Nachhaltigkeitselemente in den Vergütungsstrukturen der DAX-Unternehmen

Univ.-Prof. Dr. Christina E. Bannier, Foto: C. E. Bannier

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) sowie der revidierten Version des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) im Januar beziehungsweise März dieses Jahres hat sich die Diskussion um die Vorstandsvergütung in Deutschland intensiviert. Neben einer stärkeren Mitsprache der Aktionäre hinsichtlich Billigung der Vergütungssysteme und der konkreten Auszahlungen tritt dabei auch der Aspekt der Nachhaltigkeit in den Vergütungsstrukturen in den Vordergrund. Die Autoren des vorliegenden Beitrags stellen die Ergebnisse einer ersten Analyse zum aktuellen Stand von Nachhaltigkeitselementen in der Vergütung deutscher Vorstände dar und skizzieren darauf aufbauend zukünftige Entwicklungsperspektiven. (Red.)

Sowohl die Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) als auch die aktualisierte Version des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) haben dem Thema der Vorstandsvergütung in deutschen Unternehmen neue Bedeutung verliehen. So wurde nicht nur den Aktionären deutlich mehr Mitsprache hinsichtlich der Vergütungssysteme gegeben, sondern auch die empfohlene Struktur der Vorstandsvergütung wesentlich genauer gefasst. Insbesondere der DCGK betont dabei, dass die Vergütungsstruktur börsennotierter Gesellschaften auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten ist.

Zudem plädiert der DCGK dafür, dass der Teil der variablen Vergütung, der sich aus der Erreichung langfristig orientierter Ziele ergibt, die kurzfristige variable Vergütungshöhe übersteigen soll. Diese Empfehlungen entsprechen dabei auch dem EU Aktionsplan "Financing Sustainable Growth" vom März 2018, mit dem die EU-Kommission unter anderem auch (in Handlungsbereich 10) die Rolle der institutionellen Aktionäre für eine nachhaltige Governance deutlich macht und hierbei auf die Berücksichtigung nachhaltiger Vergütungskomponenten hinweist.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wie die deutschen Unternehmen Nachhaltigkeitselemente in ihren Vergütungssystemen bereits jetzt berücksichtigen. Aus einem Vergleich der aktuellen Situation mit den zukünftig regulatorisch geforderten Strukturen lässt sich sodann ableiten, welche Entwicklungsperspektiven für die Zukunft zu erwarten sind. Um dem ARUG II zu entsprechen, dürften in der Hauptversammlungssaison 2021 sämtliche börsennotierten Unternehmen ihren Aktionären entweder erstmals oder wiederholt ein überarbeitetes Vergütungssystem zur Abstimmung vorlegen.

Für die kommenden Monate ist daher mit einem die Struktur und Ausgestaltung der Vergütungssysteme betreffenden Diskussions- und Handlungsbedarf zu rechnen, dessen Eckpunkte die nachfolgenden Ausführungen aufzeigen sollen. Dabei wird auf eine empirische Auswertung der Vergütungsberichte der DAX-Unternehmen aus den Jahren 2014 bis 2019 zurückgegriffen, um erste Erkenntnisse über die Entwicklung von Nachhaltigkeitselementen in den Vergütungssystemen deutscher Unternehmen zu erzielen. Diese werden ergänzt durch aktuelle Beobachtungen aus den Diskussionen hinsichtlich Vergütungsstrukturen in der Hauptversammlungssaison 2019 und 2020.

Empirische Analyse der DAX-Vergütungssysteme

Die Auswertung basiert auf den Vergütungsinformationen aller Vorstände der DAX-Unternehmen über die Jahre 2014 bis 2019. Insgesamt werden 962 Datenpunkte, das heißt Kombinationen von personenbezogenen (Vergütungs-)Informationen über die sechs Jahre der Beobachtungsperiode hinweg, betrachtet. Die Analyse umfasst dabei sowohl persönliche Informationen zu den Vorständen wie beispielsweise Position und Alter, wie auch die Höhe der einzelnen Vergütungskomponenten, zum Beispiel fixe und variable Vergütung. Besonderes Augenmerk der Untersuchung liegt auf den Determinanten der variablen Vergütung, die sich auf finanzielle und nichtfinanzielle Kenngrößen erstrecken.

