuieren und den Proportionalitätsgedanken zu stärken.

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der Verordnungsentwürfe und deren Einordnung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen im Konsultationsverfahren.

Definitionsfragen und angeschlossener Aufwand

Bedeutende Institute: Zunächst wird die im RiG vorgenommene Anpassung und Verlagerung der Definition "bedeutender Institute" aus § 25n Kreditwesengesetz (KWG) nach § 1 Absatz 3c KWG unter gleichzeitiger Aufhebung von § 25n KWG in den §§ 1, 3, 5, 8, 12, 15, 16 und 27 InstitutsVergV-E nachgezogen. Die Vereinheitlichung des Begriffs der bedeutenden Institute in § 1 Absatz 3c KWG, der sowohl für die §§ 25c, 25d KWG (Regulierung zu Geschäftsleitern und Aufsichtsorgangen) als auch für die Vergütungsregulierung greift, führt dazu, dass sich Institute oberhalb einer Bilanzsumme von 15 Milliarden Euro im 4-Jahresdurchschnitt - zukünftig nicht mehr auf Basis einer Risikoanalyse von den besonderen Anforderungen der InstitutsVergV befreien lassen können.

Risikoträger: Eine wesentliche Änderung der Regulierungsnovelle ist, dass grundsätzlich in allen Instituten - unabhängig von ihrer Größe, Organisation und der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten - eine Identifizierung der Risikoträger erforderlich ist. Somit haben auch nicht bedeutende Institute grundsätzlich eine Analyse zur Identifizierung ihrer Risikoträger (nachfolgend auch "Risikoträgeranalyse" genannt) vorzunehmen. Dies war bereits Gegenstand der Änderung des KWG durch das RiG (vgl. §§ 1 Abs. 21 KWG, 25 a Absatz 5b S. 1 KWG). Somit handelt es sich bei den insoweit nachfolgend dargestellten Änderungen der InstitutsVergV lediglich um sich daraus ergebende Folgeänderungen.

Materiell unterscheidet sich die durchzuführende Risikoträgeranalyse nicht bedeutender Institute von der bedeutender Institute insoweit, als sie sich "nur" auf Geschäftsleiter und Aufsichts- und Verwaltungsräte sowie bestimmte weitere Gruppen von Mitarbeitern in Führungspositionen beziehen muss (vgl. 25a Abs. 5b S. 1 Nr. 1-3 KWG), während bedeutende Institute eine umfangreiche, darüber hinausgehende Prüfung weitergehender Kriterien zur Risikoträgeridentifikation nach Maßgabe der Delegierten Verordnung der (EU) Nr. 604/2014 in ihrer jeweils geltenden Fassung vorzunehmen haben.

Die Erweiterung der Risikoträgeranalyse ist insbesondere auch im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Risikoreduzierungsgesetz (RiG) auf teils erhebliche Kritik gestoßen. Kern dieser Kritik war, dass dem Proportionalitätsgedanken, nach dem eine pauschale Inbezugnahme nicht bedeutender Institute auch für eine unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Art. 92 Abs. 3 CRD V nicht erforderlich gewesen wäre, nicht hinreichend Rechnung getragen wurde.

Des Weiteren wurde die Sinnhaftigkeit einer Risikoträgeranalyse bei nicht bedeutenden Instituten infrage gestellt, denn für den Großteil nicht bedeutender Institute werden auch weiterhin die besonderen Anforderungen der Instituts-VergV zur Risikoträgervergütung nicht gelten. Auch auf die durch die Risikoträgeranalyse entstehenden erheblichen Aufwände für nicht bedeutende Institute, insbesondere was den erstmaligen Prozess der Identifizierung von Risikoträgern betrifft, wurde hingewiesen.

Den Gesetzgeber ließ dies weitestgehend unbeeindruckt. Er wies lediglich auf den eingeschränkten Umfang der Risikoträgeranalyse gemäß § 25 Abs. 5b S. 1 bis 3 hin und bemerkte zudem, dass die Mitglieder der Geschäftsleitung oder die Mitglieder der Geschäftsleitung und deren unmittelbar nachgelagerte Führungsebene die Kriterien des § 25a Abs. 5b S. 1 Nr. 1-3 gegebenenfalls in sich vereinen könnten.

Anwendungsbereich

Der in § 1 InstitutsVergV beschriebene Anwendungsbereich erfährt durch die Dritte Verordnung umfangreiche Änderungen. Bereichsausnahmen: Factoring- und Leasingunternehmen wurden aus dem Anwendungsbereich der InstitutsVergV herausgenommen, da die zugrunde gelegten Vergütungsstrukturen diesen Unternehmen eher fremd sind und eine Steuerungswirkung durch die Anwendung kaum zu erwarten ist. Allerdings müssen auch die Vergütungssysteme von Leasing- und Factoringunternehmen weiterhin die Voraussetzungen des 25a Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 des Kreditwesengesetzes (KWG) erfüllen, das heißt ein angemessenes, transparentes und auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtetes Vergütungssystem für Geschäftsleiter und Mitarbeiter gewährleisten und dabei die in § 25a Abs. 5 KWG definierten Obergrenzen der variablen Vergütung im Verhältnis zur Fixvergütung einhalten (nachfolgend: "Obergrenze variable Vergütung").

Während die Bereichsausnahmen der Factoring- und Leasingunternehmen naturgemäß auf einhellige Zustimmung in der Branche gestoßen sind, hätten die Bürgschaftsbanken gerne auch von einer solchen profitiert. Entsprechend fordern sie, ebenfalls von der Anwendung der Vergütungsanforderungen ausgenommen zu werden, wobei hierbei um eine noch umfassendere Ausnahme im KWG gebeten wird, die nach Auffassung des Verbands deutscher Bürgschaftsbanken neben den Bürgschaftsbanken und Factoring- und Leasingunternehmen auch die staatlichen Förderinstitute der Länder erfassen soll.

Argumentiert wird insbesondere mit dem bestehenden staatlichen Auftrag und der geringen Höhe variabler Vergütungsbestandteile dieser Institute im Verhältnis zur Gesamtvergütung - eine Argumentation, die bereits aus der Förderbankenlandschaft bekannt ist. Und in der Tat dürften die konservativen und vergleichsweise einfach strukturierten Vergütungssysteme dieser Institute die Schaffung schädlicher Anreize zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risiken kaum zulassen.

Ausstehende Fragen und Proportionalität

Allerdings ist mit einer entsprechenden Bereichsausnahme kaum zu rechnen. Auch bisher sah sich die BaFin lediglich bereit, Förderinstituten aufgrund ihres Geschäftsmodells die Möglichkeit zu gewähren, auf eine variable Vergütung gänzlich zu verzichten. Darüber hinausgehende Ausnahmen dürften wohl auch vergütungspolitische Erwägungen entgegenstehen, denn weder der Verordnungsgeber noch der Gesetzgeber werden sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen wollen, dass "ihre eigenen Häuser" bei dem sensiblen Thema der Vergütungsregulierung vermeintlich unberechtigt privilegiert werden.

Noch nicht ausgenommen von dem Regulierungsregime der InstitutsVergV sind Wertpapierinstitute, die in den Anwendungsbereich der Investmentfirmenverordnung (Investment Firm Regulation (IFR) EU 2019/2033) und der Investmentfirmenrichtlinie (Investment Firm Directive (IFD) EU 2019/2034) fallen. Allerdings werden diese Unternehmen ab dem 26. Juni 2021 durch das bisher nur im Regierungsentwurf vorliegende Wertpapierinstituts gesetz ein eigenes Vergütungsregime erhalten, womit die Anwendung der Bestimmungen der InstitutsVergV auf absehbare Zeit beendet werden wird.