Betrachtet man zunächst die Gesamtvergütung in den DAX-Vorständen, so zeigt sich eine konstante Entwicklung über die betrachtete Periode hinweg: Von einem Durchschnittswert von 3,69 Millionen Euro 2014 ist die Gesamtvergütung pro Person nach einem Rückgang 2015 auf einen Durchschnittswert von 3,77 Millionen Euro 2019 angestiegen.

Dabei zeigt sich ein sehr deutlicher altersbezogener Trend: Für in den siebziger Jahren geborene Vorstände ermitteln wir eine Durchschnittsvergütung von 3,21 Millionen Euro; der entsprechende Wert für in den vierziger Jahren geborene Vorstände liegt dagegen bei 8,04 Millionen Euro. Während dies durchaus als Eigenart der deutschen Vergütungspolitik zu sehen ist (siehe auch Beck, Friedl und Schäfer, 2020), erscheinen sowohl das geschlechterbezogene Gefälle in der Durchschnittsvergütung (3,77 Millionen Euro für männliche Vorstände versus 3,30 Millionen Euro für weibliche Vorstandsmitglieder) wie auch die Unterschiede entsprechend der Vorstandsposition (CEO: 5,71 Millionen Euro, CFO: 3,16 Millionen Euro, COO: 2,80 Millionen Euro) wenig überraschend.

Nachhaltigkeit wird unterschiedlich ausgelegt

Zerlegt man die Gesamtvergütung in die fixen und variablen Bestandteile, so zeigt sich zunächst, dass der Anteil der variablen an der Gesamtvergütung von 62,5 Prozent 2014 auf 57,8 Prozent im Jahr 2019 gesunken ist. Dabei ist interessanterweise das Verhältnis von kurzfristiger zu langfristiger variabler Vergütung innerhalb der sechs betrachteten Jahre von 0,57 auf 0,73 gestiegen. Somit kommen die DAX-Unternehmen zwar in der Durchschnittsbetrachtung der Empfehlung des DCGK insofern nach, dass die langfristig orientierte Komponente der variablen Vergütung die kurzfristige Komponente tatsächlich überwiegt. Dennoch sind die kurzfristigen variablen Vergütungsbestandteile über die Jahre der Beobachtungsperiode im Durchschnitt offensichtlich stärker gewachsen als die langfristigen Komponenten. Analysiert man die Daten detaillierter, zeigt sich ein besonders starker Anstieg von 2015 bis 2017, bevor die kurzfristige variable Vergütungshöhe 2018 und 2019 wieder nachgibt.

Die Betrachtung der Leistungskriterien für die variable Vergütung zeigt, wie schwierig es für die Unternehmen zu sein scheint, einheitliche nicht finanzielle Determinanten zu bestimmen. Während für nachhaltige Finanzierungsformen unter anderem die EU-Taxonomie sowie weitere Regulierungsanstrengungen mittlerweile deutlich zur Entwicklung eines eindeutigen Verständnisses von Nachhaltigkeit beigetragen haben, wird die Diskussion darüber im Bereich der Corporate Governance noch wesentlich breiter und offener geführt. Dass der Nachhaltigkeitsbegriff in den vergangenen Jahren eine äußerst dynamische Entwicklung durchlaufen hat, zeigt sich auch in den schnell wandelnden Begrifflichkeiten mit Nachhaltigkeitsbezug in den Vergütungsstrukturen.

Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, verwendet die vorliegende Analyse zwei Definitionen von Leistungskriterien, die dem Bereich Nachhaltigkeit zuzuordnen sind: eine engere und eine weiter gefasste Definition. In der engeren Definition von Nachhaltigkeitskriterien werden solche Aspekte berücksichtigt, die dezidiert an speziellen Nachhaltigkeitskomponenten festmachen, häufig in Form von quantitativ definierten, Umwelt bezogenen Parametern, beispielsweise in Form von CO2-Reduktionen. Zudem gehen in die engere Definition auch solche Leistungskriterien ein, die den Begriff "Nachhaltigkeit" oder die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung ("Corporate Social Responsibility", CSR) direkt adressieren oder sich an die Förderung von - mittlerweile häufig als Teilbereiche von Nachhaltigkeit verstandene - Compliance und Governance richten.