Vorausschauend hat der Gesetzgeber im Zuge des RiG in § 64a Abs. 3 KWG eine Übergangsregelung für diese Institute eingeführt, nach der im Übergangszeitraum zwischen dem 29. Dezember 2020 und dem 26. Juni 2021 grundsätzlich das KWG in der bis zum 28. Dezember 2020 geltenden Fassung anwendbar bleibt. Das erspart den betroffenen Unternehmen erheblichen Implementierungsaufwand für Regeln, die sie bereits ein halbes Jahr später nicht mehr anwenden müssten. Es ist davon auszugehen, dass eine solche Übergangsvorschrift auch in die finale Fassung der Dritten Verordnung aufgenommen wird.

Anwendung besonderer Anforderungen für nicht bedeutende Institute: Gemäß den Vorgaben der CRR II regelt § 1 Abs. 3 InstitutsVergV-E, dass bestimmte Institute Regelungen für bedeutende Institute erfüllen müssen, obgleich sie nicht als bedeutendes Institut i.S.d. § 1 Absatz 3c KWG zu kategorisieren sind. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InstitutsVergV-E ist dabei die konsolidierte Ebene bei der Ermittlung der Bilanzgröße zu berücksichtigen. Übergeordnete Unternehmen mit einer individuellen Bilanzsumme von unter 15 Milliarden Euro haben ebenfalls die Anforderungen für bedeutende Institute zu erfüllen, wenn ihre Bilanzsumme auf konsolidierter oder teilkonsolidierter Basis 30 Milliarden Euro erreicht oder überschreitet. Hierunter fallen somit auch Tochterinstitute, die zwar nicht oberste Mutterinstitute einer Gruppe sind, jedoch innerhalb einer Gruppe (teil-)konsolidierendes Unternehmen einer Teilgruppe von Unternehmen.

Zudem haben Institute, deren Bilanzsumme im 4-Jahresdurchschnitt 5 Milliarden Euro überschreitet und die nicht unter die Kategorie der kleinen und nicht komplexen Institute i.S.d. CRR II fallen, gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 InstitutsVergV-E ebenfalls besondere Anforderungen zu erfüllen, sofern sie eines der drei in den Buchstaben a bis c genannten Risikomerkmale erfüllen (Befreiung vom Sanierungs- und Abwicklungsgesetz beziehungsweise vereinfachte Anforderungen, Umfang Handelsbuchaktivitäten, Umfang Derivateposition). Allerdings müssen sie die Anforderungen nicht vollumfänglich erfüllen. So kommen weder die Bestimmungen zum Vergütungsbeauftragten noch die §§ 19 Abs. 1 S. 3 und S. 4 und § 20 Absatz 2 InstitutsVergV (3-jähriger Bemessungszeitraum bei Geschäftsleitern, 5-jähriger Zurückbehaltungszeitraum von 60 Prozent der variablen Vergütung) zum Tragen.

Kritik und Neuartiges

Die in § 1 Absatz 3 Satz 2 InstitutsVergV-E vorgesehene erweiterte Anwendung ist sowohl bezogen auf ihre Reichweite als auch ihre handwerkliche Umsetzung auf Kritik gestoßen. Zum einen wurde angeregt, diejenigen Institute von der Anwendung der besonderen Anforderungen auszunehmen, die diese bereits über die gruppenweite Regelung (§ 27 InstitutsVergV, vgl. nachfolgende Ausführungen unter Gruppenweite Regelungen) als Teil einer konsolidierten Bankengruppe zu erfüllen haben.

Mindestens solle aber klargestellt werden, dass sich die Anwendung der besonderen Anforderungen nur auf Risikoträger gemäß §§ 1 Absatz 21, 25a Absatz 5b Satz 1 Nr. 1-3 KWG bezieht und keine darüber hinausgehende Identifizierung von Risikoträgern nach qualitativen und angemessenen quantitativen Kriterien durchzuführen ist. Zudem sei es inkonsistent, einerseits bei der Überschreitung der 5-Milliarden-Euro-Bilanzsummengrenze eine 4-Jahresbetrachtung heranzuziehen, wenn bei der Feststellung der zusätzlich erforderlichen Kriterien - Umfang Handelsbuchtätigkeiten und Gesamtwert Derivatepositionen - lediglich auf eine Jahresbetrachtung abgestellt würde.

Die Regelung zur Angemessenheit der Vergütung und der Vergütungssysteme wurde um den Aspekt der Geschlechtsneutralität ergänzt. Vergütungssysteme sind somit nur dann als angemessen zu betrachten, wenn eine geschlechtsspezifische Entgeltbenachteiligung ausgeschlossen ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 InstitutsVergV n.F.). Die Integration der Geschlechtsneutralität basiert auf dem neuen Artikel 3 Absatz 1 Nr. 65 CRD V und meint den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Die explizite Aufnahme der Begriffe "gleiche oder gleichwertige Arbeit" wurde im Konsultationsverfahren angeregt. Die Geschlechtsneutralität bei der Vergütung zu einem festen Bestandteil der regulatorischen Prüfungsagenda zu machen ist gleichermaßen bemerkenswert wie begrüßenswert.

Bemerkenswert, da das Gebot des Equal Pay im Katalog der zu berücksichtigenden bankenregulatorischen Aspekte des § 5 InstitutsVergV durchaus als artfremd bezeichnet werden kann. Begrüßenswert, da Equal Pay hierdurch zu einem festen Bestandteil des regulatorischen Prüfungsauftrags der Aufsichtsbehörden wird und somit auch bei allen an der Vergütungsgovernance beteiligten Stakeholdern - zumindest zu einem gewissen Grad - eine erhöhte Aufmerksamkeit erlangen wird.

Offenlegungspflichten und variable Vergütung

Hintergrund für die Änderung der Offenlegungsvorschrift der InstitutsVergV ist die bereits genannte Anforderung, dass grundsätzlich auch nicht bedeutende Institute eine Risikoträgeranalyse durchzuführen haben. Entsprechend haben diese Institute nach der Dritten Verordnung - ergänzend zur Offenlegung nach Art. 450 CRR i. V. m. Art. 433b und 433c CRR - quantitative Informationen zur Gesamtvergütung aller Mitarbeiter gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 InstitutsVergV offenzulegen, das heißt den Gesamtbetrag von fix und variabel und die Anzahl der Begünstigten. Institute, die gemäß Art. 433b Absatz 2 CRR keine Informationen nach Art. 450 CRR offenzulegen haben, unterliegen auch nach § 16 InstitutsVergV keinen Offenlegungsanforderungen.

Das zusätzliche Veröffentlichungserfordernis gemäß § 16 Abs. Abs. 2 Instituts-VergV-E i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 3 Instituts-VergV wurde - ähnlich wie die Regelung zur Erweiterung der Risikoträgeranalyse auf nicht bedeutende Institute - mit den Argumenten kritisiert, dass dies unionsrechtlich nicht geboten sei und zudem unverhältnismäßige Aufwände generiert. In diesem Zuge wurde auf die gegenläufige Tendenz, der im Juni 2020 von der European Banking Authority (EBA) veröffentlichten Technischen Standards zur Implementierung von Offenlegungspflichten (EBA/ITS/2020/04) hingewiesen, in denen klargestellt wurde, dass die Veröffentlichung der Vergütung aller Mitarbeiter nicht durch Art. 450 CRR gedeckt ist.

Auch die Änderung zu den Voraussetzungen, nach der eine variable Vergütung unterhalb eines Schwellenwerts in Höhe von 50 000 Euro nicht den besonderen Anforderungen der Vergütung von Risikoträgern unterzogen werden muss, basiert auf der geänderten CRD V Art. 94 Abs. 3 b. CRD V setzt für den erleichternd wirkenden Anwendungsausschluss neben der Unterschreitung des genannten Schwellenwerts zusätzlich voraus, dass die variable Vergütung nicht mehr als ein Drittel der Gesamtvergütung der Risikoträger ausmacht, was naturgemäß zu einer Ausweitung der Anwendung führen würde. Eine anders lautende Auslegung dieser Bestimmung, nachdem das Erfordernis der aufzuschiebenden variablen Vergütung erst ab einer variablen Vergütung von ein Drittel der Gesamtvergütung, keinesfalls aber unterhalb der harten Schwelle von 50 000 Euro, greift , lässt der Wortlaut der Bestimmung nach hiesiger Auffassung nicht zu.