Für Nachhaltigkeit im weiteren Sinne werden auch die Leistungskriterien betrachtet, die sich auf Diversität im Führungsteam beziehen oder Bezug nehmen auf Mitarbeiterzufriedenheit. Um die Langfristperspektive in besonderem Maße zu berücksichtigen, wird zudem auch die "Nachfolgeplanung" in der weiten Definition von Nachhaltigkeitskriterien inkludiert. Anhand der skizzierten Kriterien wird untersucht, ob die Vergütungsstrukturen der DAX-Vorstände in einer ge samthaften Betrachtung - das heißt unabhängig davon, ob es sich um individuelle oder Gesamtvorstandsziele handelt - Nachhaltigkeitselemente beinhalten.

Relevanz steigt allmählich

Bezogen auf die enge Definition zeigt sich, dass ein knappes Drittel der betrachteten Vorstandsvergütungen Nachhaltigkeitskriterien enthalten. Dieser Anteil ist dabei über die Jahre hinweg deutlich angestiegen: von 27,3 Prozent 2014 auf 36,1 Prozent 2019. Bezieht man sich auf die weite Form der Definition, so berücksichtigt sogar etwa die Hälfte der Verträge mindestens eine entsprechende Nachhaltigkeitskomponente, wobei dieser Anteil über die Beobachtungsperiode hinweg nur sehr leicht (von 49,0 Prozent auf 51,2 Prozent) gewachsen ist. Ein Blick auf die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Nachhaltigkeitskriterien zeigt, dass dies vor allem auf die Verwendung der Kriterien "Mitarbeiterzufriedenheit" (in 32 Prozent aller betrachteten Vergütungspakete) und "Diversität" (in 27 Prozent der Verträge) zurückzuführen ist.

Dahinter folgen "Emissionsreduktion" (22 Prozent), "CSR" (17 Prozent), "Compliance" (16 Prozent), "Nachhaltigkeit" (13 Prozent), "Frauenquote" (8 Prozent), "Nachfolgeplanung" (7 Prozent), "Umweltschutz" (5 Prozent) und "Governance (1 Prozent). Insgesamt scheint somit die soziale Komponente des Nachhaltigkeitskonzeptes, die sich insbesondere auf Mitarbeiterzufriedenheit und Diversität erstreckt, in den Leistungskriterien der deutschen Vorstandsvergütung die bedeutendste Rolle einzunehmen.

Überraschenderweise zeigt sich zudem, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien durchaus in Zusammenhang mit der Vergütungshöhe steht: Unterscheidet man solche Verträge, die Leistungskriterien im engeren Nachhaltigkeitssinne berücksichtigen, von solchen, die diese Kriterien nicht berücksichtigen, so ergibt sich für die erste Gruppe eine durchschnittliche Vergütungshöhe von 3,53 Millionen Euro während die zweite Gruppe eine Durchschnittsvergütung von 3,82 Millionen Euro aufweist. Auch wenn diesem Vergleich kein Hinweis auf Kausalität zu entnehmen ist, so lässt sich doch konstatieren, dass diese leicht negative Differenz über alle Jahre unserer Beobachtungsperiode hinweg zu beobachten ist und sich somit als ein bisher recht persistentes Ergebnis darstellt.

Anforderungen nach ARUG II und DCGK

Der in Deutschland seit Inkrafttreten des ARUG II am 1. Januar 2020 geltende Rechtsrahmen räumt den Aktionären deutscher Börsengesellschaften erstmals ein regelmäßiges Votum - nämlich mindestens alle vier Jahre - über das System zur Vorstandsvergütung ein (§ 120 a AktG). Die Hauptversammlung beschließt dabei jedoch lediglich über die Billigung des Vergütungssystems; das Votum hat somit nur beratende Wirkung. Die Kompetenz zur Gestaltung des Systems verbleibt weiterhin alleinig beim Aufsichtsrat. Dieser muss ein "klares und verständliches" System beschließen, das den Beitrag zur langfristigen Entwicklung der Gesellschaft deutlich macht und finanzielle wie nicht finanzielle Leistungskriterien berücksichtigt (§87a AktG). Lehnt die Hauptversammlung ein vorgelegtes System ab, so ist der Aufsichtsrat jedoch verpflichtet, zur folgenden Hauptversammlung ein überarbeitetes System vorzulegen. Darüber hinaus erhalten die Aktionäre aufgrund §120a (4) AktG ein Votum über den nach §162 AktG zu erstellenden und zu prüfenden Vergütungsbericht, der über die Umsetzung und Auszahlung beziehungsweise Gewährung nach dem Vergütungssystem informiert.