Gemäß Art. 94 Abs. 1 m CRD V beträgt für Risikoträger zudem nunmehr der Zurückbehaltungszeitraum für einen erheblichen Teil, mindestens aber 40 Prozent der variablen Vergütung, wenigstens vier bis fünf Jahre. Für Mitglieder des Leitungsorgans und der Geschäftsleitung von Instituten beträgt der Zurückbehaltungszeitraum unverändert weiterhin nicht weniger als fünf Jahre. Entsprechend enthält der Entwurf in § 20 Abs. 1 S. 1 InstitutsVergV-E für Risikoträger, die nicht Geschäftsleiter oder nicht der nachgelagerten Führungsebene angehören, eine Anpassung des Zurückbehaltungszeitraums von mindestens drei auf mindestens vier Jahre.

Gruppenweite Regelungen

Das Prinzip der Doppelten Proportionalität wird auch in dem neu gefassten § 27 Institutsvergütung aufrechterhalten. Die Änderungen in 27 InstitutsVergV n.F. setzen Art. 109 CRD V in Bezug auf die Vergütungsvorschriften der Art. 92, 94, und 95 CRD V um. Die bisherige Regelungssystematik sieht in § 27 Abs. 1 Instituts-VergV die allgemeinen Anforderungen an die gruppenweite Vergütungsstrategie von übergeordneten Unternehmen in Bezug auf sämtliche Mitarbeiter nachgeordneter Unternehmen vor (§§ 4 bis 13 InstitutsVergV sowie § 25 a Abs. 5 KWG (Obergrenze variable Vergütung)), während Abs. 2 die besonderen Anforderungen an die Vergütungsstrategie für Gruppen und ihre Risikoträger, bei denen das übergeordnete Unternehmen ein bedeutendes Institut ist (Gruppenweite Risikoanalyse zur Identifizierung der Gruppen Risikoträger sowie Anwendung der besonderen Anforderungen zur Ausgestaltung der Vergütung von Risikoträgern), regelt.

In Absatz 3 der derzeitigen Fassung ist die Sicherstellung und Einhaltung der gruppenweiten Vergütungsstrategie geregelt. In Absatz 4 die Zentralisierung der Aufgaben des Vergütungsbeauftragten und der Überprüfung der Vergütungssysteme der zugrunde liegenden Vergütungsparameter auf Ebene des übergeordneten Unternehmens.

Die Dritte Verordnung sieht neue Absätze 3 und 4 vor, womit die bisherigen Absätze 3 und 4 zu den neuen Absätzen 5 und 6 werden sollen. Absatz 3 stellt klar, dass nachgeordnete Tochterunternehmen, die an besondere Vergütungsanforderungen nach Maßgabe anderer Rechtsakte der Europäischen Union gebunden sind oder wären (sofern sie ihren Sitz in einem Drittland haben), zwar in die Vergütungsstrategie einzubeziehen sind, allerdings grundsätzlich nicht die Anforderungen des § 25a Abs. 5 KWG und der Institutsvergütungsverordnung zu erfüllen haben. Hierdurch werden die europäischen Vorgaben zur Abgrenzung der unterschiedlichen Vergütungsregime reflektiert, insbesondere bezogen auf die Vergütungsregulierung der Risikoträger von Fondsverwaltungsgesellschaften nach der OGAW und AIFM Richtlinie und bezogen auf die zukünftige eigenständige Vergütungsregulierung der Risikoträger von Wertpapierfirmen (siehe hierzu bereits im Vorigen "Bereichsausnahmen").

Allerdings sieht Absatz 4 zu dieser Befreiungsregelung eine Rückausnahme vor. In bestimmten Ausnahmefällen sollen Risikoträger, die den vorgenannten sektorspezifischen Vergütungsregelungen unterliegen, wiederum vom Anwendungsbereich der CRD-Vergütungsregulierung erfasst sein. Gemäß Absatz 4 gilt dies für Risikoträger nachgeordneter Tochterunternehmen, die aufgrund ihrer Aufgaben einen spezifischen Einfluss auf das Risikoprofil mindestens eines Instituts der Gruppe haben. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, eine Umgehung der Vergütungsvorschriften des KWG und der InstitutsVergV durch Verlagerung von Risikoträgern in gruppenangehörige Unternehmen zu verhindern.

Enge Spielräume

In diesem Zusammenhang wurde im Konsultationsverfahren angeregt, den Anwendungsbereich - korrespondierend zu den europäischen Regelungen - explizit auch auf Fondsgesellschaften zu erweitern, die ihren Sitz außerhalb von Deutschland, das heißt in der EU oder einem Drittstaat haben. Zudem wurde gebeten, explizit aufzunehmen, dass die von Abs. 4 erfassten Risikoträger beauftragt worden sein müssen, da andernfalls unterstellt werden könnte, dass diese Mitarbeiter per se, das heißt auch ohne einen Auftrag, einen solchen Einfluss ausüben könnten.

Überraschend ist schließlich, dass der Gruppenrisikoträger durch den Gesetzestext eine eigene Definition erfährt. Nach dem Entwurf fallen darunter Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit einen direkten und wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil oder die Geschäftstätigkeit mindestens eines Instituts der Gruppe hat. Die Voraussetzung, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftstätigkeit zu einer Kategorisierung als Risikoträger führen kann, kennt das europäische Regelwerk nicht (vgl. § 92 Abs. 3 CRD V). Daher wurde im Konsultationsverfahren zu Recht eine Präzisierung gefordert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit dieser Regelung keine neuen Voraussetzungen für die Identifizierung von Risikoträgern begründet werden sollte. Eine Harmonisierung der Begrifflichkeiten wäre aber in jedem Fall wünschenswert.

Ausgangspunkt für die Vierte Verordnung ist der durch das Risikoreduzierungsgesetz neu eingeführte § 10j KWG, der wiederum die europäischen Vorgaben zur Einführung eines Puffers der Verschuldensquote für global systemrelevante Institute erfüllt. Die alternativlose Aufnahme dieses Puffers in den Katalog des § 7 InstitutsVergV als zusätzliches bei der Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung zu berücksichtigendes Kriterium spielte in den Stellungnahmen zum Konsultationsverfahren erwartungsgemäß keine Rolle.

Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Erkenntnisse aus dem Konsultationsverfahren von der BaFin berücksichtigt werden. In vielen Fällen setzten die Verordnungsentwürfe im Wesentlichen Vorgaben der CRD V und des Risikoreduzierungsgesetzes um beziehungsweise reflektieren die CRR II. Hier ist der Gestaltungspielraum vergleichsweise eng und die diesbezüglichen Stellungnahmen im Konsultationsverfahren dienen vor allem der Klarstellung und Regelungseffizienz.

Zeitaufwendige Novellen

In anderen Fällen fällt auf, dass sowohl der Gesetzgeber als auch der Verordnungsgeber dem Gesichtspunkt der Proportionalität im Sinne einer geringeren Belastung kleinerer Institute durchaus hätte mehr Rechnung tragen können, da die unionsrechtlichen Vorgaben einen Gestaltungsspielraum zulassen. Dies gilt insbesondere bezogen auf die durchzuführende Risikoanalyse für nicht bedeutende Institute und damit in Zusammenhang stehenden erweiterten Offenlegungsverpflichtungen sowie die Anwendung besonderer Anforderungen der Instituts-VergV auf nicht bedeutende Institute.