Diese gesetzlichen Regelungen werden ergänzt um Vorgaben des überarbeiteten und seit März 2020 in Kraft getretenen DCGK. In der ab 2017 geführten Debatte um die Weiterentwicklung des DCGK wurde der Vorstandsvergütung besondere Beachtung geschenkt. Ob die im DCGK ausgesprochenen Empfehlungen und Anregungen dazu beitragen werden, das Ziel eines "klaren und verständlichen" Vergütungssystems zu erreichen oder diesem entgegenstehen, bleibt zunächst abzuwarten. Begrüßenswert ist jedoch, dass die Neufassung des Kodex auf starre Vorgaben, wie zum Beispiel die Berücksichtigung einzelner Nachhaltigkeitsindikatoren, verzichtet.

Wenngleich diese neuen Rahmenbedingungen erst die Hauptversammlungssaison 2021 in Gänze betreffen, war die Vorstandsvergütung bereits in den Versammlungen der Vorjahre ein relevantes Thema. Dabei fällt auf, dass unter den DAX-Unternehmen sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten und Detailtiefen der Integration von materiellen Nachhaltigkeitsaspekten in der Vorstandsvergütung anzutreffen sind. Ergänzend zu den oben genannten Ergebnissen zeigt sich, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitselementen aktuell immer noch in einem sehr heterogenen Spektrum erfolgt. Im Wesentlichen lassen sich drei charakteristische Entwicklungstypen identifizieren:

1. Eine indirekte Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in individuellen Zielen für die kurzfristige variable Komponente, häufig in einer etwa hälftigen Berücksichtigung von Gesamtvorstandszielen und Einzelzielen.

2. Eine indirekte Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen in Form eines durch den Aufsichtsrat auszuübenden Multiplikators (0,8 bis 1,2) auf Basis von teils jährlich neu festzulegenden Zielen und entsprechender Gewichtung.

3. Eine explizite Berücksichtigung durch transparent gemachte Einzelziele, die bis zu einem Drittel der langfristigen variablen Vergütungskomponente ausmachen können. Meist sind dies quantitative Umweltbezogene Ziele, vereinzelt werden diese auch aus den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) abgeleitet.

Vergleichbarkeit ist notwendig

Vor dem Hintergrund dieser großen Heterogenität - direkte oder indirekte Berücksichtigung, über Einzelziele oder Gesamtziele, mit oder ohne Transparenz des Prozesses - wäre eine sektorbezogene Auswahl von Nachhaltigkeitskriterien in den Vergütungssystemen äußerst begrüßenswert. Dies gilt insbesondere aus einer kapitalmarktorientierten Perspektive, um eine Vergleichbarkeit der vergütungsrelevanten Performance innerhalb der relevanten Peergroup erreichen zu können. Ein gutes Beispiel ist hier die regelmäßig gemessene Überrendite einer Aktie im Zeitverlauf gegenüber einer relevanten Vergleichsgruppe (relative Total Shareholder Return, rTSR) als ein wichtiges (finanzielles) Leistungskriterium. Dieser Logik folgend sollten auch für nichtfinanzielle (das heißt Nachhaltigkeits ) Kriterien entsprechende sektorale Vergleichsgruppen gebildet werden können.

Für Unternehmen der Chemie- und Pharmabranche beziehungsweise der Luftfahrt- und Logistikbranche sollten sich beispielsweise ebenso vergleichbare Nachhaltigkeitskriterien finden lassen, wie für die Banken-, Versicherungs- und Handelsbranche. Erste Studien zur Wesentlichkeit einzelner Nachhaltigkeitselemente in individuellen Branchen könnten hier wertvolle Anregungen liefern (Kahn, Serafeim und Yoon, 2016). Betrachtet man das deutlich gestiegene Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen in der Breite der Gesellschaft über die vergangenen zwei Jahre hinweg (2019: Bewusstsein für CO2-Ausstoß und Ressourcennutzung unter anderem durch Fridays for Future; 2020: Fürsorge für Mitarbeiter im Rahmen der Covid-19-Pandemie), so überrascht, dass Vergütungssysteme diese gesteigerte Relevanz noch nicht abbilden.