Spannend wird sein, zu sehen, wie die Bankaufsichtsbehörden ihren neuen Auftrag, die Geschlechtsneutralität der Vergütung sicherzustellen, interpretieren. Ebenso, ob sich daraus perspektivisch tatsächlich spezifische Auswirkungen "auf die Lebenssituation von Männern und Frauen" ergeben.

Branchenweit komplexere Vorgänge

Auch insgesamt muss sich erst noch zeigen, ob die Novellierung die gewünschten vergütungspolitischen Wirkungen entfalten wird. Klar ist jedenfalls, dass die Komplexität für die meisten Institute tendenziell weiter zunimmt und es erhebliche (Erst-)Aufwände sowohl für bedeutende als auch nicht bedeutende Institute geben wird. In diesem Zusammenhang sollte auch der Faktor Zeit Beachtung finden. Die erstmalige Risikoträgeranalyse wird in vielen nicht bedeutenden Instituten einen erheblichen Aufbau von Knowhow erfordern.

Zudem werden die Änderungen zur Risikoträgervergütung in bedeutenden und manchen nicht bedeutenden Instituten in vielen Fällen die Neuverhandlung kollektiver Vereinbarungen (Betriebs- und Dienstvereinbarungen) und die Anpassung bestehender Prozesse erfordern. Vor diesem Hintergrund erscheint die Forderung einer Übergangsfrist von mindestens 6 Monaten, das heißt der ersten sechs Kalendermonate des Jahres 2021, durchaus als angemessen. In jedem Fall wäre neben der Veröffentlichung der finalen Dritten Verordnung eine zeit nahe Veröffentlichung der neugefassten Auslegungshilfe für eine sachgerechte und effiziente Umsetzung der neuen Vorgaben zwingend erforderlich.

Fußnoten

1) Vgl. Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinien (EU) 2019/878 und (EU) 2019/879 zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor (Risikoreduzierungsgesetz).

2) In Kraft getreten am 27. Juni 2019.

3) Bisher war die Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre maßgeblicher Beurteilungszeitraum.

4) Risikoträger sind gem. § 1 Abs. 21 S. 1 KWG solche Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt. Als Risikoträger gelten zudem Geschäftsleiter und die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans i. S. d. KWG.

5) Vgl. nur Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zum Regierungsentwurf zu einem Risikoreduzierungsgesetz (BT Drs. 19/22786) vom 2. Oktober 2020.

6) Vgl. Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 2.

7) BT Drs. 434/20, S. 182 zu Nummer 39.

8) Stellungnahme Deutscher Factoring Verband e.V. zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020.

9) Stellungnahme des Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 4.

10) Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung, Stand 15. Februar 2018, S. 20.

11) Vgl. Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034, Bearbeitungsstand 2. Dezember 2020.

12) So auch die Anregung des Bundesverbands Investment und Asset Management e. V. in seiner Stellungnahme zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 1.

13) Zum Zwecke der Klarstellung wurde im Konsultationsverfahren zudem angeregt, ausdrücklich zu regeln, dass Institute mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme im 4-Jahreszeitraum von unter 5 Mrd. Euro von der Ex-post-Risikoadjustierung befreit sind, vgl. Stellungnahme des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland e.V. zur Dritten und Vierten Verordnung vom 2. Dezember 2020, S. 3.

14) Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 2 f.

15) Für nicht bedeutende Institute Delegierten Verordnung (EU) Nr. 604/2014.

16) Stellungnahme des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland e.V. zur Dritten und Vierten Verordnung vom 2. Dezember 2020, S. 4.

17) Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 6f.

18) Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 4.

19) Vgl. Stellungnahme des Bundesverbands Investment und Asset Management e. V zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 3.

20) Stellungnahme des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland e.V. zur Dritten und Vierten Verordnung vom 2. Dezember 2020, S. 5.

21) Vgl. Begründung der BaFin zur Dritten Verordnung, Seite 14.

22) Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zur Dritten und Vierten Verordnung vom 4. Dezember 2020, S. 8.

 

Dr. Hendrik von Mellenthin Counsel, ARQIS, Düsseldorf
 
Dr. Hendrik von Mellenthin , Counsel , ARQIS
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