Wichtig bleibt bei allen Ausprägungen, dass zum einen der Einfluss auf die Gesamtvergütung materiell und somit spürbar bleibt - also nicht nur mit einem niedrigen einstelligen Prozentsatz in die Vergütung einfließt - und die Ziele zum anderen relevant und nachvollziehbar zur Umsetzung einer langfristigen und nachhaltigen Unternehmensstrategie beitragen (das heißt, abgeleitet aus Wesentlichkeitsanalysen, Stakeholderdialogen oder Risikobewertungen durch Wirtschaftsprüfer oder ähnliches).

Dem Aufsichtsrat obliegt sodann, die Beurteilung auch qualitativer Faktoren bei der Erfolgsmessung zu berücksichtigen und anschließend hierüber im Vergütungsbericht oder der Erklärung zur Unternehmensführung transparent und aussagekräftig zu informieren. Gelingt dies nicht, dürften Aktionäre gestaffelt zunächst das Vergütungssystem an sich und im Folgejahr den entsprechenden Bericht ablehnen. Daran schließt sich eine Nichtentlastung des Aufsichtsrats an und abschließend werden beteiligte Aufsichtsräte einzeln oder gesamthaft nicht mehr gewählt. Insofern sollten sich die Gremien ihrer besonderen Verantwortung an dieser Stelle nochmals bewusst werden.

Diskussion soll fortgesetzt werden

Sowohl die Ergebnisse der empirischen Studie als auch die aktuellen Beobachtungen anhand individueller Unternehmen zeigen, dass die DAX-Unternehmen sich mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Vorstandsvergütung zwar bereits auseinandergesetzt haben, das Spektrum der unterschiedlichen Ansätze jedoch noch sehr breit ist. Wenngleich eine angemessene Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in den Vergütungssystemen kaum "von der Stange" kommen und für alle Börsenunternehmen gleich aussehen kann, könnte eine Orientierung an sektoralen Spezifika nicht nur vorübergehend hilfreich, sondern auch eine langfristig stabile Vorgehensweise sein. Dies gilt insbesondere, da die Frage nach einer nachvollziehbaren Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielen, die sich unmittelbar aus der Unternehmensstrategie ableiten lassen, mit der (individuellen) Vorstandsvergütung bei voller Etablierung des ARUG II künftig noch stärkeres Gewicht gewinnen wird.

Im Hinblick auf eine potenziell erneut "virtuelle" Hauptversammlungssaison des Jahres 2021 besteht jedoch die Gefahr, dass gerade im ersten Jahr der verbindlichen Abstimmung über Vergütungssysteme ein tatsächlicher Dialog darüber in der digitalen Durchführungsform unterbleiben könnte. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der deutlich verstärkten Transparenzpflichten auch für institutionelle Investoren ein Dilemma, da die (bisher physische) Hauptversammlung prädestiniert für den zuweilen engagierten und vor allem öffentlichen Austausch mit der Verwaltung war. Verlagert sich der kritische Dialog auch zu Vergütungsthemen hin zu bilateralen Engagements, wird auch hier die Frage nach der Erfüllung der fiduziaren Verpflichtungen< (Stewardship) der Vermögensverwalter zu beantworten sein.

Literaturverzeichnis

Daniel Beck, Gunther Friedl, Peter Schäfer (2020) Executive compensation in Germany, Journal of Business Economics, im Erscheinen, doi:https://doi.org/10.1007/s11573-020-00978-y

Mozaffar Khan, George Serafeim, Aaron Yoon (2016) Corporate Sustainability: First Evidence on Materiality. The Accounting Review: November 2016, Vol. 91, No. 6, S. 1697-1724.

Univ.-Prof. Dr. Christina E. Bannier Professur für Banking & Finance, Justus-Liebig-Universität Gießen
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Hendrik Schmidt Assistant Vice President, Corporate Governance Center, DWS Investment GmbH, Frankfurt am Main
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